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Archiv "Der Koran zur Familienplanung" (13.03.1980)

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Millionen Touristen der westlichen Industrienationen reisen Jahr für Jahr in den Orient. Er ist für sie im-

mer noch ein Märchenland. Die er- habene Einsamkeit seiner Steppen und Wüsten, das von pittoreskem Leben wimmelnde Halbdunkel der Basare, die urtümlich bizarren Bau- ten seiner Wüstensiedlungen und die von Trommelwirbeln begleiteten Tänze lassen den seelenlosen Alltag einer bindungslosen Industriekultur vergessen. Nur selten denkt dann gelegentlich ein Taufschein-Christ an die größten Männer der Mensch- heitsgeschichte, die im Orient lebten und wirkten, an Buddha, Christus und Mohammed. Die lebensfeindli- che Natur Arabiens wurde zur Wiege von drei weltbewegenden Religio- nen. In dieser heroischen Land- schaft mit ihrer grandiosen Trostlo- sigkeit entstanden nicht nur der isla- mische, sondern auch der jüdische und christliche Glaube. Die islami- sche Religion ist ein kompromißlo- ser Monotheismus mit weltweiter Expansion. Selbst im niederbayeri- schen Straubing wurde vor kurzem eine Moschee eingeweiht. Hier le- ben 54 islamische Familien!

Expandierender Islam

Schon in den ersten hundert Jahren seines Bestehens breitete sich der Islam über ein vom Atlantik bis nach China reichendes Gebiet aus. In sei- ner Größe übertraf es weit das römi- sche Reich und das Weltreich Alex- anders des Großen. Der Islam assi- milierte dabei mehr Menschen ver- schiedener Sprachen und Rassen als jedes dieser beiden Imperien zu- sammen. Er schuf eine Kultur, die im Gegensatz zu diesen Reichen bis auf den heutigen Tag Bestand hat.

Trotzdem neigen viele Europäer da- zu, den Islam als eine verrottete Reli- gion ohne jede tiefere Bedeutung und Wirkung zu verwerfen. Wer al- lerdings in den islamischen Ländern Mohammeds Erbe sucht, wird es fin- den. Selbst der Durchschnittseuro- päer entdeckt dann Würde, Stolz und Treue gegenüber den Men- schen, Ergebenheit und Genauigkeit gegenüber dem Gesetz und gren- zenloses Vertrauen gegenüber Gott!

Hier gibt es nicht das jämmerliche Klagen einer westlichen Dekadenz über die vaterlose Gesellschaft. In den islamischen Ländern ist der Va-

ter höchst lebendig und erfüllt die ihm übertragenen Funktionen. Er überläßt sich dabei der Gnade und Führung eines fehlerlosen, allmäch- tigen Vatersymbols, seinem allwis- senden, allweisen und allgütigen Gott.

Gegenwärtig erlebt der Islam ein siegreiches Comeback als Staats- philosophie mit dem Koran als ober- stem Gesetz. Das gilt nicht nur für Libyen, Saudi-Arabien oder etwa Pa- kistan, sondern für die gesamte isla- mische Welt. Die Ereignisse in Per- sien haben die Machtbalance der Supermächte erheblich gestört, und in Ägypten erstarkt die Moslembrü- derschaft. Sie opponiert gegen den Sadat-Kurs, und der auflodernde is- lamische Fanatismus der umliegen- den Länder erschwert jede friedliche Lösung der Probleme im Nahen Osten. Der Islam ist weltweit auf dem Vormarsch. Das läßt sich von den arabischen Ländern Nordafrikas über den Mittleren Osten und den indischen Subkontinent bis zum In- selreich Indonesiens an zahlreichen Symptomen ablesen. Dieser West- Ost-Transversale steht eine Stoß- richtung Nord-Süd gegenüber. Afri- ka südlich der Sahara wurde beina- he unbemerkt zum fast wichtigsten Missionsgebiet des Islams. Man rechnet, daß sich schon heute zwei Drittel dieses Kontinents mehr oder weniger geschlossen zur grünen Fahne des Propheten bekennen.

Selbst Tansanias Präsident Julius Nyerere tritt, obwohl praktizierender Katholik, bei Volksveranstaltungen mit dem Käppchen der Moslems auf.

Ob an der West- oder Ostküste Afri- kas, überall ragen fast über Nacht die Minarette der Moscheen in den Städten und Dörfern auf. Mit Bitter- keit müssen es die christlichen Mis- sionare hinnehmen, daß christiani- sierte Stämme unvermutet unter der Führung eines Häuptlings geschlos- sen zum islamischen Glauben über- treten. Mit weit offener Hand finan- zieren die Ölgiganten durch das

„Geschenk Allahs", das Erdöl, im südlichen Afrika Moscheen, Koran- schulen und andere islamische Kul- turzentren. Das Öl spielt bei der Be- kehrung von Ungläubigen und Hei-

Der Koran zur Familienplanung

Günter Last

Der Autor dieses Beitrages ist längere Zeit in islamischen Entwick- lungsländern ärztlich tätig gewesen. Der Islam befindet sich zur Zeit in einer Phase der Expansion, aber auch heftiger innerer und äußerer Auseinandersetzungen. Es ist selbstverständlich, daß es in dieser großen Weltreligion wie in anderen verschiedenartige theologische Auffassungen. Konfessionen und die Auseinandersetzungen zwi- schen ihnen gibt - Auseinandersetzungen, die gerade auf religiösem Gebiet häufig mit besonderem Fanatismus geführt werden. Ein sol- ches umstrittenes Gebiet ist auch die Frage, ob eine Geburtenbe- schränkung und Familienplanung für den Moslem erlaubt ist oder nicht. An Hand der Quellen des Islams, des Korans und der Überliefe- rungen über den Propheten Mohammed weist der Autor nach, daß Familienplanung und Geburtenbeschränkung nicht nur nicht verbo- ten sind, sondern daß sich aus der heutigen Situation der Menschheit und der Lage der islamischen Völker aus dem Koran sogar eine Verpflichtung zur Familienplanung ergibt.

704 Heft 11 vom 13. März 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Der Koran zur Familienplanung

den eine entscheidende Rolle und wird auch hier zur politischen Waffe.

Außerdem ist der Islam in Afrika nicht wie das Christentum durch die Erinnerung an die Kolonialzeit bela- stet. Zugleich erweisen sich die Leh- ren Mohammeds als einfach, kon- kret und für den Primitiven Schwarz- afrikas als leicht begreifbar. Kein Wunder also, wenn sich der islami- sche Glaube fast wie ein Buschfeuer ausbreitet. Christliche Politiker trö- sten sich inzwischen mit der Beob- achtung, daß der atheistische Kom- munismus in den islamischen Staa- ten auf lange Sicht kaum eine Chan- ce hat, Fuß zu fassen.

