Bei Vergleichen ergeben sich Abwei- chungen nach beiden Richtungen.
Unsere Empfehlung, Testresultate differenzierter zu interpretieren, gilt also weiterhin, und nicht nur für An- ti-HCV.
Das Beispiel der ersten Testge- neration zeigt außerdem, daß die Erfahrungen in der Testpraxis an Millionen von Probanden immer wieder den Zulassungsbehörden zur Kenntnis gebracht werden sollten, damit die Grenzwertfestlegungen und Testinterpretationen bei Bedarf optimiert werden können. Bei Arz- neimitteln hat man sich vor kurzem entschlossen, Berichte über Neben- wirkungen fortlaufend zu sammeln, und ähnliches sollte auch für diagno- stische Verfahren und ihre eventuel- len Fehler eingeführt werden.
Bisher hat man sich im Bereich der Laboratoriumsmedizin auf die fortlaufende Qualitätskontrolle der Testdurchführung im Anwenderla- bor beschränkt (sogenannte „externe Qualitätssicherung"). Im Bereich der Virushepatitis wurde von unserem Institut in Zusammenarbeit mit In- stand im Jahr 1984 ein Ringversuch mit 97 Laboratorien durchgeführt.
Hier zeigte sich, daß bei einigen Tests (zum Beispiel Anti-HBs) nur 51,5 Prozent der Laboratorien die gefor- derte Genauigkeit erreichten. Zur Zeit wird die Qualitätskontrolle in der Virusserologie von einer gemein- samen Kommission der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung von Vi- ruserkrankungen (DVV), der Deut- schen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) und der Ge- sellschaft für Virologie (GfV) unter der Federführung von Professor Zeichhardt (Berlin) zusammen mit dem Instand-Institut wahrgenom- men. Die Ergebnisse der zur Zeit noch mit qualitativen Tests durchge- führten Ringversuche sind wesentlich besser als die der oben erwähnten er- sten Probeläufe, machen jedoch deutlich, daß nun der Zeitpunkt ge- kommen ist, diese Ringversuche wie in der klinischen Chemie obligato- risch zu machen. Einen Einfluß auf die vom Hersteller vorgegebenen Testeigenschaften und Interpretatio- nen hat diese Kommission nicht. Wir könnten uns vorstellen, daß diese Qualitätssicherungskommission ihre
Aktivitäten ausdehnt und ihre Er- kenntnisse dem Paul-Ehrlich-Institut zur Verfügung stellt. Solange dies noch nicht der Fall ist, können wir uns der Forderung in der Zuschrift von Professor Eggers uneingeschränkt anschließen: Problematische Tests wie der auf Anti-HCV gehören nur in die Hände von virologisch erfahrenen Untersuchern.
Ganz abgesehen von Spezifitäts- problemen ist die klinische Aussage- fähigkeit der Anti-HCV-Bestimmun- gen auch in der gegenwärtigen Form begrenzt. Es werden zur Zeit Epito- pe von rekombinanten Proteinen aus der C-Region, der NS3- und NS4- Region des HCV-Genoms als Anti- gene verwendet. In der aktuen Phase der Infektion sind höchstens 65 Pro- zent der Fälle positiv. Man kann wei- terhin in diesen Fällen nicht unter- scheiden, ob der positive Titer mit der akuten Phase einer HCV-Infek- tion in Zusammenhang steht oder ob es sich um einen persistierenden Ti- ter einer früheren, womöglich ausge- heilten Infektion handelt. Der positi- ve Befund gibt demnach nur einen Hinweis. Sicherer zu bewerten sind Titeranstiege, am ehesten solche mit echter Serokonversion.
Anti-HCV ist bei chronischen HCV-Infektionen zwar zu mehr als 90 Prozent positiv, jedoch können die Titer wiederum von einer frühe- ren ev. ausgeheilten Infektion stam-
Legasthenie: Kein eigen- ständiges Krankheitsbild
In einer statistischen Analyse ei- ner Longitudinalstudie an Kindern aus Conneticut, USA, konnten Un- tersucher der Yale-Universität nach- weisen, daß die Legasthenie nicht, wie bisher angenommen, ein eigen- ständiges Krankheitsbild darstellt, sondern das untere Ende einer Nor- malverteilung der Lesefähigkeit re- präsentiert.
414 Kinder wurden in einer Lon- gitudinalstudie ab Eintritt in den Kindergarten bis zum 6. Schuljahr mittels Intelligenz- und Leistungs- tests untersucht. Die Diagnose einer Legasthenie wurde bei einer Diskre- panz der tatsächlichen Lesefähigkeit
men, bei denen Anti-HCV erfah- rungsgemäß lange persistiert. Bei den subjektiv gesunden Blutspen- dern ist der Nachweis eines positiven Anti-HCV Anlaß, den Leberstatus zu untersuchen. Nur bei einem Teil der Fälle besteht eine persistierende HCV-Infektion, andere haben eine inzwischen ausgeheilte Hepatitis C durchgemacht.
In all diesen Fällen wird man deshalb bewertende Aussagen über positive Anti-HCV-Befunde nur mit einigen Vorbehalten treffen können.
In kritischen Fällen sollte man in Zu- kunft die PCR auf HCV-RNA oder ein vergleichbares Verfahren durch- führen. Auch hier gilt allerdings, daß bis zur Etablierung eines in der Rou- tine problemlos anwendbaren Ver- fahrens noch einige Zeit vergehen wird.
Prof. Dr. med. Reiner Thomssen Nationales Referenzzentrum für die Virushepatitis Abteilung Medizinische Mikrobiologie
der Universität Göttingen Kreuzbergring 57
W-3400 Göttingen Prof. Dr. phil. nat.
Wolfram H. Gerlich
Institut für Medizinische Virologie der Universität Gießen
Frankfurter Straße 107 W-6300 Gießen
gegenüber der aufgrund der Intelli- genztests zu erwartenden Lesefähig- keit gestellt. Entgegen dem bisheri- gen Lehrmodell einer bimodalen Verteilung mit normal-lesenden Kin- dern und Legasthenikern fand sich jedoch eine Normalverteilung mit den Legasthenikern am unteren En- de der Gauss-Kurve. acc
Shaywitz, S., M. Escobar, B. Shaywitz, F.
Fletcher, R. Makuch: Evidence that Dysle- xia may represent the lower tail of a nor- mal distribution of reading ability.
N. Engl. J. Med. 326 (1992) 145-150.
Dr. Sally Shaywitz, Dep. of Pediatrics, PO Box 3333, Yale University School of Medi- cine, New Haven, CT 06510-8064, USA.
Dt. Ärztebl. 89, Heft 19, 8. Mai 1992 (91) A1-1753