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Archiv "Abtreibung und so weiter" (08.10.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

D

as Bundessozialgericht hat die Klage einer Kran- kenversicherten abge- wiesen, die sich gegen die Fi- nanzierung von nicht medizi- nisch indizierten Abtreibun- gen durch die gesetzliche Krankenversicherung richte- te. Zum einen sei die Klägerin (die mit ihren Beiträgen die nach Paragraph 200 Reichs- versicherungsordnung ge- währten Leistungen mitfinan- zieren muß, was sie für rechts- widrig hält) nicht in ihren Rechten beeinträchtigt. Zum anderen könne es nicht Ange- legenheit eines einzelnen Mitglieds sein, eine Kranken- kasse zu rechtmäßigem Ver- halten anzuhalten.

Wieder einmal hat also ein oberstes Gericht es in Sachen

„Abtreibung auf Kranken- schein" bei Formalien bewen- den lassen, genauso wie vor etwas mehr als zwei Jahren das Bundesverfassungsge- richt, übrigens bei dem glei- chen Begehren der gleichen Klägerin. Diese Feststellung ist keine Urteilsschelte (es gab ja eben kein Urteil), viel-

Abtreibung und so weiter

mehr der Hinweis auf ein Phänomen: Weder Gerichte noch Politiker wollen an die- ses Thema rühren.

Es gibt zwar immer wieder Unruhe. Stadträte zeigen sich erschrocken — wie letzthin in Nürnberg —, wenn in Stellen- angeboten öffentlicher Kran- kenhäuser von ärztlichen Be- werbern die Bereitschaft ver- langt wird, Schwanger- schaftsabbrüche durchzufüh- ren. Veranstaltungen von Gegnern der heutigen Abtrei- bungspraxis werden — wie in Nürtingen oder Köln — in ei- ner Weise gesprengt, die an üble Zeiten unserer jüngsten Geschichte erinnert.

In der Politik aber tut sich nichts. Die FDP mauert nun schon seit Jahren. Beim SPD- Parteitag in Nürnberg war so

viel von der Gleichstellung der Frau die Rede, daß man sich nicht gewundert hätte, wenn auch noch das Kinder- kriegen für Männer beschlos- sen worden wäre — Schwan- gerschaftsabbruch war aber kein Thema. Bei der Bundes- versammlung der Grünen auch nicht. — Und die CDU?

Sie will — zusammen mit CSU und FDP — die Mittel für die Bundesstiftung „Mutter und Kind — Schutz des ungebore- nen Lebens" um 20 Millionen DM jährlich erhöhen. Aber wer redet zum Beispiel noch von jenem Gesetzentwurf von 74 CDU/CSU-Abgeordneten, der einmal die „Abtreibung auf Krankenschein" wieder abschaffen sollte?

Vor etwa zwei Jahren war ein Editorial zum gleichen Thema an dieser Stelle überschrie- ben: „Ohne Mehrheit läuft nichts". Daran hat sich nicht das Geringste geändert. Die Mehrheit unseres Volkes lebt weiter in dem Wissen, daß jährlich Zigtausende Kinder vor der Geburt getötet wer- den. Das ist alles. gb

W

ieder und wieder wer- den der „tiefe Graben"

zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und die bundesspezifische

„Trennung" der gesundheit- lichen Versorgung beklagt;

die Politik wird zu Abhilfe- maßnahmen animiert. Die Krankenhäuser gehen propa- gandistisch schnell auf Ge- genkurs, wenn sich etwas im ambulanten Sektor tut und die Sparzwingen auch im Krankenhaus fester angezo- gen werden sollen. Im Vorfeld der angekündigten Struktur- reform im Gesundheitswesen schießen Forderungen nach einer „erweiterten vorstatio- nären Diagnostik und zeitlich limitierten Nachsorge" durch die Krankenhäuser, also für Krankenhausambulatorien, und einer „totalen Öffnung"

des Krankenhauses ins Kraut.

Hier wird ein „Spar- und Ra- tionalisierungspotential" in

Total-Ambulanz?

Milliarden-Mark-Höhe be- hauptet. Bewiesen hat dies je- doch noch niemand, ganz im Gegenteil, wie Gutachten längst nachgewiesen haben.

Zur rechten Zeit haben nun auch prominente Gesund- heitspolitiker ein klärendes

(Macht-)Wort gesprochen:

Die Experten von CDU/CSU und FDP, Dr. med. Karl Bek- ker und Irmgard Adam- Schwaetzer, halten überhaupt nichts von Bestrebungen, die dem teuersten Sektor, dem Anstaltskrankenhaus, noch mehr „Fälle" zuschanzen wollen. Klipp und klar stellte auch der Leiter des Kranken- hausreferates des Bundesar- beitsministeriums, Dr. Rudolf Vollmer, kürzlich öffentlich

fest: Die Zusammenarbeit zwischen ambulantem und stationärem Sektor ist zwar verbesserbar, für den Bundes- gesetzgeber gibt es aber kei- nen besonderen und akuten Handlungsbedarf. Jedenfalls nehme sich die beklagte

„Versäulung" weniger dra- matisch aus, als dargestellt werde. Auch als „Kosten- dämpfer" sei die Öffnung un- brauchbar. Vollmers Diagno- se: Bei einer Umwandlung der Krankenhäuser in Ambu- latorien besteht die Gefahr, daß auch weniger kostenauf- wendige Leistungen nieder- gelassener Ärzte in die über- aus teure Institution Kranken- haus verlagert werden. Ande- rerseits sei nicht zu erwarten, daß der ambulante Sektor gleichzeitig sein Behand- lungsvolumen reduzieren werde. Vielmehr wäre mit ei- ner erneuten Ausgabenex- pansion zu rechnen. HC

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 41 vom 8. Oktober 1986 (1) 2729

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