Roman
Einstieg zur Selbstfindung
Yves Namur: Das Buch der sieben Pforten. Aus dem Französischen übersetzt von Gisela Febel, Verlag Jutta Legueil, Stuttgart, 1995, 120 Seiten, kartoniert, 36 DM
Der im französischspre- chenden Raum schon vielfach preisgekrönte Autor, Arzt in Châtelineau (Belgien), wird in deutscher Übersetzung erstmals vorgestellt.
Es wäre ein Unding, diese Sammlung lyrischer Gedichte in einer „inhaltlichen“ Zu- sammenfassung vorzustellen – in der Form einer Buchbe- sprechung schon gar nicht, weil der Dichter seinem eige- nen Sentiment nachgeht und
den Leser zu dessen ganz per- sönlicher Antwort herausfor- dert. Er bietet „sieben Pfor- ten“ als Einstieg zur Selbst- findung an, und dem ent- spricht das Eingangsmotto:
„Der Blick ist nicht schon Wissen, er ist die Pforte. Se- hen heißt eine Pforte öffnen.“
Durch sie hindurchgehen muß man schon selbst.
Diesem Leitmotiv hat der Verlag durch die Gestaltung des Druckbildes in exzellen- ter Weise entsprochen. Die Buchseiten sind sinnentspre- chend gegliedert, enthalten oft nur wenige Zeilen: Pau- senzeichen zum Innehalten, zur Prüfung und zur Suche nach einer persönlichen Ant- wort auf die in den Versen im- plizierte Anfrage.
Die Übersetzung wird der Poesie von Yves Namur in ausgezeichneter Weise ge- recht. Die zwei beigefügten
Zeichnungen wird man auch nicht unbedacht überblättern.
Rudolf Clade, Bad Neuenahr
Ethik
Freigabe der Abtreibung
Norbert Hoerster: Abtrei- bung im säkularen Staat.
Argumente gegen den § 218, Suhrkamp Taschenbuch Ver- lag, Frankfurt/Main, 1995, 200 Seiten, kartoniert, 18,80 DM
Norbert Hoerster, Profes- sor für Rechts- und Sozial- philosophie an der Univer- sität Mainz, legt das Ergebnis seiner Untersuchung zur Ethik des Tötungsverbotes und zur Abtreibung vor. Dem Fötus wird kein Überlebens-
interesse eingeräumt, damit auch kein „überzeugender Grund für die Einräumung eines Lebenrechtes“.
Ausgehend von dieser Auffassung analysiert der Verfasser in der zweiten Auf- lage seines Buches (Erstauf- lage 1991) das Abtreibungs- urteil des Bundesverfassungs- gerichts vom 28. Mai 1993 mit der Schlußfolgerung, daß das Gericht jedem einzelnen Fö- tus ein eigenes Lebensrecht zwar dem Namen nach, nicht aber der Sache nach zu- spricht, womit das „Lebens- recht“ des Fötus „im Munde des Gerichts zu einem bloßen Lippenbekenntnis wird“.
Das heißt, daß „mit den Voraussetzungen eines säku- laren Staates nur eine unein- geschränkte Freigabe der Ab- treibung vereinbar ist“.
Hans-Joachim Wagner, Homburg/Saar
A-283 Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 6, 9. Februar 1996 (11)
S P E K T R U M BÜCHER