Selbst die Bundesrepublik Deutsch- land wird vom Islam berührt. Fast unbemerkt entstehen schon in Pro- vinzstädten Moscheen, und der Mu- ezzin ruft dann auch hier die Gläubi- gen zum Gebet. In Westberlin voll- zieht sich in stummer Dramatik die Überschwemmung einer überalter- ten Bevölkerung mit kinderreichen islamischen Familien aus der Türkei.

Die Überflutung ganz Europas mit ebenso armen wie zahllosen fanati- schen Moslems ist keine Horrorvi- sion. Schon einmal wurde dem Abendland ein fast tausendjähriger Krieg zwischen der Landung der Mauren in Spanien und den Türken vor Wien aufgezwungen. Die Islami- sierung der Dritten Welt wird unter solchen Erinnerungen zum bedrük- kenden Alptraum. Damals besaß das bedrohte Abendland die Wider- standskraft eines unbesiegbaren christlichen Glaubens. Vergleicht man das heutige christliche Europa mit der strengen Moral des Islams, so gleicht es eher einem verfaulten Apfel als einer widerstandsfähigen Macht. Unter solchen Voraussetzun- gen könnte die grüne Fahne des Propheten bald siegreich über ei- nem morschen Abendland flattern!

Opium des Volkes?

Die Pahlevi-Dynastie starb in Persien unter dem heiseren Skandieren der Massen „Heil, Khomeini". Markig er- klangen die huldigenden Sprech- chöre: „Die einzige Partei ist die Partei Gottes, unser einziger Führer

ist Rohallah." Unter der Führung des Helden und Heiligen der islami- schen Revolution, des Ayatollah Ro- hallah Khomeini, wurde inzwischen der Chador, der islamische Körper- schleier, für die Frauen des Landes zur Pflicht. Gleichzeitig beseitigte er das im Jahr 1975 eingeführte „Ge- setz zum Schutz der Familie", das den Männern die Polygamie unter- sagte. Schon das genügte der west- lichen Presse, um den Ayatollah als Irans Savonarola zu klassifizieren und von einer muslimischen Varian- te jenes christlichen Florentiner Mönchs zu sprechen. Dieser hatte im Jahr 1494 unter dem Jubel des Volkes die Herrschaft in Florenz übernommen, um innerhalb von nur vier Jahren diese mächtigste Stadt- republik Italiens in Grund und Bo- den zu wirtschaften. Deshalb wurde Savonarola — wiederum unter dem Jubel der Massen — auf dem Schei- terhaufen verbrannt.

Unisono wirft die westliche Presse Khomeini vor, daß er die Lage der Frauen verschlechtern und diese in die sklavische Abhängigkeit von Männern zurückstoßen will. Dabei lehrt der Koran*) die Gleichberechti- gung der Geschlechter und sagt von den Frauen: „ . . . denn sie sind euch und ihr seid ihnen eine Decke (euch gegenseitig unentbehrlich)." Dieses Gesetz wird in Dutzenden weiteren Versen belegt und erklärt. Wenn die Praxis in vielen islamischen Ländern diesen Geboten Allahs widerspricht, so sagt das nichts gegen den Islam, wohl aber gegen die dort herrschen- den Frauen und Männer. Moham- med jedenfalls befreite die Frau aus einem menschenunwürdigen Da- sein. Im vorislamischen Arabien be- saßen die Frauen fast keinen Wert.

Sie galten weniger als ein mittelmä- ßiges Kamel, und man sprach da- mals von einer „üblen Nachricht", wenn über die Geburt eines Mäd- chens geredet wurde. Erst der Pro- phet verschaffte den Frauen seiner Gläubigen ein lebenswertes Dasein.

Schon damals durften sie über ihr Einkommen und Eigentum selbst

Die im folgenden gebrachten wörtlichen Zi- tate des Korans entstammen einer Übertra- gung von Ludwig Ullmann in neuer Bearbei- tung von L. W. Winter

verfügen und ihre eigenen Geschäf- te selbst verwalten. Um dieses Vor- recht kämpften die englischen Frau- enrechtlerinnen noch im 19. Jahr- hundert lange Zeit vergeblich.

Man wirft Khomeini und seinen An- hängern vor, daß sie aus religiösen Gründen die unmenschlichsten Greueltaten begehen. Immer wenn Menschen vorgeben, im Namen Got- tes zu kämpfen, werden sie leicht zu Fanatikern, die in ihrem Kampf zu unmenschlichen und verbrecheri- schen Methoden greifen. Der Drei- ßigjährige Krieg, der sich fast aus- schließlich auf deutschem Boden abspielte, ist dafür ein Beweis von vielen aus der Geschichte des christ- lichen Abendlandes. Heute versu- chen Pastoren einer Welt zu bewei- sen, daß Jesus der erste Kommunist war und daß seine Lehre das Funda- ment des Klassenkampfes ist. Dieser theologische Geistesblitz christli- cher Hirten wird den siegreichen Is- lam kaum aufhalten können. Opium- süchtige säumen seine Vormarsch- straßen. Schon Wladimir Iljitsch UI- janow, der sich später Lenin nannte, schrieb: „Die Religion ist Opium fürs Volk. Die Religion ist eine Art geisti- ger Fusel, in dem die Sklaven des Kapitals ihre Menschenwürde und ihren Anspruch auf eine halbwegs menschenwürdige Existenz ersäu- fen."

Das war damals eine klare, wenn auch keine ganz neue Aussage, denn bereits Karl Marx hatte erklärt:

„Die Religion ist der Seufzer der be- drängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes." Stimmen solche Aussagen oder entspringt der Drang zur religiösen Betätigung den Tie- fenschichten des Menschen? Die Religion ist jedenfalls selbst in der UdSSR nicht totzukriegen! Erst kürzlich forderte die Prawda in Mos- kau eine verstärkte und verbesserte atheistische Erziehungsarbeit in der gesamten sowjetischen Bevölke- rung. Sie bezeichnete es als besorg- niserregend, daß ein Teil der schul- entlassenen Jugend eine versöhnle- rische Haltung der Religion gegen- über einnehme, ja sogar mit ihr zu

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kokettieren versuche. Dazu gehöre auch das zu einer Art Mode gewor- dene Tragen von Kreuzanhängern.

Ist die Religion wirklich „das Opium des Volkes", wenn sie die Massen befähigt, ein einwandfreies morali- sches Leben zu führen? In Saudi- Arabien scheint das Verbrechen je- denfalls so ungewöhnlich zu sein, daß jeder größere Fall sofort dem König gemeldet werden muß!

Die Rückbesinnung von Staaten der Dritten Welt auf ihre islamische Tra- dition wird von der westlichen Sen- sationspresse als Rückfall in die Barbarei dargestellt. Wohlfeile Gru- selgeschichten verschönen dabei den Feierabend des Bundesbürgers.

