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Archiv "Ansätze und Projekte zur Linderung der Ärzte-Arbeitslosigkeit: Neue Berufsfelder eröffnen, „verlorene“ zurückgewinnen" (29.08.1988)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ansätze und Projekte zur Linderung der Ärzte-Arbeitslosigkeit

Neue Berufsfelder eröffnen,

„verlorene" zurückgewinnen

Etwa 12 000 Ärztinnen und Ärz- te sind gegenwärtig in der Bun- desrepublik arbeitslos. Ange- sichts dieser Tatsache hat der Vorstand der Bundesärztekam- mer nach eingehender Diskus- sion über die Berufsaussichten junger Ärztinnen und Ärzte eine Arbeitsgruppe „Neue Berufsfel- der für Ärztinnen und Ärzte/

ärztliche Arbeitslosigkeit" ge- bildet. Um den ihm möglichen Beitrag zur Bewältigung der Arbeitsmarktprobleme junger Ärzte zu leisten, will sich der

D

ie bereits Ende vergange- nen Jahres ins Leben geru- fene Arbeitsgruppe der Bundesärztekammer zieht bei ihren Beratungen nach eigener Entscheidung Sachverständige hin- zu. So ist beispielsweise ständiger Gast bei den Sitzungen Dr. Harald Jasser, Leiter der Ärztevermittlung der Zentralstelle für Arbeitsvermitt- lung (ZAV) bei der Bundesanstalt für Arbeit, mit der eine sehr enge Kooperation gepflegt wird.

Die Bemühungen der BÄK-Ar- beitsgruppe konzentrieren sich auf drei prinzipielle Lösungsansätze:

O Eröffnung neuer Berufsfel- der für Ärztinnen und Ärzte;

O stärkere Nutzung und Aus- weitung bereits existierender ärzt- licher Berufswege neben Klinik und Praxis;

O Rückgewinnung primär ärzt- licher Tätigkeitsfelder, die zuneh- mend von nicht ärztlichen Berufs- gruppen besetzt werden.

Die Ergebnisse dieser Überle- gungen sollen in konkrete Projekte zur Linderung der ärztlichen Ar-

Arbeitsgruppe der Bundes- ärztekammer kann bereits auf eine ermutigende Zwischenbilanz verweisen

Vorstand der Bundesärztekam- mer mit dieser Arbeitsgruppe aktiv und konstruktiv in die Über- legungen über Berufsgestal- tung und Zukunftsperspektiven junger Mediziner einschalten.

beitslosigkeit einmünden und zur Darstellung der Berufsmöglich- keiten des Arztes mit ihren aktuel- len Wandlungen auf allen Ebenen beruflicher Entscheidungen führen.

Dabei wollen die Mitglieder dieser Arbeitsgruppe es nicht beim reinen

„Brainstorming" belassen, sondern mit Pragmatismus möglichst konkre- te Hilfestellung für einzelne Betrof- fene leisten, ohne sich der Illusion hinzugeben, das Problem der Mas- senarbeitslosigkeit von Ärzten ins- gesamt lösen zu können.

Hier die Projekte, die bisher zu- sammen mit der Bundesanstalt für Arbeit auf den Weg gebracht wor- den sind:

Ein breites Angebot von Fachkursen

> Kurse mit allgemeinem Be- werbungstraining (Training von Vorstellungsgesprächen, Verfassen von Bewerbungsbriefen).

> Kurse für Spätaussiedler be- ziehungsweise für Frauen, die länge-

re Zeit im Arztberuf pausiert haben, zur Eingliederung in das ärztliche Berufsleben in der Bundesrepublik:

Vermittlung von klinisch-prakti- schen Kenntnissen (zum Beispiel EKG, Sonographie, Endoskopie);

ein dreimonatiger theoretischer Kursus, der in enger Zusammenar- beit mit der Ärztekammer Nord- rhein entwickelt wurde, wird durch ein dreimonatiges Praktikum an ei- nem Krankenhaus ergänzt.

