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Verhaltensbeobachtungen an zwei Asiatischen Elefanten-Jungbullengruppen (Elephas maximus) unter Zoohaltung und Vergleich der Cortisolwerte in Speichel und Kot: Nebent.

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NICOLE HOHNEDER ELEFANTENHALTUNG IN JUNGBULLENGRUPPEN

Verhaltensbeobachtungen an zwei Asiatischen Elefanten-Jungbullengruppen (Elephas maximus) unter Zoohaltung und Vergleich der Cortisolwerte

in Speichel und Kot

INAUGURAL – DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin – Doctor medicinae veterinae – ( Dr. med. vet. )

VVB VVB LAUFERSWEILER VERLAGédition scientifique

VVB LAUFERSWEILER VERLAG STAUFENBERGRING 15 D-35396 GIESSEN

Tel: 0641-5599888 Fax: -5599890 redaktion@doktorverlag.de www.doktorverlag.de

VVB LAUFERSWEILER VERLAGédition scientifique

9 7 8 3 8 3 5 9 6 1 4 5 6

ISBN: 978-3-8359-6145-6

(2)

Jede Verwertung ist ohne schriftliche Zustimmung des Autors oder des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch

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1. Auflage 2014

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written permission of the Author or the Publishers.

1 Edition 2014st

© 2014 by VVB LAUFERSWEILER VERLAG, Giessen Printed in Germany

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STAUFENBERGRING 15, D-35396 GIESSEN Tel: 0641-5599888 Fax: 0641-5599890

email: redaktion@doktorverlag.de www.doktorverlag.de

édition scientifique

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Verhaltensbeobachtungen an zwei Asiatischen

Elefanten-Jungbullengruppen (Elephas maximus) unter Zoohaltung und Vergleich der Cortisolwerte in Speichel und Kot

INAUGURAL – DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin

˗˗ Doctor medicinae veterinae – ( Dr. med. vet. )

vorgelegt von

Nicole Hohneder

geb. Diehm Sinsheim

Hannover 2014

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Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg Hartung

Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Prof. Dr. Michael Böer m. E. Zoo Osnabrück gGmbH

1. Gutachter: Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg Hartung

2. Gutachter: JProf. Dr. Marion Piechotta

Tag der mündlichen Prüfung: 06.05.2014

Mit Unterstützung des Tiergarten Heidelberg und des Tierpark „Dierenrijk“ in den Niederlanden

(5)

Für meine Eltern

(6)
(7)

Inhaltsverzeichnis:

1 Einleitung ... - 1 -

2 Literaturübersicht ... - 3 -

2.1 Der Asiatische Elefant (Elephas maximus) ... - 3 -

2.1.1 Zoologische Einordnung ... - 3 -

2.1.2 Anatomie und Unterschiede zum Afrikanischen Elefanten ... - 4 -

2.1.3 Physiologie ... - 5 -

2.1.4 Nachzucht und Arterhaltung ... - 5 -

2.2 Sozialverhalten ... - 8 -

2.2.1 Altersgruppen und Sozialverhalten ... - 9 -

2.2.2 Kommunikation ... - 10 -

2.2.3 Spielverhalten und Rangordnung ... - 10 -

2.2.4 Musth ... - 12 -

2.3 Anforderungen an eine Elefantenhaltung ... - 14 -

2.3.1 Haltungssysteme im Vergleich ... - 15 -

2.3.2 Die Haltung im „Protected Contact“ ... - 16 -

2.3.3 Bullenhaltung ... - 17 -

2.3.4 Umweltanreicherung (Environmental Enrichment) ... - 19 -

2.3.5 Elefantenhaltung im Tiergarten Heidelberg ... - 20 -

2.3.6 Elefantenhaltung im „Dierenrijk“ in den Niederlanden ... - 23 -

2.4 Wohlbefinden und Normalverhalten – Verhaltensstörungen ... - 25 -

2.4.1 Stereotypien ... - 27 -

2.5 Stress ... - 29 -

2.5.1 Stresshormone ... - 30 -

2.5.2 Die Rolle des Cortisols ... - 32 -

2.5.3 Stresshormonbestimmung ... - 34 -

2.5.4 Cortisol-Messungen bei Elefanten und anderen Zoo- und Wildtieren ... - 36 -

3 Material, Methoden und Tiere... - 37 -

3.1 Jungbullen im Zoo Heidelberg ... - 37 -

(8)

3.2 Jungbullen im Zoo „Dierenrijk“ ... - 42 -

3.3 Durchführung der Untersuchung ... - 44 -

3.3.1 Speichelprobenentnahme ... - 44 -

3.3.2 Kotproben-Entnahme ... - 45 -

3.3.3 Blutproben-Entnahme ... - 46 -

3.3.4 Analyse der Speichelproben ... - 47 -

3.3.5 Analyse der Kotproben ... - 48 -

3.3.6 Verhaltensbeobachtungen ... - 49 -

3.3.7 Statistische Auswertung ... - 51 -

4 Ergebnisse ... - 52 -

4.1 Nearest-Neighbor-Analyse ... - 52 -

4.1.1 Häufigkeit sozialer Interaktionen der Heidelberger Elefantenbullen gegenüber Gruppenmitgliedern [%] ... - 55 -

4.2 Verhaltensbeobachtungen im Focus-Animal-Sampling ... - 56 -

4.3 Cortisolkonzentrationen aus Kot und Speichel ... - 61 -

4.4 Cortisolkonzentrationen im Blut ... - 69 -

4.5 Vergleich der Cortisolkonzentrationen in Bezug auf das Alter der Elefanten ... - 70 -

5 Diskussion ... - 72 -

5.1 Die untersuchten Tiere ... - 73 -

5.2 Auswahl der benutzten ethologischen und stressphysiologischen Methoden ... - 73 -

5.3 Zum Wohlbefinden der untersuchten Tiere ... - 78 -

5.4 Cortisolwerte und Verhaltensbeobachtungen ... - 80 -

5.5 Vergleich der Cortisolkonzentrationen beider Untersuchungsgruppen ... - 83 -

5.6 Vergleich der Cortisolwerte mit anderen Studien ... - 84 -

5.7 Konzept Jungbullenhaltung und Ausblick in die Zukunft ... - 88 -

5.7.1 Zur Frage der Gruppengröße von Jungbullengruppen ... - 88 -

5.7.2 Einfluss der Gehegestruktur ... - 90 -

5.7.3 Einfluss der körperlichen Verfassung der Tiere ... - 90 -

5.7.4 Bewertung der beiden Jungbullengruppen dieser Studie ... - 91 -

5.7.5 Empfehlungen für die Haltung einer Elefantenjungbullengruppe ... - 93 -

6 Zusammenfassung ... - 95 -

(9)

7 Summary ... - 97 -

8 Literaturverzeichnis ... - 99 -

9 Anhang ... - 113 -

9.1 Ethogramm des Asiatischen Elefanten ... - 113 -

9.2 Gezeigte soziale Verhaltensweisen im Focus-Animal-Sampling ... - 125 -

9.3 Vergleich von Cortisolwerten im Speichel von Asiatischen und Afrikanischen Elefanten ... - 126 -

9.4 Vergleich von Cortisolwerten aus dem Serum Asiatischer und Afrikanischen Elefanten ... - 127 -

9.5 Vergleich von Cortisolwerten aus dem Kot Asiatischer und Afrikanischer Elefanten ... - 128 -

9.6 Blutwerte des Asiatischen Elefanten nach Klemt ... - 129 -

9.7 Bildliche Darstellung sozialer Verhaltensweisen innerhalb einer Elefantenjungbullengruppe ... - 131 -

9.8 Abbildungsverzeichnis ... - 134 -

9.9 Tabellenverzeichnis ... - 136 -

10 Danksagung ... - 137 -

(10)

Abkürzungsverzeichnis:

ACTH Adrenocorticotropes Hormon

AZA Association of Zoos and Aquariums

CBG Corticoid-bindendes Globulin

CM Cortisol Metabolit

CRH Corticotropin-releasing Hormon

d.h. das heißt

EAZA European Association of Zoos and Aquaria

EEP Die europäischen Erhaltungszuchtprogramme

EIA Enzym-Immuno-Assay

FSH Follikel-stimulierendes Hormon

g Gramm

ggr. geringgradig

IUCN International Union for Conservation of Nature

LH Luteinisierendes Hormon

m² Quadratmeter

m³ Kubikmeter

min Minuten

ml Milliliter

ng Nanogramm

(11)

nm Nanometer

RIA Radio-Immuno-Assay

rpm Umdrehungen pro Minute

U/min Umdrehungen pro Minute

u.a. unter anderem

WAZA World Association of Zoos and Aquariums

WWF World Wide Fund for Nature

z.B. zum Beispiel

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(13)

