Palliativmedizin
Ausbau der Lehre
Medizinstudenten fordern eine flächen- deckende Ausbildung.
Z
urzeit gibt es bundesweit drei Professuren für Pallia- tivmedizin, und acht von 36 me- dizinischen Fakultäten verfü- gen über eine Palliativstation.Um die Etablierung der Pallia- tivmedizin in die Lehre zu un- terstützen, gründeten Studie- rende Anfang 2004 im Rah- men der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland eine Arbeitsge- meinschaft (AG) Palliativme- dizin. 2004 befragte die AG al- le Palliativstationen.
Von 56 antwortenden Ein- richtungen engagieren sich 26 in der Lehre. Pflichtfach ist Palliativmedizin an zwei me- dizinischen Fakultäten (LMU München, Bonn). Im Rahmen der Pflichtkurse anderer Dis- ziplinen oder Wahlveranstal- tungen lehren sieben (vier
universitäre) Einrichtungen in mittlerem Umfang Pallia- tivmedizin. Zehn sind in ge- ringem Umfang an univer- sitärer Lehre beteiligt, zum Beispiel durch einzelne frei- willige Veranstaltungen. Sie- ben Stationen in akademi- schen Lehrkrankenhäusern unterrichten Studierende im Praktischen Jahr. 17 der 26 Einrichtungen sind bereit, ih- re Lehraktivität zu verstär- ken. Von den 30 bislang nicht lehraktiven Stationen waren 25 an einer Teilnahme an der Lehre interessiert. Famulan- ten wurden auf 28 Stationen betreut, 24 äußerten die Be- reitschaft dazu. Informatio- nen: www.pallmed.de. TK
Dienstleistungsrichtlinie
Gefahr
weitgehend gebannt
EU-Rechtsexperten:
Keine negativen Folgen für Gesundheitssysteme
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echtsexperten halten die Sorge für weitgehend un- berechtigt, die Marktöffnung für Dienstleistungen könnte sich negativ auf den Gesund- heitsbereich auswirken. So ist es nach Ansicht von Dr.Timm Rentrop vom Europäi- schen Institut für Öffentliche Verwaltung auch für einen Arzt, der nur vorübergehend im Ausland tätig ist, fast un- möglich, die Qualitätsstan- dards und berufsrechtlichen Regeln des Gastlandes zu un- terlaufen. Das gelte auch für den Fall, dass das Herkunfts- landprinzip, wie im Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehen, Anwendung fin- det. „Wenn die Behörde des Landes, aus dem der Arzt stammt, ihre Kontrollfunkti- on nicht wahrnimmt, steht es den Verwaltungen des Gast- landes frei, selbst tätig zu werden“, stellte Rentrop bei einem Expertengespräch klar, zu dem die Bundeszahnärzte- kammer nach Berlin eingela- den hatte.
Darüber hinaus machte der Europarechtsexperte und Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Zahnärzte, Prof. Dr. Burkhard Tiemann, darauf aufmerksam, dass die Alternative zu einer Richtli- nie – die Rechtsprechung des Europäischen Gerichts- hofs – der Regulierung des Marktes keinesfalls besser ge- recht werden könne. ps A K T U E L L
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 28–29⏐⏐18. Juli 2005 AA1989
Hormontherapie
„Resistent“ gegenüber Neubewertung
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eit mehr als zwei Jahren besteht international der wissenschaftliche Konsens: Hormone sollen bei Frauen in den Wechseljahren mit starken Be- schwerden nur nach eingehender Prü- fung sowie so kurz und so niedrig do- siert wie möglich eingesetzt werden, um die Risiken für Herzinfarkt, Schlag- anfall und Brustkrebs zu minimieren.Entsprechend lauten auch die Empfeh- lungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und des Bundesinstituts für Arzneimit- tel und Medizinprodukte (BfArM). Ein beträchtlicher Anteil der deutschen Frauenärztinnen und -ärzte zeigt sich jedoch „resistent“ gegenüber der Neu- bewertung. Zu diesem Schluss kommt
das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO). Anfang des Jahres befragte es knapp vier Prozent der niedergelasse- nen Gynäkologen zu ihrer Einstellung zur Hormontherapie. Dabei zeigte sich eine deutliche Diskrepanz zum heuti- gen Wissensstand.
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ast die Hälfte (43 Prozent) glaubt, dass gegenwärtig zu wenige Frauen eine Hormontherapie erhalten. Sogar 79 Prozent sind der Ansicht, die Risi- ken der Hormonbehandlung würden überbewertet. Ein Drittel der befrag- ten Frauenärzte meint immer noch, eine Hormonbehandlung könne vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und De- menz schützen. Auch die Frage, ob die Gabe von Hormonen wichtig sei, um den Alterungsprozess zu verzögern, be- jahte mehr als die Hälfte. Besonders hormonfreundliche Einstellungen fand das Institut bei Ärzten über 60 Jahre.Zudem hatten männliche Kollegen ei- ne deutlich positive Grundhaltung zur
Hormontherapie. Auch die Gründe für das im Widerspruch zur Studienla- ge stehende Verordnungsverhalten der Frauenärzte untersuchte das WIdO.
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abei fand es heraus, dass die un- abhängigen Informationen des BfArM und der AkdÄ von den Befrag- ten kaum genutzt werden. Stattdessen spielen die Therapieempfehlungen der Fachgesellschaften und der Pharmain- dustrie eine größere Rolle. Trotz des vorzeitigen Abbruchs der großen ame- rikanischen Langzeitstudie (Women’s Health Initiative) im Juli 2002 zeichnen diese Meinungsbildner immer noch ein positives Bild von der Hormonthera- pie. Fast jede zweite Fortbildungsver- anstaltung, die die befragten Gynäko- logen im Vorjahr besuchten, richtete die Industrie aus. Die AkdÄ will jetzt ihre Informationsbemühungen verstär- ken. Aber auch die ärztliche Fortbil- dung muss endlich unabhängiger wer- den. Dr. med. Eva A. Richter-Kuhlmann Pflichtfach ist Palliativmedizin nur an der medizini-schen Fakultät der LMU München und der in Bonn.
Foto:Barbara Krobath