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Archiv "Das Entfernen von Tätowierungen als sozialmedizinische Aufgabe" (16.04.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

ÜBERSICHTSAUFSATZ

D

as Einbringen von Farbparti- keln durch spitze Gegenstän- de in die Haut zur Erzielung eines dauerhaften Bildes ist wahr- scheinlich so alt wie die Mensch- heit. Die ersten Zeugnisse finden sich aus der Zeit des Neolithi- kums, die ersten schriftlichen Mit- teilungen im Alten Testament:

„Sie sollen auch keine Platte ma- chen auf ihrem Haupt, noch ihren Bart scheren und an ihrem Leib kein Mal stechen" (3. Moses 21,5).

Ihren Ursprung hatten die Täto- wierungen in rituellen oder religiö- sen Motiven. Ihre Träger hatten bestimmte rechtliche oder politi- sche Funktionen und waren be- züglich ihres Stammes, ihres so- zialen Status und unter Umstän- den auch bezüglich ihrer Tapfer- keit im Kampf eindeutig erkennbar und allgemein akzeptiert (16, 18, 31)*).

In früheren Jahrhunderten kamen den Tätowierungen also wichtige Funktionen zu; sie wurden —außer aus rein ästhetischen Gründen — hauptsächlich zur Kennzeichnung bestimmter Personengruppen be- nutzt, die meist dem Adel ange- hörten. Bei einigen Völkern wur- den aber auch Hörige oder Skla- ven auf diese Weise „markiert".

Zur Zeit der Antike war die Sitte, den Körper mit Ornamenten zu schmücken, sowohl in Zentral- amerika als auch im gesamten Mit-

telmeerraum verbreitet. Dokumen- te über bleibende Körperzeich- nungen finden sich bei den Inkas, Mayas und Azteken, aber auch bei den europäischen „Barbarenvöl- kern", den Briten, Skythen, Pikten und Thrakern. Bekannt sind eben- falls Darstellungen bei den Ägyp- tern, Libyern, Syrern und Griechen.

Der zunehmende Einfluß des Chri- stentums zur Zeit Kaiser Konstan- tins führte zu einer Zurückdrän- gung des Tätowierens; die Körper- zeichnungen sah man als Relikte aus barbarischer Zeit an, in der sie die Träger als „magische Schutz- mittel" vor der Einwirkung böser Geister schützen sollten. Später wurden religiöse Motive jedoch als „Zugehörigkeitszeichen" ge- duldet. So steht denn auch im Neuen Testament: „ ... die hatten seinen Namen und den Namen sei- nes Vaters geschrieben an ihrer Stirn" (Offenb. Joh. 14,1).

Europäische Missionare sollen diese Kunst nach Ostasien und in der Südsee verbreitet haben, wo sie allgemein großen Anklang fand. Insbesondere die Maoris Neuseelands entwickelten ein ei- genes Muster, das „Moko-Design"

mit exzessiven Ornamenten im Gesicht und am Rumpf, welches sich in kurzer Zeit über die Süd- seeinseln ausbreitete.

Der britische Kapitän James Cook lernte die Technik des Tätowie-

Tätowierungen können eine schwere psychische und soziale Belastung darstellen. Bei Krimi- nellen, Drogen- und Alkoholab- hängigen ist die Entfernung die- ser „Gruppenkennzeichen" eine unumgängliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Rehabi- litation. Die Entfernung von Tä- towierungen ist in der überwie- genden Mehrzahl der Fälle mit guten oder befriedigenden Ergeb- nissen ambulant unter Beibehalt der Arbeitsfähigkeit möglich.

rens im 18. Jahrhundert auf einer seiner Entdeckungsreisen bei den Eingeborenen Polynesiens ken- nen; seine Matrosen machten sie erneut in der Alten Welt bekannt.

Vom tahitischen „Tatau" — was so- viel wie „Wunden schlagen" be- deutet — soll auch das englische

„tatoo" (Tätowierung) abgeleitet sein. Es wird auch onomatopo- etisch (klangnachahmend) vom Geräusch „ta ta ta" der Tätowier- instrumente hergeleitet. Diese be- standen aus nadel- oder kamm- artigen knöchernen Instrumenten, auf welche mit einem Holzstab ge- schlagen wurde, um mit den Zak- ken des Knochens den dort aufge- tragenen Farbstoff in die Haut zu bringen.

Im 19. Jahrundert waren Tätowie- rungen bei uns sehr beliebt. Das Einstechen von Hautbildern mit dem um 1890 in Amerika entwik- kelten elektrischen Tätowierappa- rat war bei Mitgliedern vieler Ge- sellschaftsschichten und aller Al- tersklassen Europas sehr populär geworden.

Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die Tätowierungssucht solche Formen angenommen, daß man sich zum Beispiel 1922 in England dazu entschloß, ein gesetzliches Tätowierverbot für Mädchen unter 21 Jahren zu erlassen (26).

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Das Entfernen von Tätowierungen als sozialmedizinische Aufgabe

Wilfried Schmeller und Wolfgang Frank

Aus der Klinik für Dermatologie und Venerologie (Direktor: Professor Dr. med. Helmut Heinrich Wolff) der Medizinischen Universität zu Lübeck

sowie aus dem Landeskrankenhaus Neustadt/Holstein (Direktor: Ltd. Medizinaldirektor Dr. med. Bernhard Schulze)

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 16 vom 16. April 1986 (77) 1129

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Abbildungen: In zehn ambulanten Sitzungen wurden die Laientätowierungen dieses Mannes mittels Dermabrasion in Lokalanästhesie entfernt; lediglich die strichförmi- gen Markierungen der lateralen Augenwinkel wurden exzidiert

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Das Entfernen von Tätowierungen

Zur Zeit des nationalsozialisti- schen Reiches wurde jüdischen Häftlingen in Konzentrationsla- gern die Gefangenennummer und ein Dreieck als Abkürzung des Zionssterns auf den linken Unter- arm tätowiert. Seit 1941 gehörten auch die Angehörigen der „SS"- Einheiten zu den zwangsweise Tä- towierten; sie mußten sich ihre Blutgruppe auf die Innenseite des linken Oberarms tätowieren las- sen, oft in Ergänzung mit einem Hakenkreuz.

Mit Ende des Zweiten Weltkrieges hat jedoch die Tätowierungsmode

in den meisten Gesellschafts- schichten deutlich nachgelassen.

Gesellschaftliche Probleme der Tätowierten heute

Im Gegensatz zu früheren Zeiten haben Tätowierungen bei uns heutzutage keinen hohen Stellen- wert mehr. Vielmehr werden ihre Träger meist von der Umwelt ab- gelehnt oder doch zumindest in die Kategorie des gesellschaft- lichen Außenseiters eingestuft.

Dies erklärt sich nicht zuletzt aus den Persönlichkeitsmerkmalen,

die man bei der überwiegenden Mehrzahl der Tätowierten antrifft.

Der größte Teil der Tätowierten er- wirbt die Hautbilder während oder kurz nach der Pubertät. Auffallen- de Gemeinsamkeit dieser Gruppe ist ein niedriges schulisches Lei- stungsniveau — meist allenfalls nur mit Hauptschulabschluß — und ei- ne geringe berufliche Qualifika- tion.

Auffällig sind der meist stark er- höhte Alkoholkonsum und eine oft ausgeprägte Nachahmungsten- denz negativen Verhaltens (13).

Bei vielen Tätowierten findet sich zusätzlich eine abnorme Persön-

lichkeitsentwicklung.

Die heute dominierenden Motive für den Erwerb von Tätowierun- gen scheinen in der Antike unbe- kannt gewesen zu sein.

Als Erklärung werden von den Be- troffenen retrospektiv unter ande- rem Unüberlegtheit, Leichtsinn, Nachahmungstrieb und Geltungs- bedürfnis angegeben (20). Sowohl die Lust zum Imponieren (15), als auch die Langeweile beim Straf- vollzug und der Wunsch nach Ak-

zeptanz innerhalb bestimmter Gruppen („Banden") gelten als wesentliche und fördernde Mo- mente.

Die soziale Bedeutung der Täto- wierungen wird vor allem in einer stabilisierenden Funktion als Er- kennungszeichen für Randgrup- pen und Individuen mit abwei- chendem Verhalten gesehen (21).

Die Hautbilder sind allerdings auch als Manifestation einer retar- dierten Persönlichkeit (1) oder als Ausdruck narzißtisch-autoeroti- scher Neigungen (2) interpretiert worden.

Bezüglich der für die Tätowierung verwandten Motive finden sich ne- ben ich-bezogenen narzistischen Symbolen (Kraft- und Heldenmoti- ve) hauptsächlich partnerbezoge- ne (Vornamen, Herzen, Ringe) oder gruppenorientierte Embleme (Seemannsmotive, Zunftzeichen) (13). Auch Darstellungen ero- tischen beziehungsweise porno- graphischen Inhalts und soge- nannte anarchistische Demonstra- tionen (Totenköpfe, Spinnen, Hen- ker, Pennertränen) nehmen einen großen Raum ein.

