er Informationsbedarf für Ärzte über Berufsperspekti- ven im kurativen oder nicht- kurativen Bereich nimmt zu. Mehr als 3 500 Medizinstudenten und Ärzte nahmen am 18. und 19. Juni in Mann- heim am Kongreß „Via medici - Zu- kunftschancen für junge Mediziner“
teil.
Der Kongreß diente auch als Job- und Kontaktbörse. Am Stand des Deutschen Ärzte-Verlages nutzen 400 Arbeitssuchende die Möglichkeit, un- entgeltlich Stellengesuche aufzuge- ben, die das Deutsche Ärzteblatt in dieser Ausgabe veröffentlicht. An zahlreichen Informationsständen hin- gen aktuelle Stellenangebote aus.
Angesichts der angespannten Stellensituation in den Kliniken su- chen frisch approbierte Ärzte zu- nehmend Ausweichmöglichkeiten.
Workshops über alternative Berufs- felder, beispielsweise in der Pharma- industrie, im Verlagswesen, in Unter-
nehmensberatungen oder im Medi- zinjournalismus, waren dementspre- chend gut besucht.
Mit wachsendem Informations- bedarf der Bevökerung wächst auch der Bedarf an Ärzten, die medizini- sche Fakten „übersetzen“ können.
Das Verlagswesen benötigt Ärzte als Fachredakteure, die Manuskripte von Autoren didaktisch aufbereiten und so dem Leser näherbringen. Ein erst in den letzten Jahren entstande- nes Berufsbild ist der Online-Redak- teur, der an der Planung und Umset- zung von Internetseiten beteiligt ist.
Zu diesem Berufsfeld gehören einer- seits klassische Redakteurstätigkei- ten, wie das Redigieren von Texten oder die Recherche aktueller The- men. Andererseits ist der Online-Re- dakteur wesentlich am Entstehen der Internetseiten beteiligt und sollte da- her idealerweise über Grundkennt- nisse in der Programmiersprache HTML verfügen, forderte Dr. med.
Konstantin Bob von der Firma HOS- Multimedica. Wichtiger noch seien Kreativität und Teamfähigkeit. Tä- tigkeitsfelder bestehen zum Beispiel in Medizinbuch- und Zeitschriften- verlagen, Pharmafirmen und Werbe- agenturen, die über Internetseiten auf sich aufmerksam machen wollen.
Da die Nutzung elektronischer Me- dien zunimmt, werden in den näch- sten Jahren voraussichtlich zuneh- mend Ärzte in diesem Bereich benötigt.
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Auch in der Medizinischen Infor- matik arbeiteten immer mehr Ärzte, so Dr. med. Ingo Flenker, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, in seinem Vortrag über nicht-kurative Berufsfelder. Hier eröffneten vor al- lem der Umgang mit elektronisch ge- speicherten Daten, Aufbau von Da- tenbanken und telemedizinische An- wendungen sowie vernetzte Systeme neue Arbeitsperspektiven.
Eine klassische berufliche Alter- native für Ärzte sei die Pharmaindu- strie, so Prof. Dr. med. Thomas Weihrauch, Bayer AG, Wuppertal, Mitglied des Vorstandes der forschen- den Arzneimittelhersteller. Präklini- sche oder klinische Forschung, Mar- keting- oder medizinisch-wissen- schaftliche Abteilungen würden viel- fältige Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Hierfür sind jeweils unter- schiedliche Qualifikationen gefor- dert. In der klinischen Forschung ist eine längere klinische Ausbildung vorteilhaft, wohingegen in der präkli- nischen Forschung wissenschaftliche Erfahrung wichtig ist. Die meisten Po- sitionen erfordern Fremdsprachen- kenntnisse, Kreativität und Team- fähigkeit.
A-1752 (16) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 26, 2. Juli 1999
P O L I T I K AKTUELL
Via medici-Kongreß in Mannheim
Alternative Berufsfelder
3 500 Teilnehmer informierten sich über Zukunftschancen für junge Ärzte.
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Gefüllte Säle bei der Eröffnung des 2. Via medici-Kongresses in Mannheim. Bei 30 Plenarvorträgen und 67 Workshops sowie mehr als 100 Ausstellern konnten sich junge Ärzte über kurative und nicht-kurative Berufsfelder informieren. Kongreßleiter Klaus Merke, Berlin, erwartet, daß der Kongreß sich zu einem festen Bestandteil der beruflichen Orientierung von Ärzten entwickelt. Foto:Johannes Aevermann
A-1753
P O L I T I K AKTUELL
Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 26, 2. Juli 1999 (17) Nicht-kurative Tätigkeiten erfor-
dern häufig besondere Qualifikatio- nen. Diese können sowohl direkt im neuen „Job“ als auch über zahlreiche Zusatzausbildungen sowie im Post- graduate-Studium erworben werden.
Zusatzqualifikationen, vor allem im Bereich der Gesundheitsökonomie und Public Health eröffnen Medizi- nern neue Perspektiven. Viele Ärzte, die eine solche Ausbildung absolviert haben, finden sofort eine Beschäfti- gung.
Eine frühzeitige Orientierung in die gewünschte Fachrichtung zum Beispiel über Praktika oder Studen- tenjobs ist nach Meinung vieler Refe- renten ebenfalls eine gute Möglich- keit, das gewünschte Berufsfeld zu er- kunden.
