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Archiv "Unzumutbar" (25.01.2002)

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ehr als 6 000 Medizinstudenten gingen am 16. Januar 2002 in Kittel, OP-Kleidung und mit großen Bannern auf die Straße. Unter dem Motto „Dr. theoreticus – unprak- tischer Arzt“ protestierten sie gegen die 9. Novelle der Approbationsord- nung. Diese soll voraussichtlich im Ok- tober 2002 in Kraft treten. Zwanzig verschiedene medizinische Fakultäten organisierten zahlreiche Sonderaktio- nen. Das Spektrum reichte von Blut- spenden unter dem Motto „Bluten für die Bildung“ in Freiburg, Köln und Würzburg bis hin zur Enthüllung der Skulptur „Dr. theoreticus“ in Aachen.

In Hannover halfen den Studenten gar mitgebrachte Nähutensilien beim

„Flicken einer Reform“.

Die Studenten kritisieren vor allem die Einführung einer staatlichen Ab- schlussprüfung nach dem Praktischen Jahr (PJ). Während das Physikum als Prüfung nach dem vorklinischen Ab- schnitt des Studiums beibehalten wer- den soll, möchte das Bundesgesund- heitsministerium (BMG) die drei Staatsexamina, die der angehende Arzt derzeit während des klinischen Ab- schnitts der ärztlichen Ausbildung absolviert, durch die staatliche Ab- schlussprüfung ersetzen. „Der Zeit- punkt eines solchen Hammerexamens ist absolut ungünstig“, betont Tina Schweickert, Medizinstudentin und Koordinatorin des bundesweiten Akti- onstags gegen die Reform. Das medizi-

nische Fachwissen der Studenten soll nicht mehr vor Eintritt ins PJ bundes- weit einheitlich geprüft werden. Des- wegen befürchten die Reformgegner, dass unter Umständen die theoretische und fachliche Befähigung für eine Ar- beit am Patienten im PJ nicht mehr ge- währleistet ist. Die Studenten plädieren dafür, den theoretischen Teil der Ab- schlussprüfung vor und den praktischen Teil nach dem PJ durchzuführen.

Schon lange fordern sowohl Ärzte, Politiker, Lehrstuhlinhaber als auch Stu- denten, dass das Medizinstudium grund- legend reformiert wird. Die Intention des BMG scheint auf den ersten Blick mit den Wünschen der Studenten über- einzustimmen: Es will die medizinische Ausbildung an die veränderten Anfor- derungen in der gesundheitlichen Ver- sorgung anpassen, Klinik und Vorklinik verzahnen und einen stärkeren Praxis- bezug schaffen. Doch die Frage der praktischen Umsetzung ist nach Ansicht der Fachtagung Medizin e.V. keineswegs gelöst: „Der Gesetzentwurf sollte das Studium praxisnäher machen. Leider wurde dieses Ziel krass verfehlt.“ Kriti- siert wird, dass in dem schon seit 1997 zur Debatte stehenden Entwurf, der im Wesentlichen vom damaligen Gesund- heitsminister Horst Seehofer entwickelt wurde, keine verbindlichen Vorgaben zur Veränderung der Lerninhalte oder Lernmethoden gemacht werden. Auf diese Weise will das BMG nach eigenen Angaben den Universitäten mehr Frei- räume hinsichtlich der Prüfungsmoda- litäten einräumen. Aus Sicht der Studen- ten werden die Fakultäten aufgrund ih- rer finanziellen Situation nicht in der La- ge sein, grundlegende Änderungen her- beizuführen. Tanja Anheier P O L I T I K

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A160 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 4½½½½25. Januar 2002

Reform der Approbationsordnung

Letztendlich schlecht für die Patienten

Bundesweit demonstrierten Medizinstudenten gegen ein „Hammerexamen“ nach dem Praktischen Jahr.

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s lässt sich nicht leugnen: Das Wiederholen von Lernstoff, der sich während des Medizin- studiums angesammelt hat, neben einer Vollzeit- arbeit im Praktischen Jahr ist eine Zusatzbela- stung. Ob sie zu bewältigen ist, sei dahingestellt.

Unzumutbar für den Patienten ist jedoch die Tat- sache, dass künftig Studenten in den Klinikalltag geschickt werden, ohne dass

bei ihnen die fachlichen Fähig- keiten ausreichend überprüft

wurden. Ebenso unzumutbar ist diese Situation für den Arzt, der einen PJler betreut. Denn der Arzt muss die Verantwortung für seinen in der Ausbildung befindlichen Schützling überneh- men. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt jedenfalls scheint entschlossen, noch in dieser Legislaturperiode eine Reform zu verabschieden.

Ihre finanzielle Kalkulation im Hinblick auf die neue Approbationsordnung sollte Ulla Schmidt

noch einmal überdenken. Zwar kann der Staat durch Reduktion der Staatsprüfungen Geld ein- sparen. Im Gegenzug werden aber viele Studenten ein für den Staat teures Lernsemester nach dem PJ einlegen, um sich auf die wichtige Abschlussprü- fung vorzubereiten. Deshalb hat die Fachtagung Medizin (FTM) der Gesundheitsministerin vorge- schlagen, den theoretischen Teil der Abschlussprüfung vor und den praktischen Teil nach dem PJ durchzuführen. Diesem Vorschlag stimm- te Schmidt nach Angaben der FTM im Oktober 2001 inhaltlich zu. Dennoch war sie nicht bereit, den Änderungsvorschlag noch einzubringen, und verwies an die Kultusminister. Diese wurden in der Vergangenheit häufig als „Reformblockie- rer" beschimpft. Ob sie diesmal von ihrem Veto- recht für Studenten, die keinerlei Lobby haben, Gebrauch machen werden, bleibt offen. TA

Foto: Philipp Bludau

Unzumutbar

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