Bestechliche Beamte werden öffent- lich ausgepeitscht, Mörder vor einer schaulustigen Menge enthauptet und Räuber auf offenem Marktplatz gehängt. Dazwischen hackt man Dieben schnell die rechte Hand ab.

Diese islamische Rechtspflege er- folgt nicht nur in Saudi-Arabien, sondern auch in Jemen, Libyen, Pa- kistan und Persien. Alles lieblicher Wind wandelt sich jedenfalls für Ver- brecher zum zerstörenden Sturm!

Wer die islamischen Länder verste- hen und beurteilen will, sollte die folgende Anekdote kennen: Ein Mo- hammedaner flog mit dem Flugzeug nach Mekka, um am Heiligtum zu beten, wie es der Koran vorschreibt.

An der Kaaba, dem heiligen Stein, gelang es ihm nicht, seine Gedan- ken zu sammeln und die innere Ru- he zu finden. Während seine Lippen leere Formeln murmelten, hörte er sich selbst dabei zu, und seine Ge- danken kreisten um recht weltliche Dinge. Deshalb fragte er einen Heili- gen um Rat. „Seit wann bist du hier?" fragte ihn dieser. Der Pilger antwortete: „Seit gestern, ich kam mit dem Flugzeug." Darauf tröstete ihn der Derwisch: „Dann habe Ge- duld, mein Sohn, die Seele kommt nach. Sie geht lieber zu Fuß!"

Rückständiges Abendland

Ein Jahrtausend nach Buddha und mehr als fünf Jahrhunderte nach Christus vergingen bis zur Grün- dung der dritten Weltreligion durch

Mohammed. Die ersten Jahrhunder- te des Buddhismus liegen im Dunkel und die frühchristlichen Anfänge im Halbdunkel der Geschichte. Der Is- lam befand sich dagegen von An- fang an im hellen Licht der ge- schichtlichen Überlieferung. Weder der Buddhismus noch das Christen- tum hatten politische Absichten und Ziele. Deshalb' änderte sich auch über viele Jahrhunderte lang wenig im Leben ihrer Völker. Im Gegensatz dazu war der Islam von den Tagen der Flucht aus Mekka im Jahr 622, dem Beginn seiner Zeitrechnung an, politisch! Böswillige bezeichnen ihn heute sogar als totalitär. Er erfaßte seine Menschen in all ihren sozialen Funktionen: religiös, bürgerlich und politisch. Der Islam drückte allen Völkern, die sich zu ihm bekehrten, einen unauslöschlichen Stempel auf. Als Mohammed den Schlüssel zu den Herzen seiner Gläubigen ge- funden hatte, passierte etwas Ein- zigartiges, noch nie Dagewesenes in der Menschheitsgeschichte: Ein vom göttlichen Willen beseelter Sturm fegte über die damalige Welt.

In einem Jahrhundert entstand ein Religionsstaat, der größer war als alle Reiche der Vergangenheit und Zukunft.

Dieses Weltreich war von einer Idee besessen, von einem Willen be- herrscht: „Es gibt keinen Gott außer Gott, und Mohammed ist der Ge- sandte Gottes!" Die Folgerungen, die sich an dieses einfache Bekennt- nis knüpften, waren stark genug, um eine Welt zu erobern. Dabei war nicht etwa das Reich des Propheten kulturell und wissenschaftlich rück- ständig, sondern das christliche Abendland. In einer Zeit, in der im christianisierten Deutschland und Frankreich Hekatomben von Men- schen an Seuchen und Hunger elend zugrunde gingen, entstanden im Orient öffentliche Krankenhäuser und Apotheken. Der Kalif von Bag- dad baute damals eine internationa- le Bibliothek mit griechischen und lateinischen Klassikern auf; und an den islamischen Höfen von Cordoba und Granada blühten Kunst und Wissenschaft. Unter dem grünen Banner des Propheten kamen nicht nur Feuer und Schwert nach Euro-

pa, sondern auch die Zeugnisse der uralten Zivilisation des Vorderen Orients. Mit Hilfe von Kompaß, Son- nenuhr und Oktanten segelten schon damals arabische Kapitäne bis nach Indien und China. Brieftau- ben sorgten inzwischen für die Ver- bindung mit der Heimat.

Arabische Arzte operierten Brüche und zogen Zähne, bevor die Berufs- begriffe Chirurg und Zahnarzt in Mit- teleuropa überhaupt bekannt waren.

Die Mediziner verfügten damals schon über Apotheken und Droge- rien, zu deren Inventar neben Ver- bandsmaterial wie Gaze und Watte auch Betäubungsmittel und chir- urgische Instrumente gehörten. Im Jahr 1037 fand im islamischen Basra ein Symposion von arabischen Phi- losophen und Ärzten statt. Das The- ma lautete: „Ist die Medizin eine hin- längliche Kunst und worin besteht die vortreffliche Eigenschaft des Arztes?" Aus der dort aufkommen- den Diskussion entwickelte der Arzt Ibn Bachtischu, der im Jahr 1058 starb, eine komplette Philosophie der Medizin. Sie kulminierte in dem Satz: „Der Mensch ist der Gegen- stand der Heilkunde!" Gemeint war der ganze unteilbare Mensch in sei- ner vollen Harmonie von Leib und Seele. Deshalb auch die damalige Forderung, daß jede Therapie den Körper und das Seelische zu berück- sichtigen habe. Man könne den Menschen nicht auf verschiedene Disziplinen aufteilen.

Wie erlebt diese einst so reiche ara- bische Welt heute den kapitalisti- schen Westen? Er erscheint den is- lamischen Ländern als seelenlos und dekadent. Deshalb kann er den Menschen Mohammeds ebensowe- nig Vorbild sein wie der gottlose kommunistische Osten! Schon Gandhi sagte: „Europa ist heute nur noch dem Namen nach christlich. In Wirklichkeit betet es den Mammon an." Die Jugend aber friert in der rationalen Kühle dieses Materialis- mus. Sie begehrt auf und Jugend- sekten schießen wie Pilze aus dem Boden. Die Erwachsenengeneration hat inzwischen schon die 1000 Tö- ten der Volkstempelsekte in Guaya- na vergessen, die einem religiösen

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Der Koran zur Familienplanung

Wahn geopfert wurden. Wann wird der jugendliche Ekel gegen die Geldsackphilosophie in Europa ein pompejanisches Inferno entfachen?

Schon Heine, der große Lästerer, sagte: „Es sind in Deutschland die Theologen, die dem lieben Gott ein Ende machen." Begeisterung und Emotionen gibt es heute höchstens noch beim Götzendienst auf dem Fußballplatz oder im Rock-Konzert.

Gleichzeitig wird die Jugend zu An- alphabeten des Gefühls erzogen!

