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Untersuchung des Antigenprofils von Mycoplasma bovis unter besonderer Berücksichtigung Hitzeschock-assoziierter Komponenten

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Academic year: 2022

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Aus dem Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen der Tierärztlichen Hochschule Hannover

_____________________________________________

Untersuchung des Antigenprofils von Mycoplasma bovis

unter besonderer Berücksichtigung Hitzeschock-assoziierter Komponenten

INAUGURAL - DISSERTATION zur Erlangung des Grades eines DOCTOR MEDICINAE VETERINARIAE durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von

Marcus Schäfer

aus Dillenburg

Hannover 2000

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Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. G.-F. Gerlach

1. Gutachter: Prof. Dr. G.-F. Gerlach 2. Gutachter: PD Dr. L. Haas

Tag der mündlichen Prüfung: 29.05. 2000

Diese Arbeit wurde in Teilen gefördert durch eine Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft an Herrn Dr. Martin Runge (DFG Ru 459/2-1).

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meinen Eltern

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1 EINLEITUNG ...9

2 SCHRIFTTUM ...11

2.1 Charakteristika und Taxonomie der Mykoplasmen ... 11

2.2 Mykoplasmen als Krankheitserreger bei Tieren ... 13

2.3 Mycoplasma bovis... 15

2.3.1 Biologie ... 15

2.3.2 Klinik ... 16

2.3.2.1 Infektionswege... 17

2.3.2.2 Mastitis ... 18

2.3.2.3 Pneumonien ... 20

2.3.2.4 Arthritiden... 21

2.3.2.5 Genitalinfektionen ... 22

2.3.2.6 Weitere Krankheitsbilder ... 22

2.3.2.7 Immunantwort... 22

2.3.3 Diagnostik... 23

2.3.4 Therapie ... 25

2.3.5 Immunprophylaxe... 26

2.4 Hitzeschockproteine (Hsp) ... 27

2.4.1 Allgemeines ... 27

2.4.2 Regulation der Stressantwort... 29

2.4.3 Hsp60 und Hsp70 ... 30

2.4.4 Die Rolle der Hsp in der Medizin ... 32

2.4.5 Hitzeschockproteine bei Mykoplasmen ... 35

3 MATERIAL UND METHODEN ...39

3.1 Material ... 39

3.1.1 Chemikalien und Reagenzien ... 39

3.1.2 Lösungen... 41

3.1.2.1 Universell eingesetzte Pufferlösungen ... 41

3.1.2.2 Andere Puffer und Lösungen... 41

3.1.3 Geräte, Film- und Verbrauchsmaterial... 42

(6)

3.1.3.1 Geräte... 42

3.1.3.2 Filmmaterial... 44

3.1.3.3 Verbrauchsmaterial... 44

3.1.4 Mycoplasma bovis... 45

3.1.5 Nährmedium ... 45

3.1.6 Seren und Konjugate ... 46

3.1.6.1 Patientenseren... 46

3.1.6.2 Hyperimmunserum ... 47

3.1.6.3 Antiserum gegen Hsp 60 ... 47

3.1.6.4 Konjugate... 48

3.1.7 Nährböden zur Sterilkontrolle ... 48

3.2 Methoden... 49

3.2.1 Anzucht und Kultivierung von Mycoplasma bovis... 49

3.2.2 Bestimmung der Lebendkeimzahl... 50

3.2.3 Kolonieblot ... 50

3.2.4 Proteinbestimmung... 52

3.2.5 Gesamtzellpräparation von Mycoplasma bovis... 53

3.2.6 (Radio-)immunpräzipitation (RIP) ... 54

3.2.6.1 Vorbereitung der Trägermatrix zur Antikörperkopplung ... 55

3.2.6.2 Antikörperkopplung ... 55

3.2.6.3 Blockierung unspezifischer Bindungsstellen ... 56

3.2.6.4 Aufbereitung und radioaktive Markierung der Antigene... 58

3.2.7 SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) ... 60

3.2.8 Western-Blot... 63

3.2.9 Silberfärbung ... 64

3.2.10 Autoradiographie... 66

3.2.11 Auswertung von Western-Blot und Silberfärbung und Autoradiographie ... 67

3.2.12 Fotografische Dokumentation ... 68

4 ERGEBNISSE ...69

4.1 Untersuchungen zur Lokalisation der Hsp in der Zelle ... 69

4.2 Reaktion von Rekonvaleszentenseren aus Rindern mit hitzegeschockten und nicht- hitzegeschockten Ganzzellysaten von Mycoplama bovis im Western-Blot... 70

(7)

4.3 Überprüfung immunpräzipitierter mykoplasmaler Proteine hinsichtlich ihrer Reaktion mit

einem spezifischen Antiserum gegen Hsp60 im Western-Blot... 71

4.4 Darstellung immunpräzipitierter mykoplasmaler Proteine in der Autoradiographie ... 73

6 ZUSAMMENFASSUNG...98

7 SUMMARY ...100

8 LITERATURVERZEICHNIS ...102

(8)

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

ADP Adenosindiphosphat

AG Antigen

AK Antikörper

Aqua dest. destilliertes Wasser ATP Adenosintriphosphat

B. Bacillus

BALF Bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit BCV Bovines Coronavirus

BHV Bovines Herpesvirus

PIV 3 Bovines Parainfluenzavirus 3

bp Basenpaare

BRSV Bovines respiratorisches Synzytialvirus BSA Bovines Serumalbumin

BVDV Bovine Virusdiarrhoevirus

C Cytosin

ca. zirka

cm Zentimeter

CFU engl.: colony forming units – koloniebildende Einheiten

D Diagnostiknummer

DNA engl.: deoxyribonucleic acid - Desoxyribonukleinsäure

E. Escherichia

EDTA Ethylendiamintetraacetat

ELISA engl.: Enzyme-linked immunosorbent assay – Enzymgebundener Immunadsorbtionstest

Fab engl.: fragment antigen binding - Fragment des Antikörpermoleküls, an welches das Antigen gebunden wird

Fc engl.: fragment cristallyzable – kristallisierbares Fragment des Antikörpermoleküls

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G Guanin

g Erdbeschleunigung

GAR engl.: goat anti rabbit – Ziege anti Kaninchen

HS Hitzeschock

HSE Hitzeschockelement HSF Hitzeschockfaktor Hsp Hitzeschockprotein

hsp Hitzeschockprotein-kodierendes Gen

IBA engl.: Immunobinding assay – Kolonie-Immunoblot I.E. Internationale Einheiten

Ig Immunglobulin

Ig A/G/M Immunglobulin der Klasse A,G oder M IO Institutseigener Ochse

IVD Gesellschaft für innovative Veterinärdiagnostik

K Kontrolle

kDa Kilodalton

l Liter

M Molarität (mol/l)

M. Mycoplasma

max. maximal

mg Milligramm

MHC engl.: major histocompatibility complex - Haupthistokompatibilitätskomplex

ml Milliliter

mm Millimeter

mM Millimolar

min. Minute

µl Mikroliter

nm Nanometer

PAGE Polyacrylamid-Gelelektrophorese

PBS engl.: phosphate buffered saline – Phosphat-gepufferte Kochsalzlösung

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pH negativer dekadischer Logarithmus der Hydroniumionen-Konzentration PMSF Phenylmethylsulfonylfluorid

PO Peroxidase-gekoppelt

PPLO engl.: Pleuropneumonia-like organism

® engl.: registered trademark - eingetragenes Warenzeichen RAB engl.: Rabbit anti bovine – Kaninchen anti Rind

RIP Radioimmunpräzipitation

RNA engl.: ribonucleic acid – Ribonukleinsäure

rpm engl.: rounds per minute – Umdrehungen pro Minute rRNA engl.: ribosomal RNA – ribosomale RNA

SDS engl.: Sodiumdodecylsulphate – Natriumdodecylsulfat

sp. Spezies

Tab. Tabelle

TEMED N, N, N´, N´-Tetraethylendiamin

™ engl.: trademark - Warenzeichen TNF Tumornekrosefaktor

Tris Tris(hydroximethyl)aminomethan

v.a. vor allem

Vsp engl.: variable surface protein – Variables Oberflächenprotein (v/v) engl.: volume per volume – Volumen pro Volumen

(w/v) engl.: weight per volume – Gewicht pro Volumen

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1 Einleitung

Mycoplasma (M.) bovis ist neben Mycoplasma mycoides subsp. mycoides der wichtigste Auslöser boviner Mykoplasmosen und tritt weltweit mit zunehmender Bedeutung auf. Die enzootische Mastitis der Kuh ist das bedeutendste und mit den größten wirtschaftlichen Verlusten einhergehende Krankheitsbild, das durch M. bovis hervorgerufen wird.

Pneumonien und Arthritiden, die bei Jungrindern durch M. bovis ausgelöst werden, stehen wirtschaftlich gesehen an zweiter Stelle. Daneben kommt es zu Genitalinfektonen bei Rindern beiderlei Geschlechts, die bei weiblichen Tieren mit Aborten einhergehen können, sowie zu weiteren, weniger typischen Krankheitsbildern. Infektionen mit M. bovis äußern sich häufig nur in unspezifischen Symptomen und sind vielfach therapieresistent.

Eine wirkungsvolle Immunprophylaxe ist bis heute nicht verfügbar. Daher stellt eine schnelle und sichere Diagnostik sowohl klinisch erkrankter als auch subklinisch infizierter Ausscheidertiere die Grundlage zur Eradikation der Erkrankung aus betroffenen Betrieben dar. Obwohl in diesem Zusammenhang diverse diagnostische Systeme entwickelt wurden, bleibt die ätiologische Diagnose bis heute Speziallabors vorbehalten und gründet sich dabei auf die zeit- und kostenaufwendige kulturelle Nachweismethode sowie auf verschiedene ELISAs, die nicht kommerziell verfügbar sind und in denen entweder Ganzzellysat als Festplattenantigen zum Einsatz kommt oder immobilisierte Antikörper die stationäre Komponente bilden. Im ersten Fall kann die Komplexität des Antigens zu Kreuzreaktionen mit anderen Mykoplasmenspezies führen und somit falsch positive Ergebnisse verursachen; das zweite System weist nur eine geringe Sensitivität auf. In dem Bemühen besser geeignete M. bovis-Antigene für serologische Nachweisverfahren zu isolieren sind bislang verschiedene Bestandteile von M. bovis untersucht worden, ohne jedoch Eingang in die Routinediagnostik gefunden zu haben.

In der vorliegenden Arbeit sollte daher anhand von Rekonvaleszentenseren die Immunantwort von mit M. bovis infizierten Rindern und hier besonders die mögliche Eignung von Hitzeschockproteinen (Hsp) für serologische Testsysteme untersucht werden.

