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Archiv "Hirnblutungen aus neurologischer Sicht: Warnung vor der Liquorpunktion" (26.06.1989)

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chen vorliegen. Die fachgerechte Se- dierung und Beatmung durch inten- sivmedizinisch Erfahrene bringt aber mit Sicherheit erheblich weniger Ge- fahren mit sich als eine „blinde"

Lumbalpunktion.

Selbstverständlich heißt dies nicht, daß eine sofortige Computer- tomographie auch in solchen Fällen erforderlich ist, in denen das Krank- heitsstadium (tiefes Koma, Bulbär- hirnsyndrom) zusammen mit dem Lebensalter jede Therapie aussichts- los erscheinen läßt. Das Resultat ei- ner Liquorpunktion bleibt bei diesen Patienten aber auch ohne Konse- quenz.

0 Bei der Einteilung der Hä- matome nach ihrer Lokalisation ha- ben wir die supratentoriellen Lap- penblutungen vermißt Diese spielen insofern eine wichtige Rolle, als sie nämlich operativ relativ gut zugäng- lich sind und am häufigsten von allen Lokalisationstypen keine Hyperto- nusfolge darstellen. Bei ihnen ist ei- ne Angiographie indiziert.

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Zum letzten Abschnitt „Ope- rative Therapie": Gerade bei dem charakteristischen Sitz hypertensiver Massenblutungen in den Stamm- ganglien wird die Indikation zur ope- rativen Entlastung nur in Ausnahme- fällen gestellt. Sinnvoll ist die Opera- tion eher bei atypischer als bei typi- scher Lokalisation, nämlich bei den

Malin und Schliack behandeln ein klinisch wichtiges Thema. Ihr Aufsatz bedarf jedoch einiger Ergän- zungen und Korrekturen. Seit Ein- führung der Computertomographie in die klinische Routinediagnostik hat sich gezeigt, daß ein großer An- teil von Hirnblutungen wie ein ischä- mischer Insult verläuft. Bewußtseins- störungen, Kopfschmerzen und Me- ningismus fehlen dann. So kam in dem großen Krankengut von Schütz (1988) eine Bewußtseinsstörung zwar bei allen sogenannten totalen Stammganglienblutungen vor, je- doch nur in 81 Prozent der reinen Putamenblutungen. Unter 99 Kran-

Kleinhirn-Hämatomen und Groß- hirnlappen-Hämatomen. Die allei- nige Liquordrainage ist bei Klein- hirnblutungen sicher weniger nütz- lich. Lebensrettend ist die Dekom- pression der hinteren Schädelgrube, eventuell mit der direkten operati- ven Entleerung des Hämatoms.

Zu der Liste seltenerer Ursa- chen der intrazerebralen Massenblu- tungen gehören drei, deren Kenntnis uns wichtig erscheint: C) die kon- gophile Angiopathie oder Amyloid- Angiopathie der älteren Menschen als typische Ursache rezidivierender Blutungen in Großhirnlappen, C Melanommetastasen, die häufig eine erhebliche Blutungsneigung haben, und

®

die Behandlung mit nicht-se- lektiven MAO-Hemmern, die bei Diätfehlern zu hypertensiven Krisen und auf diese Weise zu Hirnblutun- gen führen kann.

Literatur

Schütz, H.: Spontane intrazerebrale Hämatome;

Pathophysiologie, Klinik und Therapie. Sprin- ger-Verlag, Berlin Heidelberg New York Lon- don Paris Tokyo (1988)

P.-D. Dr. med. R. Winter Neurologische

Universitätsklinik

Dr. med. Alfred Aschoff Neurochirurgische Universitätsklinik

Im Neuenheimer Feld 400 6900 Heidelberg

ken mit Marklagerblutungen waren nur 5 Prozent komatös, 9 Prozent so- porös und 34 Prozent somnolent.

Offenbar hängt die Bewußt- seinsstörung neben der Lokalisation der Blutung entscheidend vom Hä- matomvolumen ab. Ist eine Bewußt- seinsstörung vorhanden, muß sie als Hinweis auf eine Blutung gewertet werden, fehlt sie, schließt sie eine Blutung keineswegs aus. Mir sind durchaus kleinere Stammganglien- blutungen geläufig, die unter dem Bild eines passageren ischämischen Insultes verliefen.