Die Hautbilder finden sich vor- nehmlich an den Unterarmen, sel- tener an den Oberarmen oder am Rumpf; Tätowierungen an Hals und Gesicht sind selten, an Brust- warzen, Gesäß und Geschlechts- teilen (Intimtätowierungen) nur vereinzelt zu finden. Die Häufig- keit Tätowierter innerhalb der männlichen Bevölkerung liegt in der Größenordnung von 5 bis 15 Prozent (13).

Entfernen der Tätowierung unterstützt gesellschaftlichen Eingliederungsprozeß

Da über 90 Prozent der Tätowie- rungen ihrem Inhalt nach geeignet sind, bei Mitmenschen negative Regungen zu provozieren (22), wünscht etwa die Hälfte der Täto- wierten im Laufe des Lebens eine Entfernung der Hautbilder (19).

Dies tritt häufig zum Zeitpunkt der 1130 (78) Heft 16 vom 16. April 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Das Entfernen von Tätowierungen

Eingliederung in das Berufsleben oder beim Kontakt mit einem neu- en Lebenspartner auf. Die Identifi- kation mit einer Gruppe, deren Mitgliedschaft er während des Reifungsprozesses im Zwiespalt zwischen Anpassung und Rebel- lion suchte, ist für den Tätowierten im späteren Leben oft peinlich, manchmal unerträglich (6).

Schwierigkeiten bei der gesell- schaftlichen Eingliederung und insbesondere bei der Resozialisie- rung von Strafentlassenen können bei den Betroffenen zu einem von der Umwelt oft nicht bewußt wahr- genommenen erheblichen Lei- densdruck führen und den Erfolg zeitaufwendiger therapeutischer Maßnahmen unmöglich machen.

Die Entfernung von Tätowierun- gen ist daher keine begleitende Bagatellmaßnahme, sondern soll- te als ein für die weitere psychi- sche und soziale Entwicklung des

Patienten unumgängliches Thera- piekonzept von vornherein in den Behandlungsplan aufgenommen werden.

Methoden zum Entfernen der Tätowierungen

Die Zahl der tätowierten Patienten, die den Arzt mit der Bitte um Hilfe bei der Entfernung ihrer Hautbil- der aufsuchen, scheint zuzuneh- men (8). Meist wird der Dermatolo- ge, manchmal auch der Chirurg oder der Plastische Chirurg, auf- gesucht. Die Frage der Kostendek- kung wird uneinheitlich beantwor- tet und je nach Bundesland und Krankenkasse von Fall zu Fall un- terschiedlich geregelt.

Die Entfernung von Tätowierun- gen wird heute hauptsächlich mit- tels Dermabrasion („Schleifung") in Lokalanästhesie durchgeführt (6, 8, 10, 11, 12, 29). In Einzelfällen hat sich auch eine flache Hautent- nahme mit dem Dermatom be- währt. Kleinere Herde können ex- zidiert werden. Die Lasertherapie von Tätowierungen konnte sich nach anfänglichem Enthusiasmus wegen der oft hypertrophen Nar-

benbildung in Form des Tätowie- rungsmusters nicht durchsetzen und ist heute weitgehend wieder aufgegeben worden (14, 30).

Bei professionellen Tätowierun- gen — bei denen das Pigment mit- tels einer elektrischen Tätowier- maschine gleichmäßig in das obe- re und mittlere Korium einge- bracht wird — ist eine Dermabra- sion meist problemlos durchführ- bar. Demgegenüber muß bei Lai- entätowierungen — die „per Hand"

mit einer Nadel eingestochen wer- den und bei denen das Pigment auch in das tiefe Korium bezie- hungsweise in das subkutane Fett- gewebe gebracht wird — die Derm- abrasion tiefer durchgeführt wer- den. Dies bringt die Gefahr der Narbenbildung und der Hypopig- mentierung mit sich; auch bleiben unter Umständen noch Resttäto- wierungen erhalten.

Trotz dieser Tatsache ist es fast immer sinnvoll, einen Therapiever- such durchzuführen. Das Entfer- nen oder Unkenntlichmachen der Tätowierung bedeutet für den Trä- ger das Ende einer Standortmar- kierung als gesellschaftlicher Au- ßenseiter und wird von der Umwelt als Zeichen des Übertritts in neue soziale Beziehungen erwartet und verstanden (6). Die alleinige Aus- schaltung dieser Markierung selbst ist natürlich nur eine flan- kierende — oft jedoch unumgäng- liche — Maßnahme der Rehabilita- tion.

Kasuistik

Bei dem 40jährigen Patienten (Ab- bildungen) bestanden neben aus- gedehnten Tätowierungen an den Extremitäten entstellende Darstel- lungen im Gesichtsbereich. Es handelte sich sowohl um Bilder pornographischen und anarchisti- schen Inhalts, als auch um Grup- penzugehörigkeitssymbole zu po- litischen und gesellschaftlichen Randgruppen.

