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Archiv "§ 218: Lebbare Schlüsse suchen" (06.11.1980)

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Selbstbeteiligung

stem und Kostenerstattungssystem.

Die Trennung erfolgt nicht nach Ri- sikogesichtspunkten, sondern nach sozialen Gesichtspunkten. Dabei ist vorgesehen, daß den Versicherten unterhalb einer bestimmten Einkom- menshöhe (aus sozialen Gründen) das Sachleistungsmodell offensteht.

Für diese Personengruppe würde sich am bisherigen Verfahren nichts ändern. Personengruppen oberhalb dieser Einkommensgrenze dagegen wären zu dem Kostenerstattungssy- stem mit Selbstbeteiligung ver- pflichtet, wobei die Selbstbeteili- gung ab dieser Grenze einen be- stimmten Sockelbetrag hat und mit wachsendem Einkommen proportio- nal bis zu einem Höchstbetrag wächst. Erst wenn diese finanzielle Vorleistung des Versicherten er- bracht ist, tritt die Leistungspflicht der Krankenkasse ein.

Gebührenmodell

Bei dem Gebührenmodell bleibt das Sachleistungsprinzip und die Pflichtversicherung auf der jetzigen Basis im Prinzip erhalten. Zusätzlich zu den Versicherungsbeiträgen wird aber die Inanspruchnahme be- stimmter Leistungen oder bestimm- ter medizinischr Leistungsträger mit einer besonderen Gebühr belegt.

Die Gebühr wird bei der Inanspruch- nahme direkt dem Arzt bezahlt. Die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung könnten sich um die Summe der gezahlten zu- sätzlichen Gebühren ermäßigen. Mit dem Gebührenmodell ist eine geziel- te Feinsteuerung des Inanspruch- nahmeverhaltens möglich, weil man Leistungsarten und Leistungserbrin- ger mit unterschiedlichen Gebühren belasten kann. So könnte beispiels- weise die Primärinanspruchnahme von Fachärzten mit einer Gebühr be- lastet werden, die Primärinan- spruchnahme von Allgemeinärzten dagegen von der Gebühr freigestellt werden. Es könnte aber auch die Nachfrage nach bestimmten Lei- stungen mit einer Gebühr belastet werden, was möglicherweise einen Dialog zwischen Patient und Arzt auslösen wird über die Rechtferti-

gung gerade dieser Leistungen. Die direkt zu bezahlende Gebühr müßte allerdings aus technischen Gründen für alle Personenkreise unabhängig von den Einkommensverhältnissen gleich hoch sein. Eine soziale Kom- ponente könnte nur dadurch einge- fügt werden, daß Personenkreise unterhalb eines bestimmten Ein- kommensniveaus auf Antrag die Ge- bühr bei ihrer Krankenkasse zurück- erstattet bekommen.

Beitragsrückerstattungsmodell Bei diesem Modellwürden die Versi- cherten in Abhängigkeit von der Dauer der Schadensfreiheit einen oder mehrere gezahlte Pflichtbeiträ- ge zurückerhalten. Die Selbstbeteili- gung bei Inanspruchnahme medizi- nischer Ressourcen läge in dem Ver- zicht auf die Beitragsrückerstattung.

Alle Modelle könnten zusätzlich mit weiteren verhaltenssteuernden Selbstbeteiligungskomponenten versehen werden wie etwa

1. der Wiedereinführung von Ka- renztagen vor Beginn der arbeits- rechtlichen Lohn- und Gehaltsfort- zahlung durch den Arbeitgeber;

2. der grundsätzlichen Freistellung präventiver Leistungsinanspruch- nahme von der Selbstbeteiligung;

3. der Herausnahme von system- fremden Leistungsbereichen aus dem Leistungskatalog und damit aus der allgemeinen Beitragspflicht der gesetzlichen Krankenversiche- rung wie z. B. Mutterschaftsgeld, Sterbegeld, Kuren, Krankentagegeld ab der siebten Woche. Diese Lei- stungen könnten in gesonderten Versicherungspaketen im Rahmen einer freiwilligen Versicherung an- geboten werden, die die individuelle Risikobereitschaft berücksichtigt.

