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Archiv "Kritik am „Praktischen Jahr“: Zur Durchführung des sogenannten Internatsjahres an den Krankenanstalten" (05.08.1976)

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Kritik am „Praktischen Jahr"

Fakultäten fordern Änderungen der Approbationsordnung

BLICK ÜBER DIE GRENZEN:

Niederländisches Gesundheitssystem:

Trotz „Seelenpauschale"

Sorgen mit den Krankheitskosten

BEKANNTMACHUNGEN:

Kommentierung der Psychotherapie- Vereinbarungen Kassenärztliche Bundesvereinigung:

9. Nachtrag zum Vertrag zwischen dem

Bundesministerium für das Post- und

Fernmeldewesen und der Kassenärztlichen

Bundesvereinigung über die Heilbehandlung der durch Dienstunfall verletzten Postbeamten 9. Nachtrag zum Vertrag zwischen dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn und der Kassenärztlichen

Bundesvereinigung über die Heilbehandlung der durch Dienstunfall verletzten

Bundesbahnbeamten Ergänzungsvereinbarung zum Vertrag über das Unfallheilverfahren in der kassenärztlichen Versorgung

Bundesärztekammer:

Arbeitsmedizinische Einführungslehrgänge Kassenarztsitze

Eine Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses im Rahmen der der- zeit geltenden Approbationsord- nung ist ohne die Durchführung des Praktischen Jahres wie ein Kopf ohne Rumpf. Die bisherigen Erfahrungen mit der Ausbildungs- ordnung für Ärzte an den Universi- täten haben eindeutig gezeigt, daß die neuen Ausbildungsmodalitäten an Effektivität und Praxisnähe den Verhältnissen der medizinischen Ausbildung vor der langersehnten Reform keinesfalls überlegen sind!

Im Gegenteil, der Student hat sich durch die entstandene Dichotomie

— hier Präsentation eines Lern- und Skriptenwissens für das an- onyme Multiple-choice-Prüfungs- verfahren, dort Adaptation an einen schier unermeßlich scheinenden Lehrstoff der Gegenstandskataloge

— hindurchzuwinden, ohne für die eigentlichen Essentialia der medi- zinischen und ärztlichen Ausbil- dung an der Universität noch we- sentlich Aufmerksamkeit und Zeit zu verlieren'). Schon jetzt sind die

meisten Studenten bedrückt über die resultierende Praxisferne ihrer Ausbildung trotz eines sogenann- ten „Unterrichtes in kleinen Grup- pen" und trotz eines erstrebten, je- doch vielfach aus Gründen der Überlastung der Patienten nicht durchzuführenden, konzentrierten bedside-teaching. Die bisherigen Erwartungen an die neue Ausbil- dungsreform haben — was die Pra- xisnähe anbetrifft — weitgehend enttäuscht.

Durch die Streichung der klini- schen Pflichtfamulatur ist eine wei- tere beträchtliche Erschwernis für die praxisnahe klinische Ausbil- dung des Studenten im 1. und 2.

klinischen Studienabschnitt hin- zugekommen. Nirgends während seines Ausbildungsganges hat der Student die Möglichkeit, ganz kon- kret und über längere Zeit — in-

1) Siehe Hornstein: DMW 100, Nr. 49:

Jacob: DMW 100, Nr. 50, 2579-2582 (1975)

Kritik am „Praktischen Jahr"

Zur Durchführung des sogenannten Internatsjahres an den Krankenanstalten

Wolfgang Jacob

Der Artikel zeigt schwerwiegende Hemmnisse auf, die einer effi- zienten Durchführung des „Praktischen Jahres" — also dem letzten Teil der Ausbildung der Medizinstudenten nach der (nicht mehr so) neuen Approbationsordnung entgegenstehen. Doch ohne dieses

„Internatsjahr" verliert das Ausbildungskonzept der Väter der Ap- probationsordnung seinen Sinn.

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Praktisches Jahr

dem er selber kontinuierlich am Krankenbett tätig wird — Krank- heitsverläufe, diagnostische Frage- stellungen und die Wirkung thera- peutischer Eingriffe langzeitig zu verfolgen.