Kann die Bundesrepublik Deutsch- land überhaupt vor den strengen is- lamischen Moralbegriffen beste- hen? Das Bedürfnis nach Idealismus und Gemeinschaft, der Hunger nach Emotionalität werden hier als ro- mantisches Gerümpel abgetan. Kein Wunder, wenn sich eine Gesell- schaft etabliert hat, in der Zehnjähri- ge bereits wissen, wie „gefummelt"

wird, aber Zwanzigjährige nicht, wie man liebt. Bundesrepublikanische Jedermänner leben heute in einer Gesellschaft, die sich rational wähnt, deren Geist jedoch in Wahr- heit längst unter die Gürtellinie ge- rutscht ist. Einer zerstörerischen und verantwortungslosen Freiheit wurde unbeschränkter Raum ge- währt. Kaum jemand kann sich noch vor dem Abgrund dieser menschli- chen Dekadenz schützen. Die Frei- heit wird zur moralischen Vergewal- tigung des Menschen mißbraucht.

Dabei sind die Massenmedien voll von Pornographie, Verbrechen und Horror. Gleichzeitig verhilft man un- ter dem Deckmantel der demokrati- schen Kontrolle einer absoluten Mit- telmäßigkeit zum Sieg. Wird die grü- ne Fahne des Propheten wieder siegreich über dem Abendland flat- tern?

Buddha Christus Mohammed Vor fast 3000 Jahren entstand im Orient eine Lehre, die noch heute die Intellektuellen Europas fesseln kann und ihre Psychoanalytiker ent- zückt. Der Intellektualismus des Buddhismus ist jedoch kaum geeig- net, die Primitiven Schwarzafrikas zu bekehren. Er besitzt nicht die überwältigende Kraft des Islams und

fordert nicht die Hingabe und Unter- werfung unter den Willen eines Got- tes. Der Buddhismus in seiner Ur- form kennt keine Liebe wie das Chri- stentum, keinen Glauben an die Va- terschaft eines persönlichen Gottes;

er kennt auch nicht die Ergebung in den Willen eines Höchsten und nicht das grenzenlose Vertrauen auf die geheimnisvolle Bahn, worauf die Welt einem Ziel zueilt. Keine Reli- gion ist so verheißungsarm wie die Lehre Buddhas, der von seinen Gläubigen sogar den Verzicht auf entscheidende Fragen verlangt. Das ist kein leichter Weg!

Christen und Moslems können sich kaum eine Religion vorstellen ohne den immer wieder mit persönlichem Einsatz erneuerten Akt des Glau- bens. Sie sagen: Ich glaube an Gott!

Buddha fordert: Sei ruhig, streife ab, verzichte! Christen und Moslems sa- gen: Ich kämpfe gegen das Böse.

Der Buddha lehrt: Erkenne, schaue, sieh ein, dann wird das Böse aufhö- ren zu existieren. Handeln ruft ein anderes Handeln hervor, also wende dich ab, enthalte dich, sei achtsam.

Was man tut, fügt man sich selbst zu. Erkenne, daß es nichts gibt, was wert wäre, begehrt zu werden! Aus- geglüht, kühl geworden, befriedet, erloschen, frei von der Bewegung des Gemüts, gereinigt von Haß, Gier und Verblendung, hinausgehoben über die Leidenschaften und beru- higt in der Gewißheit des Nicht-Ich:

So will Buddha seine Gläubigen.

Seine Wahrheit, daß die Dinge un- persönlich sind, daß es keine Bezie- hung zu ihnen und zwischen ihnen gibt, ist furchtbar und nur von see- lenstarken Menschen zu leben! Von nichts kann ein Erdenmensch be- haupten: Das gehört mir! Er hat kein Recht zu sagen: Das bin ich! Es ist nur Illusion anzunehmen: Das ist mein Ich! Das rechte Tun kann des- halb nur darin bestehen, sich so zu verhalten, daß die Nicht-Wirklichkeit alles Dinglichen jede Handlung be- stimmt.

Der Intellektualismus des Buddhis- mus ist nicht zuletzt auch die Folge der Herkunft seines Schöpfers.

Buddha wurde als Prinz königlichen Geblüts geboren. Sein Weg zur Er-

leuchtung ging von einer Lebenssi- tuation aus, in der ihm die Fülle der Welt von Anfang an zur Verfügung stand und Gegenstand seiner Erfah- rung war. Christus ist dagegen nur als Sohn eines Zimmermanns gebo- ren worden. Sein Beispiel lehrt je- doch, daß Haß, Gier und Verblen- dung auch im einfachsten Leben vermieden werden können. Trotz- dem hat es das Christentum heute in der Dritten Welt schwer. Moham- meds Lehre ist einfacher und kon- kreter. Sie kennt nicht so schwer Begreifliches wie die Dreifaltigkeit, Fleischwerdung oder Erlösung. Ein Gott in dreifacher Gestalt erscheint dem Islam als Widerspruch und ein Gott mit Sohn sogar als Sünde, denn dem Schöpfer darf kein Geschöpf beigesellt werden. Der Islam kennt statt dessen nur einen klar definier- ten einzigen Gott, der alles voraus- bestimmt. Niemand muß sich mehr den Kopf über das eigene Schicksal zerbrechen, sondern er braucht sich nur noch seinem Gott anzuvertrau- en. Der Koran hat einfache Regeln, die auch der Primitive begreift und die gerade auf die Menschen Schwarzafrikas einen starken Reiz ausüben. Außerdem liefert die ge- meinsame Religion des Islams den häufig durch Stammesfehden ent- zweiten Nationen einen zusätzlichen Zusammenhalt und fördert das Na- tionalbewußtsein.

Mohammed reiht sich würdig ein un- ter die großen Stifter der Weltreligio- nen wie Buddha und Christus. Trotz seiner ‚übermenschlichen Leistun- gen ist er im Abendland bis in die heutige Zeit nicht selten diskrimi- niert, verleumdet und beschimpft worden. Man sprach unter anderem von einem Betrüger, Schurken und Epileptiker, bezeichnete ihn als Paranoiker und Unbequemen. So wird man dem Stifter der zweitgröß- ten monotheistischen Religion der Erde und Begründer einer großen Kultur nicht gerecht. Mohammed war kein Verbrecher! Seine Größe und gottbegnadete Leistung werden auch nicht dadurch gemindert, daß man ihn in den Massenmedien gele- gentlich als Kranken im psychiatri- schen Sinn bezeichnet. Von Kierke- gaard ist schon der Ausspruch über-

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liefert: „Die Tyrannei der Zeitungsli- teratur ist die erbärmlichste, die nie- derträchtigste aller Tyranneien. Daß die Presse dabei ist, macht das Böse zur furchtbaren Macht. Daß der ein- zelne Mensch jeden Tag in einem Nu 40 000 Menschen dazu bringen kann, dasselbe zu sagen, zu denken, das ist entsetzlich. Und die Schuldi- gen kann man niemals persönlich fassen. Käme Christus heute in die Welt, er nähme zum Ziel nicht die Hohenpriester, sondern die Journa- listen."