1 Einleitung

Im natürlichen Lebensraum wachsen Asiatische Elefanten im Familienverband auf. Ein Familienverband besteht aus 8 bis 12 Individuen - der Leitkuh, anderen Elefantenkühen und deren Kindern (FOWLER und MIKOTA 2006). Junge Elefantenkühe dürfen stets bei der Herde bleiben, die Jungbullen werden mit ungefähr fünf Jahren von der Herde verstoßen. In der Wildbahn schließen sich diese Jungbullen zu eigenen Jungbullen-Gruppen oder -Herden zusammen, in denen sie bis zur Geschlechtsreife mit 10 bis 15 Jahren bleiben (FOWLER und MIKOTA 2006). Sobald sie geschlechtsreif sind, ziehen sie alleine, auf der Suche nach paarungsbereiten Elefantenkühen, umher. Da der Asiatische Elefant in der Roten Liste der IUCN als „stark gefährdet“ angesehen wird, haben die Europäischen Zoos für den Asiatischen Elefanten und viele andere vom Aussterben bedrohte Tierarten ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) geschaffen und regeln so die gezielte und koordinierte Zucht von in Zoos gehaltenen Tierarten. In den Zoos und Tiergärten werden heute ebenso viele Elefantenbullen wie Elefantenkühe nachgezogen, was die Bullenhaltung in Zoos vor immer größere Herausforderungen stellt. Der Koordinator für das EEP des Asiatischen Elefanten kennt dieses Problem und bezeichnet die Zunahme der Anzahl an Bullen als die negative Seite der Produktion einer großen Anzahl von Nachkommen (DORRESTEYN 2004). Derzeit werden die meisten Elefantenbullen, die geschlechtsreif und somit Zuchtbullen sind, alleine gehalten. Die jungen Elefantenbullen, die von ihrem Familienverband verstoßen werden, werden ebenfalls alleine oder zusammen mit dem Zuchtbullen gehalten, der die jüngeren Bullen jedoch nur bis zu deren Geschlechtsreife neben sich toleriert. Zur Lösung dieses Problems der Elefantenbullenhaltung wurden in El Castillo de las Guardas in der Nähe von Sevilla in Spanien, im „Dierenrijk“ bei Nuenen in den Niederlanden und im Tiergarten Heidelberg in Deutschland eigens für die jungen Elefantenbullen Gehege gestaltet, in denen sie in einer Gruppe gehalten und auf diese Weise die Verhältnisse in der Wildbahn nachgeahmt werden. Diese Zoos übernehmen somit eine wichtige Funktion im Europäischen Erhaltungszuchtprogramm für den Asiatischen Elefanten (Elephas maximus). Für diese neue Art der Bullenhaltung sind nicht nur eigens dafür geplante Gehege, sondern auch spezielle Umgangsmaßnahmen mit den Elefantenbullen notwendig. Während Elefantenkühe

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meistens im Direkten Kontakt („Free Contact“) ohne Schutzbarriere zwischen Pfleger und Elefant gehalten werden, ist die Bullenhaltung ohne den Geschützten Kontakt („Protected Contact“) kaum möglich.

Daraus ergeben sich u. a. folgende Fragen, denen in dieser Studie nachgegangen wurde:

1. Können Elefantenbullen in den oben genannten – vom Menschen zusammengestellten - Gruppen harmonieren und wie kann ihr Befinden innerhalb solcher Gruppen bewertet werden?

2. Ist es ratsam, eine Jungbullengruppe mit gleichaltrigen Tieren zu gründen, oder ist es sinnvoll, eine Altersstaffelung vorzunehmen?

3. Wie verändert sich das Verhalten der Tiere innerhalb einer Gruppe, wenn eines der Tiere geschlechtsreif wird?

Zur Einschätzung der Gruppensituation und des Belastungszustandes der Elefanten wird sich neben Verhaltensbeobachtungen auf die Bestimmung der Cortisolkonzentrationen in Kot und Speichel der Tiere gestützt.

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2 Literaturübersicht

2.1 Der Asiatische Elefant (Elephas maximus)

2.1.1 Zoologische Einordnung

Die Asiatischen Elefanten (Elephas maximus) gehören in der Klasse der Säugetiere (Mammalia) zu der Ordnung Rüsseltiere (Proboscidea) und hier wiederum zur Familie der Elefanten (Elephantidae) (GRZIMEK 1972).

Innerhalb der Familie der Elephantidae unterscheidet man laut Grzimek (1972) den Asiatischen Elefant mit seinen Unterfamilien vom Afrikanischen Elefanten.

 Elephas (Asiatischer Elefant)

- Elephas maximus maximus (Ceylon-Elefant) - Elephas maximus bengalensis (Indischer Elefant) - Elephas maximus sumatranus (Sumatra-Elefant) - Elephas maximus hirsutus (Malaya-Elefant)

 Loxodonta (Afrikanischer Elefant)

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2.1.2 Anatomie und Unterschiede zum Afrikanischen Elefanten

Aufgrund seiner Höhe von bis zu drei Metern und seinem Gewicht von bis zu fünf Tonnen, gilt der männliche Asiatische Elefant als größtes Landsäugetier Asiens. Die Körper-Rumpf- Länge beträgt 550 – 640 cm. Der Rumpf der Tiere ist massig. Die Weibchen sind kleiner und leichter als die Bullen. Die Stoßzähne sind bei den Asiatischen Elefanten im Vergleich zu den Afrikanischen Elefanten nur bei den Bullen ausgebildet. Beim Asiatischen Elefanten sind stoßzahntragende Bullen, sogenannte Tusker, die Regel. Elefantenbullen, die keine Stoßzähne tragen werden Maknas genannt und sind laut Kurt (2001) eher selten (KURT 2001). Auch die Ausbildung der Stoßzähne bei den Bullen variiert stark, teilweise sind sie nur rudimentär angelegt. Das bekannte Elfenbein der Stoßzähne besteht aus Dentin, Wurzelzement, Knorpelstoffen und eingelagerten Kalziumsalzen (LOCKE 2008).

Die Asiatischen Elefanten unterscheiden sich von ihren afrikanischen Verwandten vor allem durch ihre kleineren Ohren, zwei deutliche Stirnhöcker am Schädel und einen etwas stärker gebogenen Rücken (NOWAK 1999).

Die Rüsselspitze der Asiatischen Elefanten besitzt einen Rüsselfinger, während die Afrikanischen Elefanten über zwei Fortsätze verfügen (Abb. 1).

Abb. 1: Rüssel des Asiatischen (a) und des Afrikanischen (b) Elefanten;

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 1902-1908

Der Elefantenrüssel setzt sich aus Oberlippe und Nase zusammen und dient nicht nur dem Atmen und Riechen, sondern auch als Greiforgan, vor allem bei der Nahrungsaufnahme.

Die Farbe der Elefantenhaut variiert von mittelgrau bis braun und enthält teilweise rosa Aufhellungen im Stirn, Nasen- oder Ohrenbereich (Quelle: WWF).

(17)

2.1.3 Physiologie

Asiatische Elefanten sind tag- und dämmerungsaktive Tiere. Sie bewohnen die verschiedensten Lebensräume, so zum Beispiel Regenwälder, Grasdschungel und Trockenwälder (NOWAK 1999).

Elefanten laufen im Passgang und verfügen über einen sehr guten Gleichgewichtssinn. Sie verbringen viel Zeit mit der Aufbereitung und dem Verzehr von Nahrung, da sie schlechte Futterverwerter sind und die Hälfte der Nahrung den Körper unverdaut verlässt. Wilde Asiatische Elefanten verbringen täglich 9 – 19 Stunden mit der Futtersuche und -aufnahme (KURT 1992; MCKAY 1973) und trinken pro Tag bis zu 200 Liter Wasser (FOWLER und MIKOTA 2006). Die Schlafzeit beträgt drei bis sechs Stunden, zwei davon verbringen die Tiere im Stehen (TOBLER 2011).

Die Tragzeit beträgt 20 – 22 Monate und ihr erstes Kalb gebären Kühe meist im Alter von zehn Jahren. Im Schnitt bringen Elefantenkühe in der Wildbahn in ihrem Leben sieben Jungtiere zur Welt. Die Jungtiere werden bis zum Ende ihres 2. Lebensjahres gesäugt, dennoch können sie schon kurz nach der Geburt feste Nahrung aufnehmen (GRZIMEK 1972).

Der bisher älteste Zoo-Elefant wurde 86 Jahre alt und verbrachte seine letzten Jahre in einem Zoo in Taiwan (KÜHNERT 2012).

2.1.4 Nachzucht und Arterhaltung

Die Geburtenrate von Asiatischen Elefanten in Zoologischen Gärten Europas und Afrikas ist niedrig, nur wenige der Neugeborenen wurden bislang erfolgreich aufgezogen. Zwischen 1902 und 1965 kamen in europäischen Zoos 55, in nordamerikanischen Zoos nur 12 Elefanten zur Welt (GRZIMEK 1972). Zwischen 1960 und 1991 wurden 121 Asiatische Elefanten in europäischen Zoos geboren (CLUBB und MASON 2002). Ab dem Jahr 1976 wurde der Import von Wildfängen streng kontrolliert und eingeschränkt, was bis dahin die wichtigste

(18)

Quelle für Elefantennachwuchs für Zoos und Zirkusse darstellte (WIESE 2000). Hiermit lässt sich der Anstieg der Geburtenrate Asiatischer Elefanten im Vergleich zu den Zahlen bis 1965 von Grzimek (1972) erklären.

Laut Informationen des WWF und der Weltnaturschutzunion (IUCN) finden sich heute in der Wildbahn noch zwischen 25.600 und 32.750 Individuen in 13 Ländern Asiens: Indien, Sri Lanka, Nepal, Bhutan, Bangladesch, Malaysia, Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha, Vietnam, China und Indonesien. Schätzungen zufolge werden weitere 15.000 Tiere in Gefangenschaft zur Arbeit oder in Zoos gehalten. Hauptverantwortlich für den starken Rückgang Asiatischer Elefanten sind das starke Bevölkerungswachstum des Menschen, die Bejagung und die Nutzung natürlicher Ressourcen in den Verbreitungsgebieten des Elefanten, wodurch sein Lebensraum immer mehr zerstört oder eingeengt wird (SCHMID 2006). Dies führte in den letzten Jahrzehnten zu einem Rückgang der Elefantenpopulation um 50 %.

Aufgrund dieser Zahlen wird der Asiatische Elefant in der Roten Liste der IUCN als „stark gefährdet“ angesehen.

In der Europäischen Artenschutzverordnung (EG Verordnung 1332/2005) wird der Asiatische Elefant im Anhang A gelistet und besitzt somit in der Europäischen Union den höchsten Schutzstatus.

Die Europäischen Zoos haben aus diesem Grund für den Asiatischen Elefanten und viele andere vom Aussterben bedrohte Tierarten ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) geschaffen und regeln so die gezielte und koordinierte Zucht von in Zoos gehaltenen Tierarten. Das Ziel dieser Programme ist es, Tierpopulationen zu schaffen, die sich selbst ohne Erwerb von Wildfängen erhalten können und um aus diesen Beständen, soweit möglich, Tiere auswildern zu können. Auch die Etablierung einer selbsterhaltenden Population Asiatischer Elefanten wurde somit zum erklärten Ziel (BELTERMANN 2004; WIESE 2000).