Anschrift des Verfassers:

Dipl.-Kfm. Gerhard Brenner Stellvertretender Geschäftsführer des Zentralinstituts für

die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland Haedenkampstraße 5

5000 Köln 41 (Lindenthal)

BRIEFE AN DIE REDAKTION

§ 218

Zu dem Artikel von Prof. Dr. med. Mein- hard Adler „Schwangerschaftsabbruch als Sozialtechnik" in Heft 12/1980:

Lebbare Schlüsse suchen

Dieser Grundsatz-Artikel zum ebenso gesellschafts- wie berufspo- litisch brisanten Thema des 㤠218"

hat mich beeindruckt. Für diese tief- sichtige Arbeit muß man sich ein- fach bedanken, gleichgültig wie nun über diesen Artikel und seinen Ver- fasser geurteilt werden wird. Denn an diesen in brillanter Weise heraus- gearbeiteten Fakten wird kein Arzt vorbeikommen, der sich mit dieser Materie auseinanderzusetzen hat.

Tatsachen aber — so sollte eine mit- telalterlicher Vorstellungswelt ent- wachsene Wissenschaft eigentlich gelernt haben — wirken und bewir- ken, ob wir Individuen (oder Grup- pen von Individuen) dieses nun wün- schen und billigen oder nicht. Aber Ein-Sicht ist nun eben wirklich ein ganz persönliches Problem. Ande- rerseits werden Aus-Wirkungen falsch eingeschätzter Tatsachen und Voraussetzungen gerne wieder an „die Gesellschaft" zurückverwie- sen, „kollektiviert" und abgescho- ben, verdrängt: Die anderen haben dies bewirkt und „angestellt", mö- gen doch „die anderen" eine Ant- wort auf das Unglück finden, die Fol- gen „ver-antworten", die mein (le- bensuntüchtiges?) Leben be- drohen . . .

Mir stellt sich in dieser ausweglos erscheinenden derzeitigen Lage nun die Frage, ob man im Anschluß an diese im Artikel so präzise beschrie- benen „gesellschaftlichen Fakten"

bei einer „Konflikt-Schwanger- schaft" und ihrer Behandlung nicht endlich lebbare statt todbringende Schlüsse suchen und finden und mit der Zeit verwirklichen könnte. Ge- wiß: Immer werden es nur Gedan- ken-Ansätze sein können. Aber kei- ne Realität ohne vorausgegangene Idee. Begründete Widerstände aus dem Meer der Vor-Urteile und des Ewig-Gestrigen werden und müssen aufschäumen — wobei hier Vorurteil nicht nur abwertend und das Gestri-

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Aufsätze • Notizen

§ 218 StGB als „Spielregel"

ge auch als Denk-Voraussetzung ge- sehen werden soll —, alles aber nicht

„ewig" im Unmöglichen und damit Negativen verbleiben sollte. Das Thema heißt dann nicht mehr „Ja oder Nein zum heutigen § 218", son- dern etwa: „Gesellschaftliche Ord- nungsstruktur menschlicher Frucht- barkeit". Und das Problem heißt nicht mehr „Abruptio —Abtreibung — Tötung — o. ä.", sondern „Uner- wünschte Schwangerschaften und ihre gesellschaftliche Bewältigung".

Auch hierzu wären von einem leben- digen Gemeinwesen „Spielregeln"

zu entwickeln und zu vitalisieren.

Die Voraussetzung für jede Konflikt- gravidität ist doch intakte Schwan- gerschaft. Und diese ist doch für den (als mündig bezeichneten und als selbstverantwortlich angesehenen!) Menschen — im Gegensatz zum in- stinktgelenkten Tier — eben kein un- kontrollierbares reines Naturereig- nis mehr, wenn man bereit wäre zur Erkenntnis, daß Gebu rtenregu la- tions-Möglichkeiten für alle Men- schen verbindlich zu Regulations- Notwendigkeiten entwickelt werden müssen. Diese grundsätzliche Regu- lationsmöglichkeit besitzen wir. Ja, man könnte sagen, daß die in den letzten Jahrzehnten erfolgte Entta- buisierung im Bereich der Sexual- vorstellungen geradezu auf diesem wissenschaftlichen Entdeckungs- prozeß aufgebaut ist. Man könnte von einem „Post-pill-Zeitalter" spre- chen, in dem eine Liberalisierung zu den heutigen Sexualverhaltenswei- sen durch die willkürliche Regulier- barkeit der menschlichen Fruchtbar- keit überhaupt erst denkbar wurde.

