A 920 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 19|
10. Mai 2013SYMPOSIUM ZUR QUALITÄTSSICHERUNG
Der Erfolg ist messbar
Instrumente der Qualitätssicherung können nach Ansicht von Wissenschaftlern die Versorgung der Patienten verbessern. Medizinische Leitlinien, Peer Review oder Qualitätszirkel sind erfolgreiche Beispiele.
B
ürokratie, Kontrolle, Marke- ting – das Thema Qualitätssi- cherung löst bei Ärztinnen und Ärz- ten meist nicht auf Anhieb Begeis- terung aus. Dabei gehöre sie zum professionellen Selbstverständnis, seit es den hippokratischen Eid ge- be, „lange bevor der Begriff mo- dern wurde“, sagte Prof. Dr. med.Frank Ulrich Montgomery. Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) sprach zum Auftakt des Symposiums „Ergebnisverbesserung durch Qualitätsmanagement“, das die BÄK im Rahmen ihrer Initia - tive zur Versorgungsforschung am 17. April in Berlin veranstaltete.
Von Ärzten für Ärzte
„Wir müssen die Qualitätssicherung stärken, auch um ökonomischen Fehlanreizen im Gesundheitswesen entgegenzuwirken“, erklärte Mont- gomery. Denn sie diene letztlich der Patientensicherheit. Da die Akzep- tanz der Ärzte für die erfolgrei- che Umsetzung von qualitätssi- chernden Maßnahmen unverzicht- bar sei, müsse die Verantwortung dafür bei den Ärztekammern blei- ben. Qualitätskontrolle von Ärzten für Ärzte – dieser Ansatz spiegelte sich auch in den Themen des Sym- posiums wider. Die Experten be- fassten sich unter anderem mit der Analyse von Umsetzungsmängeln bei der Anwendung medizinischer Leitlinien und mit Methoden des Qualitätsmanagements.
„Leitlinien sind ein Kernbaustein im Qualitätsmanagement“, erklärte Prof. Dr. med. Ina Kopp, Leiterin des AWMF-Instituts für medizini- sches Wissensmanagement. Damit sie angewendet würden, müssten sie aktuell und verständlich sein.
Kopp sprach sich für eine bessere Finanzierung von Qualitätsmanage- ment-Programmen aus: „Wenn ich
Qualität will, dann kostet das Geld.“
„An der Produktion von Leitlinien sind oft mehr als 20 Fachgesell- schaften beteiligt“, sagte Priv.-Doz.
Dr. med. Achim Wöckel von der Universitätsfrauenklinik Ulm. „Die Frage ist, lohnt sich der Aufwand?
Haben Leitlinien Einfluss auf ärztli- ches Handeln?“
Im Rahmen eines Projekts zur Ver- sorgungsforschung, das vom Bun- desforschungsministerium gefördert wurde, hat er untersucht, wie sich die Anwendung von medizinischen Leitlinien auf das Überleben von Patientinnen auswirkt, die an einem rezeptorpositiven Mammakarzinom erkrankt sind. Ergebnis: Das Ge- samtüberleben verlängert sich. Al- lerdings erreicht man bei der An- wendung der entsprechenden Leit- linien lediglich Raten von etwa 80 Prozent. Große Abweichungen gibt es zudem bei sehr alten und sehr jungen Patientinnen. Die Grün- de dafür – möglicherweise Patien- tenwünsche, Therapiefreiheit oder mangelnde Informationen der Ärzte – sollen in einer Anschlussstudie untersucht werden.
Um Qualität und Ergebnisse messen zu können, verlangten die Experten einmütig einen besseren Zugang zu Routinedaten. „Der Da- tenschatz der Krankenkassen muss
endlich wissenschaftlichen Einrich- tungen zugänglich gemacht wer- den“, forderte Prof. Dr. med. Peter C. Scriba, Vorsitzender des Wissen- schaftlichen Beirats der BÄK.
Blick aufs „Kerngeschäft“
Dass die kollegiale Beurteilung im Peer Review zur Qualitätsverbesse- rung beitragen kann, belegte Priv.- Doz. Dr. med. habil. Maria Eber- lein-Gonska, Leiterin des Zentral- bereichs Qualitäts- und Medizini- sches Risikomanagement des Uni- versitätsklinikums Dresden. Wenn Krankenakten und Arbeitsabläufe analysiert und dann Verbesserun- gen erarbeitet würden, verliefe dies zwar teils emotional: „Denn mir schaut jemand in die Karten.“ Die Akzeptanz sei aber meist groß, weil es darum gehe, das „Kerngeschäft“
zu betrachten. „Es wird angeschaut, was ich als Arzt oder Ärztin jeden Tag tue“, so Eberlein-Gonska. Die Folge: Die betroffenen Ärzte setz- ten sich erneut mit ihren Fällen aus- einander. Als Beispiel führte sie eine kollegiale Beurteilung von Schlaganfalltherapien an. Im über- prüften Klinikum seien zehn Pro- zent der Patienten trotz maximaler Therapie gestorben. „Da haben die verantwortlichen Ärzte selbst ge- sagt, das sei ein interessanter Fall für das Peer Review“, so die Ärztin.
Um kollegialen Dialog und kon- struktive Kritik innerhalb eines sol- chen Verfahrens zu vermitteln, hat die BÄK ein Fortbildungscurricu- lum erarbeitet. Es hebe nicht nur auf die Vermittlung von theoretischem Wissen über Peer-Review-Verfah- ren ab, sondern sehe auch ein in - tensives Training im Umgang mit Konflikten, Kritik und Widerstand sowie lösungsorientierte Gesprächs- führung vor, so die BÄK.
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Heike Korzilius Wer sich für die referierten sowie weitere Themen des
Symposiums „Ergebnisverbesserung durch Qualitätsma- nagement“ interessiert, findet Informationen unter ande- rem auf folgenden Seiten im Internet:
●
www.bundesaerztekammer.de/downloads/Strukturier tecurriFortbildung.pdf●
www.qualitaetssicherung-mit-routinedaten.de●
www.dgu-online.de/qualitaet- sicherheit/schwerverletzte/weissbuch-schwerverletztenversorgung.html