Wiese stellte 2006 fest, dass seit der Entwicklung des Projektes „Forward Planning and EEP Management for Elephants in EAZA Institutions“ im Jahr 1998 die Population der EEP Asiatischen Elefanten eine wachsende Geburtenzahl aufwies und mit der Zunahme der Geburtenrate sowie einer Reduktion der Jungtiersterblichkeit eine sich selbst erhaltende Elefantenpopulation in Zoos Realität werden könnte (HAYWARD, MAR et al. 2014; WIESE und WILLIS 2006).

(19)

Mit dem Rückgang der Asiatischen Elefanten musste die bisher übliche Haltung dieser Tiere in Menschenobhut umgestellt werden. Bis Ende der siebziger Jahre sah man keine Notwendigkeit, Asiatische Elefanten in Menschenobhut zu züchten, da der Bedarf an Zooelefanten mit geringerem finanziellem Aufwand durch Importe von Wildfängen aus Asien gedeckt werden konnte (WIESE 2000). Ein weiteres Ausschlusskriterium für die Zucht war, dass man aus Sicherheitsgründen keine Bullen halten wollte (SCHMID 1998a).

2006 stellten Kurt und Garaï die Prognose, dass der Bestand von 300 Asiatischen Elefanten (61 Bullen, 239 Weibchen), der 2005 in 83 europäischen Zoos und Safariparks lebte, ohne Importe bis 2015 bis auf etwa 180 Tiere einbrechen und sich dann stabilisieren oder gar leicht ansteigen werde (GARAÏ und KURT 2006). Beltermann war 2004 sogar der Ansicht, dass 12 überlebende Nachzuchten pro Jahr nötig wären, um 2014 eine stabile Elefantenpopulation von 300 Tieren halten zu können (BELTERMANN 2004). Da ebenso viele männliche wie weibliche Tiere zur Welt kommen, bedeutet dies sechs zusätzliche Bullen pro Jahr, für die noch keine Unterbringungsmöglichkeiten vorhanden sind. Von 36 am 01.01.2008 in Europa registrierten Nachwuchsbullen unter 10 Jahren waren lediglich 15 Tiere in geeigneter Weise untergebracht, 21 warteten noch auf Vermittlung (TÖFFELS 2008). Der Koordinator für das EEP des Asiatischen Elefanten, Ton Dorresteyn, erkannte das Problem und bezeichnete die Zunahme der Anzahl an Bullen als die negative Seite der Produktion einer großen Anzahl von Nachkommen (DORRESTEYN 2004).

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2.2 Sozialverhalten

Im natürlichen Lebensraum wachsen Asiatische Elefanten im Familienverband auf. Ein Familienverband besteht aus 8 bis 12 Individuen - der erfahrenen Leitkuh, anderen – meist verwandten - Elefantenkühen und deren Nachkommen (EISENBERG 1971; FOWLER und MIKOTA 2006; MCKAY 1973; SCHULTE 2000; SUKUMAR 1994; VIDYA und SUKUMAR 2005). Junge Elefantenkühe dürfen stets bei der Herde bleiben und suchen auch verstärkt die Nähe ihrer Mütter und jüngeren Geschwister. Kurt beobachtete 2001, dass sich juvenile Elefantenbullen im Alter von sechs bis zehn Jahren hingegen oft abseits der Herde aufhalten und sich zwar mit zunehmendem Alter von den Familienverbänden lösen, jedoch bei Bedrohungen die Nähe anderer Elefanten aufsuchen (KURT 2001). Auch Garaï beschreibt, dass Bullen ab dem 5. Lebensjahr zunehmend mehr mit gleichaltrigen Bullen zusammen sind (GARAÏ 1997). Sie schließen sich mit gleichaltrigen Bullen zusammen, mit denen sie spielerische Kämpfe austragen (MCKAY 1973; SUKUMAR 1994). In diesen Jungbullenherden verbleiben die Elefanten bis zur Geschlechtsreife mit 10 bis 15 Jahren (FOWLER und MIKOTA 2006; SUKUMAR 1994). Sobald sie geschlechtsreif sind, ziehen sie alleine, auf der Suche nach paarungsbereiten Elefantenkühen, umher. Jedes Tier in einer Elefantenfamilie hat feste Aufgaben. Elefantenkinder lernen von ihren Müttern und Tanten, welche Nahrung sie aufnehmen können und wie sie die Pflanzenteile vorzubereiten haben (KURT 2001; KURT und GARAÏ 2006). Die jungen Elefanten lernen, wie sie sich gegenüber Elefantenbullen verhalten müssen und erfahren den Umgang mit ungewohnten Situationen.

Eine frühzeitige, gewaltsame Entwöhnung der Neugeborenen verhindert diesen Erfahrungsaustausch und kann zu psychischen Störungen wie Stereotypien führen (KURT und GARAÏ 2006). Weil die grundsätzlichen physiologischen und lebenswichtigen Bedürfnisse der Tiere in menschlicher Obhut durch die Menschen geschaffen werden, birgt die menschliche Obhut für diese Tiere eine Vielzahl von heraufordernden und stressvollen Situationen (HELD und SPINKA 2011). Wichtig ist es deshalb, sich vor dem Halten dieser Tiere mit ihren typischen Verhaltensweisen vertraut zu machen (MEEBAN 1991) und das Gehege und Umfeld auch dementsprechend zu gestalten. Garaï und Kurt fassen die wichtigsten ethologischen Funktionskreise mit Sozialverhalten, Fortpflanzung, Ruhen, Entdecken, Fressen und Spielen zusammen (GARAÏ und KURT 2006).

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Ein Verhaltensethogramm des Asiatischen Elefanten nach Schmid (2006) und Linn (2011), das diese Funktionskreise einschließt, ist im Anhang dargestellt (9.1). Die gezeigten Verhaltensweisen waren Grundlage für die quantitativen Verhaltensbewertung dieser Arbeit.

Das Ethogramm einer Tierart umfasst im Prinzip alle bei ihr vorkommenden Verhaltensweisen (KAUMANNS 2000), wobei das Verhalten die Lebensäußerung eines Tieres in Bezug auf seine Umwelt darstellt (DITTRICH 2000). Verhaltensweisen können Funktionskreisen zugeordnet werden (LINN 2011; SCHMID 2006; ZOOSCHULE HANNOVER). Laut Immelmann ist ein Funktionskreis ein Oberbegriff für Verhaltensweisen mit gleicher oder ähnlicher Aufgabe und Wirkung (IMMELMANN 1982).

In dieser Arbeit wird vor allem auf das soziale Verhalten eingegangen, die anderen Funktionskreise werden in diesem Ethogramm aber der Vollständigkeit halber genannt und beschrieben. Die Erstellung eines Ethogrammes ist Grundlage und Voraussetzung für die Planung und Durchführung jeder experimentellen Verhaltensuntersuchung und für die Deutung der Ergebnisse (IMMELMANN 1982).

2.2.1 Altersgruppen und Sozialverhalten

Kurt beschrieb 2001 die verschiedenen Altersgruppierungen in einer asiatischen Elefantenherde: Zu den „Neonaten“ zählen Neugeborene bis zu 2 Jahren. Die „Infante“ setzen sich aus Elefanten im Alter von 2,5 bis 5 Jahren zusammen. Die Altersklasse 6 bis 10 Jahre gehört zu den „Juvenilen“, Elefanten im Alter von 11 bis 15 Jahren zu den „Subadulten“ und Elefanten über 15 Jahren zu den „Adulten“ (KURT 2001).

Evans teilt die Altersstruktur von Afrikanischen Elefanten folgendermaßen ein: Das Säuglingsalter, das Kindesalter, das Jugendalter und das Erwachsenenalter (EVANS und HARRIS 2008). Das Kindesalter ist der Zeitraum zwischen der Entwöhnung und dem Einsetzen der Pubertät (BOGIN 1999), das Jugendalter der Zeitraum zwischen Pubertät und effektiver Fortpflanzung (PEREIRA und ALTMANN 1985). Bei Afrikanischen Elefanten setzt die Pubertät zwischen 9 und 15 Jahren ein (HANKS und MCINTOSH 1973). Dies ist

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laut Evans 2008 ein anstrengender Zeitraum des Lernens und Entdeckens, da die Jungbullen mit fremden Elefanten interagieren und neue Gegenden entdecken, sich gleichzeitig aber auch in der Rangordnung etablieren müssen (EVANS und HARRIS 2008).

2.2.2 Kommunikation

Für soziallebende Tiere wie Elefanten sind Sozialkontakte und innerartliche Kommunikation von großer Bedeutung (VIDYA und SUKUMAR 2005). Sozialverhalten kann mit körperlichem Kontakt einhergehen oder ohne gegenseitige Berührung ablaufen (KAUMANNS 2000). Elefanten halten ständig Kontakt, dies kann auditorisch, visuell, taktil oder chemisch-olfaktorisch erfolgen (MCKAY 1973; SCHMID 2006; SUKUMAR 2006;

VIDYA und SUKUMAR 2005), letzteres durch Berüsseln der Schläfen- und Wangendrüsen, des Mauls und der Geschlechtsorgane. Elefanten benutzen die taktile Kommunikation innerhalb sozialer Gruppen zum Zeigen von Beschwichtigung, Zuneigung und Zugehörigkeit, zur Erkundung, zum Angriff und Spiel (VIDYA und SUKUMAR 2005). Dadurch entsteht ein festes Sozialgefüge. Soziales Verhalten ist darüber definiert, dass es auf einen Partner der gleichen Spezies gerichtet ist. Das Sozialverhalten macht laut Kurt (1992) bei wilden adulten Elefantenkühen bis zu 10 % ihres Gesamtverhaltens aus (KURT 1992).