Im Gegensatz dazu konnten die Menschen der „guten alten Zeit"

diese Bevölkerungsfrage überhaupt nur über mäßig gut greifende Tabus und Verbote im Griff behalten, was bekanntlich zu schweren Nöten, Verdrängungen und Störungen führte, über die wir hinausgewach- sen zu sein scheinen.

Niemand kann und will Entwicklun- gen zurückdrehen, zumal diese un- bestreitbar positive Lebenserfah- rung bedeuten. Ebenso ist es doch mit dem Straßenverkehr: Würden heute Menschen, die vor 100 Jahren zu Grabe getragen wurden, plötzlich

wieder auftauchen und sich auf die Straße wagen, sie wären vermutlich rasch wieder bei den Toten, weil sie die inzwischen entwickelten Geset- ze, die zur Verwirklichung dieses Verkehrs geschaffen wurden, nicht kennen und übersehen würden.

Aber niemand käme auf den Gedan- ken, trotz dieser Gewöhnung des modernen Menschen an den Ver- kehr bei der zunehmenden Mechani- sierung und Mobilisierung etwa Führerschein-Zwang oder Schutz- Anordnungen bei gefährlichen Ar- beitsvorgängen zu „liberalisieren", weil man solches einem „mündigen Bürger" mit dessen Recht auf Frei- heit und freie Lebensgestaltung und dergleichen nicht zumuten dürfte — zumal solche kostenpflichtigen und müheheischenden gesellschaftli- chen Zwänge zu unzumutbaren, unsozialen Belastungen führen könnten.

Ist es wirklich so schwer zu erken- nen, und was behindert ernsthaft den Schluß, daß auch die „starken emotionellen Bewegungen vital le- bender Menschen zweierlei Ge- schlechts zu Begegnungen und be- sonders nahen Kontakten" führen können, die entweder zu gegenseiti- gen Bereicherungen nach vielen Seiten hin — aber leider auch zu ei- nem nicht minder katastrophalen Konflikt analog dem „Verkehrs-Un- fall" der Straße führen können. War- um — so sollte sich doch die zentrale Frage stellen — ist bei Geschlechts- verkehr nicht billig, was beim Stra- ßenverkehr diskussionslos (!) von al- len als Recht erkannt und anerkannt wird? Der Weg zu positiven Entwick- lungen in dieser Orientierung wird weit sein. Und doch wird es im Post- pill-Zeitalter keine realistische Frei- heit der Persönlichkeit ohne sinnvol- le und anerkennbare Begrenzungen und keine rechtsstaatliche (!) Gesell- schaft geben können, solange auch diese „sozio-ökonomische Notwen- digkeit" übersehen und dringend er- forderliche Gesetze auf dem Boden dieser naturhaften Gesetzmäßigkei- ten „überfahren" werden.

Das eine solche Konzeption abwei- sende Argument ist bekannt: „Poli- tisch nicht durchsetzbar" (= wider

die Spielregeln); und: Gebote und Verbote werden die Not jener nicht lindern, die trotzdem schwanger werden. Nach Adler ist aber eben nicht gleichgültig, „ob man sich zum Töten bekennt und sich der exi- stentiellen Erschütterung aussetzt und es dadurch in einer gewissen Grenze hält" oder ob nach den der- zeitigen Spielregeln jederzeit solche vitalen Unfälle „passieren" müssen und naturnotwendig zur „Konflikt- Schwangerschaft" führen, weil gar keine brauchbaren positiven gesell- schaftlichen Regeln da sind und sich demnach eine allseits vertretba- re moderne Ethik und Moral gar nicht entwickeln kann.