Hinsichtlich der Sterblichkeit durch Hirnblutungen hat sich zeigen lassen, daß diese ebenfalls neben der Lokalisation im wesentlichen von der Größe des Hämatoms abhängt. Das kritische Hämatomvolumen ist bei

mittelliniennahen Blutungen sehr viel niedriger als bei Hemisphären- markblutungen.

Ventrikeleinbruchsblutungen verschlechtern die Prognose zusätz- lich. Dennoch ist das von den Auto- ren geschilderte schwere Krankheits- bild bei Ventrikeleinbruchsblutun- gen keineswegs obligat. So sieht man im Computertomogramm häufig kleine Blutspiegel in einem oder bei- den Seitenventrikeln, die offenbar keinen wesentlichen Einfluß auf Kli- nik und Prognose des Krankheitsbil- des haben. Sogar massive Blutungs- einbrüche in einen Seitenventrikel kommen bei nur mäßig verhängenen oder somnolenten Patienten vor.

Erst bei Verlegung der Liquorab- flußwege durch Blutkoagel oder die erhebliche Blutbeimengung in meh- reren Ventrikeln verschlechtern kli- nisches Bild und Prognose des Er- krankten entscheidend.

Besonderer Kritik bedarf die von den Autoren vorgeschlagene und offenbar praktizierte diagnosti- sche Strategie. Da eine beträchtliche Anzahl von Blutungen nicht das typi- sche Bild bietet, bleibt die Diagnose der Hirnblutung schwierig und allein auf Grund klinischer Untersuchun- gen unbefriedigend. Dem ist auch nicht durch eine zusätzliche Liquor- punktion abzuhelfen, die ja lediglich bei Blutungen, die in den Ventrikel- oder Subarachnoidalraum durchge- brochen sind, ein positives Ergebnis bringen kann und bei den vielen rein intraparenchymatösen Blutungen ohne Blutungsnachweis sein muß.

Darüber hinaus muß man vor der Liquorpunktion bei dem Ver- dacht auf eine Hirnblutung — immer- hin eine intrakranielle Raumforde- rung! — dringlichst warnen, da sie rasch zu lebensgefährlichen Hirn- massenverschiebungen mit Einldem- mungssymptomen führen kann. Eine derartige Gefährdung ist auch nicht gänzlich zu vermeiden, wenn man am liegenden Patienten punktiert und nur wenige Milliliter entnimmt, da oft unbemerkt nach Entfernung der Nadel weiterer Liquor in den Epiduralraum ausläuft.

Daher sind heute früher gegebe- ne Empfehlungen zur Liquorpunk- tion zu revidieren, zumal mit der Computertomographie ein nichtin-

I vor der Liquorpunktion 3 Warnung

Dt. Ärztebl. 86, Heft 25/26, 26. Juni 1989 (73) A-1941

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vasives, ungefährliches diagnosti- sches Instrument zur Verfügung steht, das bei gezielter Schnittfüh- rung — das heißt nach vorheriger Lo- kalisation des Herdes durch die neu- rologische Untersuchung — eine sehr hohe Treffsicherheit hat. Die Indi- kation zum CT ist hier weit zu stel- len und immer dann gegeben, wenn

0

Anamnese und neurologischer Befund auf eine Blutung hinweisen, C) bei einem klinisch vermuteten ischämischen Insult blutungsrelevan- te Therapien wie etwa eine Anti- koagulation geplant sind oder C) ein apoplektisch einsetzendes Krank- heitsbild unscharfe oder fehlende neurologische Herdsymptome, Kopf- schmerzen, Meningismus und/oder Bewußtseinsstörungen hervorruft.

Hinsichtlich der Therapie ist es fraglich, ob hyperosmolare Lösungen generell zur Senkung des intrakra- niellen Druckes verwendet werden sollen, da sie eventuell Nachblutun- gen provozieren oder zu einem Re- bound-Phänomen führen können.

Hier bleiben die Autoren leider un- bestimmt Viele Kliniker wenden hy-

Das Echo auf unseren Artikel in Form der Leserbriefe enthält nütz- liche Ergänzungen und gibt uns die erfreuliche Möglichkeit, über den re- daktionell gebotenen Rahmen hin- aus einige klärende Bemerkungen hinzuzufügen. Dem Konzept der Schriftleitung folgend, sollte unser Artikel eine Abhandlung der Hirn- massenblutung aus neurologischer und neurochirurgischer Sicht sein.

Dabei sollten aus neurochirurgischer Sicht auch die extrazerebralen in- trakraniellen Blutungen mit abge- handelt werden. Dieses Konzept hät- te schon in der Überschrift deut- licher ausgedrückt werden sollen.