Jeder der älteren und erfahrenen ärztlichen Kollegen weiß, daß die klinische Famulatur zu denjenigen Ausbildungsbereichen der alten Ausbildungsordnung gehörte, die keiner missen möchte und missen kann. Im allgemeinen pflegten die Studenten der alten Ausbildungs- ordnung ihre klinische Famulatur noch wesentlich auszudehnen, um die klinische Ausbildung am Kran- kenbett praxisnahe zu ergänzen.

1. Die Krankenversorgung im Praktischen Jahr

Die Ausbildung des Studenten im Praktischen Jahr darf und soll kei- nesfalls auf Kosten der Kranken- versorgung erfolgen oder diese gar gefährden oder verzögern. Der Ge- setzgeber hat daher angeordnet, daß die Lehrkrankenhäuser be- stimmte personelle Voraussetzun- gen der Krankenversorgung von vornherein schaffen müssen, um überhaupt als Lehrkrankenhäuser anerkannt zu werden. M. a. W., nur solche Krankenhäuser können Lehrkrankenhäuser werden, deren Personalbestand die Krankenver- sorgung in befriedigender Weise garantiert. Andererseits sind gera- de auf dem personellen Sektor des Krankenhauswesens in Zukunft eingreifende Sparmaßnahmen un- ausweichlich, da dieser Sektor als ein wesentlicher Teilfaktor der so- genannten Kostenexplosion im Ge- sundheitswesen anzusehen ist.

Die Verweildauer der Patienten auf den Stationen soll und muß dra- stisch gesenkt werden. Damit dürf- te schon in allernächster Zeit die Belastung des ärztlichen und des Pflegepersonals, vor allem aber der Organisationsstruktur an den Kran- kenhäusern ganz erheblich zuneh- men.

Die Durchführung des Praktischen Jahres an den Lehrkrankenhäusern

bedarf einer ausdrücklichen Ver- ordnungsmaßnahme von seiten der Ministerien, damit die Lehrkran- kenhäuser als solche mit ihrem Personalbestand aus dem Sektor der personellen Sparmaßnahmen ausgenommen bleiben und die Lehrenden, beschützt vor einer völ- ligen Integration in die Krankenver- sorgung, ihren Unterrichtsver- pflichtungen auch wirklich nach- kommen können.

Aus dieser Perspektive ergibt sich eine erhebliche indirekte Kosten- steigerung auf dem Sektor der Krankenversorgung. Statt Personal einzusparen, wird an den Lehrkran- kenhäusern erheblich mehr Perso- nal gebraucht.

Eine weitere eingreifende perso- nelle Umstruktur steht bevor:

Durch den Wegfall der Medizinal- assistenten wird die Routine-Kran- kenversorgung entweder ernsthaft gefährdet oder wesentlich verteu- ert. Es ist nicht zu erwarten, daß die quantitativ auf den Stationen zu leistende Routinearbeit — bisher von zwei Medizinalassistenten durchgeführt. — in Zukunft von ei- nem Vollassistenten schneller und besser geleistet werden kann, ins- besondere, wenn gleichzeitig die Verweildauer der Patienten ge- senkt werden soll. Erfahrungsge- mäß dürfte daher der Ersatz zweier Medizinalassistenten durch einen Vollassistenten zusätzliche kosten- intensive Engpässe der Kranken- versorgung schaffen.

Der Student bleibt nach dem Ge- setz als Hilfskraft für die Kranken- versorgung von vornherein ausge- spart. Die Approbationsordnung schreibt hier ausdrücklich folgen- des vor (§ 3): „Der Student darf nicht zu Tätigkeiten herangezogen werden, die seine Ausbildung nicht fördern".

Während also die Chefärzte in eini- gen potentiell vorgesehenen, aber

noch nicht unter Vertrag genom- menen Lehrkrankenhäusern die Meinung vertreten, der Student des Praktischen Jahres sei im Grunde genommen nichts anderes als ein

Medizinalassistent mit zusätzlichen Unterrichtsansprüchen und daher auch voll in die Krankenversor- gung zu integrieren, sind andere der Auffassung, daß der Student so gut wie gar nicht in die Kranken- versorgung eingeschaltet werden dürfe, zum mindesten nicht als eine auf die Krankenversorgung anzurechnende ärztliche Hilfskraft.

