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Archiv "Diabetes Mellitus Typ 2: Auch Herz und Psyche im Blick behalten" (16.03.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 11⏐⏐16. März 2007 A705

M E D I Z I N R E P O R T

S

chätzungen zufolge werden im Jahr 2010 etwa zehn Mil- lionen Menschen in Deutschland an Diabetes mellitus Typ 2 leiden. Ob- wohl eine Vielzahl von Behand- lungsmöglichkeiten zur Verfügung stehe, sei die Versorgungsrealität vielfach unbefriedigend und die Ver- netzung der unterschiedlichen Fach- disziplinen nicht optimal, kritisierte Prof. Dr. med. Diethelm Tschöpe (Bad Oeynhausen) bei der „Diabetes 2007“ in Münster. „Wir müssen Dia- betes endlich als Systemerkrankung wahrnehmen und behandeln.“

„Grundsätzlich sollten Typ-2- Dia- betiker als potenziell gefäßkranke Patienten eingestuft werden“, mein- te Tschöpe. Ob sie in einen umfang- reichen Diagnostikprozess einge- schleust werden müssten, hänge im Wesentlichen von weiteren Fakto- ren ab. Dazu zählten positive Fa- milienanamnese, Alter und schlecht eingestellte Blutdruck- oder Blut- fettwerte. „Die Risikoeinschätzung fällt leicht, wenn Übergewicht – und hier vor allem die apfelförmige Ver- teilung – einen Hinweis auf ein ho- hes Arterioskleroserisiko gibt.“

Wie aber geht man konkret vor, wenn bei einem Diabetiker keine koronare Herzerkrankung (KHK) be- kannt ist und er auch keine KHK- typischen Symptome aufweist? In der neuen Praxis-Leitlinie „Metabo- lisch-Vaskuläres Syndrom“ empfiehlt die Fachkommission Diabetes Sach- sen grundsätzlich eine Stratifikation des kardialen Risikos mithilfe des PROCAM-Scores. Bei manifesten Diabetikern könne auch der UKPDS- Score verwendet werden, weil dieser den HbA1c-Wert berücksichtige.

Die Deutsche Diabetes Gesell- schaft (DGG) empfiehlt zudem in ihrer Leitlinie „Diagnostik und The- rapie von Herzerkrankungen bei Diabetes mellitus“ für alle Diabe- tiker, unabhängig von der Anzahl sonstiger Risikofaktoren, ein Ruhe-

EKG einmal jährlich – zumindest ab dem 35. Lebensjahr. Obwohl die Aussagekraft des Ruhe-EKGs für ei- ne künftige Infarktgefährdung ge- ring ist, könnten auf diese Weise stumme Ereignisse entdeckt werden.

Mit der Summe mehrerer Risiko- faktoren – wie etwa Dyslipoprotein- ämie, Hypertonie, Rauchen, Adipo- sitas – ist eine umfassendere kardia-

le Diagnostik erforderlich. Indiziert sind dann in erster Linie Belas- tungs-EKG und Echokardiographie;

ist ein Belastungs-EKG nicht mög- lich, empfiehlt sich eine Stress- Echokardiographie oder Myokard- szintigraphie. „Es geht keinesfalls um den sofortigen Weg ins Herzka- theterlabor“, betont Tschöpe.

Chronikerprogramme sind nicht verzahnt

Die enge Verbindung zwischen Diabetes und KHK spiegelt sich in den Versorgungsstrukturen bislang kaum wider. Die Disease-Manage- ment-Programme (DMP) sind nicht verzahnt. „Wir haben noch immer eine Aufteilung in ein DMP korona- re Herzkrankheit und ein DMP Dia- betes“, beklagt Tschöpe. Auch bei

den Krankenkassen hat man dieses Problem erkannt. Dr. med. Ursula Marschall (Barmer Ersatzkasse) er- klärt, bei einer Weiterentwicklung der Chronikerprogramme müsse die Multimorbidität stärker berücksich- tigt werden.

Neben der KHK gilt die Depres- sion als weiteres unterschätztes Ri- siko bei Diabetikern: Etwa zehn Prozent leiden an der manifesten Form, rund 25 Prozent an einer de- pressiven Symptomatik oder An- passungsstörung, die mit einem ungünstigen Krankheitsverlauf ver- bunden ist. Das Risiko eines Diabe- tikers, eine Depression zu ent- wickeln, ist besonders groß, wenn er bereits eine diabetische Folgeer- krankung (Retinopathie) hat. Auslö- ser kann aber auch schon die Erst- diagnose der Zuckerkrankheit sein oder eine Therapieumstellung auf Insulin. „Das Risiko für Folgeer- krankungen und die Mortalität stei- gen, wenn eine Diabeteserkrankung und eine Depression zusammenfal- len“, betont Priv.-Doz. Dr. med. Jo- hannes Kruse (Düsseldorf).

Ebenfalls denkbar ist allerdings, dass eine Depression zur Entwick- lung eines Diabetes mellitus bei- trägt, wenn der Patient einen Le- bensstil hat, der mit wenig Bewe- gung und ungesunder Ernährung verbunden ist. „Vielleicht gibt es in früheren Lebensphasen auch ge- meinsame Risikofaktoren“, glaubt Kruse. Sowohl ein unkontrolliertes Essverhalten als auch die depressive Stimmung hätten die Komponente einer Affektregulationsstörung. Al- lerdings sei die Datenlage zu diesem Thema „sehr dünn“. In jedem Fall seien eine frühzeitige Diagnostik und Intervention wichtig, denn eine psychotherapeutische Behandlung verbessere nicht nur die Stimmung, sondern nachweislich auch die Stoff-

wechsellage. I

Dr. med. Birgit Hibbeler

DIABETES MELLITUS TYP 2

Auch Herz und Psyche im Blick behalten

Komorbiditäten werden in der Versorgung von Diabetikern häufig vernachlässigt.

Ärzte als Künstler:

Bei der Betrachtung dieses Bildes aus der Serie „Aeskulap malt 2006“ lässt sich die Bedeutung des Herzens und der Psyche für den Diabetiker assoziieren.

Foto:„Aeskulap malt 2006“,Pohl-Boskamp

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