Bei den Hsp handelt es sich um eine Gruppe konservierter Moleküle, die in allen bisher daraufhin untersuchten Organismen nachgewiesen wurden. Nach ihrem Molekulargewicht

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unterteilt man Hsp in vier Familien; die Hsp90-, die Hsp70-, die Hsp60-Familie und die Familie kleiner Hsp.

Trotz des hohen Konservierungsgrads haben sich die Hsp bei einigen Organismen als immundominante Antigene erwiesen. Im Rahmen bakterieller Infektionen hat sich v.a.

Hsp60 als oftmals immundominantes Antigen gezeigt. Demzufolge wurde die Arbeitshypothese entwickelt, daß Hsp dann in der Diagnostik von durch M. bovis bedingten Erkrankungen interessant sein könnten, wenn sich eine gegen sie gerichtete, spezifische Immunantwort in Rekonvaleszentenseren nachweisen ließe. Diese Arbeit sollte dementsprechend die Immunantwort M. bovis-infizierter Rinder charakterisieren, wobei das besondere Augenmerk den Hsp, und hier in erster Linie dem Hsp60, gelten sollte.

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2 Schrifttum

2.1 Charakteristika und Taxonomie der Mykoplasmen

Mykoplasmen sind die kleinsten, selbständig vermehrungsfähigen Bakterien (RAZIN 1981, MANILOFF 1992, RAZIN 1992a). Seit der Isolierung des Erregers der kontagiösen Pleuropneumonie des Rindes vor ungefähr hundert Jahren (NOCARD und ROUX, 1898) wurden bis heute mehr als 170 Mykoplasmenspezies beschrieben. Die Isolierung von Mykoplasmen gelang aus dem Menschen, warm- und kaltblütigen Wirbeltieren, Insekten, Pflanzen sowie aus Abwasser.

Mykoplasmen unterscheiden sich durch einige Besonderheiten von anderen Bakterien.

Auffälligstes Merkmal ist das Fehlen einer Zellwand. Die Zytoplasmamembran stellt somit die Begrenzung der Mykoplasmenzelle zur Umwelt dar. Sie ist insbesondere dadurch charakterisiert, daß sie im Gegensatz zu allen anderen Prokaryonten Cholesterine enthält. Das Fehlen der Zellwand bedingt auch die natürliche Resistenz gegenüber Antibiotika, die in die Zellwandsynthese der Bakterien eingreifen (z.B. β- Lactamantibiotika), sowie die Pleomorphie der Mykoplasmenzelle.

Obwohl bei einer Größe von 0,3 - 0,8 µm überwiegend eine kokkoide Zellmorphologie ausgeprägt ist, bilden manche Mykoplasmenspezies auch verzweigte und unverzweigte, 0,2 - 0,3 x 1,5 µm große Filamente (RAZIN 1992a, TULLY et al. 1993) oder flaschenförmige Zellformen mit einer Terminalstruktur. Mykoplasmen passieren aufgrund der genannten Eigenschaften Membranfilter mit einer Porengröße von 0,45 µm (MASOVER u. HAYFLICK 1985). Die meisten Mykoplasmenspezies sind unbeweglich.

Einige Arten können sich aber aktiv gleitend fortbewegen (KIRCHHOFF 1992). Die Mykoplasmenkolonien erreichen abhängig von der jeweiligen Art einen Durchmesser von 50 bis 600 µm. Auf festen Nährböden bilden viele Mykoplasmenspezies die typische

”Spiegelei”-Koloniemorphologie aus, die dadurch entsteht, daß die Zellen des Koloniezentrums in den Agar hinein wachsen, wodurch sie dunkler erscheinen. Die Zellen der Peripherie wachsen jedoch nur auf der Agaroberfläche (RAZIN u. OLIVER 1961, HAYFLICK 1969, RAZIN 1983a).

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Insbesondere durch Untersuchungen an den 16S rRNA-Genen konnte gezeigt werden, daß Mykoplasmen sich durch reduktive Evolution aus der grampositiven Bacillus- Lactobacillus-Streptococcus-Linie entwickelt haben (WOESE 1987). Die nächsten Verwandten sind zwei Clostridienarten (WOESE et al. 1980, MANILOFF et al. 1992).

Aufgrund der reduktiven Evolution haben Mykoplasmen nur eine geringe Genomgröße, die abhängig von der jeweiligen Spezies 580 bis 2220 kBp beträgt. Damit erreicht das Mykoplasmengenom nur ungefähr ein Viertel der Genomgröße von Escherichia coli (DYBVIG u. VOELKER, 1996, RAZIN et al. 1998). Der Anteil der Basen Guanin und Cytosin am Genom (G+C-Gehalt) beträgt nur 24 -39 mol% (RAZIN u. FREUNDT 1984, MUTO 1987).

Die geringe Genomgröße bringt es mit sich, daß Mykoplasmen eine reduzierte Enzymausstattung und auch nur sehr eingeschränkte Stoffwechsel- und Biosynthesewege besitzen und die in vitro-Kultivierung nur in komplexen Nährmedien mit Kohlenhydraten, Pepton und Hefeextrakt gelingt. Eine Energiegewinnung findet durch Glykolyse, die Hydrolyse von Arginin, sowie die Oxidation von Pyruvat oder Lactat statt (MILES et al.

1988). Aminosäuren, Nukleinsäurevorläufer, Sterole, Lipide und Vitamine müssen vom Wirt oder durch komplexe Nährmedien zur Verfügung gestellt werden (RODWELL 1983, MILES 1992).

Taxonomisch werden die Mykoplasmen in die Klasse der Mollicutes (lat. mollis – weich, cutis – Haut) eingeordnet (TULLY et al. 1993, RAZIN 1992b). Die Klasse Mollicutes teilt sich wiederum in vier Ordnungen, die Mycoplasmatales, Entomoplasmatales, Acholeplasmatales und Anaeroplasmatales (Tabelle 1). Die in die Ordnung Mycoplasmatales gehörende Gattung Mycoplasma beinhaltet mit mehr als 90 Spezies die meisten der veterinärmedizinisch relevanten Mykoplasmenarten.

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Tabelle 1: Taxonomische Einteilung der Klasse Mollicutes nach TULLY et al. (1993)

1. Ordnung: Mycoplasmatales

1. Familie: Mycoplasmataceae 1. Gattung: Mycoplasma 2. Gattung: Ureaplasma

2. Ordnung: Entomoplasmatales

1. Familie: Entomoplasmataceae 1. Gattung: Entomoplasma 2. Gattung: Mesoplasma 2. Familie: Spiroplasmataceae

1. Gattung: Spiroplasma

3. Ordnung: Acholeplasmatales

1. Familie: Acholeplasmataceae 1. Gattung: Acholeplasma

4. Ordnung: Anaeroplasmatales

1. Familie: Anaeroplasmataceae 1. Gattung: Anaeroplasma 2. Gattung: Asteroleplasma

2.2 Mykoplasmen als Krankheitserreger bei Tieren

Die verschiedenen Mykoplasmenspezies gliedern sich bezüglich ihrer Lebensweise in Parasiten und Kommensalen, die oft eine ausgesprochen starke Wirts- und Gewebespezifität zeigen. Zumeist besiedeln sie die Schleimhautoberflächen des Respirations- und Urogenitaltraktes, aber auch das Auge, die Gelenke, die Milchdrüse und andere Organe, wo sie potentiell krankheitsauslösend wirken können. Dabei kommt der

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Wechselwirkung zwischen der veränderbaren Mykoplasmenoberfläche und den Zielgeweben eine große Bedeutung zu (BOVÉ 1993), denn nur wenige Spezies vermögen die Wirtszellmembran zu penetrieren (LO et al. 1992). Bei der Besiedlung der Organoberflächen nutzen Mykoplasmen v.a. Kapsel- und Adhärenzstrukturen (SACHSE et al. 1996). Zu den bekannten Pathogenitätsmechanismen gehören die Produktion von Toxinen, der Entzug von Nährstoffen und die Schädigung der Wirtszelle durch mykoplasmale Stoffwechselprodukte wie Ammoniak und Wasserstoffperoxid (RAZIN 1991). Um im weiteren Verlauf der Infektion die wirtseigene Abwehr zu unterlaufen, haben sie veschiedene Mechanismen entwickelt. Dazu zählen die Hemmung ziliärer Aktivitäten des Wirtsgewebes (ROSS 1992), eine unspezifische Aktivierung der Immunantwort (RAZIN 1992a) und die Bildung von Superantigenen (RINK et al. 1992).

Daneben kann es durch molekulare Mimikry zur Angleichung antigener Strukturen von Wirt und Parasit kommen. Dies kann die Funktionsstörung regulativer Einheiten des Abwehrsystems mit der Folge von Autoimmunreaktionen bewirken (BREDT 1976, SIMECKA et al. 1993, BISSET 1994, TANGEN u. KIRCHHOFF 1995). Die Variabilität bestimmter Oberflächenstrukturen von M. bovis wurde u.a. von BEHRENS et al. (1994, 1996), LYSNYANSKY et al. (1996), ROSENGARTEN et al. (1994), LE GRAND et al.

(1996) sowie BEIER et al. (1998) dargestellt. CITTI und ROSENGARTEN (1997) beschrieben Zusammenhänge zwischen genetischen Variationen und deren Rolle für die Pathogenese von Mykoplasmen. Für einige Mykoplasmenspezies wurde festgestellt, daß sie die Suppression von neutrophilen Granulozyten, Lymphozyten bzw. Makrophagen bewirken (THOMAS et al. 1990, THOMAS et al. 1991, ALMEIDA et al. 1992).

Schließlich kann die sehr enge Anheftung der Mykoplasmen an die Wirtszelle zur sterisch bedingten Verhinderung einer Immunreaktion führen. Ferner kann es durch die Freisetzung löslicher Antigene zur Fehlleitung der Immunantwort kommen. Hierdurch wird plausibel, daß mykoplasmale Infektionen häufig sehr lange persistieren, subklinisch verlaufen oder zur Chronizität neigen (RAZIN 1992a, SIMECKA et al. 1992).

Zu schwereren klinischen Symptomen kommt es oft erst durch hinzutretende begünstigende Faktoren, wie z.B. eine Schwächung der Immunitätslage des Wirtes oder Umwelteinflüsse, wie suboptimales Stallklima. Deshalb werden durch Mykoplasmen

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ausgelöste Erkrankungen auch als Faktorenkrankheiten bezeichnet (KIRCHHOFF u.

RUNGE 1998).

