Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 25|
21. Juni 2013 A 1231RANDNOTIZ
Sabine Rieser
Einmal im Jahr findet in Berlin im ICC der „Hauptstadtkongress Medi- zin und Gesundheit“ statt. Manche meinen, dass es sich dabei um eine besondere Form der Völkerwande- rung handelt, wie Prof. Dr. Heinz Lohmann, einer der Kongresspräsi- denten: Es sei einfach so, „dass alle wichtigen Menschen dort hin müs- sen, weil alle anderen wichtigen
Menschen schon da sind“, erläuterte er in diesem Jahr zur Eröffnung.
Unter einem Dach finden drei Ta- ge lang der Managementkongress Krankenhaus – Klinik – Rehabilitati- on, der Pflegekongress und das Ärz- teforum statt. Man trifft sich mit Ver- tretern der eigenen Berufsgruppe, tagt und debattiert aber auch sekto- renübergreifend. Damit verkörpert der Kongress nach außen ein klein wenig die große Wunschvorstellung fürs deutsche Gesundheitswesen.
Zu den wichtigen Menschen zählt der Bundesgesundheitsminis- ter. „Achtung, Daniel Bahr hat so- eben das ICC betreten“, säuselt es bei seiner Ankunft aus den Laut- sprechern. Wer sich noch keinen Platz für die Eröffnungsfeier gesucht hatte, eilt dann vom Dachgarten, aus Saal 2 oder von einem der vielen In- fostände dorthin. Das kann dauern.
Denn das ICC ist verwinkelt, teilwei- se verwirrend beschildert, unüber- sehbar in die Jahre gekommen.
Es sei „absolut nicht schön“, ihm aber „ans Herz gewachsen“, gestand Dr. Uwe K. Preusker, der mit Marie-Luise Müller den Pflege- kongress leitete. Die gab zu, Jahre gebraucht zu haben, um sich in dem 70er-Jahre-Bau zurechtzufinden.
Vorbei. Im nächsten Jahr wird der Hauptstadtkongress um die Ecke, im neuen „CityCube“, stattfinden. Der soll sehr viel aufgeräumter sein. Mal sehen, wie das den Kongresssekto- ren bekommt.
Tschö ICC, hallo CityCube
Die überraschende Satzungsände- rung bei der Rhön-Klinikum AG, mit der die Aktionäre am 12. Juni die „90-Prozent-Hürde“ für wichti- ge Entscheidungen gekippt hatten, wird juristisch überprüft. Der Groß- aktionär B. Braun Holding sowie weitere Anteilseigner wollten die Beschlüsse der Hauptversammlung mit einer Klage anfechten, teilte Rhön am 13. Juni mit. Bei der Sat- zungsänderung waren die Stimmen von B. Braun aus formalen Grün- den nicht berücksichtigt worden, weil der Stimmrechtsvertreter für die Stimmrechte von B. Braun nicht ordnungsgemäß legitimiert gewe- sen sein soll. Damit geht das Rin- gen um die Macht beim Klinikkon- zern weiter.
Mit der geänderten Satzung könnte ein Großinvestor das Unter- nehmen bereits beherrschen, wenn er über 75 Prozent und eine Aktie verfügt. Der dafür infrage kommen- de und von Rhön-Gründer und -Aufsichtsratschef Eugen Münch RHÖN-KLINIKUM AG
Ringen um die Macht
favorisierte Gesundheitskonzern Fre- senius, zu dem auch die Helios- Kliniken gehören, schwieg aber bisher zu einem möglichen weite- ren Übernahmeversuch. Münch, der selbst noch 12,5 Prozent der Anteile hält, hatte die 90-Prozent-Hürde zum Schutz seines Einflusses einst selbst geschaffen, sich nun aber für die Streichung eingesetzt.
Fresenius war im vergangenen Jahr mit einer milliardenschweren Übernahmeofferte für den Kon - kurrenten gescheitert, weil nicht die erforderlichen 90 Prozent der An- teile zusammenkamen. Die Quote wurde knapp verfehlt, weil die As- klepios-Kliniken GmbH, hinter He- lios und Rhön die Nummer drei auf dem Krankenhausmarkt, am letzten Tag der Annahmefrist 5,01 Prozent der Rhön-Aktien kaufte und so Ver- wirrung stiftete. Auch der Kranken- hauszulieferer B. Braun Melsungen hatte Aktien gekauft – um zu ver- hindern, dass Rhön auf Fresenius- Produkte umsteigt. JF/dpa
Ärztinnen und Ärzte, die Brustim- plantate der französischen Firma
„Poly Implant Prothèse“ (PIP) ver- wendet haben, haften nicht für de-
ren minderwertige Qualität. Das Landgericht Karlsruhe hat Scha- densersatzklagen von zwei Patien- tinnen abgewiesen, die 2007 in ei- ner Karlsruher Klinik PIP-Implan- tate erhalten hatten. Zum damaligen Zeitpunkt habe es keinen Anhalts- punkt für die Mängel und das betrü- BRUSTIMPLANTATE
Ärzte haften nicht für minderwertige Qualität
gerische Verhalten des Herstellers gegeben, urteilten die Richter (Az.:
8 O 260/12 und Az.: 7 O 94/12).
„Die Schadensersatzklagen der Patientinnen wurde völlig zu Recht abgewiesen“, kommentierte Prof.
Dr. med. Peter Vogt, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plasti- schen, Rekonstruktiven und Ästhe- tischen Chirurgen, die Entschei- dung. Ärzte hätten keine Möglich- keit, Medizinprodukte vor der An- wendung umfassend zu prüfen. Sie müssten sich auf die offizielle Zu- lassung verlassen können.
Das Bundesinstitut für Arznei- mittel und Medizinprodukte rät seit Januar 2012 zu einer Entfernung der PIP-Implantate. Zuvor war be- kanntgeworden, dass diese Indus- triesilikon enthalten können. Be- reits im März 2010 hatten französi- sche Behörden die Vermarktung von PIP-Prothesen untersagt. BH Erhöhtes
Rupturrisiko:
Minderwertiges Brustimplantat der Firma PIP
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