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Archiv "Direktversicherer: Blindes Vertrauen kostet bare Münze" (25.06.1999)

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Academic year: 2022

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ewcomer wie Allstate Di- rect oder alteingesessene Gesellschaften wie die Hannoversche Leben: alle si- gnalisieren sie ihren – potentiel- len – Kunden besonders gün- stige Tarife. Und dies durchaus mit gutem Grund. Sie bieten ihre Dienstleistungen auf tele- fonischem Weg über Call-Cen- ter oder per Post, Internet oder E-Mail an. Ein persönlicher Vertreterbesuch ist in der Re- gel nicht vorgesehen. Allen- falls können sich Interessenten

und Kunden bei regionalen Niederlassungen persönlich in- formieren. Hohe Kosten für Vertreterbesuche und Vermitt- lungsprovisionen entfallen da- mit.

Das rechnet sich durchaus:

Bei einer Kapital-Lebensver- sicherung über 100 000 DM werden im Branchendurch- schnitt 3 500 DM, in der Spitze sogar bis zu 5 000 DM Ver- treterprovision fällig, die das Prämienkonto des Kunden insbesondere in den ersten

Vertragsjahren belasten. Un- ter Berücksichtigung von Zins und Zinseszins „kostet“ die- se Provision den Anleger be- reits bei einer 20-Jahres-Po- lice mehr als 15 000 DM – ein Betrag, der anderweitig si- cherlich besser angelegt wer- den könnte.

Allerdings haben auch die Direktversicherer keinen ein- fachen Stand. Mangels lokaler Präsenz sind sie auf deutlich umfangreichere Werbemaß- nahmen angewiesen als die

herkömmlichen Versicherer – ein Problem, mit dem insbe- sondere junge Gesellschaften zu kämpfen haben. Derartige Aktionen können sich nur Ver- sicherungsanbieter leisten, die über einen entsprechenden fi- nanziellen Hintergrund verfü- gen. Es ist daher nicht ver- wunderlich, daß die meisten deutschen Direktversicherer lediglich Tochtergesellschaften alteingesessener Gesellschaf- ten sind. So gehört beispiels- weise die Cosmos Direkt zur

V E R S I C H E R U N G E N

Direktversicherer

Blindes Vertrauen kostet bare Münze

„Direkt versichert – günstig geschützt“, so das Schlagwort, dem immer mehr Bundesbürger

Glauben schenken. Doch auch Direktversicherer, die ihre Policen zumindest grundsätzlich ohne

Außendienst anbieten, müssen oft Beiträge verlangen, die weit über dem Durchschnitt der

klassischen Angebote liegen. Vergleiche zwischen Anbietern lohnen also.

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Aachener und Münchener Gruppe, die Delfin zur DBV- Winterthur, die Dialog zum Deutschen Lloyd, die Europa zur Continentalen Versiche- rung und Tellit Direct zum Colonia-Konzern.

Keine echte Unabhängigkeit Mit der vielgepriesenen Unabhängigkeit von der Muttergesellschaft sowie dem Verzicht auf Außendienst und Provisionszahlungen ist es oftmals nicht weit her:

Wer einen Vertrag bei der Neckura-Tochter Auto Di- rekt abschließt, wird – indi- rekt – sehr wohl zur Pro- visionskasse gebeten, und auch bei der Europa oder Ontos wird nicht vollstän- dig auf derartige Leistungen verzichtet. Keineswegs sel- ten auch Fälle, in denen die Vertreter herkömmlicher Gesellschaften bei „schwie- rigen Kunden“ statt der Prämientabelle der Mutter- gesellschaft die Beitragsta- feln der Direktversicherungs- tochter aus dem Ärmel zie- hen – und so zwar auf einen Teil der Provision verzichten müssen, den Kunden je- doch zumindest halten oder neu gewinnen können. Es kommt auch vor, daß sich die Beiträge der Mutter- und Tochtergesellschaften nicht einmal voneinander unter- scheiden: Die HDI-Direkt verfügt beispielsweise über keine eigene Versicherungs- lizenz, so daß sie lediglich die Policen der Mutterge- sellschaft vertreiben kann und darf.

Das größte Einsparpo- tential für den Kunden bie- ten Direktversicherungsarten, bei denen entweder eine ho- he Provision bezahlt wird (zum Beispiel Lebensversi- cherungen) oder die einfach in der Abwicklung sind (zum Beispiel Unfallversicherun- gen). Doch auch dabei loh- nen Preis-Leistungs-Verglei- che. Für eine Unfallversiche- rung mit 100 000 DM In- validitätsentschädigung und 10 000 DM Todesfallsumme hat die Stiftung Warentest

(Finanztest 11/98) bei der DBV-Winterthur einen Jah- resbeitrag von 339,30 DM ermittelt. Die DBV-Tochter Delfin verlangt mit 287,50 DM zwar rund 15 Prozent weniger an Beitrag. Dafür sind jedoch auch die Leistun- gen nach der Gliedertaxe ge- ringer: Während die DBV bei 30 Prozent Invalidität 40 Prozent, bei 60 Prozent Invalidität 150 Prozent und bei 90 Prozent Invalidität 300 Prozent der vereinbarten Versicherungssumme leistet, bringt es die Delfin lediglich auf 35, 105 und 195 Prozent – ein Unterschied, der sich im Leistungsfall sehr schmerz- haft bemerkbar machen kann.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich zudem, daß auch der angebliche Niedrig-Bei- trag der Delfin im Branchen- vergleich keineswegs günstig ist. Die Nova – die nicht un- bedingt zu den Billiganbie- tern am Markt zählt – be- rechnet bei einem deutlich umfangreicheren Leistungs- spektrum lediglich 277,40 DM, die Kravag sogar nur 190,30 DM – und dies bei ei- ner Versicherungsdeckung analog zur DBV-Winterthur.