2.3 Mycoplasma bovis

2.3.1 Biologie

M. bovis gehört zu der Familie der Mycoplasmataceae und wurde Mitte der fünfziger Jahre in Schweden erstmalig aus Milch (ALSTR∅M 1955) und Anfang der sechziger Jahre auch aus an Mastitis erkrankten Kühen isoliert (HALE et al. 1962). Durch M. bovis hervorgerufene Mastitiden wurden später aus verschiedenen Ländern, wie den USA, Kanada, England, Italien, der Bundesrepublik Deutschland und der damaligen Deutschen Demokratischen Republik bekannt (BOUGHTON 1979, JASPER 1981, WEIGT et al.

1981, PFÜTZNER 1984a). In jüngerer Zeit sind Erstisolierungen von M. bovis aus Milch u.a. aus dem Sudan gemeldet worden (ABBAS 1996); damit ist heute von einem weltweiten Vorkommen auszugehen. Der Keim ist wirtsspezifisch und besitzt abgesehen von seiner Empfindlichkeit gegenüber Austrocknung eine relativ hohe Tenazität außerhalb des Wirtes. Er ist aber empfindlich gegenüber Desinfektionsmitteln auf der Basis von Formalin und Peressigsäure (PFÜTZNER u. SACHSE 1996).

Erst Mitte der siebziger Jahre wurde M. bovis als eigenständige Spezies beschrieben (ASKAA u. ERN∅ 1976; JASPER 1977). Bis zu diesem Zeitpunkt wurde M. bovis als Subspezies von M. agalactiae eingeordnet. Die enge taxonomische Beziehung zu M.

agalactiae zeigt sich insbesondere in dem sehr ähnlichen biochemischen Verhalten und der ausgeprägten serologischen Kreuzreaktivität zwischen den beiden Spezies, die sich jedoch aufgrund genotypischer Analysen wie der DNA-DNA-Hybridisierung oder dem PCR-Fingerprinting eindeutig voneinander unterscheiden lassen (GUMMELT 1995, GUMMELT et al. 1996).

Die Genomgröße des Referenzstammes PG45 beträgt nach NEIMARK u. LANGE (1990) 666 kbp. TOLA et al. (1999) geben für M. bovis PG 45 allerdings eine Genomgröße von ca. 961 kbp an. Der G+C-Gehalt hat einen Wert von 27,8 bis 32,9 mol%. Das rRNA-

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Operon und die Sequenz der 16S rRNA von M. bovis sind bekannt (MATTSON et al.

1994, CHAVEZ-GONZALEZ et al. 1995, PETTERSSON et al. 1996). In der Pathogenese M. bovis-bedingter Erkrankungen scheint ein Toxin eine Rolle zu spielen, welches die Gefäßpermeabilität erhöht und Komplement aktiviert. Bei dem Toxin handelt es sich um ein Glykoprotein, das nach experimentellem Einbringen in das Euter in der Lage ist, eine charakteristische Entzündung auszulösen (GEARY et al. 1981).

Weiterhin ist bekannt, daß M. bovis eine Hämolyse bewirken kann, eine Phosphatase sezerniert und durch Digitoninzusatz zum Medium im Wachstum gehemmt wird. Sonstige Stoffwechselleistungen, insbesondere die Art der Energiegewinnung, die bei anderen Mykoplasmenspezies durch die Vergärung von Glukose oder die Hydrolyse von Harnstoff oder Arginin erfolgt, sind bisher nicht geklärt (PFÜTZNER et al. 1979).

2.3.2 Klinik

Heute gilt M. bovis als wichtigster Erreger boviner Mykoplasmosen in Europa und Nordamerika. Während in Gebieten mit intensiver Milchviehhaltung vornehmlich die enzootische M. bovis-Mastitis auftritt und erhebliche ökonomische Verluste hervorruft, werden in Gebieten mit kleineren Herden durch M. bovis hauptsächlich Pneumonien und Arthritiden bei Kälbern und Jungrindern hervorgerufen, was ebenfalls zu ökonomischen Verlusten, v.a. bedingt durch die verringerten täglichen Zunahmen, führt. In diesen Fällen ergibt sich der Verdacht auf das Vorliegen einer mykoplasmalen Infektion oft erst durch das Versagen antibiotischer Therapieansätze (PFÜTZNER u. SACHSE 1996).

Die Ursachen für die umfangreichen wirtschaftlichen Einbußen liegen in der häufig seuchenhaften Ausbreitung der Erkrankungen im Bestand. Es kommt zu Milchverlusten und verminderten Tagesgewichtszunahmen, herabgesetzter Fruchtbarkeit und nicht selten zur Merzung oder Krankschlachtung von Tieren. Weiterhin werden aufgrund diagnostischer Schwierigkeiten nicht immer alle Krankheitsträger sicher erkannt und es können, v.a. nach einer Therapie, latent infizierte oder nur vorübergehend bzw. scheinbar erregerfreie Tiere als Quelle für neue Ansteckungen zurückbleiben (BOUGHTON 1979).

Schließlich besteht eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Sekundärinfektionen.

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2.3.2.1 Infektionswege

Als generell im Vordergrund stehende Infektionswege sind die galaktogene Infektion des Euters sowie die aerogene Infektion beschrieben worden. Zusätzlich spielen die Deckinfektion sowie die intrauterine Infektion von Kälbern eine gewisse Rolle.

Die M. bovis-Infektion des Euters erfolgt vornehmlich im zeitlichen Zusammenhang mit dem Melkprozeß, wenn die Zitzenkanäle vorübergehend erweitert sind. Dementsprechend werden für diesen Übertragungsweg in der Hauptsache kontaminierte Melkzeuge und andere Melkhygienemängel als ursächlich angenommen. Die Ausbreitung der Infektion von einem zum anderen Euterviertel erfolgt hämatogen und auf diese Weise können auch weitere Organe besiedelt werden. Für die Übertagung von Tier zu Tier spielen klinisch gesunde Ausscheidertiere sowie Verschmutzungen von Tieren und Liegeflächen ebenfalls eine bedeutsame Rolle (PFÜTZNER u. SACHSE 1996). Es kann dann auch zu einer aerogenen Übertragung via Respirationstrakt mit anschließender Generalisierung und sekundärer Manifestation der Entzündung im Euter kommen (FINCHER 1964;

PFÜTZNER 1984a). Schafe können den Erreger durch Kontakt mit Rindern aufnehmen und sollten somit als mögliches Reservoir in Betracht gezogen werden (BOCKLISCH et al. 1987). Nicht zuletzt kann auch eine iatrogene Übertragung des Erregers von Euter zu Euter stattfinden, wenn bei der intrazisternalen Anwendung von Antibiotika sterile Kautelen außer Acht gelassen werden (PFÜTZNER 1990).

In Bezug auf die durch ihn hervorgerufenen Pneumonien und Pleuritiden ist für M. bovis wie für viele andere Mykoplasmen seine hohe Affinität zu den Epithelzellen des Respirationtraktes von Bedeutung. Die Ausbreitung des Erregers im Bestand erfolgt über direkten Tierkontakt mit Nasensekreten oder via Tröpfcheninfektion. Auch kontaminierte Staubpartikel können als Vektoren dienen. Klinisch gesunde Tiere können den Erreger z.T. über Jahre mit den Nasensekreten ausscheiden (PFÜTZNER u. SACHSE 1996).

Durch M. bovis ausgelöste Arthritiden, treten bei Kühen häufig im Gefolge von Mastitiden, bei Kälbern in Verbindung mit bzw. als Komplikation von bestehenden Bronchopneumonien auf (PFÜTZNER et al. 1980, ADEGBOYE et al. 1996).

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STIPKOVITS et al. (1993) berichten über die Koinzidenz mit Meningitiden. Teilweise tritt die Arthritis aber auch eigenständig auf (WENTINK et al. 1987). So wird besonders in Beständen, in denen durch ein bestehendes Problem mit der M. bovis-Mastitis in der Kuhpopulation ein hoher Infektionsdruck auf die Jungtiere ausgeübt wird, das solitäre Vorkommen von Arthritiden beschrieben. In Bezug auf die Alleinmanifestation wird aber auch vermutet, daß vorausgegangene subklinische Infektionen anderer Organsysteme oft unbemerkt bleiben (GOURLAY 1981). Innerhalb eines Bestandes wird die Arthritis durch Rinder verbreitet, die den Erreger auf den Schleimhäuten des Respirationstrakts tragen.

Weniger häufig ist der intrauterine Infektionsweg, in dessen Folge es zum Nachweis des Erregers in abortierten Feten und dem Auftreten der Arthritis bereits am ersten Lebenstag kommen kann (STAHLHEIM und PROCTOR 1976).

Bei der Manifestation von M. bovis-Infektionen im Genitaltrakt wird die Infektion des weiblichen Genitale wahrscheinlich vor allem durch künstliche Befruchtung mit kontaminiertem Sperma hervorgerufen. Auch der natürliche Deckakt stellt einen Übertragungsweg dar. Der Erreger kann dann aszendieren und intrauterin auf den Foetus (GRUNERT et al. 1992) oder post partum durch Milch oder die kontaminierte Umwelt auf das neugeborene Kalb übertragen werden (STAHLHEIM u. PROCTOR 1976). M.

bovis wurde in diesem Zusammenhang auch aus abortierten Rinderfeten isoliert (KAPOOR et al. 1993). Auch das männliche Genitale kann aufsteigend von dem Erreger besiedelt werden.

2.3.2.2 Mastitis

Von allen durch M. bovis hervorgerufenen Krankheiten besitzt die enzootische Mastitis sicher die weltweit größte Bedeutung. Sie kann in allen Laktationsstadien und auch bei trockenstehenden Kühen auftreten, bei denen die Mastitis jedoch zumeist subklinisch verläuft (BAR-MOSHE 1974, RUHNKE et al. 1976, JASPER 1977, BOUGHTON u.

WILSON 1978, ILLING 1979, WEIGT et al. 1981). Die Morbidiät variiert abhängig von der Herdengröße sowie von der Schnelligkeit und Effektivität eingeleiteter Gegenmaßnahmen zwischen 10 und 50 % (PFÜTZNER u. SACHSE 1996).

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Ein gehäuftes Auftreten ist laut PFÜTZNER et al. (1981b) jedoch vor und nach dem Abkalben feststellbar. PFÜTZNER u. SACHSE (1996) sahen ein vermehrtes Vorkommen und besonders schwere Verlaufsformen nach der Abkalbung und im Zusammenhang mit Neuausbrüchen der Erkrankung. BAUMGÄRTNER (1999) beschreibt eine Häufung im ersten Drittel der Laktation.