— Die weitreichenden Folgen ei- ner aus diesem Passus der Ap- probationsordnung entstehenden Rechtsunsicherheit werden z. Z.

von den Studenten deutlicher ge- sehen und in ihren Forderungen artikuliert, als von der Seite der Krankenhausträgerschaften und der für die Lehre verantwortlichen Chefärzte der klinischen Abteilun- gen.

Wie soll im Konfliktfall entschieden werden, ob ein Student zu Tätig- keiten herangezogen worden ist,

„die seine Ausbildung nicht för- dern"? Wie will sich der Kranken- hausträger gegen den Vorwurf schützen, der Student sei als unbe- zahlte Hilfskraft in die Krankenver- sorgung einbezogen und daher ausgenutzt worden?

Wie soll der lernwillige und praxis- bezogene Student sich ein Recht verschaffen, verantwortlich in die ärztliche Tätigkeit am Krankenbett und damit in die Krankenversor- gung einbezogen zu werden, wenn ihm der Krankenhausträger und der ärztliche Leiter der Station ent- gegenhalten müssen, ein solcher Einsatz sei nach der Approbations- ordnung de jure nicht gestattet und daher de facto zu riskant?

Wie will der Krankenhausträger oder der leitende Arzt im Konflikt- fall dem Argument eines Ausbil- dungskandidaten begegnen, der ihn verantwortlich und haftbar ma- chen möchte für bei der schriftli- chen Abschlußprüfung sichtbar werdende Defizienzen der Ausbil- dung im III. klinischen Studienab- schnitt, etwa mit dem Hinweis, er sei zu sehr in die Routinearbeit der Krankenhausversorgung einbezo- gen, aber zu wenig unterrichtet worden?

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Allein die Erörterung dieses Dilem- mas weist auf ein nicht unbeträcht- liches Unsicherheitsmoment des Ausbildungsstatus im praktischen Jahr hin.

2. Die faktischen Kosten der Lehre und der praktischen Ausbildung an Lehrkrankenhäusern

Nach der Approbationsordnung für Ärzte soll die praktische Ausbil- dung in der Krankenanstalt sich gliedern in eine Ausbildung von je vier Monaten.

1. in der Inneren Medizin 2. in der Chirurgie

3. wahlweise in einem der übrigen klinisch-praktischen Fachgebiete.

Aus der Definition des Ausbil- dungsziels ist zu entnehmen, daß der Student auf den Abteilungen der Inneren Medizin und der Chir- urgie sowie in einem weiteren kli- nisch-praktischen Fach tätig sein wird. Die genannten Abteilungen haben also neben der Krankenver- sorgung die Ausbildung der Stu- denten zu leisten.

Über den faktischen Einsatz der Lehrassistenten herrscht weitge- hend Unklarheit. Die einen sind der Meinung, man solle die Lehrassi- stentenstellen dem allgemeinen Stellenpool hinzufügen und je nach Ausbildung und Erfahrung die ge- eigneten Stationsärzte an der Leh- re beteiligen. Die anderen halten

— um einer unterschwelligen Inte- gration des Lehrpotentials in die Krankenversorgung vorzubeugen

— an einer Trennung beider Posi- tionen fest.

Da die Studenten in die Kranken- versorgung nach Gesetz nicht ein- bezogen werden dürfen, fallen wei- tere Lebenshaltungskosten — wer immer dafür aufzukommen hat — an; und es liegt gleichzeitig ein nicht unerhebliches Tätigkeitspo- tential für die Krankenversorgung brach e).

Der Modellversuch am Urbankran- kenhaus in Berlin (u. a.) hat ein-

deutig gezeigt, daß — selbst bei günstigsten Voraussetzungen — die für die sachgerechte Durchfüh- rung des Praktischen Jahres veran- schlagten Personal- und Sachko- sten äußerst knapp bemessen sind und wahrscheinlich einer erhebli- chen Aufstockung bedürfen, soll die reibungslose Durchführung des Praktischen Jahres überhaupt eine Chance haben. Der Personal- und Sachetat der Lehrkrankenhäuser stellt also — allen Kostensen- kungsbemühungen zum Trotz — eine weitgehend als unrational an- zusehende zusätzliche Kostenstei- gerung im Bereich des Gesund- heitswesens dar.