2.2.3 Spielverhalten und Rangordnung

Juvenile Bullen brauchen andere juvenile Bullen als Spielgefährten, denn Kampfspiele gehören zum wichtigen Bestandteil ihres Alltags. Kurt veröffentlichte 2006, dass es überaus wichtig sei, dass die jungen Elefantenbullen ihre Kampffähigkeit üben und eine Rangordnung etablieren können, die später Teil ihrer sozialen Umwelt sein wird (GARAÏ und KURT 2006).

Poole erläutert, dass die Elefantenbullen durch solche Spielgruppen in der Lage wären, höhere Ränge in der Hierarchie zu erobern und zu halten, was eine für ihre weitere Entwicklung ausschlaggebende Eigenschaft sei (POOLE 1987). Die Menge der Spielerfahrung beeinflusst

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die Fähigkeit oder das Vermögen, mit unerwarteten Ereignissen zurechtzukommen.

Gleichzeitig werden langandauernde soziale Beziehungen aufgebaut und kognitive Fähigkeiten weiterentwickelt. Letztendlich ist das Spielverhalten dafür gedacht, vermehrte - der Art entsprechende - physische und emotionale Fähigkeiten zu entwickeln, die in vielen Situationen hilfreich sind (HELD und SPINKA 2011). Elefanten bevorzugen Spielpartner, die im selben Alter wie sie selbst sind (CHIYO 2011). Jungbullen zwischen 10 und 20 Jahren stellen die sozialste Altersklasse mit den größten Gruppen und dem geringsten Körperabstand zu anderen Sozialpartnern dar (EVANS und HARRIS 2008). Viele Jungbullengruppen in der Wildbahn halten sich in der Nähe eines älteren Elefantenbullen auf. Die zentrale Rolle, die ältere Elefantenbullen für eine Jungbullengruppe darstellen, deutet darauf hin, dass ältere Bullen den jüngeren Tieren ökologisches und soziales Wissen vermitteln, wie es ältere Elefantenkühe in Familiengruppen tun (MCCOMB, MOSS et al. 2001). Es ist jedoch auch möglich, dass die älteren Elefantenbullen diejenigen sind, die die Nähe jüngerer Elefantenbullen suchen, um deren Geschlechtsreife zu unterdrücken und um Paarungswettkämpfe zu verhindern (EVANS und HARRIS 2008; SLOTOW, VAN DYK et al. 2000). Eine straffe Rangordnung garantiert den Zusammenhalt des Familienverbandes und den Zusammenhalt in Bullengruppen. McKay beschreibt schon 1973, dass es eine anerkannte Beziehung zwischen männlichen Individuen gibt und sich so eine Rangordnung bildet (MCKAY 1973). Junge Elefantenbullen in Anwesenheit eines älteren Bullens aufzuziehen, ist wichtig, um negative Verhaltensweisen wie zum Beispiel Aggressionen durch das fehlende Erlernen einer Hierarchie zu vermeiden (SCHULTE 2000). Fehlt heranwachsenden Bullen die Möglichkeit, sich in die Bullenhierarchie zu integrieren, da die Möglichkeit zur Kräftemessung mit gleichaltrigen und die Zurechtweisung durch ältere Bullen fehlen, entwickeln sich abnorme Verhaltensweisen, wie aus Südafrika bekannt ist, wo verwaiste Jungbullen Nashörner angriffen und diese tödlich verletzten (SLOTOW, VAN DYK et al.

2000). Die Rangordnung oder auch Dominanzhierarchie resultiert aus der Tendenz, Auseinandersetzungen mit den anderen Gruppenmitgliedern zu gewinnen oder zu verlieren (BARNARD 2004). Dominanz entspricht hierbei jedoch nicht in erster Linie Aggressivität.

Der Rang ist nicht allein vom Verhalten abhängig, sondern ist häufig verbunden mit Unterschieden in der Physiologie z.B. im Steroidhormonlevel (ARCHER 1988). Dominante Individuen weisen erhöhte Androgen- und Glucocorticoidspiegel auf (DUGATKIN 2009).

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Das Aggressionspotential in wildlebenden Populationen ist meist geringer als in Gefangenschaft gehaltenen Gruppen, da rangniedere Tiere in der Wildbahn in der Regel mehr Raum zum Ausweichen haben. In Zoos kommt es immer wieder zu schweren Verletzungen bis hin zu tödlichen Zwischenfällen, wenn Elefanten ihre Rangordnung festlegen und sich gegenseitig verletzen (KURT 2001).

2.2.4 Musth

Die Geschlechtsreife männlicher Elefanten nennt der Inder „Musth“. Die Musth ist ein Wort persischen Ursprunges und wird mit „Zustand der Vergiftung“ übersetzt. Kurt beschreibt dies 2001 als eine im jährlichen Zyklus auftretende Phase, die sich durch eine Reihe von Veränderungen im Verhalten und in der Physiologie der Tiere charakterisieren lässt (KURT 2001). In dieser Zeit findet eine Vergrößerung und Sekretion der Schläfendrüse sowie eine Vergrößerung der Hoden statt und das Verhalten der Elefantenbullen tendiert verstärkt zu Aggressivität und Unberechenbarkeit (COOPER, HARDER et al. 1990; LINCOLN und RANTANSOORIYA 1996; POOLE, KASMAN et al. 1984). Das Sekret der Schläfendrüse ist eine stark riechende, braungraue, ölige Flüssigkeit, die bei starker Musth in einem breiten Streifen von der Schläfendrüse zum Maulwinkel verläuft. Das Sekret enthält Cholesterol und in großen Mengen Testosteron (RASMUSSEN, HESS et al. 1990). Sowohl Asiatische als auch Afrikanische Elefanten haben in der Musth erheblich höhere Werte von Testosteron und anderen Androgenen als Bullen, die sich nicht in der Musth befinden (VIDYA und SUKUMAR 2005). Der Cortisolspiegel steigt in stressvollen Zuständen der Musth parallel zu den erhöhten Testosteronwerten an (AJITKUMAR, ANIL et al. 2009). Oft zeigen die Bullen andauerndes Urintröpfeln und die Penisvorhaut kann sich weiß-grün verfärben. Dieser Zeitraum der Musth kann wenige Stunden bis mehrere Monate andauern. Die Dauer der Musth ist abhängig vom Alter und von der körperlichen Konstitution der Tiere (SUKUMAR 1994). Bei wildlebenden Elefanten wurde beobachtet, dass subadulte und junge Adulttiere kürzere Musth-Perioden in Form von wenigen Tagen zeigen, die zwei bis drei Mal im Jahr auftreten. Erwachsene Elefantenbullen kommen nur einmal im Jahr in Musth und der Zeitraum dauert drei bis vier Wochen an (KURT und GARAÏ 2006). Wiederholt wurde die

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Musth mit der Paarung in Zusammenhang gebracht. Von Bullen im Zoo oder Zirkus ist jedoch bekannt, dass sie sich jederzeit – also auch außerhalb der Musth – fortpflanzen können (GRZIMEK 1972). Bullen sind bekannt dafür, dass sie auf der Suche nach fortpflanzungsbereiten Weibchen weite Distanzen zurücklegen. Lange Märsche können auch ein Mittel sein, um Stress und Frustration während Perioden mit erhöhtem Testosteronspiegel zu reduzieren (GARAÏ und KURT 2006). Viele Elefantenbullen neigen in Menschenobhut zu sehr langen Musthperioden, was Kurt und Garaï auf ein vergleichsweise günstigeres Nahrungsangebot, das Fehlen von Konkurrenz und auf zu wenig Bewegungsmöglichkeit zurückführen (GARAÏ und KURT 2006). Treffen zwei Elefanten, die sich in der Musth befinden, aufeinander, so entbrennen heftige Kämpfe. Das unterlegene Tier verliert dann entweder die Symptome der Musth innerhalb weniger Tage oder wendet sich ab (POOLE 1987). Garaï und Kurt unterscheiden zwei Phasen der Musth: In der ersten Phase erscheinen die Elefantenbullen aggressiv und sehr stark sexuell orientiert, in der späteren Phase bleiben sie weiterhin aggressiv, werden jedoch sexuell inaktiv und zeigen ein erhöhtes olfaktorisches Markierungsverhalten (KURT und GARAÏ 2006). In der Wildbahn zeigt sich, dass viele erwachsene Elefantenbullen auch in der Musth die Anwesenheit junger Elefantenbullen gestatten. Poole beobachtete 1982 viele junge Elefantenbullen, die älteren Musth-Bullen folgten und an denselben Urinmarkierungen und weiblichen Tieren rochen, an denen die erwachsenen Elefantenbullen rochen. Bullen in der Musth erscheinen gegenüber den jungen Elefantenbullen sehr tolerant, indem sie den Jungbullen sogar erlauben, weniger als einen Meter entfernt von einem Weibchen zu stehen, das sich gerade im Östrus befindet, während ältere männliche Tiere einen weiten Abstand wahren müssen (POOLE 1982). Forscher im Amboseli Nationalpark fanden heraus, dass Elefantenbullen 87,5 % ihrer Zeit in der Gesellschaft anderer Elefanten verbringen (MOSS, CROZE et al. 2011). Somit ist wissenschaftlich bewiesen, dass geschlechtsreife Bullen keine Einzelgänger sind und somit auch nicht – wie in den meisten Zoos üblich – einzeln gehalten werden müssen (KURT 2004;

O'CONNELL-RODWELL 2010).

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2.3 Anforderungen an eine Elefantenhaltung

Im Einzelnen werden die Haltungsbedingungen für Elefanten im „Gutachten über die Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren”, im sogenannten

„Säugetiergutachten" des Landwirtschaftsministeriums von 1996 (BUNDESMINISTERIUMS FÜR VERBRAUCHERSCHUTZ 1996) formuliert. Das Säugetiergutachten wird derzeit überarbeitet. Zum Zeitpunkt dieser Arbeit wurden noch keine Neuerungen im Bereich der Elefantenhaltung veröffentlicht, weshalb sich diese Arbeit auf die Größenangaben des Säugetiergutachtens von 1996 bezieht.