Als prädisponierende Faktoren für eine klinische Erkrankung stellten PFÜTZNER (1990) und BAUMGÄRTNER (1999) hohe Milchleistung, den Verbleib euterkranker Kühe in der Herde, Stallklimamängel, Fütterungsfehler, sozialen Stress, Mängel in der Melktechnik sowie die ausbleibende Quarantäne von Zukaufstieren fest.

EMMERT et al. (1996) sahen in einer bestehenden Mastitis, hervorgerufen durch andere Keime, den hauptsächlich prädisponierenden Faktor für eine Euterinfektion durch M.

bovis und wiesen gleichfalls auf die Bedeutung ungünstiger Klimafaktoren hin. Neben anderen beschreiben GHADERSOHI et al. (1999) ebenfalls das vergesellschaftete Vorkommen von M. bovis mit anderen Mastitiserregern, vermuten aber in diesem Zusammenhang eine Funktion von M. bovis als Wegbereiter für andere Keime.

Die Infektion beginnt meist akut. In diesem Stadium sind z.T. Störungen des Allgemeinbefindens, Temperaturerhöhung und Inappetenz anzutreffen, die eine mögliche hämatogene Streuung der Erreger begünstigen können. Die Mastitis befällt schließlich rasch mehrere oder alle Euterviertel. Es tritt ein dramatisches Absinken der ermelkbaren Milchmenge auf. Die Viertel schwellen ödematös an; eine vermehrte Rötung und Wärme sind aber zumeist nicht feststellbar. Innerhalb weniger Wochen kommt es dann in schweren Fällen zur Induration und Atrophie der betroffenen Viertel, die eine Agalaktie nach sich zieht.

Zur Auslösung der Erkrankung genügen experimentell bereits 70 Kolonie-bildende Einheiten (colony forming units, CFU) des Erregers, was auf seine hohe Eutervirulenz hinweist (BENNETT u. JASPER 1978, 1980). Inkubationszeiten von bis zu mehreren Jahren sind beschrieben worden (PFÜTZNER 1984a). Meistens kommt es aber nach einer Inkubationszeit von zwei bis sechs Tagen zu einem hochgradigen Absinken der Milchleistung (PFÜTZNER u. SACHSE 1996). Auffällig ist die Veränderung der Konsistenz der Milch, die von wässerig und mit Gewebsfetzen durchsetzt über milchig- sämig bis blutig-eitrig reichen kann. Typisch ist eine Phasentrennung mit einer klaren bis

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trüben, flüssigen Phase über einem granulierten oder flockigen Sediment. Die Zellzahl in der Milch steigt auf bis zu 50 Millionen Leukozyten je Milliliter an (JASPER et al. 1967, KARBE et al. 1967). Klinisch erkrankte Kühe scheiden zwischen 105 und 108 CFU M.

bovis/ml Milch, Kühe im subklinischen Stadium zwischen 103 bis 106 CFU/ml aus. Es kommt während der Laktationsperiode selten zu einer restitutio ad integrum mit Wiedererreichen der vorherigen Milchleistung. Allerdings wurde auch von Spontanheilungen berichtet (GONZALEZ et al. 1994).

Histologisch können während der akuten Phase eine toxische Schädigung des Alveolarepithels mit vakuolärer Degeneration durch Retention großer Fettropfen in den Zellen und nachfolgender Epitheldegeneration festgestellt werden. Gleichzeitig kommt es zur Füllung der Alveolen mit polymorphkernigen Granulozyten und seröser Flüssigkeit. In der chronischen Phase sieht man eine proliferative interstitielle Entzündung mit interalveolarer Infiltration durch Histiozyten, Lymphozyten, Plasmazellen und Fibroblasten, durch welche faseriges Bindegewebe in den Zwischenalveolarraum eingelagert wird. Es erfolgt eine zunehmende Alveolenatrophie (JASPER 1977, JASPER 1979, SEFFNER u. PFÜTZNER 1980, GROCH 1985, JASPER et al. 1987).

2.3.2.3 Pneumonien

Die M. bovis-Infektion spielt eine wichtige Rolle bei der Kälber- bzw. Rindergrippe.

Hierunter fallen grippeartige Bestandserkrankungen des Rindes, die oft seuchenhaft verlaufen und mit hohen Verlusten einhergehen. Im englischen Sprachraum werden diese unter dem Begriff „bovine respiratory disease“, mit dem wiederum die Bezeichnungen

„enzootic pneumonia“ und „shipping fever“ eng verknüpft sind, zusammengefaßt. In Anlehnung daran wird im weiteren das zu beschreibende Krankheitsbild beim Rind z.T.

als „Enzootische Pneumonie“ bezeichnet. Vor allem nach primären Infektionen mit Viren (PIV 3, BVDV, BHV, BRSV, BCV u.a.) kann eine Infektion mit M. bovis und anderen Bakterien (Pasteurellen, Haemophilus somnus u.a.) zu katarrhalisch-eitrigen Bronchopneumonien führen (BINDER et al. 1990, VAN DONKERSGOED et al. 1993, WENTINK et al. 1994). In diesem Zusammenhang kann M. bovis auch Lungenabszesse verursachen (ADEGBOYE et al. 1995a). In geringerer Prävalenz als bei respiratorisch

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erkrankten Rindern konnte M. bovis auch aus klinisch gesunden Tieren isoliert werden (PAL und SINGH 1994). Haltungsbedingte Faktoren begünstigen über eine Resistenzminderung das Haften der Infektion. Experimentell konnte auch M. bovis allein Lungenentzündungen und parallele pathologische Veränderungen auslösen, die klinisch aber nicht feststellbar waren (GOURLAY et al. 1989a). Die Inzidenz der Erkrankung kann bis zu 100 % betragen (PFÜTZNER u. SACHSE 1996). Im typischen Krankheitsfall zeigen sich nach einer Inkubationszeit von zwei bis sechs Tagen erhöhte Körpertemperatur, Freßunlust, seröser bis schleimig-eitriger Nasenausfluß, Tachykardie, Dyspnoe und paroxysmaler, starker Husten. OTTER und FARRER (1997) beschreiben Mischinfektionen des Atmungstrakts unter Beteiligung von M. bovis als Ursache perakuter Todesfälle bei Jungochsen. Histologisch ist die Erkrankung durch mononukleäre Zellinfiltration in das peribronchiale-, das peribronchioläre Gewebe und in die Alveolen gekennzeichnet. Es kommt zu multifokalen Koagulationsnekrosen im Parenchym, in deren Peripherie Entzündungszellen und Erregerkolonien gefunden werden (REILLY et al.

1993, RODRIGUEZ et al. 1996a, 1996b).

2.3.2.4 Arthritiden

Insbesondere bei Kälbern (ROSENBUSCH u. WILLIAMS 1995), in selteneren Fällen auch bei Kühen (HENDERSON u. BALL 1999), kann M. bovis (Poly-)arthritiden auslösen. Die Morbidität beträgt zwischen 10 und 85 % (STAHLHEIM 1976). Die Erkrankung äußert sich durch schwere Lahmheit, schmerzhafte Schwellung der Gelenke und einen Anstieg der Körpertemperatur auf bis zu 41°C. Die Tiere zeigen eine verzögerte Gewichtsentwicklung. Die Synovia in den befallenen Gelenken ist gegenüber der gesunder Gelenke vermehrt, stärker fibrinös und koaguliert rasch nach der Entnahme. Die Gelenkflächen erfahren eine zunehmende Rötung. Klinisch-pathologisch wird das Erscheinungsbild durch Tendovaginitiden, Peritendinitiden und Synovitiden charakterisiert. Histologisch ist eine hochgradige Infiltration von Histiozyten, Lymphozyten und Plasmazellen nachweisbar (CORBOZ et al. 1980). Herdförmige Nekrosen sowie stellenweise starke Fibrinablagerungen kennzeichnen das

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Erscheinungsbild des Stratum synoviale in den infizierten Gelenken (THOMAS et al.

1986).

2.3.2.5 Genitalinfektionen

Die Infektion des Genitaltraktes mit M. bovis verusacht beim Bullen Orchitis, Epididymitis, Vesikulitis und eine verminderte Qualität des Samens aufgrund verringerter Spermienkonzentration, -penetrationsfähigkeit und –motilität (EAGLESOME u. GARCIA 1990). M. bovis konnte in Präputialspülproben von Bullen, in frischem sowie tiefgefrorenem Sperma und in Spülungen künstlicher Scheiden nachgewiesen werden (STIPKOWITS et al. 1979, KIRCHHOFF 1982, PFÜTZNER 1984a, KIRCHHOFF u.

BINDER 1986, EDER-ROHM 1996). Aus dem weiblichen Geschlechtsapparat konnte der Erreger mit Hilfe zerviko-vaginaler Tupfer isoliert werden (KUMAR et al. 1988). Als Folge einer Besiedlung des weiblichen oder männlichen Genitale mit M. bovis kann es zu einer Verschlechterung der Fertilisation kommen (EAGLESOME u. GARCIA 1990). Für seropositive Kühe wurde die Verlängerung von Rast- und Zwischenkalbezeiten festgestellt (UHAA et al. 1990). GILBERT u. OETTLE (1990) konnten den Keim neben anderen als Auslöser einer atypischen, granulären Vulvitis bei Färsen ausmachen.

2.3.2.6 Weitere Krankheitsbilder

Weitere durch M. bovis hervorgerufene Krankheitsbilder sind Keratokonjunktivitis (KIRBY u. NICHOLAS 1996), Meningitis (STIPKOVITS et al. 1993) und Otitis media (WALZ et al. 1997). KINDE et al. (1993) beschreiben die ursächliche Beteiligung des Erregers bei einem gruppenhaften Auftreten von Dekubitalabszessen bei Kälbern.

2.3.2.7 Immunantwort

Eine Infektion mit M. bovis führt lediglich zu einer schwachen Immunantwort von begrenzter Dauer (JASPER et al. 1987). Ein zunächst ansteigender Immunglobulin (Ig) M-Spiegel sinkt nach einigen Wochen ab und IgG1-Antikörper dominieren. Dieses Immunglobulin vermittelt die Phagozytose durch Makrophagen. Es wird in dieser

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Funktion von opsonisierenden IgG2 sowie IgA-Antikörpern unterstützt. IgG2 vermittelt zudem die Phagozytose durch neutrophile Granulozyten. Durch IgA wird die Adhärenz von M. bovis an das Epithelgewebe gestört; freie Toxine können neutralisiert und die Antigene zur apikalen Seite des Epithels transportiert werden, um sie den Zellen des Immunsystems zu präsentieren (HOWARD u. TAYLOR 1983, HOWARD 1983, HOWARD 1984, HOWARD et al. 1986). Eine zellvermitelte Immunität ist erst etwa sechs Wochen nach der Infektion nachweisbar (BENNETT et al. 1977).