I> Kursus Medizin-EDV: Mit der Thematik „Medizinische Daten- verarbeitung" läuft bereits der dritte Kursus; 80 Prozent der Kursteilneh- mer erhielten schon während dieser Maßnahmen eine Stellenzusage bei- spielsweise in Dokumentationszen- tren großer Krankenhäuser, in Insti- tutionen mit epidemiologischer For- schung etc.

1> Kursus „Medizinischer Fach- journalist": Einem zehnmonatigen Grundkursus zum Aufbau des theo- retischen Wissens schließt sich hier ein dreimonatiges Praktikum als

„training an the job" in medizi- nischen Fachunternehmen, geeigne- ten Verlagen und Redaktionen an.

Ziel dieses Kursus ist es, das vorhan- dene medizinische Fachwissen zu nutzen, um es durch entsprechendes journalistisches und berufskund- liches Wissen zu ergänzen. Dabei werden den Teilnehmern auch Kenntnisse in Datenverarbeitung, Textverarbeitung und in neuen Me- dien vermittelt.

> Kurs „Arzt in der pharma- zeutischen Industrie": Für diese Maßnahme wurden von einer gro- ßen pharmazeutischen Firma zuerst in Westberlin Praktikumsplätze zur Verfügung gestellt, um arbeit- suchenden Ärzten Einblick in die Tätigkeit als Mediziner in der phar- mazeutischen Industrie zu verschaf- fen. Hier sind im medizinisch-wis- senschaftlichen Ressort, in der klini- schen Forschung, aber gerade auch im Marketingbereich und Produkt- management noch Aufnahmekapa- zitäten vorhanden. Nach dem zwei- ten durchgeführten Kursus liegt der Vermittlungserfolg bei 90 Prozent.

Dt. Ärztebi. 85, Heft 34/35, 29. August 1988 (27) A-2341

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> Im Planungsstadium befindet sich ein neuer Kursus „Produktma- nagement/Marketing", also im Be- reich abseits der bereits bestehenden ärztlichen Arbeitsbereiche „Medizi- nisch-Wissenschaftliche und Klini- sche Forschung" der pharmazeuti- schen Industrie. Der Bedarfsnach- weis wird hier in verschiedenen An- werbungsversuchen pharmazeuti- scher Firmen gesehen, die speziell Kräfte mit humanmedizinischer Ausbildung suchen.

800 Ärztinnen/Ärzte nach Großbritannien

> Das bisher erfolgreichste Projekt war eine großangelegte Ver- mittlungsaktion arbeitssuchender Berufsanfänger an Kliniken in Großbritannien unter Ausnutzung der EG-Richtlinien zu Migrations- möglichkeiten innerhalb der Staaten der Europäischen Gemeinschaft.

Nach einer genauen Analyse der Ar- beitsmarktsituation für Berufsanfän- ger in Großbritannien und des Be- werberbedarfs britischer Kliniken ergab sich ein großes Potential offe- ner Weiterbildungsstellen an hierzu ermächtigten Krankenhäusern des

Weitere Möglichkeiten sollten genutzt werden

Soweit der kurze Überblick über bisher verwirklichte Projekte.

Weitere Möglichkeiten zur Eröff- nung und stärkeren Nutzung neuer Berufsfelder gibt es möglicherweise in folgenden Bereichen, denen für die Zukunft das verstärkte Interesse gilt:

O Ausweitung der Entsendung von Ärzten im Rahmen der Ent- wicklungshilfe;

O die Felder Krankenhausbera- tung, Krankenhausbetriebswirt- schaft, Praxisberatung und Finanz- beratung;

O Sozialmanagement, psycho- sozialer Sektor;

O Betriebsärztliche Dienste;

O Klinische Ernährungswissen- schaft;

National Health Service. Die Ursa- che dafür liegt darin, daß die Zahl britischer Hochschulabsolventen im Bereich der Medizin exakt am Be- darf orientiert wird; durch Fächer- präferenzen und Bevorzugung at- traktiver Städte und Großzentren besteht daher für viele Krankenhäu- ser ein relativer Bewerbermangel.