Dann wären einige Mißverständnisse vermieden worden. Das Problem der Hirnmassenblutungen wäre sicher auch besser verständlich geworden, wenn die beiden Beiträge nebenein- ander in einem Heft hätten erschei- nen können.

Es ist ganz unbestritten, daß computertomographisch sehr viel

perosmolare Lösungen nur in einer akuten Notfallsituation an, das heißt wenn zunehmende Bewußtseinsstö- rungen oder neurologische Ausfall- symptomatik, zunehmender Menin- gismus, einseitige Mydriasis etc. eine drohende Einklemmung wahrschein- lich machen. Der Patient muß dann

— sofern dieses noch erfolgverspre- chend ist — sofort einer chirurgischen Therapie zugeführt werden.

Nicht erwähnt ist in dem Artikel die obligate 30°-Hochlagerung von Kopf und Oberkörper, die infolge Erleichterung des zerebrovenösen Abflusses den intrakraniellen Druck signifikant verringern kann.

Literatur

Schütz, H.: Spontane intrazerebrale Hämatome.

Springer 1988. Hier auch umfassende Literatur- darstellung der letzten Jahre.

Prof. Dr. med. Peter Marx Abteilung für Neurologie Universitätsklinikum Steglitz Hindenburgdamm 30 1000 Berlin 45

häufiger kleine und kleinste Blutun- gen sichtbar werden, die nie zum Ko- ma oder zu Meningismus führen. In- sofern ist der Aussagewert der Com- putertomographie höher als der der Lumbalpunktion und als Methode der ersten Wahl anzusehen. Dies ha- ben wir auch ausdrücklich gesagt.

Selbstverständlich schließt eine Lumbalpunktion mit unauffälligem Liquor vor allem kleinere intrazere- brale Blutungen nicht aus. Das ha- ben wir auch nicht behauptet.

In der Akutsituation eines schwersten Insultes mit Bewußt- seinstrübung oder womöglich moto- rischer Unruhe — und hier setzen un- sere Bedenken ein — erscheint uns al- lerdings eine Computertomographie, die nur unter Narkose durchführbar ist, sehr gefahrvoll. In diesem Stadi- um ist die Therapie bei der Massen- blutung und beim Rieseninfarkt zu- nächst auch identisch: Sorge um Kreislauf und optimale Ventilation.

Bei atypischen Insulten (zum Bei- spiel jüngere Patienten, Verdacht auf Trauma) könnte sich allerdings sehr viel rascher eine Indikation zum

operativen Eingriff ergeben (siehe Beitrag Stolke, DA, Heft 40/1988).

Das Risiko einer behutsamen Lum- balpunktion schätzen wir in solchen Fällen geringer ein als das einer not- fallmäßig eingeleiteten Narkose. Die Gefahr der unbemerkten Einklem- mung bei den fest liegenden Patien- ten unter der selbstverständlichen Intensivüberwachung ist sicher ge- ringer als vielerorts angenommen Sieht man aber keine therapeuti- schen Konsequenzen, so sollte man beides (Lumbalpunktion und Com- putertomographie unter Narkose) unterlassen.

Für Hirnblutungen mit atypi- scher Lokalisation, vor allem bei Jüngeren, haben wir nach der Com- putertomographie die Notfallangio- graphie empfohlen zur Klärung der Operationsindikation. Der Hinweis auf die seltene kongophile oder Amyloid-Angiopathie ist zu begrü- ßen. Im übrigen sind die weiteren Probleme der Operationsindikatio- nen und der Prognose aus dem neu- rochirurgischen Beitrag (Stolke, DÄ, Heft 40/1988) zu entnehmen, die von vornherein als Komplement der kon- servativ neurologischen Gesichts- punkte konzipiert war.

Prof. Dr. med. Jean-P. Malin Direktor der Neurologischen Universitätsklinik

Berufsgenossenschaftliche

Krankenanstalten „Bergmannsheil"

Gilsingstraße 14 4630 Bochum 1

em. Prof. Dr. med. Hans Schliack Neurologische Klinik

mit Klinischer Neurophysiologie Medizinische Hochschule Hannover Konstanty-Gutschow-Straße 8 3000 Hannover 61

priv.: Am Ortfelde 95 3004 Isernhagen NB 2

1 Schlußwort

A-1944 (76) Dt. Ärztebl. 86, Heft 25/26, 26. Juni 1989

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