Gegen welche antigenen Strukturen sich die Immunantwort bei M. bovis hauptsächlich richtet wurde jedoch bisher kaum untersucht.

2.3.3 Diagnostik

Da das klinische Bild der durch M. bovis ausgelösten Erkrankungen unspezifisch ist, kann nur durch den Nachweis des Erregers eine Verdachtsdiagnose bestätigt werden. Dieser Nachweis erfolgt meistens zunächst durch Kultivierung von M. bovis aus der Milch, der Lunge, aus Spermaproben oder Gelenken. Hierbei ist jedoch durchaus auch die Isolierung anderer beim Rind vorkommender Mykoplasmenspezies mit unterschiedlicher aetiologischer Bedeutung möglich, sodaß sich an die Kultivierung eine Differenzierung des Isolates anschließen muß (PFÜTZNER 1984a). Aufgrund des langsamen Wachstums und der geringen Stoffwechselleistungen der Mykoplasmen ist eine biochemische Differenzierung, wie sie bei den meisten Bakterien in der Diagnostik praktiziert wird, zu zeitaufwendig und im Ergebnis oft auch nicht eindeutig genug. Daher werden die Isolate serologisch mittels Wachstumhemmtest, indirektem Immunfluoreszenztest oder Kolonieblot typisiert (CLYDE 1964, DEL GIUDICE et al. 1967, KOTANI u. MC GARRITY 1985 u. 1986). Der kulturelle Nachweis des Erregers ist wegen des langsamen Wachstums zeitaufwendig und die Ergebnisse stehen erst nach etwa ein bis zwei Wochen zur Verfügung.

Zum Nachweis von M. bovis in Milchproben wurden verschiedene enzyme-linked immunosorbent assays (ELISA) entwickelt. Bei einer auf der Grundlage eines kompetitiven ELISA beruhenden Methode konkurrieren die in der Milchprobe enthaltenen

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M. bovis-Zellen mit zugesetzten M. bovis-Zellen um die Bindung an Antikörper. Diese Methode besitzt jedoch im Vergleich zur kulturellen Diagnostik eine geringe Sensitivität von nur 65 %. Durch eine vorherige Anreicherung der Mykoplasmen kann die Sensitivität auf Kosten der Zeitersparnis auf 86 % gesteigert werden (BOOTHBY et al. 1986). Etwas verbreiteter in der Diagnostik von M. bovis-Infektionen sind antigen-capture-ELISAs, bei denen die Mykoplasmen in einer flüssigen Probe mittels gegen M. bovis gerichteten Antikörpern, die an einer festen Phase immobilisiert wurden, gebunden werden können.

Der Nachweis der Bindung erfolgt anschließend mit einem enzymkonjugierten zweiten Antikörper. Im Vergleich zum kulturellen Nachweis liegt die Sensitivität dieser Methode ohne Voranreicherung bei etwa 80 % (NIELSEN et al. 1987, HELLER et al. 1992 u. 1993, BALL et al. 1994). Zum Nachweis von M. bovis in Lungengewebsproben entwickelten ADEGBOYE et al. (1995b) sowie RODRIGUEZ et al. (1996b) immunhistochemische Methoden unter Verwendung monoklonaler Antikörper und Avidin-Biotin-gekoppelter Peroxidase.

Indirekt kann eine Infektion mit M. bovis auch durch den Nachweis von Antikörpern mittels indirektem Haemagglutinationstest, ELISA, radialer Hämolyse oder Komplementbindungsreaktion (KBR) in Blut- und Milchseren diagnostiziert werden (PFÜTZNER et al. 1981, PFÜTZNER et al. 1983a, THORNS 1978, HOWARD et al.

1977, HOWARD et al. 1976, HERNANDEZ-ANDRADE u. JARAMILLO-MEZA 1995).

Es muß dabei aber berücksichtigt werden, daß auch klinisch gesunde Tiere den Erreger ausscheiden können und dabei u.U. keine Antikörper aufweisen, weshalb diese Tests lediglich in der Bestandsdiagnostik und nicht zur Diagnostik bei Einzeltieren eingesetzt werden sollten (PFÜTZNER et al. 1983a, SCHAEREN et al. 1983). Ebenso sollte nicht unbeachtet bleiben, daß die gesuchten Immunglobulinklassen oft erst spät nach einer Infektion detektierbar werden (NAGAMOTO et al. 1996). Eine eindeutige Diagnose mittels serologischer Methoden wird außerdem sowohl beim Antikörpernachweis, als auch bei der Typisierung von Isolaten durch Kreuzreaktionen aufgrund gemeinsamer Antigene mit anderen Mykoplasmenspezies wie z.B. M. agalactiae erschwert.

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In den letzten Jahren wurden auch verschiedene molekularbiologische Methoden wie die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) oder DNA-Hybridisierungen mit geeigneten Gensonden (CHERNOV et al. 1995) zum Nachweis und zur eindeutigen Identifizierung von M. bovis entwickelt. Insbesondere die PCR wird in Zukunft sicherlich vermehrt in der Diagnostik eingesetzt werden, da das Ergebnis schnell verfügbar ist. Schon heute stehen verschiedenste PCR-Methoden zur Verfügung, um M. bovis direkt oder nach einer Voranreicherung aus Probenmaterial nachzuweisen (MATTSON et al. 1991, McCULLY u. BROCK 1992, PFLITSCH 1994, HOTZEL et al. 1996, GHADERSOHI et al. 1997, HOTZEL et al. 1999). Mit dieser Technik werden jedoch schon geringste Erregermengen detektiert und u.U. auch nicht lebensfähige Keime nachgewiesen, sodaß nicht jeder Erregernachweis diagnostisch relevant sein kann.

2.3.4 Therapie

Durch M. bovis ausgelöste Erkrankungen sind häufig therapieresistent, da der Erreger durch die enge Assoziation mit dem Wirtsgewebe im Tier einer antibiotische Therapie nur schlecht zugänglich ist (WACHOWSKI u. KIRCHHOFF 1986). Obwohl viele M. bovis- Isolate bereits vermehrt Resistenzen aufweisen (WEIGT et al. 1981), können verschiedene Antibiotika zur Therapie im Initialstadium der Erkrankung eingesetzt werden (POUMARAT u. MARTEL 1989, BINDER 1990). Wie erwähnt verbietet sich dabei der Einsatz von Antiinfektiva, die in die bakterielle Zellwandsynthese eingreifen von vornherein, da diese Struktur bei Mykoplasmen fehlt. In vitro-Studien zur Behandlung respiratorischer Erkrankungen durch MAZZOLINI et al. (1997) zeigten für M. bovis eine weitgehende Resistenz gegenüber den Makroliden Tylosin, Tilmicosin, Erythromycin und Spiramycin, aber eine Empfindlichkeit des Keims gegenüber Enrofloxacin, Lincomycin, Spectinomycin und Tiamulin. BALL et al. (1995) fanden in einer ähnlichen, aber nur vier Antibiotika umfassenden Untersuchung lediglich für Enrofloxacin eine mykoplasmazide Aktivität, während BELLI et al. (1993) die Wirksamkeit in vivo nicht nachweisen konnten.

GOURLAY et al. (1989b) konnten bei experimentell induzierten M. bovis-Pneumonien mit Tilmicosin eine Besserung erzielen. Für das Fluorochinolon Danofloxacin wiesen COOPER et al. (1993) in vitro eine gute Wirkung gegen Mykoplasmen nach. Bei der

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Behandlung pneumonischer Kälber zeigten THOMAS et al. (1998) eine gute Wirksamkeit von Marbofloxacin im Vergleich zu Oxytetrazyklin und MADELENAT et al. (1997) eine Überlegenheit von Florfenicol gegenüber Spiramycin. In beiden Fällen war M. bovis neben anderen Keimen nachgewiesen worden. KATOH et al. (1996) berichten über synergistische Effekte bei der Hemmung des Wachstums von M. bovis-Isolaten aus Nasentupfern durch Kombinationen von Lincomycin bzw. Tylosin mit Thiamphenicol.

Neben anderen Autoren beschrieben BROWN et al. (1987) die Resistenz von M. bovis gegenüber Tetrazyklinen. VISSER et al. (1999) konnten M. bovis durch Gentamicin, Tylosin, Lincomycin und Spectinomycin nicht aus Gefriersperma eliminieren.

2.3.5 Immunprophylaxe

Es gibt bisher keine breit einzusetzende und wirksame Immunprophylaxe gegen M. bovis- Erkrankungen. HOWARD et al. (1987) und STOTT et al. (1987) erzielten gute Erfolge mit quadrivalenten, abgetötete M. bovis-Zellen enthaltenden Vakzinen in der Vorbeuge der polyfaktoriellen Enzootischen Pneumonie. CHIMA et al. (1980) konnten Kälber, denen der Erreger später intravenös appliziert wurde, mit einer Formalin-fixierten, monovalenten Impfung weitgehend vor einer klinischen Arthritis schützen. BOOTHBY et al. (1988) hingegen konnten eine ausschließlich positive Auswirkung einer monovalenten M. bovis-Impfung auf die experimentelle M. bovis-Mastitis nicht demonstrieren.

BRYS und PFÜTZNER (1989) wiesen keinen schützenden Effekt durch ein vor intranasaler Infektion von Kälbern verabreichtes Hyperimmunserum gegen M. bovis nach.

Eine weitere Aufklärung der Pathogenitätsmechanismen und die Kennzeichnung immunogener Erregerbestandteile (SACHSE et al. 2000) könnten die Entwicklung einer tauglichen Vakzine in Zukunft ermöglichen.

Weitere vorbeugende Maßnahmen bei M. bovis-Infektionen umfassen die allgemeine Beachtung technischer-, hygienischer- und anderer Managementfaktoren, regelmäßige Bestandskontrollen, die schnelle und sichere Erkennung erkrankter Tiere, sowie, falls erforderlich, deren Merzung (PFÜTZNER u. SACHSE 1996, BAUMGÄRTNER 1999).