Darüber hinaus gibt es die Haltungsrichtlinie für Elefanten, empfohlen vom Beirat Artenschutz beim Bundesamt für Naturschutz im Zusammenhang mit der Umsetzung der Verordnung (EG) 338/97.

Eines der wichtigsten Ziele der „World Zoo and Aquarium Conservation Strategy“ besagt, dass Wildtiere in Menschenobhut in einer Umwelt leben sollen, die so genau wie möglich dem natürlichen Lebensraum entspricht und wo sie die meisten Aspekte ihres natürlichen Verhaltensmusters zum Ausdruck bringen können (GARAÏ und KURT 2006).

Da sich diese Arbeit mit der Bullenhaltung beschäftigt, wird vor allem auf die Punkte des Gutachtens bzw. der Haltungsrichtlinie eingegangen, die sich auf die Bullenhaltung in Zoos beziehen. Die Haltungsrichtlinie für Elefanten differenziert Elefantenbullen, die zuchtfähig sind von jüngeren Elefantenbullen. Noch nicht zuchtfähige Bullen sind wie Elefantenkühe zu halten. Bei der Haltung von Elefantenbullen sind jedoch zusätzliche Separierungsmöglichkeiten notwendig.

Gehegegröße: Da Elefanten sozial lebende Tiere sind, ist eine Mindestgruppengröße von vier Tieren erforderlich. Jeder Elefant muss nach Verordnung (EG) 338/97 eine eigene Laufbox haben, wobei diese eine Mindestgröße von 33 m² haben muss. Die nutzbare Lauffläche im Innengehege darf eine Mindestgröße von 200 m² für vier Tiere plus 50 m² für jedes weitere Tier nicht unterschreiten. Die Gitter für die Außenanlage müssen für eine Bullenhaltung eine Mindesthöhe von 2,50 m haben. Die nutzbare Lauffläche in der Außenanlage darf nicht kleiner als 2000 m² sein.

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Badebecken: Grundsätzlich muss mindestens ein Innenbecken vorhanden sein, das eine Größe von 60 m³ (40 m² Grundfläche, 1,5 m Tiefe) nicht unterschreiten darf. Dieses sollte mit erwärmtem Wasser gefüllt werden. Zusätzlich zum Innenbecken soll ein Außenbecken vorhanden sein, das die Elefanten bei schönem Wetter auf dem Außengelände nutzen können.

Klimatische Bedingungen: Die Mindestraumtemperatur darf das Minimum von 15˚C nicht unterschreiten, das Optimum liegt bei 20˚C.

In der Regel bewegen sich wildlebende Asiatische Elefanten gemächlich in ihrem Verbreitungsgebiet entsprechend dem durch die Jahreszeit vorgegebenen Angebot an Wasser, Nahrung und Schatten (KURT 2004). Im Zoo besteht die Gefahr, dass sich zu viele Tiere in einem Gehege befinden und somit die Individualdistanz des einzelnen Tieres nicht gewahrt werden kann. Diese sind „typisch für jede Beziehung zwischen Gruppenmitgliedern und markieren gewissermaßen „reaktionsneutrale“ Zonen“ (KURT 2004).

Werden diese „reaktionsneutralen“ Zonen missachtet, kann es zu Konfliktsituationen innerhalb der Gruppe kommen (KURT 2004).

Diesen Stress kann man durch Beschäftigung minimieren. Elefanten benötigen aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeiten ausreichend Beschäftigung. Dazu zählen u.a. die Ausbildung und das Training sowie die Bereitstellung eines gut strukturierten Freigeheges und die Gabe von Beschäftigungsmaterialien, z. B. Spielgegenständen und Beschäftigungsfutter (TIERÄRZTLICHE VEREINIGUNG FÜR TIERSCHUTZ 2005).

2.3.1 Haltungssysteme im Vergleich

Elefanten können in unterschiedlichen Haltungssystemen gehalten werden. Früher wurden Begriffe wie „Hands-Off“ und „Hands-On“ verwendet, mittlerweile haben sich die Begriffe

„Free Contact“, „Protected Contact“ und „No Contact“ etabliert. Wichtig ist zu wissen, dass - unabhängig von der Haltungsform - das Wohlbefinden der Elefanten und der Pfleger sehr stark von der Art des Umgangs abhängt, also, wie zwischen Elefant und Pfleger kommuniziert wird (MEEBAN 1991).

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Im „Free Contact“ befinden sich Elefant und Pfleger bei der Betreuung in demselben Raum (WHITTAKER und LAULE 2009). Ungefähr 40% aller in der EEP-Region gehaltenen Elefanten werden laut Endres 2009 in diesem System gehalten und gepflegt (ENDRES 2009).

In vielen Haltungssystemen mit Direktem Kontakt zwischen Pfleger und Elefant kam es in den letzten Jahren immer wieder zu Zwischenfällen, die für den Pfleger lebensbedrohlich oder sogar tödlich waren. Aus diesem Grund haben viele Zoos auf die Haltung im „Protected Contact“ umgestellt.

In der Haltung des „No Contact“ werden die Elefanten nicht trainiert und können ihren Tagesablauf frei bestimmen. Die Pfleger füttern an den vorgesehenen Stellen, haben ansonsten aber keinen Kontakt mit den Elefanten (ENDRES 2009).

2.3.2 Die Haltung im „Protected Contact“

Die offizielle Definition der American Zoo and Aquarium Association (AZA) von “Protected Contact” Haltung lautet: „Handling of an elephant when the keeper and the elephant do not share the same unrestricted space” (2003).

Die Haltung im „Protected Contact“ oder auch „Geschützten Kontakt“ schließt zwei wichtige Punkte ein – die Sicherheit der Tierpfleger und das Wohlbefinden der Tiere (DESMOND und LAULE 1991). Im „Geschützten Kontakt“ haben der Pfleger und der Elefant Kontakt über eine Schutzbarriere. Laule und Desmond definierten 1991 den Geschützten Kontakt als ein System, um Elefanten mit positiver Bestärkung zu trainieren und so die freiwillige Mitarbeit des Tieres zu gewinnen (DESMOND und LAULE 1991; WHITTAKER und LAULE 2009).

Hierbei ist die physische Bestrafung verboten. Gestraft werden kann zum Beispiel mit der Methode, dem Elefanten keine Beachtung mehr zu schenken oder ihm mit dem nötigen Abstand den Rücken zuzukehren. Dies wird als „Time-out“ bezeichnet. Die Tiere werden mit

„Targets“ trainiert. Diese werden benutzt, um das Tier zu positionieren oder ihm bestimmte Verhaltensmuster zu vermitteln. Alle „richtigen“ und gewünschten Verhaltensweisen werden mit einem Pfiff oder Klicker belohnt. Gleichzeitig mit diesem akustischen Signal wird gefüttert, damit das Tier das Geräusch mit der Futtergabe verknüpft und somit weiß, dass es

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Futter erhält, wenn es etwas richtig macht. Das Tier lernt, einen beliebigen unspezifischen Reiz mit einem gleichzeitig oder kurz danach angebotenen Schlüsselreiz zu verbinden (KMENT und HOFECKER 1976). Dies ist „klassische Konditionierung“ (DIETERICH 2000). Die Pfleger sind aber kein Teil der sozialen Hierarchie innerhalb der Elefantengruppe und so muss der Pfleger seine Position auch nicht ständig gegenüber den Elefanten verteidigen. Laut persönlicher Mitteilung von Herrn Stefan Geretschläger, Revierleiter des Elefantenreviers im Zoo Heidelberg, werden Reinigungs- und Trainingszeiten von den Tierpflegern flexibel gestaltet, damit bei den Elefanten keine Erwartungshaltung entsteht.

Letztendlich ist der Geschützte Kontakt dafür gedacht, den Elefanten ein hohes Maß an Auswahlmöglichkeiten und Einflussnahme zu gestatten, auszuprobieren und Fehler ohne negative Konsequenzen zu machen (WHITTAKER und LAULE 2009). Es zeigte sich bei einer Vielzahl von Tieren, dass Training mit positiver Bestärkung günstige Folgen hat, wie zum Beispiel eine Reduzierung der Frequenz stereotypen Verhaltens - wie z.B. Weben oder Kreislaufen -, eine Zunahme positiver, sozialer Interaktionen innerhalb der Gruppe und eine Zunahme der Aktivität (DESMOND und LAULE 1991).

Beim Geschützten Kontakt stehen die Sicherheit des Pflegers und das Wohlbefinden des Tieres im Vordergrund. Gegenwärtig befinden sich über 240 Elefanten der EEP-Region in diesem Haltungssystem, dies sind über 45 % (ENDRES 2009).

Es gibt geteilte Meinungen über die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten bei im Geschützten Kontakt gehaltenen Elefanten. Viele sind jedoch der Meinung, dass intensive Behandlungen, Operationen und schmerzhafte postoperative Eingriffe bei Elefanten auch in dieser Haltungsform möglich sind (HONEYMAN, COOPER et al. 1998).