Der Prophet war sicher eines nicht:

ein lust- und lebensfeindlicher As- ket. Er liebte das Leben und die Lie- be und blieb stets ein Erdenmensch.

Im 224. Vers der 2. Sure des Korans sagt er: „Die Weiber sind euer Ak- ker, geht auf euren Acker, wie und wann ihr wollt, weiht aber Allah zu- vor eure Seele (durch Gebet, Almo- sen oder gutes Werk)." Die histori- schen Quellen zeigen Mohammed im allgemeinen als einen klugen, maßvollen und ausgeglichenen Menschen. Sein ganzes Leben über- legte er zuerst gründlich alle Für und Wider, ehe er einen Entschluß faßte. Geschickt lenkte er so seine öffentlichen und privaten Angele- genheiten. Er verstand es abzuwar- ten oder wich sogar zurück und traf stets alle erforderlichen Maßnah- men, um seine Vorhaben zu verwirk- lichen. Dabei war der Prophet ein ausgezeichneter Diplomat, der klar, logisch und hellsichtig dachte und in den kriegerischen Wechselfällen seines Lebens trotzdem seinen Mut bewies. Er besaß von Anfang an ein Temperament, das geeignet war, ihn zum Mystiker werden zu lassen. Da- bei hat er sich immer verschieden, ja sogar unendlich fern von dem einen Gott gefühlt, der zu ihm sprach, ihm Boten sandte, ihn tadelte, ermunter- te und ihm Befehle erteilte.

Der eifernde, blindwütige Islam — ei- ne in der westlichen Presse nicht selten zu lesende Deklassierung — ist nicht im Sinne des Propheten. Mo- hammed sagt im 51. Vers der 6. Sure des Korans: „Sprich: ,Ich sage nicht zu euch, daß die Schätze Allahs in meiner Gewalt sind, auch nicht, daß ich Allahs Geheimnisse weiß, auch

sage ich nicht, daß ich ein Engel bin, sondern ich folge nur dem, was mir offenbart wurde.' Sprich: ,Sind wohl Blinde und Sehende dasselbe?' Wollt ihr denn nicht nachdenken?"

Noch auf seiner Abschiedswallfahrt nach Mekka im Jahr 632 fordert der Prophet im Vorgefühl seines nahen Todes von seinen Gläubigen das Nachdenken über seine Worte, und er sagte: „Begeht keine Ungerech- tigkeit, denn ihr begeht sie gegen euch selbst." Schon Buddha hatte immer wieder von seinen Anhängern gefordert: Ihr müßt üben, ihr müßt erfahren, ihr müßt euch selbst die Beweise liefern, ihr dürft nicht glau- ben, ihr müßt erkennen!

Raumschiff Terra

Die Erde rast wie ein Raumschiff auf Katastrophenkurs durch das Weltall.

Der größte Teil seiner Insassen hun- gert. Luft und Trinkwasser sind ver- seucht, und lebenswichtige Bord- vorräte gehen zu Ende. Trotzdem vermehren sich die Insassen uferlos weiter und machen die Hoffnung der Wissenschaftler auf Rettung des Raumschiffs Terra zur Illusion. Auf ihrem Flug durch die Zeiten ist die Erde erstmals in tödlicher Gefahr, alles höhere Leben zu verlieren.

Durch den unkontrollierten Fort- schritt scheint endlich der program- mierte Selbstmord des Homo sa- piens möglich zu werden. Erst mit der ständig weiter zunehmenden Überfüllung der Erde wird der Kon- flikt zwischen den Bedürfnissen, Wünschen und Notwendigkeiten auch für die Jedermänner dieser Welt begreifbar. Je dichter sich das soziale Gedränge entwickelt, um so stärker tritt die Tatsache in den Vor- dergrund, daß der Mensch nur be- grenzt über seine Umwelt verfügen kann. Gleichgültig, ob er Luft, Was- ser, Energie oder Nahrung von ihr bezieht. Das Raumschiff Terra beför- dert schon heute 4 Milliarden Men- schen auf seinem Flug durch Raum und Zeit. Diese Zahl wird sich sehr rasch verdoppeln, denn der Bevöl- kerungszuwachs beträgt etwa 2 Pro- zent.

Die Erde besitzt eine Oberfläche von 510 Millionen qkm, die dazu noch zu 71 Prozent aus Wasser besteht.

Nicht einmal 10 Prozent können da- von landwirtschaftlich genutzt wer- den. Es gibt nur 3,2 Milliarden ha mögliches Ackerland, aber bereits 4 Milliarden Menschen an Bord des Raumschiffs Terra. Für jeden Men- schen, den die Landwirtschaft er- nähren soll, benötigt man heute 1 ha Land. Das bedeutet, daß bereits 800 Millionen Menschen zuviel auf der Erde leben! Diese Zahl entspricht der gesamten Bevölkerung des indi- schen Subkontinents oder aber bei- nahe allen Moslems dieser Welt. Da- bei ist schreckliche Realität, daß rund 2,6 Milliarden Menschen auf der Erde unter Mangelernährung lei- den. 25 Prozent davon haben sogar echten Hunger. Während der größte Teil der Erdbevölkerung also wenig- stens kalorisch ausreichend ver- sorgt ist, siechen 700 Millionen im Eiweißdefizit bei unterkalorischer Ernährung dahin. Auch diese Zahl entspricht beinahe allen Anhängern des Propheten! Die Erde ist lebens- gefährlich an der Übervölkerung er- krankt. Das Leben aber mit allen Mit- teln zu bewahren, bedeutet im Sinne Mohammeds zu handeln.

Im Jahre 1976 wurden täglich mehr als 200 000 Menschen geboren, die wenigsten davon in Europa. Der Be- völkerungszuwachs betrug hier nur 0,45 Prozent. Am produktivsten wa- ren Spanien, Italien und Polen. Aus diesen Ländern stammte etwa die Hälfte der rund 2 Millionen Babies, die 1976 in Europa das Licht dieser Welt erblickten. Weit über die Hälfte der gesamten Besatzung des Raum- schiffs Terra lebt in Asien, und zwar 2,256 Milliarden Menschen. Das sind 56,9 Prozent der Erdbevölkerung.