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2.4 Hitzeschockproteine (Hsp)

2.4.1 Allgemeines

Hitzeschockproteine (Hsp) bilden eine Gruppe von Proteinen, die vor allem dadurch charakterisiert sind, daß sie hochkonserviert sind, bei bisher allen daraufhin untersuchten Lebewesen vorkommen und als Reaktion auf Stressfaktoren neu synthetisiert oder vermehrt exprimiert werden. Bereits Anfang der sechziger Jahre wurden in den Riesenchromosomen von Larven der Fruchtfliege Drosophila melanogaster sogenannte

„puffs”, Orte mit verstärkter Transkriptionstätigkeit, beobachtet, nachdem die Larven einer plötzlichen Temperaturerhöhung ausgesetzt worden waren (RITOSSA 1962). Erst mehr als zehn Jahre später wurde die „puff“-Bildung mit der Synthese einer bestimmten Gruppe von Proteinen in Zusammenhang gebracht (TISSIÈRES et al. 1974). Diese Proteine wurden später aufgrund des auslösenden Faktors als Hsp bezeichnet (McALISTER u.

FINKELSTEIN 1980, ELLIS 1987). In den darauffolgenden Jahren wurde die Synthese der Hsp bei den verschiedensten Organismen wie Bakterien, Hefen, Pflanzen- und Tierzellen nachgewiesen, so daß davon ausgegangen werden kann, daß es sich um einen allgemeinen, ubiquitär verbreiteten Zellmechanismus handelt.

Aber nicht nur die plötzliche Erhöhung der Temperatur, sondern auch andere Stressfaktoren wie die Einwirkung von UV-Strahlung, die Änderung des pH-Wertes, eine Infektion von Zellen mit Viren, der Zusatz von Ethanol, Wasserstoffperoxid, Schwermetallen und freien Sauerstoffradikalen zum Nährmedium oder auch Nährstoffmangel führen zur Synthese der Hitzeschockproteine, die daher oft allgemeiner als Stressproteine bezeichnet werden (KAUFMANN 1990). Dies legte die Vermutung nahe, daß Stressproteine dem Schutz der Organismen vor unphysiologischen Lebensbedingungen dienen (WELCH 1993).

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Die Hitzeschockproteine können aufgrund ihres Molekulargewichtes in vier Familien eingeteilt werden (CRAIG et al. 1993):

Hsp90 (ca. 80 bis 110 kDa) Hsp70 (ca. 69 bis 79 kDa) Hsp60 (ca. 56 bis 62 kDa) kleine Hsp (ca. 5 bis 40 kDa)

Aus historischen Gründen werden jedoch insbesondere die Stressproteine von E. coli, z.T.

aber auch Stressproteine anderer Prokaryonten als HtpG (Hsp90), DnaK (Hsp70), GroEL (Hsp60), GroES (kleine Hsp) bezeichnet. Diese Bezeichnungen beruhen auf der Bildung von Stressproteinen, die während der Infektion von E. coli mit Bakteriophagen gebildet werden, ursprünglich aber nicht mit den Stressproteinen in Verbindung gebracht wurden (GEORGOPOULOS u. HERSKOWITZ 1971).

Bei Eukaryonten kommt neben den Stressproteinen eine Gruppe weiterer Proteine vor, die sogenannten „heat shock cognate”-Proteine, die nicht durch Temperaturerhöhungen induziert werden, sondern konstitutiv oder in bestimmten Entwicklungsphasen auftreten, aber starke Aminosäuresequenzhomologien zu den Stressproteinen aufweisen (CRAIG et al. 1993).

Stressproteine spielen eine wichtige Rolle in der Zelle. Sie erkennen fehlerhaft gefaltete und denaturierte Proteine und führen diese dem Abbau zu (GOFF u. GOLDBERG 1985).

Sie sind an der korrekten Faltung und Entfaltung der Proteine nach der Aminosäuresynthese, der Zusammenlagerung der Proteine zu Makromolekülen und der Translokation von Proteinen über Membranen beteiligt, indem sie sich an die Proteine anlagern und so ein vorzeitiges Zusammenknäulen und unproduktive Interaktionen zwischen den Proteinen verhindern (KAUFMANN 1990; LANGER u. NEUPERT 1991, CRAIG et al. 1993). Da sie die Proteine in der Zelle begleiten, ohne jedoch selbst Informationen, beispielsweise für die korrekte Faltung oder den Abbau der Proteine, zu besitzen, wurde für die Stressproteine auch der Begriff „chaperone“, abgeleitet vom griechischen Wort für Anstandsdame, eingeführt (ELLIS 1987).

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2.4.2 Regulation der Stressantwort

Durch die Einwirkung von Stressfaktoren erhöht sich auch die Menge der denaturierten Proteine in der Zelle. Dies wird von der Zelle durch eine vermehrte Synthese von Stressproteinen ausgeglichen (WELCH 1993, GETHING 1997). Die Regulation der Stressantwort erfolgt auf der Ebene der Transkription. Für gramnegative und grampositive Bakterien konnten unterschiedliche Regulationsmechanismen nachgewiesen werden.

Bei E. coli werden Stressprotein-kodierende Gene durch den alternativen Sigmafaktor σ32 aktiviert. Dieser wird nach der Einwirkung von Stressfaktoren anstelle von σ70 vermehrt und mit einer längeren Halbwertszeit synthetisiert. Nach Bindung des alternativen Sigmafaktors an die RNA-Polymerase werden nur noch die Promotoren der Hitzeschockgene erkannt (YURA et al. 1993). Endet nach einer Stressantwort die Einwirkung des jeweiligen stress-auslösenden Agens, wird die Konzentration des Sigmafaktors σ32 durch negative Rückkopplung gesenkt. Die Stressproteine DnaK, DnaJ und GrpE wirken hierbei als negative Regulatoren. Durch eine direkte Bindung des DnaK an den σ32-Faktor, dissoziiert dieser von der RNA-Polymerase und kann anschließend von zellulären Proteasen abgebaut werden (BUKAU 1993). Die weitere Synthese der Stressproteine wird unterbrochen und es folgt eine Assoziation des Sigmafaktors σ70 mit der RNA-Polymerase wodurch die Produktion der konstitutiven Proteine eingeleitet wird.

Bei E. coli ist zusätzlich zu σ32 der alternative Sigmafaktor σ24 identifiziert worden.

Dieser ist an der Transkription von σ32 und bestimmter Stressproteine beteiligt (ERICKSON u. GROSS 1989).

Im Gegensatz dazu erfolgt bei dem grampositiven Bakterium Bacillus subtilis die Regulation der Stressantwort durch allgemein als Palindrome bezeichnete, hochgradig konservierte, umgekehrt-komplementäre Wiederholungssequenzen (inverted repeats) im bakteriellen Chromosom, die zwischen dem Transkriptionsstart und dem Hsp60- bzw.

dem Hsp70-Operon liegen und auch bei anderen grampositiven Prokaryonten gefunden wurden (WETZSTEIN et al. 1992, HECKER et al. 1996). Die Regulation erfolgt über ein Repressorprotein, welches an die bei B. subtilis als CIRCE (controlling inverted repeat of chaperone expression) bezeichneten Wiederholungsequenzen bindet. Das

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Repressorprotein wird durch den Einfluß von Stressfaktoren inaktiviert, wodurch es anschließend zur Transkription der Stressgene kommt (SCHMIDT et al. 1992). Bei anderen Prokaryonten wird die Transkription der Stressgene je nach Operon (Dnak- oder groES-Operon) durch σ-Faktoren oder Wiederholungssequenzen reguliert (SCHUMANN 1997).

Die Stressantwort der Eukaryonten wird, wie bei den Prokaryonten, durch Transkriptionsfaktoren reguliert. Diese als Hitzeschockfaktoren (HSF) bezeichneten Transkriptionsfaktoren liegen im inaktiven Zustand in einer monomeren Form im Zytoplasma und im Zellkern vor. Unter Einwirkung von Stressfaktoren bilden die HSF Trimere und reichern sich im Zellkern an, wo sie an spezifische und hochkonservierte Hitzeschockelemente (HSE) im Promotor der Stressgene binden und dadurch deren Transkription ermöglichen (FRACELLA u. RENSING, 1994). Die HSE-Sequenz besteht aus einer Abfolge von fünf Basenpaaren. Für die Bindung des HSF und die anschließende Transkription müssen die HSE in dem Operon mindestens in doppelter Kopie vorliegen (MORIMOTO 1993).

Die HSF unterliegen einer negativen Regulation durch Hsp70. Das Stressprotein bindet an die Monomere der HSF und verhindert deren Akkumulation während der physiologischen Wachstumbedingungen. Bei Zellstress konkurrieren die Monomere der HSF mit denaturierten Proteinen um die Bindung an das Hsp70. Freigewordene HSF-Monomere oligomerisieren und binden an die HSE. Die Stressantwort der Zelle beginnt. Durch die daraus resultierende Konzentrationserhöhung der Hsp70 und die anschließende Reassoziation von Hsp70 und HSF wird die Stressantwort wieder beendet (MORIMOTO et al. 1994).

2.4.3 Hsp60 und Hsp70

Hitzeschockproteine der Hsp60- und der Hsp70-Familie wurden bei Prokaryonten und bei Eukaryonten in unterschiedlichen Zellkompartimenten nachgewiesen (BARRACLOUGH u. ELLIS 1980, MUNRO u. PELHAM 1986, McMULLIN u.

HALLBERG 1988, CRAIG et al. 1989). Ihre Lokalisation wird jedoch überwiegend als intrazellulär beschrieben (u.a. CRAIG et al. 1993 und JYOT et al. 1999). Einige

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Autoren beschreiben die Assoziation von Hsp mit Zellmembranoberflächen (POCCIA et al. 1996, BENKIRANE et al. 1998). Es wird diskutiert, daß Zellen unter Stress Hsp, die mit dem Zellinneren assoziiert sind, an ihrer Oberfläche exprimieren könnten (KOGA et al. 1989). Hsp sind hochkonserviert. Für Hsp60 beträgt die Übereinstimmung der Aminosäuresequenz zwischen Prokaryonten und Eukaryonten bis zu 65 % (SHINNICK 1991). Für das Hsp70 konnten bei Eukaryonten Aminosäuresequenzhomologien bis zu 98 %, unter Prokaryonten bis zu 70 %, und zwischen Pro- und Eukaryonten bis zu 50 % festgestellt werden (LINDQUIST u.

CRAIG 1988, CRAIG et al. 1993).

Die Anwesenheit von Hsp60 und Hsp70 ist essentiell für die Lebensfähigkeit von Prokaryonten und eukaryontischen Zellen (ANG et al. 1991). Zur Struktur und Funktion beider Hsp ist zusammenfassend folgendes zu erwähnen:

Die carboxyterminale Domäne der Hsp70-Moleküle weist eine Peptidbindungsstelle auf, die mit verschiedenen Proteinstrukturen interagieren kann (CRAIG u. JACOBSEN 1985, GETHING u. SAMBROOK 1992, CRAIG et al. 1993). Die im Vergleich zur carboxyterminalen Domäne stärker konservierte aminoterminale Domäne besitzt eine ATP-Bindungsstelle und ist zur Spaltung des energiereichen Triphosphates befähigt.

