• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Neurologische und Psychiatrische Erkrankungen: Mehr Fachärzte – bessere Versorgung" (07.11.2014)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Neurologische und Psychiatrische Erkrankungen: Mehr Fachärzte – bessere Versorgung" (07.11.2014)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 1932 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 45

|

7. November 2014

NEUROLOGISCHE UND PSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

Mehr Fachärzte – bessere Versorgung

Eine Studie zeigt die Schwachstellen in der Versorgung von Menschen mit Multipler Sklerose, Demenz und Schizophrenie auf: Nach Erstdiagnose und Krankenhausaufenthalt dauert es teils sehr lange, bis die Patienten weiterbehandelt werden. Und: Die Versorgung variiert regional deutlich.

D

ie Patientenversorgung in Deutschland orientiert sich nicht in erster Linie an therapeuti- schen Anforderungen. Stattdessen wird sie durch „strukturelle Unter- schiede der regionalen Angebotska- pazität“ bestimmt. Zu diesem Er- gebnis kommen Autoren des IGES- Instituts, die die Versorgung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS), mit Demenz und mit Schizo- phrenie untersucht haben. In Auf- trag gegeben wurde die Studie

„Neurologische und psychiatrische Versorgung aus sektorenübergrei- fender Perspektive“ von den Be- rufsverbänden der Nervenärzte, der Neurologen und der Psychiater so- wie der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV) und der Deut- schen Gesellschaft für Neurologie.

Grundlage der Untersuchung waren die Daten von 250 000 Versicherten der Barmer GEK aus den Jahren 2008 bis 2010.

Die erste Erkenntnis der Autoren lautet: Fachärzte für Neurologie,

Nervenheilkunde beziehungsweise Psychiatrie übernehmen zu einem Großteil die Versorgung der unter- suchten Patientengruppen. 94 Pro- zent der MS-Patienten sowie 80 Prozent der Schizophreniepatienten werden ausschließlich oder unter Beteiligung dieser Fachärzte ambu- lant behandelt. Bei Demenzkranken sind es 57 Prozent. Jedoch nur bei einem von fünf Demenzkranken wird die Erstdiagnose von einem dieser Fachärzte gestellt. „Ange- sichts eines hohen Anteils unspezi- fischer Demenzdiagnosen erscheint die Beteiligung der Fachärzte hier ausbaufähig“, befinden die Autoren der IGES-Studie.

Vier Bereiche beteiligt

Wie wichtig eine sektorenübergrei- fende Versorgung ist, zeigt sich ins- besondere bei schwerwiegenden Erkrankungen. So umfasste die Be- handlung von 86 Prozent der MS- Patienten mindestens drei der fol- genden Versorgungsbereiche: Haus-

arzt, Facharzt, Arzneimittel, statio- när, Pflege und Rehabilitation.

Gleiches gilt für je drei von vier Schizophrenie- und Demenzpatien- ten. Leistungen aus mindestens vier dieser Versorgungsbereiche erhiel- ten 40 Prozent der Demenz-, 36 Prozent der MS- und 27 Prozent der Schizophreniepatienten.

Lange Wartezeiten

Probleme bei einer vertragsärztli- chen Versorgung nach der Erst - diagnose zeigten sich vor allem bei Demenzkranken: Nur einer von vier Patienten wurde innerhalb von sechs Wochen nach der Erstdiagno- se von einem Neurologen, einem Nervenarzt oder einem Psychiater behandelt. Bei Schizophrenen war es einer von drei, bei MS-Patienten jeder Zweite. Zahlreiche Patienten wurden in den ersten sechs Wochen nach ihrer Erstdiagnose weder von einem der genannten Fachärzte noch von einem Hausarzt oder in einem Krankenhaus betreut: 22 Prozent der Schizophrenie-, 16 Pro- zent der MS- und zwölf Prozent der Demenzpatienten. Die Zeit bis zum ersten Facharztkontakt nach Erst - diagnose sei dabei umso kürzer, je mehr niedergelassene Fachärzte in einer Region tätig seien, erklärt das IGES-Institut.

Die Daten der Barmer GEK ha- ben zudem ergeben, dass die Ver- sorgung der Patienten in Deutsch- land regional sehr unterschiedlich ist. Besonders zeigt sich dies bei Multipler Sklerose: 21 Prozent der MS-Patienten wurden im Jahr 2010 mindestens einmal infolge ihrer MS-Erkrankung stationär behan- delt. Am wenigsten Patienten wa- ren es in Hamburg (13 Prozent), Schleswig-Holstein (16 Prozent) und Niedersachsen (17 Prozent) – am meisten in Brandenburg Alzheimer-Test

beim niedergelas- senen Facharzt: Nur bei einem von fünf Patienten stellt ein Neurologe, Nerven- arzt oder Psychiater die Erstdiagnose Demenz.

Foto: mauritius-images

P O L I T I K

(2)

A 1934 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 45

|

7. November 2014 (27 Prozent), Thüringen (31 Pro-

zent) und Mecklenburg-Vorpom- mern (37 Prozent) (siehe Grafik).

Dabei wurden die Patienten umso seltener stationär behandelt, je mehr Neurologen, Nervenärzte und Psychiater in der Region niederge- lassen waren beziehungsweise je höher ihr Anteil an den Behand- lungsfällen war.