3. Probleme der Ausbildung

Zunächst werden die Studierenden nur an den Universitätskliniken das Praktische Jahr ableisten. Ob das für sie prinzipiell ein Vorzug sein dürfte, bleibt offen. Die ohnehin durch die Unterrichtsverpflichtung nach der neuen Approbationsord- nung — bei gleichzeitiger empfind- licher Stellenreduktion der für die Approbationsordnung ausgebrach- ten Lehrassistentenstellen — über- lasteten Patienten- und Lehrkapazi- täten an den Universitätskliniken bieten nicht die besten Vorausset- zungen zur Ableistung des Prakti- schen Jahres, ganz zu schweigen von dem an den Universitätsklini- ken häufig spezialisierten Patien- tengut und der spezialisierten The- rapie. Der besondere Wert der Ausbildung an den Universitätskli- niken betrifft vor allem die Mög- lichkeiten, höchstdifferenzierte Me- thoden der Diagnostik und Thera- pie spezieller Krankheitsbilder ken- nen zu lernen; für den zukünftigen Spezialisten eine ausgezeichnete Vorbereitung in dem von ihm ge- wählten Fach, für den praxisnahe auszubildenden Studenten jedoch eher ein nochmaliger Aufschub

2) Nach dem Tenor des Gesetzestextes der Approbationsordnung verbietet sich selbstverständlich eine kosteneffiziente Nutzung des studentischen Ausbildungs- kandidaten in der Krankenversorgung.

3) Die Beschäftigung mit diesem Modell ist von den Kultusministerien der Länder, den Universitäten ausdrücklich nahege- legt worden.

seiner allgemeinen ärztlichen Aus- bildung in praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Umganges mit dem Kranken. An den Kranken- anstalten hingegen dürfte der Aus- bildungskandidat in der Regel mit sehr praxisnahen Problemen der Diagnostik und Therapie, auch so- zialer und rehabilitativer Maßnah- men konfrontiert werden.

Wie aber steht es an den künftigen Lehrkrankenhäusern mit der Ver- wirklichung des Unterrichts? Die Berliner Modellstudie stellt die fak- tisch auftretenden Probleme des Unterrichtes und der Ausbildung an den Lehrkrankenhäusern klar heraus 3):

In erster Linie sind es Probleme der Organisation der Ausbildung, des weiteren einer erheblichen zu- sätzlichen zeitlichen Belastung für die an der Lehre beteiligten Perso- nen, die zugleich in der Kranken- versorgung eingesetzt sind; beson- ders schwerwiegend sind sie vor allem an den chirurgischen Abtei- lungen der Lehrkrankenhäuser.

Aus der Studie geht hervor, wie un- vermeidlich und nachhaltig die Lehrverpflichtungen in die Organi- sation des Stationsbetriebes und der Krankenversorgung eingreifen.

Zum Teil lassen sich ohne eine einschneidende zeitliche Umstruk- turierung des Stationsbetriebes, der Visiten, des OP-Programmes vor allem an den chirurgischen Ab- teilungen die geforderten Lehrver- pflichtungen gar nicht durchführen.

Von allen Beteiligten werden ein Kommunikationsniveau und eine stets präsente Verpflichtung ge- genüber den alltäglichen Anforde- rungen der Lehre und des studenti- schen Unterrichtes verlangt, die eine kaum tragbare zeitliche Bela- stung nicht nur der Lehrassisten- ten, sondern auch des übrigen Sta- tionsbetriebes darstellen.