Durch die Bindung von ATP und anschließende Abspaltung von Phosphat werden aufgrund einer Konformationsänderung innerhalb der Hsp70-Moleküle die an die carboxyterminale Domäne gebundenen Proteine freigesetzt. Durch das Einwirken von Stressfaktoren und daraus resultierendem ATP-Mangel bleiben die Proteine jedoch an Hsp70 gebunden (LIBEREK et al. 1991).

Zu den Funktionen von Hsp70 im Zellstoffwechsel gehören die durch Bindung vermittelte Stabilisierung der nach der Translation entstehenden Polypeptidketten und das

„Weiterleiten“ zu den Hsp60-Molekülen, die dazu beitragen, die Proteine in ihre endgültige Konformation zu überführen. Weiterhin wurde beschrieben, daß Hsp70 bei der Translokation von Proteinen durch Membranen eine unterstützende Funktion besitzt (CRAIG et al. 1993, WELCH 1993). Bei E. coli wurde gezeigt, daß die Bindung von Proteinen an DnaK von der Interaktion des DnaK mit weiteren Hsp (DnaJ, 37 kDa und GrpE, 24 kDa) abhängig ist. Durch diese Interaktion wird die ATPase-Aktivität verstärkt,

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AMP wird abgespalten und schließlich dissoziiert das verbleibende ADP, wodurch die Proteinbindung ermöglicht wird (LIBEREK et al. 1991, FRACELLA u. RENSING 1994).

Bereits Anfang der siebziger Jahre wurde das erste Protein aus der Hsp60-Familie von E.

coli isoliert (GEORGOPOULUS et al. 1972). Später wurde die Beteiligung von Hsp60 an ATP-abhängigen Faltungsprozessen von Polypeptiden, dem Zusammenbau dieser Peptide und deren Translokation beschrieben (CHENG et al. 1989). Moleküle der Hsp60-Familie sind Homodekatetramere und bestehen aus zwei Ringen mit jeweils sieben Untereinheiten. Durch wiederholte Bindung von Hsp60 werden die von den Hsp70- Molekülen „übernommenen“, ungefalteten Zielproteine in ihre finale Konformation gebracht. Die Energie für die Dissoziation des chaperons wird durch die Spaltung von ATP zur Verfügung gestellt. Wie bereits für Hsp70 beschrieben, ist auch für die Verstärkung der ATPase-Aktivität der Hsp60-Moleküle die Interaktion mit einem weiteren kleineren Hitzeschockprotein, z. B. dem GroES (10 kDa) von E. coli, notwendig (GEORGOPOULOS et al. 1972, WELCH 1993, CRAIG et al. 1993).

Hsp60- und Hsp70-Moleküle werden in vielen Zellen auch ohne die Einwirkung von Stressfaktoren konstitutiv gebildet, was auf ihre elementaren Funktionen bei der Faltung und der Translokation von Proteinen hinweist. Nach Einwirkung von Stressfaktoren werden diese Proteine jedoch verstärkt synthetisiert. Durch Untersuchungen an E. coli konnte dabei eine Steigerung der Produktion des Hsp60 um das vier- bis fünffache gezeigt werden (BUKAU 1993).

In Bezug auf die Immunogenität beider Hsp scheint die Bedeutung von Hsp70 im Verlauf parasitärer- und die von Hsp60 im Verlauf bakterieller Erkrankungen zu überwiegen (MURRAY und YOUNG 1992).

2.4.4 Die Rolle der Hsp in der Medizin

Hsp rufen in den unterschiedlichsten Bereichen der Medizin Interesse hervor. Eine Beteiligung an pathophysiologischen Prozessen wird bei den hochkonservierten Proteinen der Hsp60- und Hsp70-Familie diskutiert. Obwohl konservierte Proteine zumeist schlechte Immunogene sind, konnten bei Infektionskrankheiten (z.B. bei Infektionen mit bestimmten Mykobakterien und Chlamydien) hohe Antikörpertiter gegen die bakteriellen

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Hsp sowie eine erhöhte Anzahl Hsp60- und Hsp70-reaktiver T-Zellen im Menschen und in Tiermodellen nachgewiesen werden. Aufgrund der Häufigkeit mit der v.a. Proteine der Hsp60-Familie im Verlauf von Infektionen als Haupt-Antigene charakterisiert worden sind, werden diese auch zuweilen auch als „common antigens“ bezeichnet (SHINNICK 1991). Eine Funktion des Hsp60 als Hauptantigen wurde u.a. bei wichtigen bakteriellen Infektionen des Menschen, wie Lepra oder Cholera festgestellt (YOUNG et al. 1990). In einigen Fällen wurde eine Protektivität der durch Hsp induzierten Immunantwort angenommen (KAUFMANN 1989). Auch bei einigen Autoimmunerkrankungen spielen Hsp offenbar eine Rolle. In einem vielbeachteten Versuch konnte nach Auslösung der sogenannten Adjuvansarthritis -einer durch Applikation abgetöteter Mycobacterium tuberculosis-Zellen induzierten, experimentellen Polyarthritis der Ratte- ein T-Zellklon gewonnen werden, der sowohl mit einem rekombinanten Protein der Hsp60-Familie von Mycobacterium tuberculosis als auch mit einem Protein des Rattengelenkknorpels reagierte. Nach Übertragung dieses T-Zellklons auf nicht vorbehandelte Ratten desselben Inzuchtstammes erkrankten diese ebenfalls an einer Polyarthritis. Mit einem zweiten Hsp60-reaktiven T-Zellklon wurde jedoch genau das Gegenteil erreicht. Dieser Klon löste nach Injektion in unbehandelten Ratten zunächst keine Erkrankung aus. Nach Applikation abgetöteter Mycobacterium-tuberculosis-Zellen waren diese Tiere aber vor der Adjuvansarthritis und, wie sich später herausstellte, auch vor anderen experimentellen Arthritiden geschützt (HOLOSHITZ et al. 1983, COHEN et al. 1985, VAN EDEN et al.

1985, 1989 und 1995, VAN DEN BROEK et al. 1989, VAN EDEN 1990, 1991).

Bei Patienten mit rheumatoiden und reaktiven Arthritiden konnte in der Synovialflüssigkeit ebenfalls eine verstärkte Immunantwort gegen Hsp60 festgestellt werden (RES et al. 1988, TSOULFA et al. 1989). Auch bei anderen, bislang als nicht- infektiös geltenden Erkrankungen autoimmunen Ursprungs wurde eine verstärkte Immunantwort gegen Hsp nachgewiesen. In diesem Zusammenhang konnten u.a. erhöhte Antikörperspiegel gegen Hsp60 (insulin-abhängiger Diabetes) und gegen kleine Hsp, Hsp70 und Hsp90 (systemischer Lupus Erythematodes) nachgewiesen werden (GAUSE et al. 1992, DE NAGEL u. PIERCE 1991 u. 1993, KAUFMANN 1994). Allerdings konnten auch in gesunden Kontrollpopulationen kreuzreaktive Immunreaktionen gegen Hsp60 festgestellt werden, weshalb vermutet wird, daß diesen Immunreaktionen eher

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regulatorische Funktionen zukommen (LAMB et al. 1989, MUNK et al. 1989, KAUFMANN 1992, VAN DER ZEE et al. 1998).

Die Forschungen der letzten Jahre konzentrieren sich vor allem auf den Einsatz von Hsp als Bestandteile von Vakzinen. Abgesehen von der oben geschilderten Adjuvansarthritis der Ratte, einem Tiermodell für die Rheumatoide Arthritis des Menschen, konnten Hsp bereits auch in anderen Tiermodellen erfolgreich zur Verhinderung von infektiösen Erkrankungen eingesetzt werden (NOLL et al. 1997).

Einen weiteren interessanten Bereich stellt die Verwendung von Hsp als diagnostische Marker dar. Die Blutunterversorgung von Geweben nach Herzinfarkt und Schlaganfall führt zu einer Hypoxie mit nachfolgendem ATP-Mangel; die hierdurch vermehrte Expression von Hsp korreliert mit dem Grad der Schädigung. Auch bei der Reperfusion dieser Gewebe erhöht sich die Konzentration von Hsp, hier allerdings hervorgerufen durch das Freiwerden freier Sauerstoffradikale in Folge des plötzlich erhöhten Sauerstoffangebots. Die Bestimmung der Konzentration von Hsp in geschädigtem Gewebe könnte demnach Aufschluß über die Schwere dieser Erkrankungen geben. Durch Vorbehandlung mit Hsp70 oder Hsp-induzierenden Medikamenten kann die Schädigung des Gewebes verringert werden (CURRIE et al. 1993). Die Quantifizierung von Stressproteinen kann aber auch in der Toxikologie und im Umweltschutz als Marker für die Belastung von Zellen und Organismen durch Schadstoffe eingesetzt werden (WELCH 1993, NEUHAUS-STEINMETZ et al. 1994).

Über die Tauglichkeit des Nachweises von Hsp innerhalb der Diagnostik von Infektionskrankheiten ist bisher sehr wenig bekannt.

Die bei Krebserkrankungen üblichen Behandlungsmethoden mit Chemotherapeutika, Hyperthermie oder ionisierender Bestrahlung führen in den Tumorzellen zu einer erhöhten Synthese von Hsp, welche die Tumorzellen in nachfolgenden Behandlungen vor den für sie negativen Einflüssen schützen. Ein möglicher Ansatz zur Unterdrückung der Stressantwort wäre die selektive Arretierung der Tumorzellen in der Mitosephase (WELCH 1993, BIELKA et al. 1994). Gleichzeitig ließe sich so eine Hsp-induzierte

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Resistenz der Tumorzellen gegenüber lysierendem Tumornekrosefaktor unterdrücken (JÄÄTTELÄ et al. 1992).

2.4.5 Hitzeschockproteine bei Mykoplasmen

1990 wurden erstmals Hsp bei Mykoplasmen beschrieben. Nach Hitzeschockbehandlung von zwei Acholeplasma laidlawii-Stämmen und M. capricolum konnten nach gelelektrophoretischer Auftrennung mittels Autoradiographie abhängig von dem verwendeten Stamm und der Spezies zwischen fünf und elf Hsp nachgewiesen werden.