Daß es auch teurer geht, be- weisen unter anderem die R + V (301,80 DM) und die WWK (368 DM). Wirklich vergleichbar sind also nur Prämien, denen auch der- selbe Deckungsumfang zu- grunde liegt. Frauen, die bei der Deutschen Lloyd-Toch- ter Dialog die genannte Unfallversicherung abschlie- ßen, bezahlen für das identi- sche Leistungsbündel bei- spielsweise statt 146,60 DM nur 98,90 DM – ein Vorteil, der sich durchaus sehen las- sen kann.

Gute Vermittlung hat auch Vorteile Daß der Marktanteil der Direktversicherungen in Deutschland mit lediglich 2,5 Prozent immer noch ver- schwindend gering ist, wäh- rend beispielsweise in Eng- land bereits jeder dritte Ver- trag auf dem Direktweg ab-

geschlossen wird, begrün- den Branchenexperten mit der „Herr-Kaiser-Mentalität“.

Jahrzehntelang wurde den Bundesbürgern suggeriert, daß nur ein freundlicher Ver- treter – wie ihn die Hamburg- Mannheimer mit der Kultfi- gur „Herr Kaiser“ geschaffen hat – zu Versicherungsverträ- gen kompetent beraten kann.

So wagen sich nur wenige Deutsche an das Produkt Versicherung überhaupt her- an; sie setzen statt dessen auf den Berater einer Servicege- sellschaft.

In der Tat hat der direkte Gesprächskontakt mit dem Kunden Vorteile. Ein guter Vermittler kann den indi- viduellen Versorgungsbedarf exakt ermitteln und sein An- gebot darauf abstimmen, er kann die Vor- und Nachteile der einzelnen Vertragsarten nennen, die kompliziert for- mulierten Anträge ausfüllen und nicht zuletzt im Scha- densfall zwischen Kunde und Versicherungsgesellschaft ver- mitteln. Zudem haben die her- kömmlichen Versicherungsge- sellschaften in der Regel alle Versicherungsarten in ihrem Portefeuille, so daß die Ge- fahr von Deckungslücken durch fehlende oder un- zureichende Vertragsformen weitgehend gebannt werden kann.

Allerdings sieht die Praxis oftmals anders aus: In 14- Tage-Schnellkursen geschulte Versicherungsvertreter, Mit- arbeiter von Drückerkolon- nen oder nebenberufliche Versicherungs-Jongleure ach- ten oftmals hauptsächlich auf den eigenen Gewinn, aber kaum auf die Bedürfnisse ih- rer Kunden. Da werden teu- re Kapital- statt Risikole- bensversicherungen verkauft, überteuerte Sterbegeldversi- cherungen und unnütze In- sassen-Unfallpolicen an den Mann beziehungsweise die Frau gebracht. Das böse Er- wachen kommt oft schon we- nige Wochen nach dem Ver- tragsabschluß, wenn der Kun- de von besseren Versicherun- gen erfährt, die zudem preis- werter angeboten werden.

Aber auch im Schadensfall

sind Diskussionen mit der Gesellschaft programmiert, warum gerade diese oder jene Klausel – auf die der Vermitt- ler nicht hingewiesen hat – die Haftungsleistung ausschließt.

Auch Kunden von Direktver- sicherungen können mit der- artigen Problemen konfron- tiert werden. Denn eine Bera- tung hinsichtlich eines voll- wertigen Rundum-Schutzes darf bei den Direktanbietern nicht erwartet werden. Auch werden meist nur bestimmte Tarife angeboten – diese dann allerdings mit der entspre- chenden Fachkompetenz.

Schnelle Abwicklung

Schließlich sind die Ge- pflogenheiten im Schadens- fall unterschiedlich. Mit Ku- lanz – wie bei herkömmlichen Gesellschaften für gute Kun- den und bei einem gegen- über der Gesellschaft „star- ken“ Vermittler durchaus üb- lich – können Kunden der Direktversicherungen sicher- lich kaum rechnen – wohl aber mit einer schnellen Scha- densabwicklung: nicht nur, daß die meisten Gesellschaf- ten rund um die Uhr erreich- bar sind, oftmals bieten sie auch einen besonderen Ser- vice. So zahlt beispielswei- se die Ontos ihren Kunden marktgerechte Zinsen für den Zeitraum, der zwischen dem Eintritt des Schadens und der Zahlung der Versi- cherungsleistung verstreicht.

Die Entscheidung zwi- schen herkömmlicher Versi- cherungsgesellschaft und Di- rektversicherer ist also – dies zeigen bereits diese wenigen Beispiele – nicht einfach. Die Wahl eines Serviceversiche- rers ist immer dann sinnvoll, wenn ein individueller Bera- tungsbedarf besteht, zum Beispiel bei der Krankenver- sicherung oder dem betrieb- lichen Versicherungsschutz.

Hingegen können potentielle Kunden bei unkomplizierten Vertragsarten wie der Un- fall- oder Kfz-Versicherung mit der Wahl eines Direktver- sicherers durchaus Geld spa-

ren. PJ

V E R S I C H E R U N G E N

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Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 25, 25. Juni 1999

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