2.3.3 Bullenhaltung

Inzwischen werden Asiatische Elefanten in den Zoos erfolgreich nachgezüchtet, wodurch ein neues Problem entsteht. Die meisten Zoos legen ihren Fokus auf die Präsentation von Familiengruppen und so werden männliche wie weibliche Tiere nachgezüchtet. Europaweit

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sind es vier bis sechs junge Bullen im Jahr und diese können nach wenigen Jahren, aufgrund ihrer Stärke und potentiellen Aggressivität, nicht mehr im Direkten Kontakt gehalten werden, der besonders in Deutschland noch weit verbreitet ist (DUNGER und WROBEN 2011). Die Haltung von Elefantenbullen stellt eine Herausforderung dar, da neben Größe und Kraft, der Zustand der Musth die Haltung erschwert. Aufgrund der hohen baulichen Aufwendung findet man Elefantenbullen in Zoos recht selten. Es gibt keinerlei Studien darüber, inwiefern welche Zoos welche Elefanten aufnehmen können. Da es jedoch in Europa noch sehr viele alte Elefantenanlagen gibt, die keine Möglichkeit bieten, junge Elefantenbullen abzutrennen oder sogar eine Gruppe von Elefantenbullen zu halten, finden sich für die männlichen Tiere vermutlich kaum Zoos, die sie später aufnehmen können. Einige Zoos halten einen Zuchtbullen, dieser toleriert oftmals keine anderen Bullen neben sich, weshalb die nachgezogenen Jungbullen nach spätestens fünf Jahren abgegeben werden müssen. In menschlicher Obhut werden männliche Jungtiere deutlich früher als in der Natur von ihren Herden getrennt und oft separat gehalten (SCHULTE 2000). Laut AZA Standards muss ein Jungtier mindestens drei Jahre bei seiner Mutter bleiben, die EAZA erweitert dies sogar für europäische Zoos auf vier bis fünf Jahre. Inzwischen gibt es im Tiergarten Heidelberg in Deutschland, im „Dierenrijk“ in den Niederlanden und im spanischen El Castillo de las Guardas Elefantenhalter, die eine Jungbullen-Elefantengruppe aufnahmen und somit eine wichtige Funktion im EEP übernehmen. In diesen Jungbullengruppen soll der Zusammenschluss von Jungbullen in der Wildbahn nachgeahmt werden. „Die bisherige Strategie des EEP für Asiatische Elefanten, alle Jungbullen im Alter von ca. 10 – 12 Jahren als zukünftige Zuchtbullen weiter zu vermitteln, wird in einigen Jahren nicht mehr umsetzbar sein, da die insgesamt verfügbare Anzahl der Plätze für Zuchtbullen nicht in gleichem Maße steigen wird wie die Zahl der heranwachsenden Bullen“ (KEESE 2011). Folglich sollte in Studien untersucht werden, ob in Zukunft auch für adulte Bullen eine Vergesellschaftung mit anderen Bullen erfolgen könnte. In Heidelberg wurde die Regelung getroffen, dass die Besitzer der Elefantenbullen dazu verpflichtet sind, den Bullen zurückzunehmen, wenn sich kein anderer Zoo als Abnehmer finden sollte (DUNGER und WROBEN 2011).

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2.3.4 Umweltanreicherung (Environmental Enrichment)

Elefanten in der Wildbahn beschäftigen sich den Großteil des Tages mit der Futter- und Wassersuche, der Verteidigung ihres Territoriums, der Partnersuche und der Jungtieraufzucht (NOWAK 1999). In menschlicher Obhut wird ihnen die Futterbeschaffung und Partnersuche abgenommen, weshalb oft Langeweile eintritt und es daraufhin zu Verhaltensstörungen kommt. Um diesen vorzubeugen, hat sich die Umweltanreicherung oder das Environmental Enrichment als Verhaltensstimulanz bewährt. Ziel des Enrichments ist die Darbietung einer Umwelt mit größerer physischer, zeitlicher und sozialer Komplexität, um Zootieren die Möglichkeit zu geben, ihr natürliches Verhaltensrepertoire besser auszuüben (STOINSKI, DANIEL et al. 2000). Für den Elefant bedeutet dies nicht nur eine physische und mentale Forderung, sondern auch die Präsenz von Artgenossen und das Vorhandensein von Möglichkeiten zum Komfortverhalten. In der Wildbahn beschäftigt sich der Elefant bis zu 20 Stunden mit der Suche nach Futter (MCKAY 1973). In Zoos und Tiergärten werden den Elefanten aus diesem Grund Heuraufen oder Tonnen mit kleinen Öffnungen angeboten, um die Zeit der Futteraufnahme zu verlängern. Dicke und dünne Äste müssen von den Elefanten erst in mundgerechte Stücke verarbeitet und entrindet werden. Für den Elefanten ist einer der wichtigsten Umweltfaktoren der ständige Zugang zu Wasser. In der Wildbahn umfasst jedes Gebiet einer Elefantenherde mindestens einen Fluss und normalerweise ein oder mehrere Wasserlöcher (MCKAY 1973). Das Environmental Enrichment kann das Wohlbefinden von in menschlicher Obhut gehaltener Elefanten verbessern und nicht nur die physische, sondern auch die psychische Gesundheit stärken (KANCHANAPANGKA, MANEEWAN et al.

2013). Auch Mason bekräftigt 2006, dass Environmental Enrichment das wahrscheinlich verbreitetste Mittel ist, um Verhaltensstörungen entgegen zu wirken (MASON, CLUBB et al.

2006). Die Freiheit zu wählen, ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil für das Wohlbefinden von Elefanten (KANCHANAPANGKA, MANEEWAN et al. 2013). Eine Bereicherung des Lebensumfelds ist dazu gedacht, den Tieren Möglichkeiten zu schaffen, Aktivitäten auszuüben, die sie dem Ausüben stereotypen Verhaltens vorziehen (SWAISGOOD und SHEPERDSON 2006).

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2.3.5 Elefantenhaltung im Tiergarten Heidelberg

Der Tiergarten Heidelberg hält die einzige Gruppe junger Elefantenbullen in Deutschland.

Das neue Elefantenhaus im Zoo Heidelberg, welches Abbildung 2 zeigt, wurde speziell für die Jungbullenherde in der Zeit vom 09. Juni 2009 bis zum 08. Juli 2010 errichtet und gestaltet und am 21.07.2010 eingeweiht (Quelle: Zoo Heidelberg). Das Gehege gliedert sich in ein Innengehege mit angrenzenden Boxen und in ein Außengehege.

Abbildung 2 zeigt den Grundrissplan des neuen Elefantenhauses im Zoo Heidelberg.

Die Innenanlage umfasst ca. 500 m² reine Lauffläche und ein Badebecken, das 50.000 Liter Wasser fasst. Der Boden ist mit Sand bedeckt, der direkt auf Naturboden aufgebracht wurde um Staunässe zu verhindern. Eine Sprinkleranlage unter dem Dach erzeugt künstlichen Regen, wodurch eine hohe Luftfeuchtigkeit im Haus aufrechterhalten werden kann – ähnlich wie es in dem Herkunftsland der Elefanten der Fall ist. Im Dach befindet sich zusätzlich eine Lüftungsanlage. Im Durchgang zur Außenanlage befinden sich vier Innenboxen, die von den Besuchern nicht einsehbar sind. Eine Box ist 60 m² groß, zwei Boxen je 40 m² und eine Box 30 m² groß. Zwei der Boxen sind mit Sandboden, die beiden anderen mit Gummiboden ausgestattet. Der Boxenbereich bietet den Tieren nicht nur eine Rückzugsmöglichkeit, sondern ermöglicht auch den Pflegern, eine Separierung der vier Elefantenbullen vornehmen zu können. Der Besucherbereich ist großzügig bemessen und eine Beobachtungskanzel lädt zum Verweilen ein.

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Abb. 2: Grundriss des neuen Elefantenhauses im Zoo Heidelberg

Zusätzlich verfügt das Elefantenhaus über einen Behandlungs- und Trainingsstand. Bei Bedarf ermöglicht dieser Stand durch bewegliche Seitenwände näher an das Tier zu gelangen und den Elefanten besser fixieren zu können.

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Alle Bullen, die in Heidelberg einziehen, werden im Geschützten Kontakt gehalten, auch wenn sie in ihrer Geburtsgruppe noch im Direkten Kontakt versorgt wurden.

Das Außengehege umfasst 2000 m², die durch verschiedenartige Naturmaterialien sehr abwechslungsreich gestaltet werden können. Von den 2000 m² dienen 1600 m² den Elefanten als reine Bewegungsfläche. Den Elefanten steht hier ebenfalls ein Badebecken zur Verfügung, das ca. 70 000 Liter Wasser fasst und von zwei Seiten begehbar ist. Als Gehegebegrenzung wurden Natursteinmauern und ein Flachgraben genutzt. Ebenso findet man als Begrenzung dicke Baumstämme, die zusätzlich mit Elektrozaun gesichert sind. Eine großzügige Bepflanzung sichert den Elefanten viele schattige Bereiche.

Getreu dem betriebseigenen „Heidelberger Prinzip“ wird auch bei den Elefanten Environmental Enrichment groß geschrieben. Sowohl im Haus als auch auf der Außenanlage stehen den Elefanten umfangreiche Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung. Ein künstlicher Baum in der Halle des Elefantenhauses ist als Futterspender mit zwei Luken ausgestattet, die per Fernsteuerung oder Zeitschaltuhr geöffnet und geschlossen werden können. Auf der Außenanlage dienen Findlinge, Holzstämme und Betonröhren der Körperpflege und Beschäftigung. Eine sogenannte Streufütterung von unterschiedlichen Standpunkten aus dient zum einen der Kommunikation zwischen Pfleger und Elefant, zum anderen der Bewegungsförderung. Die Elefantenbullen werden zusätzlich mit Training beschäftigt, insbesondere mit dem „Medical Training“. Hierzu zählen verschiedene Praktiken der Probenentnahme, Behandlungstätigkeiten und Pflege.

Da der Zoo Heidelberg mit der Haltung einer Jungbullengruppe eine wichtige Funktion im Europäischen Erhaltungszuchtprogramm für den Asiatischen Elefanten übernimmt (DUNGER und WROBEN 2011), erfolgte laut persönlicher Mitteilung von Zoodirektor Dr.

