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Archiv "Gesundheitsberatung in der Praxis" (23.09.1983)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

EDITORIAL

Gesundheitsberatung in der Praxis

Josef Schmitz-Formes

J

eder fünfte Versicherte hat die präventive Gesundheits- beratung mindestens einmal in Anspruch genommen, die im Rahmen eines Modellversu- ches in Harnburg und in der Pfalz seit etwa eineinhalb Jah- ren angeboten wird. Dieser Ver- such wurde zwischen der Kas- senärztlichen Bundesvereini- gung und den meisten Ersatz- kassen vereinbart; etwa 170 Kassenärzte beteiligen sich daran. Konzeption, Entwick- lung und Durchführung des Modellversuchs liegen in den Händen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutsch- land.

Gesundheitsberatung im Zu- sammenhang mit Erkrankun- gen und durch sie bedingte Än- derungen der Lebensweise ge- hören seit eh und je zu den Auf- gaben des Arztes. Nicht weni- ger wichtig ist allerdings eine Gesundheitsberatung im Vor- feld der Krankheit. Sie ist schwieriger, weil einmal der Gesunde oder der sich gesund Fühlende zunächst veranlaßt werden muß, den Rat des Arz- tes einzuholen. Sie ist aber auch schwierig, weil der Rat- suchende, der nicht unter Lei- densdruck steht, oft wenig ge- neigt ist, Ratschläge zu befol- gen, die ihm den Verzicht auf gesundheitsschädigende Ge- nüsse oder Gewohnheiten na- helegen.

Wie wichtig aber ein solcher Verzicht ist, hat der Modellver- such bisher gez-eigt. Jeder zweite Teilnehmer brachte Risi·

kofaktoren mit: Rauchen, Be- wegungsmangel, Übergewicht und falsch verarbeiteten StreB. Die meisten von ihnen verein- barten nach der ersten Gesund- heitsberatungeine zweite und eventuell eine dritte Beratung und bekundeten damit den Wil- len, ihre Lebensweise mit Un- terstützung des Arztes zu än- dern. Allerdings weiß jeder Arzt, wie fragwürdig-trotzguten Willens- gerade im Bereich der Prävention die "Compliance"

der Beratenen ist; solange die Folgen ihres Fehlverhaltens noch latent sind. Eine von uns mit Spannung erwartete Be- gleitforschung wird Aufschluß darüber geben, inwieweit diese ärztliche "Hilfe zur Selbsthilfe"

Erfolg hat.

Die beteiligten niedergelasse- nen Ärzte beurteilen das Kon- zept des Modellversuchs "Ge- sundheitsberatung'' im wesent- lichen positiv, sowohl bezüg- lich der Patienten, die nach der ersten Beratung nicht wegblei- ben, als auch bezüglich der Einbindung dieser präventiven Leistung in ihren Praxisbetrieb.

Gerade in dieser Hinsicht hatte es anfangs Zweifel gegeben, weil die Erstberatungen oft mehr als eine Stunde Zeitauf- wand erforderten:

~ Die Grundlage der Beratun- gen ist eine ausführliche Ana- mnese der riskanten Verhal- tensweisen;

~ Ziel des gemeinsamen an- schließenden Gesprächs sind im Alltag des Betroffenen reali- sierbare Änderungsmöglich- keiten;

~ am Ende der Beratung ste- hen dann unmittelbar umsetz- bare Verhaltensalternativen, die auf die persönlichen Ver- hältnisse des Beratenen zuge- schnitten sind.

Dies erfordert mehr Zeit als all- gemeine, vage gehaltene Rat- schläge; aber viele Ärzte sehen gerade in dieser Tätigkeit die Rückkehr zu einer der funda- mentalen ärztlichen Aufgaben: dem Gespräch mit dem Pa- tienten.

Verbunden mit der Einführung dieses Modells wurde eine be- sondere ärztliche Fortbildung zur Beratungsmethodik, von der ein Beratungserfolg weitge- hend abhängt.

Hierzu liegen die Ergebnisse der Begleitforschung schon

vor: Zwar gibt es Kritik an eini-

gen Punkten, doch überwie- gend beurteilen die Ärzte die- ses Fortbildungsangebot als positiv und hilfreich. Ein erfreu- liches Nebenergebnis: Fast ein Drittel der Ärzte nahm die Fort- bildung zum Anlaß. eigenes Ri- sikoverhalten zu ändern.

Was die Fragen zur Machbar- keit eines solchen Modells prä- ventiver Gesundheitsberatung angeht, so sind die Tendenzen schon jetzt klar erkennbar: Die Versicherten haben durch Inan- spruchnahme ihr Interesse an dieser Leistung deutlich ge- zeigt; die teilnehmenden Ärzte beurteilen das Konzept des Mo- dellversuchs weitgehend gün-

stig. Die Frage der Effektivität

steht allerdings noch aus-in- wieweit diese Art der Interven- tion Risikoverhalten wirklich verringert hat.

Das positive Echo auf den Mo- dellversuch "Gesundheitsbera- tung" kann aber schon heute als ein weiteres Zeichen der Trendumkehr von einer tech- nisch-apparativen zu einer mehr patientenbezogenen Me- dizin gewertet werden.

Wir sind gewohnt, bezüglich der Wirksamkeit der deutschen

34 Heft 38 vom 23. September 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin GEGENDARSTELLUNG

EDITORIAL Gesundheitserziehung insge- samt allenthalben Kritik zu hö- ren. Nun beschränkt sich der Löwenanteil der gesundheits- bildnerischen Aktivitäten auf pure Information, verbreitet über Massenmedien, obwohl bekannt ist, daß Information al- lein nicht ausreicht, um auch Handeln auszulösen. Gesund- heitsbildung über Medien muß darüber hinaus allgemein sein - und bleibt damit für den ein- zelnen vage, nämlich allenfalls auf der Ebene guter Vorsätze.