„Eine intensive vertragsärztliche Versorgung spielt eine wichtige Rolle für die Vermeidung von Krankenhauseinweisungen“, kom- mentierte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. med. Andreas Gassen, am 29. Oktober bei einer Veranstal- tung des Zentralinstituts für die kas- senärztliche Versorgung in Deutsch- land (ZI), auf der die IGES-Studie vorgestellt wurde. „Wichtig ist, dass das Zusammenspiel zwischen Haus- und Fachärzten funktioniert.“

Probleme gibt es auch beim Übergang aus dem stationären in den ambulanten Bereich. Etwa die Hälfte aller MS- und Schizophre- nie-Patienten wurde vier Wochen nach einer Entlassung aus dem Krankenhaus, in dem sie aufgrund dieser Erkrankungen behandelt wurden, nicht von einer der drei un- tersuchten Facharztgruppen behan- delt. Weitere 15 Prozent der MS-

und 21 Prozent der Schizophrenie- Patienten wurden in diesem Zeit- raum auch nicht von ihrem Haus- arzt betreut.

„Es gibt starke Hinweise auf De- fizite bei einer zeitnahen ambulan- ten Anschluss behandlung bei Schi- zophrenie nach einem Kranken- hausaufenthalt“, kommentierte Dr.

rer. pol. Martin Albrecht vom IGES-Institut auf der ZI-Veranstal- tung. Dies sei hinsichtlich einer kontinuierlichen Arzneimittelthera- pie kritisch zu sehen, heißt es in der Studie.

Kaum Anschluss-Rehas Eine höhere regionale Facharzt- dichte vergrößere dabei die Wahr- scheinlichkeit, dass eine ambulante Facharztbehandlung nach der Ent- lassung stattfinde, so Albrecht wei- ter. 60 Prozent der Schizophrenie- Patienten ohne Facharztkontakt nach einer Krankenhaus entlassung lebten in Kreisen mit einer unter- durchschnittlichen Facharztdichte.

„Bei diesen Patienten war auch die Wahrscheinlichkeit einer Wieder- einweisung ins Krankenhaus deut- lich höher“, erklärte Albrecht.

Die Autoren der Studie haben auch untersucht, wie oft Patienten eine stationäre oder ambulante An-

schlussrehabilitation erhalten ha- ben. Das Ergebnis: Praktisch über- haupt nicht. Weniger als ein Prozent der MS-Patienten erhielten im Jahr 2010 eine stationäre Anschlussre- habilitation; bei Demenz- und Schi- zophreniepatienten lagen die Zah- len im Promillebereich. Bei der Be- handlung der MS erscheine ein solch geringer Reha-Anteil unter therapeutischen Gesichtspunkten als kritisch, da die Rehabilitation als Bestandteil von multimodalen Komplexbehandlungen bei MS- Patienten zu einer relevanten Ver- besserung der motorischen Leis- tungsfähigkeit und Reduzierung der Pflegebedürftigkeit führen könne, heißt es in der Studie. Albrecht wies jedoch darauf hin, dass bei der Un- tersuchung andere Kostenträger wie die Rentenversicherung nicht berücksichtigt worden seien.

„Fest steht“, betonte der KBV- Vorsitzende Gassen, „dass die Ver- sorgung in Deutschland gut ist – allerdings noch optimierbar. Unser Interesse ist es, Hausärzte und Fachärzte künftig noch besser zu vernetzen.“ Es müsse das Ziel aller sein, die Versorgung noch besser zu koordinieren. Das Gutachten liefere eine gute Grundlage dafür.

Falk Osterloh

GRAFIK

Anteil der MS-Patienten mit mindestens einem MS-bedingten Krankenhausfall an allen MS-Patienten nach Bundesland, 2010

40 % 35 % 30 % 25 % 20 % 15 % 10 % 5 % 0 % Anteil MS-Patienten mit mindestens einem MS-bedingten Krankenhausaufenthalt

Hamburg Schleswig-Holstein

Nied ersac

hsen Berlin

Sachsen Saarland

Hesse n

Baden-Württem berg

Bremen Rheinland-Pfalz

Bayern

Nordr

hein-Westfalen Sachs

en- Anhalt

Brandenbur g Thüringe

n

Mecklenb urg

-Vorp om

mern Insgesam

t

13,1 % 16,2 % 16,6 % 17,8 % 18,0 % 18,4 % 18,9 % 20,3 % 23,0 % 23,4 % 24,0 % 24,0 % 24,4 % 27,1 % 30,5 % 36,6 % 20,9 % Quelle: IGES auf Basis von Barmer GEK-Routinedaten

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ei- nig ist man sich jedoch, dass ostdeut- sche Ärzte alsbald einer besonderen Belastung ausgesetzt sind, weil sie im- mer noch nur 75, 6 Prozent der Mittel

Wichtig sei wei- terhin der koordinierte Ausbau der ambulanten Versorgung: Die „zu be- grüßende Einrichtung von Instituts- ambulanzen darf nicht so weit getrie- ben werden,

(LV ApK) und die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Eich- berg, stellten fest, dass psychisch kranke Menschen in der Öffentlich- keit immer noch stigmatisiert

Bessere Therapietreue mit patienten- freundlichen Darreichungsformen Kroemer erinnerte auch daran, dass im Alter die Darreichungsform für den Erfolg der Therapie eine wesentlich

Danach kann De la Torre Lei- stungen für diejenigen Patienten mit der KV abrechnen, die gesetzlich krankenversichert sind – und das sind immerhin fast 20 Prozent ihrer Klien-

Der geplante oder kurz vor der Vollendung stehende Aus- bau von Herzchirurgie-Zentren in den alten Bundesländern wird das Versorgungsgefälle zu den neuen Ländern noch

Aus der Er- kenntnis heraus, dass der Um- weltschutz für die Erhaltung der Gesundheit eine wichti- ge Rolle spielt, verpflichteten sich darin die Staaten Europas,

Parallel dazu wurden auf der Basis von Daten der für Oberbayern zuständigen Bezirksstellen der KV Bayerns alle Ausgaben für psychiatri- sche Leistungen aus den EBM-Lei-