Wünnemann auch die Auswahl der Elefantenbullen für die erste Gruppenhaltung von Elefantenbullen in Deutschland in Koordination mit dem EEP. Dabei spielen stets folgende Faktoren eine wichtige Rolle:

- Genetischer Wert: Ziel des EEP ist es, die genetische Variabilität der Population möglichst hoch zu halten. Elefantenbulle Gandhi ist derzeit das genetisch wertvollste Tier der Gruppe, da aus seiner Blutlinie nur noch er und sein Bruder existieren.

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- Größe der Gruppe und Altersstruktur: Aus anderen Bullenhaltungen ist bekannt, dass altersgemischte Gruppen und Gruppen von mindestens drei Jungbullen besser und länger harmonieren als Zweiergruppen mit gleichaltrigen Elefanten (KEESE 2011).

Ziel ist es, durch eine Altersstruktur möglichst viele Rangordnungskämpfe zu vermeiden.

- Charakter: Jeder Elefant hat seinen eigenen Charakter und so ist es im Voraus schwer einzuschätzen, inwieweit sich Bullen für die Gemeinschaftshaltung eignen.

Verhaltensbeobachtungen im Herkunftszoo und Berichte der ehemaligen Pfleger dienten als Anhaltspunkte, um den Charakter eines Tieres einzuschätzen.

Der Zoo Heidelberg begann zunächst mit der Haltung von drei Elefantenbullen, bei positiver Entwicklung sollte ein vierter Elefantenbulle eingestellt werden. Vom 21. bis 24. Juni 2010 kamen drei Elefantenbullen in Heidelberg an, der vierte Elefantenbulle stieß am 01.04.2011 hinzu. Hambrecht (2012) verfolgte in ihrer Studie über die Heidelberg Jungbullen die Eingliederung von Gandhi in die bestehende Herde und bewerte diese als sehr erfolgreich, da die Jungbullen eine gruppendynamische Beziehungsstruktur aufgebaut haben, die mit Bullengruppen in freier Wildbahn vergleichbar ist (HAMBRECHT 2012).

Laut persönlicher Mitteilung der Heidelberger Elefantenpfleger, sind die Bullen auch nachts dauerhaft zusammen und werden nur morgens für eine Stunde in den Boxen separiert, um eine für jedes Tier exakt ermittelte Mineralfuttergabe oder mögliche Medikamentengabe zu gewährleisten.

2.3.6 Elefantenhaltung im „Dierenrijk“ in den Niederlanden

Der Zoo Dierenrijk befindet sich auf einer ehemaligen Deponie in Mierlo in den Niederlanden und wurde am 04.05.2004 eröffnet (Quelle: Zoo Dierenrijk). Die Abbildung 3 zeigt eine Aufnahme aus dem Außengehege. Zu Beginn trug der Zoo den Namen „Dierenrijk Europa“, da ausschließlich Tiere gehalten wurden, die in Europa heimisch sind. Später wurde der Name in „Dierenrijk“ (Tierreich) umbenannt, da auch Tiere gehalten wurden, die in Europa nicht beheimatet sind. Der Zoo hat eine Größe von ca. 16 Hektar und ist in sieben Themenbereiche

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unterteilt. Einen dieser Themenbereiche stellt die Elefantenanlage dar. Das gesamte Elefantengehege umfasst 12.000 m², wovon 2.000 m² nicht für die Elefanten nutzbar sind. Im Elefantenhaus sind drei Boxen untergebracht, die jeweils 60 m² groß sind. Dem Haus vorgelagert sind eine Trainingswand und ein abgetrenntes Gehege mit 175 m². Die Besucher haben über eine Schutzbarriere Einsicht in den Pflegergang, von wo sie die Boxen sehen können. Die Außenanlage besteht aus zwei Bereichen, die jeweils mit einem Badeteich ausgestattet sind. Durch die Installation von Stahlseilen können die beiden Bereiche bei Bedarf voneinander getrennt werden. Als Enrichment stehen den drei Elefantenbullen Steine und Baumstämme zur Verfügung, in den Boxen finden sich zusätzlich noch Bälle und Heunetze.

Abb. 3: Außengehege der Elefanten im Zoo Dierenrijk

Derzeit leben im Zoo Dierenrijk drei Elefantenbullen im Alter von 7, 10 und 10 Jahren, wobei die beiden älteren Tiere Halbgeschwister sind. Alle drei Elefantenbullen kamen im Zeitraum vom 09. bis zum 10. Juli 2008 in den Zoo Dierenrijk. Wenn es nachts kalt ist, verbringen die Elefanten die Nacht einzeln in ihren Boxen. Laut den persönlichen Aufzeichnungen von den Niederländischen Elefantenpflegern durften die Elefantenbullen am 28. Mai 2009 erstmals die Nacht zusammen auf der Außenanlage verbringen.

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2.4 Wohlbefinden und Normalverhalten – Verhaltensstörungen

Wohlbefinden ist im Tierschutzgesetz definiert als ein Zustand physischer und psychischer Harmonie des Tieres in sich und mit der Umwelt und wird vor allem charakterisiert durch das Fehlen von Schmerzen und Leiden. Zusätzlich enthält der Begriff Wohlbefinden Ideen über Bedürfnisse, Gefühle, Belastung und Gesundheit (BROOM 2007). Broom sieht die Gesundheit als Teil des Wohlbefindens an. Wenn die Gesundheit eines Tieres schlecht ist, dann ist es auch sein Wohlbefinden, aber Unbehagen hat nicht unbedingt eine schlechte Gesundheit zur Folge (BROOM 2007; MASON und VEASEY 2009). Generell kann man sagen, ist ein Tier erkrankt, ist meist, in Abhängigkeit von Schwere, Länge und Symptomatik der Erkrankung, auch sein Wohlbefinden beeinträchtigt. Der Zustand des Wohlbefindens eines Tieres ist abhängig vom körperlichen Zustand und vom Verhalten (AJITKUMAR, ANIL et al. 2009). Verlässliche allgemeine Anzeichen von Wohlbefinden sind Gesundheit und ein in jeder Beziehung normales Verhalten. Maßstab für das Normalverhalten sind diejenigen Verhaltensabläufe, die von der Mehrheit (95 %) der Tiere der betreffenden Art, Rasse, Geschlechts- und Altersgruppe unter natürlichen oder naturnahen Haltungsbedingungen gezeigt werden (POLLMANN und TSCHANZ 2006). Viele Tierarten haben Fähigkeiten entwickelt, die ihnen gestatten, in komplexen, veränderlichen Lebensräumen zu überleben und sich fortzupflanzen. Diesem Anpassungsvermögen sind allerdings, für jede Tierart unterschiedlich, jeweils spezifische Grenzen gesetzt, so dass ein bestimmtes Maß an Berechenbarkeit und Überschaubarkeit in den Lebensbedingungen nicht unterschritten werden darf. „Monotone, die Verhaltensmöglichkeiten nicht stimulierende und herausfordernde Lebensbedingungen führen häufig zu Verhaltensstörungen“ (KAUMANNS 2000).

Abnormes Verhalten unterscheidet sich von natürlichem oft nur in der Häufigkeit und Reihenfolge des Auftretens bestimmter Verhaltenselemente und darin, dass der Zusammenhang mit der gegebenen Situation nicht mehr vorhanden ist (KAUMANNS 2000).

Verhaltensstörungen sind demnach im Hinblick auf Modalität, Intensität und Frequenz erhebliche und andauernde Abweichungen vom Normalverhalten, mit denen das Tier erfolglos die gegebenen Bedingungen zu bewältigen versucht (POLLMANN und TSCHANZ

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2006). Diese Abweichungen vom Normalverhalten werden als Coping-Versuche angesehen.

Coping stellt den Versuch eines Tieres dar, sich mit seiner Umwelt positiv auseinander zu setzen und unter Umständen auch erst durch Überwinden von Widerständen mit ihr zurecht zu kommen (BROOM 1988a). Gelingt dies nicht, sind Frustration, physische oder mentale Gesundheitsstörungen die Folge. Mason betont, dass es wichtiger ist, das Wohlbefinden zu verbessern als nur das abnormale Verhalten zu reduzieren (MASON, CLUBB et al. 2006).

Das Wohlbefinden von Tieren ist ausgeglichen, wenn positive Gefühle und ein gesunder biologischer Funktionszustand überwiegen oder kaum negative Gefühle, gesundheitliche Probleme oder andere biologische Probleme auftreten (HELD und SPINKA 2011). Um vermindertes Wohlbefinden festzustellen, werden verbreitet Indikatoren aus den Bereichen Pathologie, Klinik, Biochemie, Physiologie und Ethologie verwendet (HARTUNG und SPRINGORUM 2010). Zu diesen gehören auch unmittelbare körperliche Schäden und Symptome infektiöser, metabolischer oder ernährungsbedingter Erkrankungen (BROOM 2007). Wichtig ist, dass die Tierpfleger über ein ausreichend großes Wissen über die Biologie der betreuten Tierart besitzen, da sonst keine Veränderungen im Verhalten oder Gesundheitszustand eines individuellen Tieres nicht oder nur sehr spät festgestellt werden können.

Ein zusätzlicher Indikator für Wohlbefinden eines Tieres ist das Spielverhalten (HELD und SPINKA 2011). Spielen kann sofortige, verzögerte und/oder lang andauernde Verbesserungen bewirken und aus diesem Grund das Wohlbefinden erhöhen (HELD und SPINKA 2011).

Held und Spinka sind sich einig, dass Spielverhalten nicht nur aufgrund guten Befindens entsteht, sondern dieses auch auslösen kann (HELD und SPINKA 2011).

Um das Wohlbefinden von Elefanten zu beurteilen, werden häufig das Auftreten von Stereotypien und die Bestimmung von Cortisolwerten herangezogen (MASON und VEASEY 2009).