Unser Modellversuch ,Gesund- heitsberatung durch Ärzte' gründet demgegenüber auf der Erfahrung, daß persönlicher Kontakt, Rat, der sich speziell an die Person des Ratsuchen- den richtet, weitaus mehr Reso- nanz hat.

Auch im Ausland wird unserer Konzeption in ärztlichen Krei- sen besonders deshalb großes Interesse zuteil, weil neben den vielen großangelegten Interven- tionsstudien zur Beeinflussung der Risikofaktoren im Sinne ei- nes gesünderen Lebensstils ein mit dem unseren vergleichba- res Modell nicht bekannt ist;

besonders imponiert dort, daß die Ärzte für die Verhaltensän- derung zum unmittelbaren An- stoßpunkt gemacht werden.

Literatur

Brühne, C.: Gesundheitsberatung wird er- probt, DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79 (1982) Heft 37,53-56 - Brühne, C.; Heuser, M. R.; Hoch, H.: Erster Zwischenbericht zum Modellversuch „Gesundheitsbera- tung durch Ärzte", Hamburger Arzteblatt 36 (1982) 381-383 - Fischer, N.: Ärztliche Gesundheitsberatung als Hilfe zur Selbst- hilfe, in: Bundesvereinigung für Gesund- heitserziehung (Hrsg.) Gesundheit für alle - Aufgabe für jeden (1983) 173-177 - Brüh- ne, Ch.: Küchler, Th.: Health Councelling - A Pilot Programme in Germany and a Con- tribution to the Psychology of Health (in Druck)

Sanitätsrat Dr. med.

Josef Schmitz-Formes Steinweg 10

5238 Hachenburg/Westerwald

Das „Toxische Schock-Syndrom"

(TSS)

Zu dem Beitrag von Dr. med. An- dreas Westhoff und Professor Dr. med. Peter Naumann in Heft 33/1983, Seite 32/33 Ausgabe B und C, Seite 34/35 Ausgabe A

Gegendarstellung

In Heft Nr. 33, 1983, Seite 32/33, des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES schreiben Westhoff und Naumann in ihrem Editorial über das „Toxi- sche Schock-Syndrom" (TSS): „In der Mehrzahl der berichteten Fälle besteht ein kausaler Zusammen- hang zwischen TSS und der Ver- wendung von Tampons während der Menstruation."

Diese Darstellung entspricht nicht den Tatsachen. Richtig dagegen ist, daß in der gesamten Literatur zum Thema TSS eine Kausalität nicht beschrieben, behauptet oder bewiesen worden ist.

In den USA, aus denen bisher über mehr als 95% aller TSS-Fälle welt- weit berichtet wurde, wird vom CDC (Center for Disease Control) nur ein epidemiologisch-statisti- scher Zusammenhang beschrie- ben, der aufgrund der geringen Fallzahl auf andere Teile der Welt nicht übertragbar ist.

Johnson & Johnson GmbH Postfach 38 20

4000 Düsseldorf 1 Dr. med. B. A. Mäuser

Stellungnahme

Die vorstehende Gegendarstel- lung der Firma Johnson und John- son GmbH, wie sie in ähnlicher Form auch von einer weiteren Fir- ma geltend gemacht wird, ist aus der Interessenbindung eines Tam- ponherstellers zwar verständlich, sachlich jedoch wenig überzeu- gend. Sowohl aus den USA als auch aus dem europäischen Raum ist der epidemiologisch-statisti-

sche Zusammenhang zwischen dem Auftreten eines „Toxischen Schock-Syndroms" (TSS) und der Verwendung von Tampons wäh- rend der Menstruation gesichert.

Offen bleibt dabei lediglich, wie- weit dieser Zusammenhang als di- rekt oder indirekt „kausal" zu be- werten ist. Auch wenn primär die von Staphylokokken (und Strepto- kokken) gebildeten Toxine das pa- thogenetische Prinzip dieses Krankheitsbildes sind, spricht die hohe TSS-Inzidenz bei Gebrauch bestimmter Tampons aus hoch- saugfähigem Material doch für ei- nen zumindest indirekten ursäch- lichen Zusammenhang.

Es ist vorstellbar (wenn auch bis- her nicht bewiesen), daß derartige Tampons mit langer Verweildauer bei bestehender Staphylokokken- Besiedlung der Vagina die Ver- mehrung der Erreger und eine ent- sprechende Toxinproduktion be- günstigen. Unter insgesamt 16 im Literaturverzeichnis des Sonder- drucks zitierten angloamerikani- schen Publikationen (1, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 21, 22, 24) ist allein in 8 Arbeiten das TSS einem Tampongebrauch korreliert (4, 5, 6, 7, 13, 14, 15, 16), in 6 dieser Veröffentlichungen wird über den gleichzeitigen Nachweis von Sta- phylococcus aureus berichtet (5, 6, 7, 14, 15, 16). Ganz analog be- treffen 6 deutschsprachige Arbei- ten aus dem europäischen Raum einschlägige TSS-Fälle nach Tam- ponanwendung (10, 18, 20, 25, 26, 27); in drei dieser Publikationen werden ebenfalls entsprechende Staphylokokkenbefunde mitgeteilt (10, 25, 26).

Diese Daten sind zwar kein schlüs- siger Beweis eines Kausalzusam- menhanges, sollten aber doch bei einer Meinungsbildung berück- sichtigt werden.

Prof. Dr. med. Peter Naumann Dr. med. Andreas Westhoff Institut für Medizinische Mikrobiologie und Virologie der Universität Düsseldorf Moorenstraße 5

4000 Düsseldorf

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 38 vom 23. September 1983 35

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