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Archiv "Campylobacter pyloridis: Opportunist oder Pathogen im oberen Magen-Darm-Trakt" (16.04.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Campylobacter pyloridis

Opportunist oder Pathogen im oberen Magen-Darm-Trakt

Sporadische Berichte über spiralige Stäb- chenbakterien auf der menschlichen Magen- schleimhaut fanden in den vergangenen 100 Jah- ren kaum klinisches Interesse, bis Marshall und Warren 1982 die kulturelle Isolierung spiraliger Bakterien in Biopsiepartikeln der Magenmuko- sa gelang; die Autoren wählten die Bezeichnung Campylobacter pyloridis (C. p.), weil sie den bisher bekannten Campylobacter-Arten ähnlich sind (CLO — Campylobacter-Like Organism).

Topographie der

Campylobacter-pyloridis- Besiedlung

Klinische, bioptische und mikrobiologische Studien, die von Marshall und Warren initiiert und in der Folgezeit von vielen Autoren in Eu- ropa, in den USA, Kanada, Japan und Peru durchgeführt wurden, lieferten Ergebnisse, die eine Assoziation von chronischer Gastritis (im Antrum) und peptischem Ulkus und der Besied- lung der Magenmukosa mit C. p. „aufdeck- ten` Kulturell und mikroskopisch wurde dieser Keim bei chronischer Gastritis (Typ B) in 60 bis 95 Prozent, bei Ulcus duodeni in 70 bis über 90 Prozent und beim Ulcus ventriculi in 35 bis über 70 Prozent nachgewiesen. Bei Typ-A-Gastritis wurde C. p. nur selten gefunden. Außerhalb des Magens gelang der Nachweis im Bulbus duodeni im Bereich von entzündlichen Arealen und Ga- stroheterotopien, in der Speiseröhre bei gastri- scher Metaplasie im Rahmen des Barrett-Syn- droms.

Ökologische Nische

für Campylobacter pyloridis

Auf der Magenmukosa findet der nicht-säu- refeste C. p. seine ökologische Nische unterhalb der Mukusschicht auf der Oberfläche der Epi-

thelien und in dem Bereich der interzellulären Kittleisten. Chemotaktisch wirken interzellulär passierende Nähr- und Wachstumstoffe (Urea, Hämin, Aminosäuren), die dank der hohen Urease-Aktivität der Bakterien und der Produk- tion von Hämolysin utilisiert werden können.

Die rapide Hydrolyse der interzellulär konzen- trierten Urea (Harnstoff) bewirkt eine Ände- rung des Milieus (Ammoniak!), die wiederum eine Passage der Wasserstoff-Ionen von den Ma- gendrüsen in das Magenlumen behindert und die Rückdiffusion dieser Ionen begünstigt; es re- sultieren eine Hypochlorhydrie, eine Insuffi- zienz der Schleimhautbarriere und eine Disposi- tion zu peptischem Ulkus. Wie enteropathogene Escherichia coli haften C. p. an den Zelloberflä- chen (adherence pedestals), die Mikrovilli feh- len zumeist im Bereich dieser Adhärenzen, die auch durch Verdickungen der Zellmembran auf- fallen; zudem finden sich intrazelluläres Ödem und polymorphkernige Zellinfiltration der La- mina propria. Diese typischen Veränderungen schwinden mit der Eradikation der C. p.

Gastroduodenaler Reflux und Campylobacter pyloridis

Studien einer renommierten chirurgischen Klinik in England lassen annehmen, daß Opera- tionsmethoden, die einen verstärkten duodeno- gastrischen Reflux bewirken, eine Refluxgastri- tis zur Folge haben, die mit einer Schädigung der Mukusschicht und infolgedessen einer Bak- terizidie von C. p. an der Zelloberfläche der Mukosa verbunden ist. Demnach unterscheidet sich die Refluxgastritis von der C. p.-assoziier- ten Gastritis histologisch durch eine ausgeprägte foveoläre Hyperplasie und eine geringere Zell- infiltration. Ein Selbstversuch und zwei Grup- penerkrankungen unter dem Bild der akuten Gastritis (nach Magensonde) mit retrospekti- vem Nachweis von spiraligen Bakterien in Biop-

Dt. Ärztebl. 84, Heft 16, 16. April 1987 (37) A-1045

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siepräparaten lassen annehmen, daß die gastri- sche Inokulation mit C. p. eine akute Gastritis induzieren kann, die mit einer transienten Hypochlorhydrie verbunden ist.

Therapiestudien

Die genannten Studien lassen es möglich er- scheinen, daß die Kolonisation der Magenmu- kosa mit C. p. ein pathogenetischer Faktor der akuten und der chronischen Gastritis vom B- Typ ist und die Entstehung eines peptischen Ul- kus (vornehmlich im Bulbus duodeni) begün- stigt. Diese möglichen Zusammenhänge haben eine Vielzahl von Studien stimuliert, die zumin- dest zum Teil die Erwartungen erfüllt haben. So konnte in mehreren Untersuchungen gezeigt werden, daß sich die akut-entzündlichen Verän- derungen der chronischen Gastritis vom B-Typ unter der Therapie mit bakteriziden Wismut- Salzen (wie zum Beispiel kolloidales Wismut- Subzitrat , DeNol®) zurückbilden. Eine Eradika- tion des C. p. gelingt aber überwiegend nur durch eine Kombination von Wismut-Salzen mit systemischen Antibiotika.