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2.4.1 Stereotypien

„Stereotypien sind repetitive, gleichartige, formkonstante, augenscheinlich funktionslose Handlungen, die Tiere häufig oder beinahe ständig ausführen – in manchen Fällen bis hin zur Selbstverstümmelung“ (SCHMIDT 2002). Sich wiederholende, durch Frustration entstandene Verhaltensweisen, wie wiederholte, vergebliche Coping-Versuche, können bis zu Störungen des zentralen Nervensystems führen (MASON, CLUBB et al. 2006). Elefanten in der Wildbahn zeigen sehr selten Verhaltensstörungen, dafür aber viele Tiere, die heute in Zoos und Zirkussen leben und aus ihren Ursprungsländern importiert wurden (KURT und GARAÏ 2006). Stereotypien verfolgen kein offensichtliches Ziel und haben keine unmittelbar erkennbare Funktion. Die einzige Funktion besteht für das Tier darin, durch die stereotype Handlung sein Wohlbefinden zu verbessern. Einige Autoren bezeichnen Stereotypie als ein ritualisiertes Suchverhaltens (GRUBER, FRIEND et al. 2000; KURT und GARAÏ 2002).

Gründe für das Suchverhalten sind das Fehlen des natürlichen Lebensraumes oder eines Sozialpartners, begrenztes Platzangebot, Stress, Langeweile, Hunger, nicht tierartgerechte Gehegegestaltung oder Krankheit (KANCHANAPANGKA, MANEEWAN et al. 2013).

Elefanten, die angekettet sind und in kleinen, begrenzten Gehegen gehalten werden, zeigen oft Stereotypien. Allerdings reagieren nicht alle Tiere gleich: Bei identischer Haltung können einige Tiere verschiedene Intensitäten einer Stereotypie entwickeln, während andere Elefanten keine Stereotypie zeigen, obwohl unter Umständen sogar der Sozialpartner eine Stereotypie zeigt (MASON 1991).

Fraser und Broom unterscheiden drei Kategorien, je nachdem wogegen sich die Stereotypie richtet: Gegen den eigenen Körper, die unbelebte Umgebung oder andere Individuen (FRASER und BROOM 1990). Elefanten nutzen vor allem den eigenen Körper, um Stereotypien auszuführen. Weben, Rüsselschwingen, Kopfschütteln und Kreislaufen werden als typische Verhaltensstörung von Elefanten angesehen (CLUBB und MASON 2002;

EVANS und HARRIS 2008). Beim Weben schwingt der Elefant seinen Kopf und Körper von einer zur anderen Seite und zurück, ohne die Füße zu heben. Kreislaufen stellt oft ein verstärktes Patrouillieren zum Beispiel vor der Eingangstür oder dem Fressplatz dar. Es gibt

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jedoch große Unterschiede in der Zeitdauer, der Beschaffenheit, der Menge und der Art des abnormalen Verhaltens, welches gezeigt wird (CRONIN, WIEPKEMA et al. 1984).

Einige Elefanten arbeiten aktiv auf das Ausführen ihrer Stereotypie hin (SCHMID 2006).

Stehen z.B. Artgenossen auf dem angestammten Stereotypieplatz, werden sie weggeschoben, um den Stereotypieplatz zu erreichen, selbst dann, wenn sich das Tier durch eine Verletzung nur schwer bewegen kann. Auch wenn stereotypes Verhalten den Tieren in gewisser Weise hilft, mit einem suboptimalen Umfeld zurechtzukommen, wird dieses Verhalten nur deshalb gezeigt, weil ein natürlicheres, befriedigendes Verhalten nicht möglich ist (MASON, CLUBB et al. 2006).

Ein einmal entwickeltes Muster der Stereotypie wird konstant beibehalten und scheint in irgendeiner Form einen positiven Effekt für die Elefanten mit sich zu bringen (SCHMID 2006). Auch Pollmann und Tschanz sind der Meinung, dass das Tier durch die Ausübung der individuell entwickelten Stereotypie eine Stressminderung erfährt. Die Beobachtung, dass das repetitive Verhalten jedoch länger als eine normale Verhaltenssequenz dauert, lässt darauf schließen, dass das Tier dennoch keine Bewältigungsfähigkeit erlebt und deshalb leidet (POLLMANN und TSCHANZ 2006). Cronin beschreibt, dass die Ausschüttung von Endorphinen, während des Ausübens der Stereotypien, die Wahrnehmung von aversiven und fehlenden Reizen dämpft (CRONIN, WIEPKEMA et al. 1984). Mit der Stereotypie sollen Stress und damit verbundenen Langzeitschäden vermindert werden (WIEPKEMA 1987).

Stereotypes Verhalten in diesem Sinne stellt eine Coping-Strategie dar. Diese Coping- Strategie ist eine Verhaltensstrategie, die dem tierischen Organismus eine positive Grundeinstellung ermöglichen soll, während andere Coping-Strategien wie Aggression, Flucht, Hilflosigkeit oder Exploration versagen. Würde jedoch diese Strategie zutreffen, wären Stereotypien heilbar. Da man jedoch immer wieder Tiere in verbesserter Haltung sieht, die immer noch Stereotypien zeigen, ist dies äußerst fraglich. Broom ist der Meinung, dass das Wort Stress nur für den Bereich verminderten Wohlbefindens genutzt werden sollte, der die Unfähigkeit der Bewältigung von Konfliktsituationen beinhaltet (BROOM 2007).

Stereotypien sind somit Indikatoren für Unwohlsein und zeigen frühere oder derzeitige Missstände in Haltung, Versorgung und Betreuung von in Gefangenschaft gehaltenen Elefanten an (KANCHANAPANGKA, MANEEWAN et al. 2013). Auch Fraser und Broom

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stellen fest, dass Stereotypien sich vorrangig als eine Konsequenz aus den Haltungsbedingungen der Tiere erwiesen haben und daher ein Indikator für Unwohlsein sind (FRASER und BROOM 1990).

2.5 Stress

Eine der Antworten auf ein inneres oder äußeres Ungleichgewicht, das zu Beeinträchtigung des Wohlbefindens führt, ist als Stress definiert (KAUFMANN und MARTIN 2009). Viele Krankheiten scheinen mit wachsendem Stress verknüpft zu sein, der durch Überbelegung und veränderte Umweltbedingungen wie z.B. durch schlechtes Stallklima und mangelnden menschlichen Bezug ausgelöst werden kann (BECHERT und SOUTHERN 2002). Der Endokrinologe Hans Selye unterteilt in seiner Stresstheorie zwei Hauptkategorien: den negativen „Disstress“ und den positiven „Eustress“ (SELYE 1975). Eustress stellt somit einen

„korrekten, richtigen oder optimalen“ Stresslevel dar. Das Regulationssystem eines Individuums kann dabei durch Verhalten und physiologische Bewältigungsstrategien effektiv funktionieren (MILSUM 1985). Eine akute Stressantwort ist dafür da, einem Organismus zu helfen, mit unerwarteten Veränderungen umzugehen, die den Organismus aus dem Gleichgewicht bringen oder eine Bedrohung darstellen. Bei starken körperlichen und psychischen Belastungen, sog. Stress-Situationen, ist die Glucocorticoidausschüttung erhöht (KARLSON 1980). Neben den adrenalen Glucocorticoiden werden in Stress-Situationen auch Katecholamine aus dem Nebennierenmark gebildet. Stress ist somit zunächst eine normale Anpassungsreaktion und hat kurzfristig gesehen positive Effekte (KAUFMANN und MARTIN 2009). Chronischer physischer oder psychischer Stress, der oft in Beziehung zu chronischer Krankheit gesetzt wird, ist jedoch schädlich und hat eine Immunsuppression und nachfolgende Krankheiten zur Folge (BROOM 2006; CHRISTENSEN, OLIVA et al. 2003;

VAHDETTIN 2009). Bekannte physiologische Effekte durch chronischen Stress bei Laborsäugetieren sind Arteriosklerose, Osteoporose, Diabetes, Veränderungen des Blutdruckes, der Temperatur, des EKGs, der Herzfrequenz, der Atemfrequenz, des Stoffwechsels, des Schlafrhythmus und Gewichtszunahme bzw. –abnahme (VAHDETTIN 2009). Typische stressbedingte Veränderungen bei Elefanten können sich als Atrophie des

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lymphoiden Gewebes, Hyperplasie der Nebennierenrinde oder gastrointestinale Ulzeration darstellen (FOWLER und MIKOTA 2006).

Auslöser für Stress werden Stressoren genannt. Ein Stressor veranlasst ein Tier, von seinem inneren Gleichgewicht abzuweichen (VAHDETTIN 2009).

Nach Ajitkumar (AJITKUMAR, ANIL et al. 2009) können Stressoren eingeteilt werden in:

- Somatische Stressoren: z.B. schrille Geräusche, schlechte Gerüche, blinkende Lichter

- Psychologische Stressoren: z.B. Angst, Frustration beispielsweise bedingt durch lang andauernde Gefangenschaft

- Verhaltensbedingte Stressoren: z.B. Überbelegung, Fehlen von sozialen Kontakten - Sonstige Stressoren: z.B. Fehlernährung, Parasiten, Infektionen

2.5.1 Stresshormone

Die Möglichkeit, den hormonellen Status eines Tieres zu untersuchen, spielt eine zentrale Rolle, um die Haltung, das Reproduktionsverhalten und das Wohlbefinden vieler Tierarten zu beurteilen und gegebenenfalls zu unterstützen (LASLEY und SAVAGE 2007). Hormone sind chemische Signalsubstanzen und damit Nachrichtenüberträger (KLINKE und SILBERNAGL 1994). Sie werden in spezialisierten Zellen, den endokrinen Drüsen, gebildet und in den Blutkreislauf sezerniert, von wo aus sie dann auf die Zellen ihrer Erfolgsorgane wirken und bestimmte physiologische oder biochemische Reaktionen auslösen (KARLSON 1980). Zu den klassischen endokrinen Drüsen gehören die Adenohypophyse, die Schilddrüse, die Nebenschilddrüse, die Nebennierenrinde, das endokrine Pankreas sowie die Sexualhormondrüsen Ovar und Testis. Die Produkte dieser Drüsen werden als glanduläre Hormone bezeichnet.

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