Mir scheint daher, daß nicht immer wieder über die Totgeburt eines neuformulierten § 218 mit seinen grundsätzlichen tod- und unglück- bringenden Folgen diskutiert wer- den sollte — daß vielmehr umgekehrt über Entwürfe zu „gesetzlichen Re- gelungen einer Kontrazeptions" pra- xis und deren Informations-Praxis"

(analog den Straßenverkehrsgeset- zen) nachgedacht werden sollte, da- mit wieder individuell frei und wirk- lich intim nach den realistischen Möglichkeiten von heute körperlich und seelisch geliebt werden kann!

So aber leben wir in einem gesetzlo- sen Zustand, wo dem Arzt sein „Pro- Leben-Gesetz" fehlt und zum Buh- mann aller wird, und die Frauen als Hauptbetroffene den Schutz nicht mehr erkennen können, der ihnen zustehen sollte, und sie mit Recht rebellieren: „Zuerst laßt ihr uns schuldig werden, dann überlaßt ihr uns der Pein" in allen möglichen Varianten.

Kurzum: Einem mit dem „Anti-Le- ben-§ 218" täglich konfrontierten Arzt sollte es erlaubt sein, in diesem Sinne zu plädieren: Es kann nicht Aufgabe der Ärzte bleiben, sich in täglicher Konflikt-Arbeit aufzureiben in einem Bereich, in dem vermeidba- re „Störungen" in einer erwarteten Weise „behandelt" werden sollen, die ein erkennbares Leben und meist auch die Gesundheit der be- troffenen Frauen zerstören sollen.

Das Gesetzbuch und seine §§ gehö- ren in den Bereich der Gesetzge-

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§ 218 StGB als „Spielregel"

bung und Justiz; ist deren Gesetzge- bung lebensfeindlich und fehlt den Juristen ein „Gesetz zur Verhinde- rung unerwünschter Schwanger- schaften", um die Ordnung im Ge- sundheits-(nicht: Tötungs-)Wesen wiederherzustellen, dann wird man ein solches gestalten müssen; an unserer Mitarbeit wird es gewiß nicht fehlen! Es ist theoretisch durchaus möglich eine „gesetzlich geforderte Schutzanwendung bei In- timkontakt ohne Absicht und Bereit- schaft zur Übernahme eines gemein- samen Kindes auf beiden Seiten" zu erreichen unter Ausnutzung der im Post-pill-Zeitalter ausgiebig erarbei- teten Kontrazeptionsmethoden zu- sammen mit einem ebenfalls gesetz- lich geregelten Informations-Zwang (analog dem erprobten und akzep- tierten Führerschein, s. o.).

Der Gesetzgeber eines Rechtsstaa- tes mit den Spielregeln unseres Grundgesetzes kann keine postiven Entwicklungen von Gesetzen erwar- ten, die kontra Leben sind, wenn er nicht gleichzeitig zu Pro-Leben-Ge- setzen findet, die zum Schutz von Erwachsenen und vom ungebore- nen Leben dienen, die nicht stauen, sondern kanalisieren und nur gebie- ten, was längst als den Gesetzmä- ßigkeiten der Natur entsprechend erkannt werden sollte.

Dr. med. Richard Funck Basler Straße 81 7850 Lörrach

Tötung

Der Aufsatz . . . ist es wert, allen Po- litikern zum eingehenden Studium zugänglich gemacht zu werden — aber natürlich auch allen Beratungs- stellen, Sozialarbeitern, Frauenver- einigungen usw. Hier wird eindeutig nachgewiesen, daß Schwanger- schaftsabbruch Tötung bedeutet — eine Feststellung, die nach wie vor von bestimmten Gruppen abgelehnt wird. Der Mensch — das Ebenbild Gottes — ist das einzige Lebewesen, das seinen Nachkommen die Mög- lichkeit der Entwicklung nimmt und sie brutal umbringt! Adler hat recht, wenn er die Ärzte aufruft, sich gegen

den politischen Gebrauch der Ab- treibung zu wehren . . .