Auch wenn die Zahl arbeitsloser Ärzte im letzten Jahr abgenommen hat, wird es im klinischen Bereich im- mer schwieriger, eine Weiterbildungs- stelle zu finden. Ausweichmöglichkei- ten bietet auch eine vorübergehende Tätigkeit im Ausland. Eine steigende Nachfrage an Ärzten besteht vor al- lem in Norwegen und Großbritanni- en; teilweise auch in den USA und der Schweiz.
BBeerruuffssa auussssiicchhtteenn iinn d deerr K Klliinniikk
Allerdings wird der humanitäre Einsatz von Ärzten in Krisengebieten weniger honoriert: „Hierbei bildet Deutschland im internationalen Ver- gleich ein trauriges Schlußlicht“, gab Anja Oumier, Personalleiterin von
„Ärzte ohne Grenzen“, zu bedenken.
Sie fordert, daß die medizinische No- thilfe für die Facharztanerkennung an- rechenbar wird, da sich hier interes- sante und sinnvolle Arbeitsmöglich- keiten für Ärzte ergeben. Aber auch in Deutschland sollte etwas für den Arzt- nachwuchs getan werden. Dr. med.
Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzen- der des Marburger Bundes und Präsi- dent der Ärztekammer Hamburg, for- dert, durch den Abbau von Überstun- den neue Stellen zu schaffen. Die Wei- terbildungszeiten in Deutschland soll- ten verkürzt, zusätzliche Weiterbil- dungsmöglichkeiten außerhalb der Klinik sollten geschaffen werden.
Dr. med. Kirsten Steinhausen
ie im „Vorschaltgesetz“ fest- geschriebene Budgetierung der Ausgaben im Gesund- heitswesen wird im Jahr 1999 zu deutlichen Umsatzrückgängen in den Zahnarztpraxen führen. Diese Erwar- tung äußerten 73 Prozent der befrag- ten 376 Zahnärzte in einer Studie, die das Bonner dimap-Institut im Auftrag der Kassenzahnärztlichen Bundesver- einigung (KZBV), Köln, durchführte.
Die Praxisinhaber erläuterten, wie sie auf die veränderten betriebswirt- schaftlichen Rahmenbedingungen rea- gieren wollen beziehungsweise be- reits reagiert haben.
Als Konsequenz auf den erwar- teten Einnahmenrückgang wollen 58 Prozent der befragten Zahnärzte ihre Mitarbeiterzahl reduzieren – in vielen Fällen sind die Kündigungen schon geschrieben. Besonders betroffen vom Personalabbau sind Praxen, die seit 20 Jahren oder länger bestehen.
Der Umfang der Reduzierung ist beachtlich: 48 Prozent derjenigen Zahnärzte, die bereits über Entlas- sungen entschieden haben, wollen mindestens eine Vollzeitkraft, 30 Pro- zent sogar mehrere Beschäftigte ent- lassen.
Neben dem Abbau von Personal wollen viele Praxisinhaber auch ihre Investitions- und Modernisierungs- maßnahmen einschränken, um Ko- sten einzusparen. 42 Prozent der Be- fragten haben schon entsprechende Entscheidungen getroffen, 30 Prozent stellen Überlegungen in diese Rich- tung an. „Der medizinische Standard in der Bundesrepublik wird sich damit automatisch nach unten bewegen“, kommentierte Dr. med. dent. Karl Horst Schirbort, KZBV-Vorsitzender, diese Entwicklung.
Knapp die Hälfte der Zahnärzte sieht in einer Verkürzung der Ar- beitszeit eine Möglichkeit, das Bud- get zu steuern. Wenn aufgrund kürze- rer Wochenarbeitszeit oder längeren Urlaubs weniger in den Zahnarztpra- xen gearbeitet werde, fielen geringe- re Behandlungskosten an, lautete die Rechnung.
Nicht sparen wollen die meisten Befragten bei der eigenen Fortbil- dung. Immerhin 64 Prozent der Zahnärzte gaben an, künftig minde- stens im gleichen Umfang wie bisher an Fortbildungsmaßnahmen teilzu- nehmen.
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Die Patienten sind in der Regel nicht über die Veränderungen im zahnärztlichen Bereich informiert. Zu diesem Fazit kommen 60 Prozent der befragten Zahnärzte. Viele der Pati- enten reagierten mit deutlicher Verär- gerung gegenüber der Politik und den Krankenkassen auf die beabsichtig- ten Behandlungseinschränkungen. Nur wenige von ihnen richteten ihren Zorn direkt auf den behandelnden Zahnarzt. Etwa jeder dritte Patient sei bereit, für eine bessere Behandlung Zuzahlungen zu leisten.
Mittel- und längerfristig – wenn die Vorgaben des „Vorschaltgesetzes“
mit der Gesundheitsreform 2000 fort- gesetzt werden – rechnet jeder vierte Zahnarzt mit wesentlichen Reduzie- rungen im Behandlungsumfang, so- wohl unter qualitativen als auch unter quantitativen Gesichtspunkten. Jeder fünfte möchte verstärkt Privatpatien- ten behandeln. Jens Flintrop