Für die übrigen Regionen der Erde wurden folgende Zahlen ermittelt:

Afrika 401 Millionen (10,1 Prozent), Lateinamerika 324 Millionen (8,2 Prozent), Sowjetunion 255 Millionen (6,4 Prozent), Nordamerika 237 Mil- lionen (6 Prozent) und Ozeanien mit Australien und Neuseeland 21,3 Mil- lionen (0,5 Prozent). Die Bevölke- rungsexplosion erfolgt also in der Dritten Welt; in den ärmsten Regio- nen dieser Erde! Trotz der damit ver-

710 Heft 11 vom 13. März 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Der Koran zur Familienplanung

bundenen — praktisch unlösbar blei- benden — Probleme behaupten viele Politiker der Entwicklungsländer im- mer wieder, daß der Ruf nach Ge- burtenbeschränkung ein Produkt des westlichen Neokolonialismus sei. Solche Kurzsichtigkeit war dem genialen Menschen Mohammed fremd.

Der Bevölkerungszuwachs schwankt in den Entwicklungsländern im Mit- tel zwischen 2,5 und 3,5 Prozent. Für Kuweit wurden sogar 4,8 Prozent er- rechnet. Die Menschen vermehren sich dort am meisten, wo sie am ärmsten sind und wo ihr Leben am kürzesten ist. In Swaziland kommen beispielsweise 52,3 Geburten pro Jahr auf 1000 Einwohner. Dagegen sind es in der Bundesrepublik Deutschland nur noch 9,4. Für isla- mische Länder wurden für das Jahr 1978 folgende Zahlen errechnet:

Ägypten 37,8, Algerien 47,8, Niger 52,2, Pakistan 47,4 und Türkei 39,6.

Im vergangenen Jahrzehnt fanden vier Fünftel des Bevölkerungs- wachstums in der Dritten Welt statt.

In den neunziger Jahren werden es schon sieben Achtel sein. Dabei be- steht die Bevölkerung der Entwick- lungsländer zu 40 bis 48 Prozent aus Jugendlichen. In Mexiko bemühen sich schon heute 15 Millionen junge Menschen um einen Arbeitsplatz.

Ein Drittel der arbeitsfähigen Perso- nen ist in der Dritten Welt ohne Ar- beit, und in den nächsten 10 Jahren werden weitere 300 Millionen Ar- beitssuchende hinzukommen. Allein in Indien wächst das Heer der Ar- beitslosen täglich um 6000 Men- schen.

In der islamischen Welt gibt es heute schon Länder, deren Kinderreich- tum zur lebensgefährlichen Bedro- hung des ganzen Volkes wurde. Das hat Mohammed nicht gewollt! Ein Paradebeispiel liefert Bangladesch, dessen Einwohner sich zu rund 80 Prozent zum Islam bekennen. Dieses Land ist nur zwei Fünftel kleiner als Deutschland, besitzt dafür jedoch fast 20 Millionen mehr Menschen.

Etwa 580 Personen müssen sich hier einen Quadratkilometer teilen. Da- bei besitzt dieser Staat praktisch kei- ne Industrie. Wenn sich Bangla-

desch nicht energisch um Bevölke- rungsbeschränkung und Familien- planung bemüht, wird es hier im Jahr 1985 bereits 120 Millionen Men- schen geben. Der Bevölkerungszu- wachs beträgt weit über 3 Prozent.

Ohne Geburtenkontrolle müßten ge- gen Ende dieses Jahrhunderts sogar 200 Millionen Menschen Nahrung und Wohnung finden. Nur durch ei- ne radikale Eindämmung dieser Be- völkerungsexplosion gibt es für Bangladesch noch eine Rettung aus dem drohenden Chaos.

Das Raumschiff Terra scheint in ei- nem Teufelskreis aus Übervölkerung und Armut gefangen zu sein. Je mehr sich die Menschheit vermehrt, um so geringer werden die Möglich- keiten, neue Arbeitsplätze und Ver- dienstmöglichkeiten zu schaffen, und desto größer wird die Zahl der Arbeitslosen und Hungernden. Je mehr aber die Menschen verelen- den, um so schneller vermehren sie sich. Liebe ist das Brot der Armen!

Die Übervölkerung der Erde muß aber nicht unausweichliches Schicksal sein. Das zeigen schon die Erfahrungen im Hochland des Hima- laya. Hier heiratete früher eine Frau die Brüder des Ehemannes gleich mit. Dadurch blieb die Bevölke- rungszahl durch lange Zeiträume konstant. Gleiches gelang auch in Japan während der Tokugawa-Pe- riode von 1603-1867. Die Bevölke- rung der japanischen Inseln pendel- te damals konstant um 30 Millionen.

Das wurde durch ein weit verbreite- tes Klosterwesen und die Tötung zahlreicher Neugeborener erreicht.

Besonders interessant ist dabei, daß die Japaner in dieser Zeit keine Krie- ge führten.

Familienplanung im Koran

Die Traditionalisten im Islam möch- ten die Entwicklungsprobleme ihrer Länder durch eine Flucht nach vorn lösen und fordern deshalb eine ra- sche Bevölkerungszunahme. Sie vergessen dabei, daß es nicht auf die zur Verfügung stehenden Quadratki- lometer ankommt, sondern auf eine rasche Entwicklung infrastrukturel- ler Maßnahmen. In der gesamten is-

lamischen Welt stehen sich die Mei- nungen zur Frage der Geburtenre- gelung schroff gegenüber. Für die einen ist sie zwingende Notwendig- keit und für andere ein Werk des Satans. Teilweise werden „Pille"

und Familienplanung sogar als im- perialistisch-zionistisches Komplott zur Schwächung der arabischen Welt angesehen. Es gibt heute rund 700 Millionen Moslems, bald wird es 1 Milliarde sein, die fast ausschließ- lich in Entwicklungsländern leben.

Deshalb ist die Frage, was Moham- med zur Geburtenkontrolle gesagt hat, für alle islamischen Länder von entscheidender Bedeutung. Im Ko- ran steht an keiner Stelle, daß die Familienplanung eine Sünde ist. Au- ßerdem betont Mohammed immer wieder, daß Allah keine Last auferle- gen will. Die Übervölkerung des Raumschiffs Terra ist jedoch nicht nur Last, sondern eine Lebensge- fährdung der gesamten Menschheit.

In allen islamischen Vorschriften steht aber die Erhaltung des Lebens im Vordergrund!

Mohammed hatte während seines Prophetendaseins zwei geradezu übermenschliche Aufgaben über- nommen. Er verschaffte den Frauen seiner Gläubigen ein menschenwür- diges Leben und verhinderte die da- mals so verbreiteten Mädchenmor- de. Beide Maßnahmen durften je- doch seinem Volk nicht die Lebens- grundlage in dessen unwirtlicher Heimat entziehen. Eine zu starke Vermehrung mußte also verhindert werden. Das geschah durch ver- schiedene gottgegebene Weisun- gen. Dazu gehörte unter anderem auch die voreheliche Enthaltsamkeit als strenges Gebot. Wer dagegen verstieß, wurde mit Strafen bedroht, die man auch gegen Prostituierte anwendete. Gleichzeitig schützte der Prophet die Sklavinnen vor den ungezügelten Wünschen ihres Herrn. Er sagt in der 24. Sure:

„Zwingt auch eure Sklavinnen, wenn sie ehrbar und keusch sein wollen, nicht zur Hurerei, der zufälli- gen Güter des irdischen Lebens we- gen." In allen Vorschriften des Ko- rans zeigt Mohammed Harmonie und Mäßigkeit. Er betont immer wie- der: „Esset und trinket und schwei-

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fet nicht aus, denn Allah liebt nicht die Ausschweifenden."