Die für die Lehre vorgesehenen Oberärzte und Assistenten der chirurgischen Abteilungen müssen für bestimmte Tage aus dem Ope- rationsprogramm ausgespart blei- ben, um ihre Lehrverpflichtungen

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Praktisches Jahr

vollgültig auszuführen. Die Modell- studie zeigte, daß der Unterricht im Fach Chirurgie trotz bestmöglicher Bemühungen aller Beteiligten nur sehr unregelmäßig durchgehalten werden konnte, einfach deswegen, weil der auf den chirurgischen Ab- teilungen bestimmende Opera- tionsbetrieb stets unter einem er- heblichen Zeitdruck abläuft, der sich bei zusätzlicher Einsparung an Personal in der Krankenversor- gung nicht nur nicht einschränken läßt, sondern eher noch wesentlich steigert. Wie diese neuen Aufgaben zugleich mit einer zeitlichen Opti- mierung der Krankenversorgung und der Verweildauer des Patien- ten im Krankenhaus koordiniert werden sollen, bleibt völlig offen.

Die Modellstudie läßt andererseits keinen Zweifel daran, daß eine ganztägige, durchorganisierte und geregelte Betreuung der Studenten sichergestellt werden muß. Sie spricht daher ganz offen davon, daß die Übernahme von Ausbil- dungsaufgaben für das Kranken- haus eine erhebliche Zusatzbela- stung darstellt, die „nur durch zu- sätzliches Personal" aufgefangen werden kann.

Die Mindestforderung heißt:

Eine Arztstelle für acht Studenten, eine MTA-Stelle bei Einrichtung ei- nes Labors,

für 60 Studenten eine Sekretärin- nenstelle.

An größeren Lehrkrankenhäusern wird diese Stellenaufstockung — die Zustimmung der Finanzministe- rien vorausgesetzt — keine unlös- baren Schwierigkeiten schaffen.

Eine derartige Stellenverteilung auf eine größere Anzahl kleinerer Lehrkrankenhäuser dürfte eher neue Probleme mit sich bringen.

Nach der Modellstudie ist die stän- dige Anwesenheit von mindestens zwei Stationärzten für eine Station von 30 bis 35 Betten Grundbedin- gung einer reibungslosen Abwick- lung des Lehrbetriebes. Es wird daher ein gesonderter Stellenpool für die Akutbettenstation der Inne-

ren Medizin gefordert ebenso für die Ambulanz, für die Inten- siv-Wachstationen und die Funk- tionsdiagnostik. Das Fazit lautet:

„Aktive Teilnahme der Studenten und jedes Bemühen von ärztlicher Seite werden sinnlos, wenn z. B.

eine solche Station nur mit einem Stationsarzt besetzt ist — in der Regel bei Urlaub oder Krankheit."

Die Erfahrungen besagen weiter- hin, daß die lehrenden Ärzte von der Fülle der genannten organisa- torischen Aufgaben zu entlasten seien. Mindestens müsse die Über- tragung dieser Aufgaben an eine dafür angestellte Sekretärin, in der Regel jedoch an einen eigens da- für delegierten Organisations- assistenten garantiert sein.

4. Die III. schriftliche Prüfung Das schwerstwiegende Hemmnis für die effiziente Durchführung des Praktischen Jahres stellt die III.

schriftliche Prüfung dar. Nach den Erfahrungen der Berliner Studie wird der Gegenstandskatalog IV des Mainzer Institutes für medizini- sche Prüfungsfragen als völlig in- adäquat für die Durchführung des Praktischen Jahres angesehen. Die Autoren befürchten, daß die umfas- sende Zielsetzung des Gegen- standskataloges IV nur unter sehr unterschiedlichen personellen und qualitativen Voraussetzungen an den einzelnen Lehrkrankenhäusern abgedeckt werden könne, es sei denn „durch theoretische Lehrver- anstaltungen." Die Studie bemerkt dazu: „Will der Student den Anfor- derungen des Gegenstandskatalo- ges entsprechen und die bundes- einheitliche schriftliche Prüfung bestehen, so wird er sich aller Vor- aussicht nach mehr in der Biblio- thek als auf der Station aufhalten."

Das Kernstück der Reform der Ausbildung zum Arzt — eine unein- geschränkte praxisorientierte Aus- bildung mit gleichzeitiger kritischer Reflexion der ärztlichen Tätigkeit

— müsse unter diesen Umständen gänzlich aufgegeben werden.