Dr. med. Hans Runge Gerstäcker Straße 16 3300 Braunschweig

Annehmbarer Rahmen

... Die spezifisch menschliche Tö- tungsart der Abtreibung ist jenseits aller Moralvorstellung seit jeher ein Faktum. Unsere Volksvertreter (die aller Parteien!) als Gesetzgeber bil- ligten mit dem § 218 nicht dieses Faktum, sondern versuchten eine ohnehin geschehende illegale Schwangerschaftsunterbrechung unter bestimmten Bedingungen in einem medizinisch annehmbaren Rahmen geschehen zu lassen.

Gleichzeitig sollen vorher der abtrei- bungswilligen Frau alle möglichen Hilfen angeboten werden, - dazu eine Beratung über die Verhütung einer unerwünschten Schwangerschaft.

Natürlich war dem Gesetzgeber da- bei die Subjektivität einer sozialen Notlage bekannt, die sich in der Be- raterpraxis meist zwingender als in Ihren Beispielen darstellt. Die ver- antwortungsvolle Durchführung des Gesetzes erzeugt bei keinem der Be- teiligten volle Befriedigung, er- scheint aber bei nüchterner Be- trachtungsweise besser als der vor- herige Zustand. Die leider von bei- den Polen politischer und ethischer Denkart benutzte Ideologisierung der Vorgänge um den § 218 verstellt nur den Blick auf das aus verschie- denen Gründen leider Erforderliche.

Dr. med. Hans-Peter Klein Gailenbacher Weg 2 8901 Neusaß 4

Einst und heute

... (Adler kommt) auf den § 218 zu sprechen und erwähnt den Katholi- zismus. Hier möchte ich widerspre- chen. Der älteste Erzbischof, wie der jüngste Mönch haben natürlich das Recht der eigenen Meinung und de- ren Äußerung. Es sollten aber nicht Lehrmeinungen kirchlicher oder weltlicher Vereinigungen in die Dis-

kussion geworfen werden. Ich las soeben eine Zeitungsüberschrift:

Weltliche Themen in geistlicher Hand — und das ist es, was ich nicht für richtig halte. Leben. Was der Tod ist, wissen wir einigermaßen. Über das Fortleben der Seele, die wir auch nicht definieren können, ge- ben nur Religionen und Philoso- phen ihre Ansichten kund. Was das Leben ist, können wir nicht definie- ren. Wir fühlen, glauben, wissen, daß wir leben. Die Vorstellung, daß wir nur Abbilder, Schatten wären, hat außer den griechischen Weisen wohl niemand verstanden. Tiere le- ben, also auch der Mensch, Pflanzen leben. Die Natur hält das Leben durch Überfluß in Gang, jede Art ver- mehrt sich so, daß der natürliche Verlust ausgeglichen wird.

Jedenfalls ist im Ei und im Sperma- tozoon Leben vorhanden, das je- doch, wie beim Fisch, überprodu- ziert wird. Die Frau produziert im Leben über 300 Eier, wenn vier da- von zur Nachkommenschaft gera- ten, erhält sich schon die Art. Die Spermatozoenerzeugung geht ins Unzählbare. Sonst müßte man Ona- nisten und Päderasten unter Auf- sicht stellen. Die Zellen leben, die Frage ist nur, wann entsteht ein neu- es Leben, das Schutz verlangen kann. Wer Rosensamen in die Erde steckt, hat noch keine Rose, von ei- ner Tulpe spricht man nicht, wenn man die Zwiebel in die Erde legt.

Erst wenn die Rose als Knospe er- scheint, die Tulpe aus der Erde her- aussprießt, kann man von Blumen sprechen. Das Ei ist noch kein Huhn.

Schwangerschaft und Abbruch.

Wann entsteht eine Schwanger- schaft? Wenn sich Ei und Samen treffen? Wenn sich ein Ei an der Uteruswand einnistet? Da ist sicher noch kein neues Leben entstanden.

Wenn Kindesbewegungen bemerk- bar werden, ist ein neues Leben da.

Also: im ersten Monat nein, im fünf- ten Monat ja. Der im Gespräch und im Gesetz betonte dritte Monat ist nur das arithmetische Mittel, das in- sofern vernünftig angesetzt ist, als die Abtreibung nach diesem Termin gefährlicher wird .

Geburt und zwei Abbrüche. Das Standesamt nimmt das Dasein eines

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