Auch die Beschränkung der in der vorislamischen Zeit herrschenden Polygamie mußte sich geburtenbe- schränkend auswirken. Mohammed hat diese nicht etwa eingeführt, wie immer wieder behauptet wird, son- dern sogar drastisch eingeschränkt.

Er sagt in der 4. Sure: „Überlegt gut und nehmt nur eine, zwei, drei, höchstens 4 Ehefrauen. Fürchtet ihr auch so noch, ungerecht zu sein, nehmt nur eine Frau oder lebt mit Sklavinnen (die unter eurer Hand, eurem Recht stehen), die ihr er- warbt. So werdet ihr leichter nicht vom Rechten abirren." Gleichzeitig fordert der Prophet von einem Gläu- bigen, daß er alle seine Frauen gleich zu behandeln habe, und zwar nicht nur finanziell und sozial, son- dern auch in sexueller Hinsicht. Kei- ne darf sich benachteiligt fühlen, sonst begeht der polygame Moslem eine Sünde. Wußte Mohammed, daß solche Forderungen unmöglich zu erfüllen sind? Man muß es anneh- men, und deshalb bedeutet es prak- tisch die Einführung der Einehe. Ei- ne Frau kann jedoch niemals so vie- le Kinder „produzieren" wie ein gan- zer Harem.

Geburtenbeschränkend wirkte sich auch Mohammeds Forderüng nach einer Stillzeit von zwei Jahren aus.

Er sagt in der 2. Sure: „Die Mutter (auch die geschiedene Frau) soll ih- re Kinder zwei volle Jahre säugen, wenn der Vater will, daß die Säu- gung die volle Zeit dauere." Das ver- hinderte nicht nur eine zu rasche Folge von Schwangerschaften, son- dern sicherte dem Kind außerdem eine optimale Ernährung. Ähnlich wirkte sich auch die Wartezeit bei Scheidungen aus. Der Koran sagt dazu in der 2. Sure: ,.Die unter Eid- schwur beabsichtigen, sich von ih- ren Frauen zu trennen, die sollen es vier Monate bedenken; treten sie von ihrer Absicht dann zurück. so ist Allah versöhnlich und barmherzig.

Bestehen sie aber schließlich durch- aus auf Ehescheidung, hört und weiß Allah es auch. Die geschiedene Frau muß dann, ehe sie über sich verfügt, noch so lange warten, bis

sie dreimal ihre Reinigung hatte; sie darf nicht verheimlichen, was Allah in ihrem Leibe geschaffen hat, so- fern sie an Allah und den jüngsten Tag glaubt."

Der Coitus interruptus war schon in der vorislamischen Zeit bekannt. Er wurde als Methode der Familienpla- nung auch während des Lebens des Propheten weiterhin ausgeübt. Mo- hammed verbot ihn nicht und sagte zu diesem Thema: „Jede Seele, die dazu bestimmt ist, für den Tag der Auferstehung geboren zu werden, wird geboren." Dieser sogenannte hadith wird in der islamischen Welt den Gegnern der Geburtenregelung immer wieder vorgehalten. Dabei gilt grundsätzlich: Bindend ist zu- nächst, was der Koran verlangt. Hier findet sich jedoch kein Hinweis dar- auf, daß die Familienplanung eine Sünde ist. Seine Auskünfte reichen allerdings nicht für alle Wechselfälle des Lebens aus. Deshalb suchten die Nachfahren des Propheten auch weiterhin ihre Norm an seinem Vor- bild. Praktisch holte man sich also damals nach dem Tode Moham- meds bei seinen Hinterbliebenen Rat. Das führte schließlich zur Ent- wicklung des sogenannten hadith, der Gesamtheit der Überlieferung dessen, was der Prophet im Einzel- fall gesagt oder getan hat.

Bei der Schlacht am Brunnen von Moraischi waren 200 Frauen gefan- gen worden und sollten gegen ein Lösegeld ausgetauscht werden. Sie waren aber für die Krieger des Pro- pheten am Abend nach dem Kampf zu begehrenswert, und Abu Said al- Chodri berichtet im hadith darüber:

„Wir hatten großes Verlangen nach den Frauen, und wir litten sehr unter der Enthaltsamkeit. Andererseits hätten wir doch gern ein Lösegeld erhalten. Also beschlossen wir, den azl (Coitus interruptus) anzuwen- den ... Wir befragten den Boten Gottes. Er antwortete uns: ,Ihr seid nicht verpflichtet, euch zu enthal- ten ...` (Später) kam eine Abord- nung (nach Medina) und bezahlte das Lösegeld . . . " Der Erzähler be- richtet dann weiter, daß er mit einer Gefangenen zum Markt ging, um sie zu verkaufen. Ein Jude sagte dort zu

ihm: „Abu Said, du willst sie verkau- fen, und dabei trägt sie in ihrem Leib ein Kleines von dir!" Er aber antwor- tete ihm: „Keineswegs! Ich habe den azl angewandt."

Immer wieder wird in den Überliefe- rungen gefordert, daß sich jemand eine Heirat und ihre Folgen wohl überlegt und auch leisten kann. Eine unkontrollierte Vermehrung ist aber heute nicht nur für den einzelnen, sondern für die ganze Selbstmord- gesellschaft des Raumschiffs Terra zur lebensgefährlichen Belastung geworden. Der Koran betont jedoch stets: „Allah will euch keine Last auferlegen .. . " Mohammed gibt in der 2. Sure die vielleicht wichtigsten Hinweise zum Thema Familienpla- nung: „Niemand ist aber gezwun- gen, über sein Vermögen zu leisten.

Weder Vater noch Mutter soll hierzu der Kinder wegen gezwungen sein noch werden." Es ist im Sinne des Propheten, die Vielfalt des Lebens zu erhalten, auch wenn dazu heute eine gezielte Familienplanung und eine konsequente Geburtenkontrol- le notwendig sind. Der Koran zeigt Allah stets als gütigen und barmher- zigen Gott. Es kann nicht sein Wille sein, daß die Menschen zuletzt an ihrer eigenen Überzahl wie Ungezie- fer verenden. Die liberalen islami- schen Vorschriften würden jeden- falls ein „Leben ohne Ende" des Raumschiffs Terra ermöglichen.