In der Bundesärztekammer-Ak- tion wurde nun von der Arbeitsgrup- pe der BÄK gemeinsam mit der ZAV jedes britische Krankenhaus angeschrieben und auf die Möglich- keit sowohl einer Stellenangebots- Insertion im Deutschen Ärzteblatt als auch auf die Möglichkeit einer di- rekten Vermittlung arbeitslos ge- meldeter deutscher Ärzte durch die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung der Bundesanstalt für Arbeit hinge- wiesen. Begleitend wurde durch zahlreiche Presseveröffentlichungen auf dieses Projekt besonders auf- merksam gemacht.

Bei der ZAV sind seither mehr als hundert Stellenangebote einge- gangen; in jeder Ausgabe des Deut- schen Ärzteblattes erscheinen durchschnittlich sechs bis sieben Stellenangebote britischer Kliniken.

Gesamterfolg bisher: etwa 800 deut- sche Ärztinnen und Ärzte sind ge- genwärtig in Großbritannien tätig.

O Ausbau der Möglichkeiten in der Geriatrie. Dabei müßte auch über die Abgrenzung Medizin/Pfle- ge nachgedacht werden (warum soll- te ein Arzt nicht zum Beispiel als Al- tenheimleiter im Bereich der Geria- trie arbeiten, ohne damit direkt ärzt- liche Behandlungsfunktionen über- nehmen zu müssen?).

0 Große Möglichkeiten können sich auch in der Prävention und der Gesundheitserziehung bieten, wenn hierzu zunächst von politischer Seite die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen würden. Es ist bisher im- mer die Ärzteschaft gewesen, die neue Wege aufgezeigt hat, beispiels- weise in der Gesundheitserziehung an Schulen, in der Gesundheitsbera- tung etc.

Ferner könnte es auch durch ei- ne Wandlung im Leistungsspektrum der vorhandenen ärztlichen Fachge- biete zu einer Stellenvermehrung

kommen; so in der Umweltmedizin, in der Gerontopsychiatrie und auch in der klinischen Ernährungswissen- schaft.

• Mit viel Engagement wird die Ärzteschaft zudem dafür kämpfen müssen, teils verlorengegangene ori- ginär ärztliche Fachgebiete wieder in stärkerem Maße mit Ärzten zu be- setzen, zum Beispiel in der Human- genetik, in den sozialen Diensten, im psychologischen und psy- chotherapeutischen Bereich, in der öffentlichen Gesundheitsverwal- tung, im Rettungsdienst und gerade auch in der Prävention und der Ge- sundheitserziehung.

Wichtig: die adäquate Abiturienten-Beratung

Eine Notwendigkeit ist hier ab- schließend noch anzusprechen, der künftig ein besonderes Augenmerk gelten muß: die adäquate Studenten- und vor allem schon Abiturientenbe- ratung. Entsprechend systematisch müssen bereits Abiturienten, die in Betracht gezogen haben, Medizin zu studieren, besser über den Arztbe- ruf der nahen und mittleren Zukunft aufgeklärt werden. Vielfach beste- hen hier noch tradierte Vorstellun- gen über eine „Exklusivität" dieses Berufes, die an der Realität weit vorbeigehen. Eine solche Beratung hätte auch die Aufgabe, auf mög- liche neue Berufsfelder neben Klinik und Praxis hinzuweisen. Ziel sollte es dabei nicht sein, durch „Schwarz- malerei" vom Medizinstudium ab- zuschrecken (hier eignete sich eher die jahrelang geforderte Änderung der Kapazitätenverordnung); viel- mehr sollen den Abiturienten und Studenten die herkömmlichen Be- rufschancen in Klinik und Praxis nüchtern dargestellt werden.

Mit all diesen hier aufgezeigten Mitteln wird seitens der Bundesärz- tekammer das Problem der ärzt- lichen Arbeitslosigkeit generell nicht zu lösen sein. Mit konkreten Projek- ten kann sie jedoch für engagierte und flexible Betroffene Ansätze und Möglichkeiten zur Verbesserung der eigenen Situation aufzeigen.

Dr. med. Klaus Goder/BÄK A-2342 (28) Dt. Ärztebl. 85, Heft 34/35, 29. August 1988

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