Das Mainzer Institut für medizini- sche Prüfungsfragen erklärt zu die-

sem Einwand einerseits, der Lehr- stoff des Gegenstandskataloges IV sei im Grunde genommen nicht neu, sondern eine Wiederholung eines bereits durch die früheren Studienabschnitte abgedeckten Lernwissens und man dürfe ihn da- her inhaltlich nicht überbewerten.

Von daher ließe sich auf die III.

schriftliche Prüfung durchaus ver- zichten.

Dieses Institut möchte dennoch die III. schriftliche Prüfung durchfüh- ren, um durch diese Prüfung gleichsam ein standardisiertes Un- terrichtsniveau an den Lehrkran- kenhäusern zu erzwingen. Ob die- se Form der Leistungsmanipulation für die Durchführung des Prakti- schen Jahres irgendwie von Nut- zen sein kann, bleibt zu bezweifeln, ebenso wie die Frage, ob dies ein zureichendes Argument für die Be- lassung der III. schriftlichen Prü- fung am Ende des Praktischen Jah- res sein kann. Würde man die III.

schriftliche Prüfung in den II. klini- schen Studienabschnitt vorverle- gen (der Wissensstoff des Gegen- standskataloges 4 ist nach Aus- kunft des Mainzer Institutes ohne- hin in den Gegenstandskatalogen 2 und 3 bereits vermittelt), so hät- te man die Möglichkeit, das Praktische Jahr uneingeschränkt der praxisnahen Ausbildung des Studenten vorzubehalten und ihn

— wenn man will — durch die Ertei- lung einer eingeschränkten Appro- bation bereits als Arzt auszuweisen.

Er könnte dann nicht nur nutzbrin- gend in die Krankenversorgung in- tegriert werden, sondern für ihn wäre erstmals ein verantwortliches Mitwirken in der Krankenbehand- lung möglich, und die Bedingungen einer wirklich praxisnahen Ausbil- dung wären erstmals garantiert.

Die aus einer solchen Ausbildung resultierenden Unterrichtsverpflich- tungen ließen sich ohne weiteres in enger Verbindung mit den Univer- sitäten sehr konzentriert und pra- xisnah aufbauen und strukturieren, so daß endlich einmal wenigstens ein Jahr der ärztlichen Ausbildung ganz der Praxis der ärztlichen Tä- tigkeit gewidmet werden könnte;

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Fakultäten fordern Änderungen

der Approbations- ordnung

Der Westdeutsche Medizinische Fakultätentag (WMFT) hat am 18.

und 19. Juni 1976 in Hamburg Be- schlüsse gefaßt, über die Nachste- hendes verlautbart wurde:

„Trotz der seit 1971 stets wieder- holten Forderung bzgl. des prakti- schen Jahres stellt der WMFT fest, daß an der überwiegenden Mehr- zahl der medizinischen Ausbil- dungsstätten die Durchführung des praktischen Jahres drei Monate vor seinem Beginn noch immer nicht gewährleistet ist.

Der WMFT hält die weiter beste- hende Unsicherheit über den drit- ten Studienabschnitt insbesondere im Interesse der Studenten für un- tragbar, weil damit der Abschluß des Studiums der Humanmedizin nach dem geltenden Recht nicht sicher- gestellt ist.

Der WMFT hält im Hinblick auf die geforderte Qualität der ärztlichen Ausbildung unverändert an der Auffassung fest, daß das Studium der Humanmedizin durch das prak- tische Jahr abzuschließen ist, wie es in der Approbationsordnung verankert ist. Aus der Verantwor- tung der medizinischen Fakultäten/

Fachbereiche für die Gestaltung auch dieses Studienabschnittes hält der WMFT folgende Maßnah- men für unerläßlich:

Entlastung des praktischen Jahres vom Stoffinhalt des Gegenstands- kataloges 4 durch Verlagerung dieses Lernstoffes in den zweiten klinischen Studienabschnitt und Einbeziehung in den zweiten Ab- schnitt der ärztlichen Prüfung unter Wegfall des schriftlichen Teils der Prüfung nach dem dritten klini- schen Studienabschnitt.