Von den Säulen des Herkules bis zur Inselwelt Indonesiens erstreckt sich die Welt des Islams, gilt der Koran und das, was der Prophet zur Fami- lienplanung gesagt hat. Es ist eine heroische Landschaft, in der die Menschen Mohammeds leben. Sie rücken vor den Gewalten der Natur zusammen, werden bedrängt von Dschungeln, Hochgebirgen und Wü- sten. Es ist aber auch eine Land- schaft mit Oasen der Ruhe, wo sich ein Brunnen als Gnadengeschenk erweist und die Sonne als lebens- feindlicher Stern gilt. In der islami- schen Welt lebt eine auseinanderge- rissene Komposition von Völkern, mit unterschiedlicher Färbung der Haut, vielgestaltigem Aberglauben und vor allem von furchterregender Zahl. Viele sind streitbar, andere

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Der Koran zur Familienplanung

friedfertig, aber nur wenige zufrie- den. Es ist eine Welt, in der unabseh- bare Millionen von Menschen täg- lich den einen Gott preisen, der kei- ne fremden Götter neben sich hat.

Von ihm sagt der Prophet: „Allah ist der alleinige, einzige und ewige Gott (der Unwandelbare). Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt, und kein We- sen ist ihm gleich." Dieser radikale Monotheismus hat den Islam vor ei- ner Vergöttlichung Mohammeds be- wahrt, der selbst nie mehr sein woll- te als nur „sein Prophet". Die unter der islamischen Kultur geschaffenen Werte haben jedoch alle ihre Grund- lage im Wort des Korans und in der ethischen Idee seines Schöpfers.

Medizinaldirektor Dr. med. Günter Last Äußere Passauer Straße 90 8440 Straubing

BLÜTENLESE

Parallelen

Wenn Gottesmänner Gottes Feinde richten, sind sie rasch entschlossen. Diesen Ein- druck gewinnt man bei den kurzen Prozessen im Iran.

Auch in unserer Vergangen- heit passierte einiges. Nur ein Beispiel, das allerdings kaum seinesgleichen hat: Arnaut Al- maric, Abt von Citeaux-Cluny und Nachfolger des heiligen Bernhard leitete den Kreuzzug gegen die Katharer, die sich in Böziers verschanzt hatten. Am 21. Juli 1209 wurde die Stadt erobert. Der Chronist, ein jun- ger Zisterziensermönch na- mens Jaufre, notiert:

„Die Hauptleute wollten wis- sen, wie man unter den Bür- gern von Böziers die Ketzer herausfinden könnte. Arnaut Almaric befahl, daß alle getö- tet werden sollen; denn Gott wird die Seinen erkennen. So geschah es." Dr. Fleiß

Aufsätze • Notizen

VEREINIGTE STAATEN

Statt auf den Friedhof in die Atom-Deponie?

Wohin mit radioaktiven Abfällen aus der Isotopenmedizin? Mit die- ser Frage hat sich eine Konferenz von Nuklearmedizinern befaßt, die Ende vergangenen Jahres in der amerikanischen Bundeshaupt- stadt Washington stattfand.

Das Problem war plötzlich akut geworden, nachdem von drei vor- handenen kommerziellen „Müll- gruben" für radioaktive Abfälle zwei sehr plötzlich auf behördli- che Anordnung geschlossen wer- den mußten. Inzwischen sind sie mit begrenzter Kapazität wieder geöffnet worden, aber mit der Dro- hung, daß sie sofort wieder ge- schlossen würden, falls Transport- oder Verpackungsvorschriften verletzt würden.

Die Nuklearmediziner versuchen, dem Problem auf zwei verschiede- ne Weisen zu Leibe zu rücken:

Zum einen fordern sie, daß die staatlichen Behörden den Kran- kenhäusern, in denen Radioiso- tope verwendet werden, bessere Information geben und Bestim- mungen beseitigen, die es bisher verhindert haben, daß radioaktiver Müll in Müllpressen auf ein Siebtel seines Umfanges zusammenge- preßt werden kann, wie es bei der Industrie längst geschieht. Im üb- rigen versuchen die Nuklearmedi- ziner, die Öffentlichkeit und die

Behörden davon zu überzeugen, daß die radioaktiven Abfälle aus der Nuklearmedizin ohnehin nicht sehr gefährlich seien. Meist han- delt es sich um Stoffe, deren Halb- wertzeiten so kurz sind, daß sie schon in dem Moment, wo sie in das Abfallager des Krankenhauses kommen, kaum noch strahlen. Viel gefährlicher sei es – und deshalb sei eine Lagerung in krankenhaus- eigenen Einrichtungen nur für vor- übergehende Zeit möglich –, daß die Abfälle aus der Isotopenmedi- zin meist recht feuergefährliche Stoffe sind.

AUS ALLER WELT

In der Hauptsache aber ist das Ganze nach Meinung der Nuklear- mediziner ein Problem unzurei- chender Information. Zitiert wurde die Aussage einer (immerhin mit dem Nobelpreis ausgezeichneten) Expertin: Prof. Rosalyn S. Yalow hatte im November vorigen Jahres vor einem Kongreßausschuß die Vorschriften über die Lagerung nuklearmedizinischer Abfälle als

„unangemessen" bezeichnet: Die natürliche Radioaktivität des menschlichen Körpers, so sagte Frau Yalow, sei so groß, daß, wenn die Vorschriften über die Lage- rung radioaktiven Abfalls auf den menschlichen Leichnam ange- wendet würden, er nicht auf dem Friedhof, sondern auf der Atom- mülldeponie begraben werden müßte. bt

ISRAEL

Schwangerschaftsabbruch wird eingeschränkt

Mit knapper Mehrheit hat das Par- lament eine Gesetzesänderung gebilligt, durch die der Schwan- gerschaftsabbruch in Israel einge- schränkt werden soll. Ministerprä- sident Begin mußte diese Abstim- mung mit der Vertrauensfrage ver- binden, weil die vier Abgeordne- ten der Agudat Israel-Partei damit drohten, andernfalls die Koalition zu kündigen. Diese orthodoxe Gruppe war 1977 in die Koalition eingetreten unter der Bedingung, daß die Regelung des Schwanger- schaftsabbruchs wieder dem or- thodoxen jüdischen Gesetz an- geglichen wird, nach dem ein Schwangerschaftsabbruch ledig- lich dann erlaubt ist, wenn das Le- ben der Mutter in Gefahr ist.

Nach der Gesetzesänderung sind Schwangerschaftsabbrüche aus sozialen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr erlaubt. Zu- gelassen bleiben Abbrüche aus medizinischer, eugenischer und ethischer Indikation oder dann, wenn die Mutter mehr als 40 Jahre alt ist. gb

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