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Archiv "Familienplanung" (04.03.1983)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen FORUM

amilienplanun g ist zwar vor Flem ein individuelles Problem zwischen zwei Menschen, bei de-

nen der Arzt als medizinischer und biologischer Berater auftritt. In diesen individuellen Bereich grei- fen aber heute bei verantwor- tungsbewußten Eltern auch Ge- sichtspunkte übergeordneter Na- tur ein.

Politik: Einer Regierung muß es Verpflichtung sein, durch politi- sche und gesundheitspolitische sowie sozialpolitische Maßnah- men auf Bevölkerungszunahme oder Bevölkerungsabnahme Ein- fluß zu nehmen. Sinkt die Bevölke- rungszahl, wie wir es aus den deutschen Lebenskurven ersehen, so droht der Rentenberg. Es müs- sen Maßnahmen ergriffen werden, diese desolate Entwicklung zu ver- hindern. Dabei ist der Ausweg über die Heranziehung von Fremdarbeitern nicht gerade glücklich und im Bewußtsein des Volkes nur ungern akzeptiert. In diesem Falle müssen durch ent- sprechende Familiengesetze, durch Schaffung kinderfreundli- cher Umgebung, Wohnstätten, Spielplätze, Vorbedingungen ge- schaffen werden, die das Ausster- ben des Volkes durch Ermunte- rung zur Mehrkinder-Ehe be- grenzen.

Versucht dagegen eine Regierung die Bevölkerungszahl zu vermin- dern, so wird sie ganz andere Maß- nahmen einführen. Wir wissen aus China, daß dort die Ein-Kinder- Ehe von der Regierung angestrebt und mit außerordentlichem Nach- druck gefordert wird. Bei der Ge- burt des ersten Kindes werden großzügig Mutterschaftsurlaub, Zulagen und Steuererleichterun- gen bewilligt. Wenn das zweite Kind unterwegs sein sollte, wird von der zuständigen Sozialarbei- terin der „Brigade" der Schwan- gerschaftsabbruch empfohlen oder durch Überredung erzwun- gen. Kommt dieses Kind doch zur Welt, so fallen alle Vergünstigun- gen weg und es kann sein, daß das Ehepaar durch Versetzung des Mannes zeitlebens getrennt wird.

Dabei ist das Mindestalter für die Heirat beim Mädchen auf 25, beim Jungen auf 28 Jahre angesetzt.

Menstruationskalender werden bei Fabrikarbeiterinnen am schwarzen Brett bekanntgegeben, empfängnisverhütende Methoden propagiert und die Abtreibung großzügig gehandhabt. Auf diese Weise versucht die chinesische Regierung, die Bevölkerungszahl von etwa eine Milliarde heute auf 850 Millionen zurückzudrängen, um die Ernährung und Versor- gung des Volkes zu gewährleisten.

Ökonomische Zwänge: Regierun- gen müssen im Großen unter öko- nomischen Zwängen Maßnahmen treffen. Aber auch die Einzelfami-

Familienplanung

lie unterliegt ökonomischen Zwängen. Wenn die soziologi- schen Bedingungen sich mit der Geburt eines jeden Kindes ver- schlechtern, so werden verantwor- tungsbewußte Eltern die Kinder- zahl beschränken. Sie möchten ih- ren Kindern soziologische Auf- stiegsmöglichkeiten bieten und vermuten, daß das bei einem Kind leichter sein wird als bei etwa drei Kindern. Es ist auch schwer zu er- tragen, wenn der kinderlose Nach- bar mit seiner Frau auf die Kanari- schen Inseln in Urlaub fährt, wäh- rend die Familie mit Kindern zu Hause bleiben oder lediglich im Kleinwagen einen Ausflug in die Umgebung machen kann, weil das Familienbudget durch andere Ur- laubspläne zu stark belastet wür- de. In den Wunschvorstellungen eines jungen Paares rückt dann die Geburt von Kindern an das En- de der Tabelle.

Technische Möglichkeiten: Die Erleichterung der antikonzeptio- nellen Möglichkeiten werden zu wenig genutzt. Die Erleichterung und die Gefahrenverminderung beim Schwangerschaftsabbruch haben diesen nach Liberalisierung der Gesetzgebung zum § 218 in einem vorher ungeahnten Maße

populär gemacht. Es wird kaum noch daran gedacht, daß ein ein- maliges Menschenleben ausge- löscht wird. Die einfache Handha- bung und die vermeintliche Unge- fährlichkeit in somatischer und psychischer Hinsicht haben viele Bedenken zurücktreten lassen.

Modeströmungen: Die öffentliche Meinung wird in hohem Maße durch Illustrierte, Rundfunk, Fern- sehen, Zeitungen und Gazetten beeinflußt. Die kompetente ärztli- che Beratung spielt demgegen- über kaum eine Rolle. So lange wir in den Zeitschriften Filmschau- spielerinnen gesehen haben, die öffentlich bekannten: „Wir haben abgetrieben", handelte es sich um Propagierung des Schwanger- schaftsabbruchs. Dies trug dazu bei, alle Bedenken hinsichtlich der Zerstörung eines Menschenlebens zu zerstreuen. Sieht man heute mehr und mehr Filmschauspiele- rinnen und Volkshelden mit Kin- dern an der Hand spazierengehen und erklären: „Wie schön ist es doch, Kinder zu haben!", so hat dies einen ganz bedeutsamen Ein- fluß auf die allgemeine Haltung.

Wenn der britische Thronfolger, Prinz Charles, bei der Geburt sei- ner Frau anwesend war und in den Zeitschriften verkündet wird, wie sehr er sich auch in der Schwan- gerschaft und der Geburt um sei- ne Frau gekümmert und wie gut er sich über die Versorgung eines Babys orientiert habe, so wird das ohne Zweifel bei uns in positivem Sinne Schule machen.

Wenn Prinzessin Diana bereits nach 24 Stunden das Entbin- dungskrankenhaus verläßt und in den Buckingham-Palast zurück- kehrt, so wird auch dieses die Wünsche unserer jungen Familien beeinflussen. Dabei wird wenig daran gedacht, daß die Bedingun- gen zur Pflege und die Versor- gung von Mutter und Kind im Buk- kingham-Palast anders sind als in einer Zwei-Zimmer-Wohnung oh- ne familiäre Hilfe.

Prof. Dr. med. Peter Stoll Mannheim

76 Heft 9 vom 4. März 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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