Mit verschiedenen antimikrobiellen Sub- stanzen — Wismut, Amoxicillin, Tinidazol, Oflo- xacin, Erythromycin und Furazolidin — wurden Heilungsraten beim Ulcus duodeni erzielt, wie sie mit H2-Rezeptor-Antagonisten (H 2-RA) be- kannt sind. Die Rezidivraten nach erfolgreicher Therapie peptischer Ulzera mit kolloidalem Wismut-Subzitrat und Furazolidin waren deut- lich geringer als die nach H 2-RA beobachteten.

In einer eigenen randomisierten Studie konnte gezeigt werden, daß Ulcera duodeni (n = 52) bei kombinierter Verabreichung von H2-RA und Ofloxacin (2x 200 mg) signifikant schneller heilen als unter H 2-RA (Heilungsraten in zwei, vier und sechs Wochen 72, 84 und 100 Prozent). Bei einer kleineren Gruppe von Pa- tienten mit Ulcus ventriculi (n = 24), die in glei- cher Weise behandelt wurde, war kein signifi- kanter Unterschied erkennbar. Bei neun Patien- ten mit H 2-RA-refraktären (800 mg Cimetidin, 300 mg Ranitidin oder 40 mg Famotidin) Ulcera

— Mindestdauer der H 2-RA-Therapie drei Mo- nate — heilten die Geschwüre innerhalb von zwei bis sechs Wochen unter zusätzlicher Behandlung mit Ofloxacin (2x 200 mg Tarivid®), bei allen konnte in antralen Biopsien C. p. nachgewiesen werden.

Der bioptisch-mikrobiologische Nachweis von C. p. kann am Tage der endoskopischen Entnahme mikroskopisch und immunfluores- zenzmikroskopisch erfolgen, der mikroskopi-

sche Nachweis erfolgt am besten mit der Silber- imprägnierung nach Warthin-Starry. Ein indi- rekter Test (CLO-Test) nützt die Urease-Aktivi- tät des C. p. Der kulturelle Nachweis von C. p.

erfordert mehrere Tage, am besten geeignet sind Biopsiepartikel (anaerobes Transportme- dium, spezielle Nährböden!). Wie weit dem se- rologischen oder histologischen Nachweis von Antikörpern (ELISA-Technik oder passive Hämagglutination) gegen C. p. diagnostisch Be- deutung zukommt, müßte erst noch geklärt wer- den; Kinder und Jugendliche haben keine oder niedrige Antikörper-Titer.

Die Gesamtheit der bisher ermittelten Indi- zien läßt noch kein abschließendes Urteil über die Bedeutung von C. p. in der Pathogenese des peptischen Ulkus und der Typ-B-Gastritis zu, es muß daher noch offenbleiben, ob der neue Keim lediglich ein Opportunist ist oder ob diesem eine pathogenetische Bedeutung bei der Entstehung von Ulkus und Gastritis zukommt Zunächst wirken die vorliegenden Daten irritierend („a galactic intruder into gastroenterology" , in Goodwin et al.), sie werden die Diskussion über die Pathogenese peptischer Ulzera und der aku- ten und chronischen Gastritis beleben.

Anschrift der Verfasser:

Professor Dr. med. Rudolf Ottenjann Dr. med. Ekkehard Bayerdörffer

Städtisches Krankenhaus München-Neuperlach 1. Medizinische Abteilung (Schwerpunkt Gastroenterologie und Hepatologie) Oskar-Maria-Graf-Ring 51

8000 München 83

Literatur

1. Connor, H. J. 0., Dixon, M. F., Wyatt, J. I. et al.: Effect of duodenal ulcer surgery and enterogastric reflux an campylo- bacter pyloridis. Lancet 1986/11, 1178-1181

2. Goodwin, C. S., Armstrong, J. A., Marshall, B. J.: Campylo- bacter pyloridis, gastritis, and peptic ulceration. J. Clin. Path.

39 (1986), 353-365

3. Hazell, S. L., Lee, A.: Campylobacter pyloridis, urease, hy- drogen ion back diffusion, and gastric ulcers, Lancet 1986/11, 15-17

4. Hazell, S. L., Lee, A., Brady, L. et al.: Campylobacter pylori- dis and gastritis: association with intercellular spaces and ad- aptation to an environment of mucus as important factors in colonization of the gastric epithelium. J. Infect. Dis. 153 (1986) 658-663

5. Kasper, G., Dickgießer, N.: Klinische Bedeutung, Epidemio- logie und Laboratoriumsdiagnostik von Campylobacter pylori- dis. Immunität und Infektion 2 (1986), 58-62

6. Marshall, B. J.: Campylobacter pyloridis and Gastritis, J. In- fect. Dis. 153 (1986) 650-657

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