Eine besonders intensive Verstärkung ließ sich bei dem A. laidlawii Stamm JA1 für Hsp mit einer Molekularmasse von 68 und 75 kDa feststellen. Im Western-Blot unter Verwendung eines Antiserums gegen das Hsp70 (DnaK) von E. coli wurde bei A.

laidlawii nur eine konstitutive Expression und bei M. capricolum lediglich eine leicht verstärkte Synthese von Hsp70 nachgewiesen (DASCHER et al. 1990).

In Untersuchungen an M. pneumoniae, M. genitalium und M. fermentans zur Kreuzreaktivität eines monospezifischen Antiserums gegen das Hsp60 von Legionella micdadei konnte bei allen drei Mykoplasmenspezies eine Proteinbande bei 62 kDa, bei M.

genitalium zusätzlich eine Bande bei 40 kDa und M. fermentans zusätzlich eine Bande bei 30 kDa nachgewiesen werden (S∅NDERGARD-ANDERSEN et al. 1990). Später konnten VONSKY et al. (1992) bei M. fermentans, M. genitalium, M. gallisepticum, M.

pneumoniae und A. laidlawii nach Hitzeschock, Einwirkung von UV-Strahlung und Wasserstoffperoxid im Western-Blot mit polyklonalen Antikörpern gegen humanes Hsp70 und gegen das Hsp65 von Pseudomonas aeruginosa mit Ausnahme von M. fermentans eine konstitutive Synthese von Hsp der Hsp60- und Hsp70-Familien beobachten. Bei A.

laidlawii konnte eine verstärkte Expression nach Hitzeschock festgestellt werden.

In Untersuchungen der eigenen Arbeitsgruppe konnten nach Hitzeschock und radioaktiver Markierung auch bei M. arthritidis, M. bovis, M. hyopneumoniae und M. pulmonis verschiedene Hsp nachgewiesen werden. In Western-Blot-Analysen mit einem Antiserum gegen das Hsp60 von Synecchococcus sp. wurden bei M. arthritidis, M. bovis, M.

fermentans, M. hyopneumoniae und M. pulmonis Proteinbanden von 62 kDa, bei M.

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pneumoniae eine Bande von 58 kDa identifiziert. Eine Verstärkung der Expression durch Hitzeschock oder Einwirkung von Wasserstoffperoxid war nicht erkennbar. In weiteren Western-Blot-Analysen mit einem spezifischen Antiserum gegen Hsp70 von M.

pneumoniae wurde bei M. pneumoniae und M. fermentans eine Proteinbande von 64 kDa, bei M. hyopneumoniae und M. pulmonis eine Bande von 68 kDa erkannt. M. arthritidis und M. bovis reagierten nicht mit diesem Antiserum (DEITERS et al. 1994, RUNGE et al.

1998).

Darüberhinaus konnte annähernd das gesamte hsp60-Gen und ein 600 bp großes Fragment des hsp70-Gens von M. arthritidis, M. bovis, M. agalactiae und M. hyopneumoniae mittels PCR amplifiziert und anschließend sequenziert werden. Die Nukleotidsequenz der hsp60-Gene ist innerhalb dieser Mykoplasmenspezies und zwischen den beiden Mykoplasmenspezies M. pneumoniae und M. capricolum zu annähernd 100 % konserviert. Zu der Mykoplasmenspezies mit dem kleinsten Genom, M. genitalium, ist abhängig von der Vergleichs-Spezies ein Konservierungsgrad von lediglich 76,5 bis 77,7

% ermittelt worden. Der Konservierungsgrad der hsp70-Genfragmente betrug fast 100 % zwischen M. arthritidis und M. bovis, und 47 bis 70 % innerhalb der anderen Mykoplasmenspezies. Zu anderen Bakterien bestehen zwischen den hsp60-Genen und den Fragmenten des hsp70-Gens, abhängig vom phylogenetischen Verwandtschaftsgrad, Homologien zwischen 50 bis 63 %.

Weiterhin konnten rekombinante Fusionsproteine mit Teilsequenzen der Hsp60- und Hsp70-Proteine sowie gegen diese gerichtete Antiseren hergestellt werden. Die gegen die rekombinanten Hsp60-Fusionsproteine gebildeten Antiseren reagierten mit dem Hsp60 der oben angeführten Mykoplasmenspezies und anderer Bakterien. Patientenseren von Rindern und Schweinen, die im ELISA eine starke Reaktion mit M. bovis- bzw. M.

hyopneumoniae-Ganzzellantigen zeigten, reagierten ebenfalls mit den rekombinanten Hsp60- und Hsp70-Fusionsproteinen. Weitere Untersuchungen erfolgten anhand eines in vitro-Modells unter Verwendung bronchoalveolärer Lavageflüssigkeit (BALF) M.

hyopneumoniae-infizierter Schweine und entsprechender Kontrolltiere. Dabei konnte nach Einwirkung der BALF der infizierten Tiere auf M. hyopneumoniae eine im Unterschied zu einem vergleichsweise durchgeführten Hitzeschock weit intensivere Hsp60-Synthese nachgewiesen werden (NIEWINT 1998, SCHERM et al. 1998, SCHERM 1999). In einem

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Tierversuch mit Ratten des Inzuchtstammes Lewis konnte durch Immunisierung mit rekombinanten Hsp60-Fusionsproteinen, im Vergleich zu den Kontrolltieren, nach Infektion mit M. arthritidis ein deutlich abgeschwächter Krankheitsverlauf diagnostiziert werden. Die Seren der mit rekombinanten Hsp60 immunisierten Ratten reagierten im ELISA mit nativem Hsp60 von M. arthritidis, welches durch Kationenaustausch- und Immunaffinitätschromatographie isoliert worden war und als Antigen verwendet wurde.

Entsprechenden Untersuchungen an Hsp60 anderer Bakterienspezies folgend konnte eine ATPase-Aktivität der nativen Hsp60 von M. arthritidis und M. bovis nachgewiesen werden (WEDDE 1999, WEDDE et al. 1999).

Angesichts der weltweit steigenden Bedeutung von M. bovis als Krankheitserreger und den damit verbundenen wirtschaftlichen Einbußen gewinnen die Verbesserung der Diagnostik und die Entwicklung einer effektiven Immunprophylaxe immer mehr an Relevanz. Als Voraussetzung hierzu besteht zunächst jedoch die Notwendigkeit der Identifikation geeigneter Antigene.

Bislang liegen nur wenige Erkenntnisse über diejenigen Antigene von M. bovis vor, die im Verlauf einer Infektion durch die wirtseigene Abwehr erkannt werden. In dem Bemühen solche Antigene zu charakterisieren, richtet sich das Hauptaugenmerk verschiedener Arbeitsgruppen v.a. auf variable Oberflächenantigene (variable surface proteins – Vsp) des Erregers, die z.T. immundominant sind (POUMARAT et al. 1994, ROSENGARTEN et al. 1994, YOGEW et al. 1994, BEHRENS et al. 1994, LYSNYANSKY et al 1996, SACHSE et al. 1996, FLITMAN-TENE et al. 1997, BEIER et al. 1998, POUMARAT et al. 1999, BRANK et al. 1999, SACHSE et al. 2000). Einerseits weisen einige dieser Vsp konservierte Epitope auf, deren Stabilität durch Untersuchungen mit Seren natürlich oder experimentell infizierter Rinder bestätigt werden konnte. Andererseits wurde nachgewiesen, daß M. bovis unter dem Druck einer Immunantwort solche Vsp vermindert exprimiert, verkürzt oder auch durch veränderte Vsp ersetzt, die von der wirtseigenen Abwehr spezifisch erkannt werden (LE GRAND et al. 1996). Diese Erkenntnisse lassen Vsp bislang weder als Antigene in diagnostischen Verfahren noch als Bestandteil von Vakzinen geeignet erscheinen.

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Zur Zeit liegen noch keine Untersuchungen vor, in denen die Immunantwort M. bovis- infizierter Rinder gegen natives Ganzzell-Antigen gezeigt werden konnte. Lediglich die allgemeine humorale- und zelluläre Abwehr wurden näher beschrieben. Dabei lag das Hauptaugenmerk auf der Untersuchung beteiligter Immunzellen und Antikörperklassen, sowie deren zeitlichem Auftreten im Verlauf einer Infektion (HOWARD u. GOURLAY 1983, HOWARD u. TAYLOR 1983, HOWARD 1983, HOWARD 1984, HOWARD et al. 1986, HOWARD et al. 1987, SILVA u. JAIN 1988, THOMAS et al. 1990). Ziel der vorliegenden Arbeit sollte demnach die Identifikation von M. bovis-Antigenen sein, die durch Seren M. bovis-infizierter Rinder erkannt werden. Dabei sollte insbesondere die Immunantwort gegen das Hsp60 untersucht werden, da dieses Hsp im Gegensatz zu den Vsp einen höheren Grad der Konservierung aufweist und bei anderen bakteriellen Erregern als immundominantes Antigen nachgewiesen wurde; es könnte somit ein geeignetes Antigen für die Diagnosik und als Bestandteil von Impfstoffen darstellen.

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3 Material und Methoden

3.1 Material

3.1.1 Chemikalien und Reagenzien Acrylamid, 2x; Serva, Heidelberg Agar; Oxoid, London, GB

Ammoniumpersulfat; Serva, Heidelberg

Bacto DNA-Lösung (0,4 %ig); Difco, Detroit, USA Bacto PPLO Agar; Difco, Detroit, USA

Bacto PPLO Broth; Difco, Detroit, USA

Bisacrylamid (N,N´-Methylen-Bisacrylamid); Serva, Heidelberg

Bovines Serumalbumin (BSA), Fraktion V, pH 7, lyophylisiert; Serva, Heidelberg Bromphenolblau (3´,3´´,5´,5´´-Tetrabromphenolsulfonephtalein); Sigma, München 1-Butanol (n-Butylalkohol); Merck, Darmstadt

4-Chlor-1-naphtol; Aldrich, Steinheim

di-Natriumhydrogenphophat, wasserfrei; Merck, Darmstadt diNatriumthiosulfitpentahydrat; Sigma, München

Eisessig (99 - 100 %ige Essigsäure); Merck, Darmstadt Ethanol, absolut; Merck, Darmstadt

Ethanolaminhydrochlorid; Sigma, München

EDTA (Ethylendiamin-Tetraacetat-Natriumsalz-Dihydrat); Serva, Heidelberg Fleischextrakt; Oxoid, London, England

Formaldehyd, 37 %ig; Merck, Darmstadt Fungal Agar; Oxoid, London, England Glycerin, 87 %ig; Merck, Darmstadt Glycin; Merck, Darmstadt

Igepal®; Sigma, München Harnstoff; Serva, Heidelberg

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