Der WMFT erwartet von der Erfül- lung dieser Forderung eine Erwei-

terung des Kreises der für die Aus- bildung geeigneten Krankenhäuser und eine Erleichterung der Ver- tragsverhandlungen. Es ist unver- ständlich, daß das vorhandene Po- tential qualifizierter und für die Aus- bildung geeigneter Krankenhäuser nicht ausgeschöpft wird. Der WMFT fordert die Länder dringend auf, die Verträge mit der erforderli- chen Zahl von Lehrkrankenhäusern unverzüglich abzuschließen."

Approbationsordnung für Ärzte

„Der WMFT stellt in Bestätigung und Ergänzung früherer Beschlüs- se fest, daß der Approbationsord- nung für Ärzte in ihrer derzeit gülti- gen Fassung so erhebliche Mängel anhaften, daß eine unverzügliche sachgerechte Änderung im Interes- se eines qualifizierten ärztlichen Nachwuchses unerläßlich ist. Diese Situation wird insbesondere durch die bei Abfassung der Approba- tionsordnung nicht vorhergesehene starke Zunahme der Zahl der Medi- zinstudenten erheblich verschärft.

Vordringlich und auf dem Verord- nungswege durch eine Novellie- rung der Approbationsordnung er- reichbar ist zunächst die Erfüllung folgender Forderungen:

1. Einführung eines pflichtmäßigen systematischen Unterrichtes (Vor- lesung) zur Ergänzung der prakti- schen Übungen.

2. Wiedereinführung einer zusätzli- chen Famulatur im Krankenhaus in gleichem Umfang wie die in §7 vorgesehene Famulatur.

3. Anerkennung des Bestehens je- des Prüfungsabschnittes nur bei zutreffender Beantwortung von mindestens 50 Prozent der Fragen in jedem Stoffgebiet.

4. Fortfall der schriftlichen Prüfung am Ende des dritten klinischen Studienabschnittes unter Einbezie- hung des entsprechenden Prü- fungsstoffes in die schriftliche Prü- fung des zweiten Abschnittes der Ärztlichen Prüfung. Gleichzeitig in- haltliche und zeitliche Erweiterung der mündlichen Prüfung nach § 33."

ein Ziel, dessen dringende Notwen- digkeit sich aus der — unbeabsich- tigten — Praxisferne der Approba- tionsordnung und ihrer Auswirkun- gen in den klinischen Studienab- schnitten zwingend ergibt.

Die mündliche Prüfung ist — selbstverständlich für alle klini- schen Studienabschnitte, vor allem aber zum Abschluß des Prakti- schen Jahres effektiver zu gestal- ten, als es die Approbationsord- nung vorsieht. Eine 45 Minuten für den einzelnen Kandidaten dauern- de Überprüfung seiner ärztlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten am Ende des Medizinstudiums er- scheint uns wie eine beabsichtigte Farce.

Der Gesetzgeber vor allem wird es zu bestimmen und zu verantworten haben, wenn es ihm genügt, den ärztlichen Nachwuchs nur insge- samt je vier Monate in den großen klinischen Fächern Innere Medizin und Chirurgie sowie in einem klei- nen weiteren klinischen Wahlfach auszubilden und sich mit dieser einzigen Bedingung der praxisna- hen Ausbildung des zukünftigen deutschen Arztes zu begnügen 4 ).

Oder wäre es denkbar, daß auch ihm genauso wie allen Beteiligten und Betroffenen daran gelegen sein könnte, den ärztlichen Nach- wuchs für die ärztliche Praxis so auszubilden, daß dem Arzt mit der Erteilung der Approbation die not- wendigen praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten der ärztlichen Ausbildung voll zur Verfügung ste-

hen?

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Wolfgang Jacob Pathologisches Institut

der Universität

Im Neuenheimer Feld 220-221 6900 Heidelberg

4) Nach der z. Z. geltenden Approbations- ordnung soll dieses Minimum an prak- tischer Ausbildung in der gesamten Stu- dienordnung noch einmal durch weitge- hend wieder theoriebezogene Lehrver- anstaltungen zur Vorbereitung der schriftlichen Prüfung eingeschränkt wer- den.

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