Die Körperbilder entstanden vor dem Hintergrund einer dissozialen

Entwicklung während eines mehr- jährigen Aufenthaltes in einer Strafvollzugsanstalt im dritten Le- bensjahrzehnt. Eine im Sinne ei- ner Nachreifung einsetzende Krankheitseinsicht führte während der Haftzeit zu einer Gruppen- therapie, mit deren Hilfe der Pa- tient eine bestehende Tranquili- zersucht ablegen konnte.

Nach der Haftzeit begab er sich in ambulante psychiatrische Be- handlung; er litt zu dieser Zeit an den Folgen eines langjährigen, zum Teil exzessiven Alkoholmiß- brauchs mit beginnender vegetati- ver Entzugssymptomatik. Die zu- nehmende Bewußtwerdung seiner aggressiven Tendenzen bewirkte einen erheblichen Leidensdruck, welcher zur Aufnahme in die Ab- teilung für Spezielle Rehabilitation des Landeskrankenhauses Neu- stadt/Holstein führte. Die in Ansät- zen vorhandenen Fähigkeiten zur Änderung konnten hier aufgegrif- fen und gemeinsam mit dem Pa- tienten fortgeführt werden.

Mit der Frage der Tätowierungs- entfernung wurde der Patient in der Klinik für Dermatologie und Venerologie der Medizinischen Universität zu Lübeck vorgestellt.

Vorausgegangen war eine psych- iatrische Stellungnahme sowie ei- ne vertrauensärztliche Begutach- tung. Unter der Voraussetzung, die operative Entfernung in Zu- sammenhang mit weiteren rehabi- litativen Maßnahmen zu stellen, wurden die Therapiekosten von dem Krankenversicherungsträger übernommen.

Innerhalb eines Zeitraumes von ei- nem Jahr wurden in insgesamt zehn ambulant durchgeführten Sitzungen die Laientätowierungen mittels Dermabrasion in Lokal- anästhesie entfernt; lediglich die strichförmigen Markierungen der lateralen Augenwinkel wurden in der Klinik für Augenheilkunde der Medizinischen Universität zu Lü- beck exzidiert.

Durch die erfolgreiche Behand- lung wurde das Aussehen des Pa- Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 16 vom 16. April 1986 (81) 1133

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Tätowierungen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

FÜR SIE GELESEN

tienten deutlich verbessert. Die veränderte Reaktion seiner Um- welt gab ihm in seiner Wahrneh- mung einen neuen sozialen Stel- lenwert. In Ergänzung mit den durchgeführten weiteren Thera- piemaßnahmen — derzeit noch un- ter Zuhilfenahme sozialpsychiatri- scher Institutionen — haben sich somit die Chancen einer Resoziali- sierung wesentlich verbessert.

Abschließend muß gesagt werden, daß Therapieergebnisse, wie das hier vorgestellte, neben ausrei- chender Erfahrung mit der Tech- nik der Dermabrasion ein großes zeitliches und emotionelles Enga- gement vom Arzt — und auch vom Patienten — verlangen. Man sollte sich ferner darüber im klaren sein, daß bei der Behandlung von Täto- wierten trotz guter Erfolge bei der Entfernung des Hautbildes in Ein- zelfällen die Ergebnisse bei der Resozialisierung unbefriedigend bleiben können.

Literaturauswahl

Bosse, K.; Teichmann, A. T.: Die Tätowierung—

Motiv und Motivation. Z. Kosmetik in Wiss. u.

Praxis 5 (1972) 174-177 — Engelhardt, D. von:

Das Bild auf der menschlichen Haut. Motiv und Motive der Tätowierung (1972). Moos, Mün- chen. — Friederich, H. C.; Willmund, G.: Entfer- nung von Tätowierungen. Dtsch. Arztebl. 5 (1974) 296-299 — Köstler, E.: Zur Persönlich- keit des tätowierten Jugendlichen — ein Bei- trag zur Prophylaxe von Tätowierungen. Der- matol. Monatsschr. 167 (1981) 486-491 — Lej- mann, K.: Beitrag zur Kenntnis des Selbsttäto- wierens der Jugendlichen. Hautarzt 17 (1966) 266-267 — Levy, J.; Sewell, M.; Goldstein, N: A short history of tattooing. J. Derm. Surg. On- col. 5 (1979) 851-856 — Prinz, L: Ein Beitrag zur Tätowierungsproblematik. Z. ärztl. Fortbild. 71 (1977) 718-720 — Schönfeld, W.: Körperbema- len — Brandmarken — Tätowieren. Nach grie- chischen. römischen Schriftstellern, Dichtern, neuzeitlichen Veröffentlichungen und eige- nen Erfahrungen, vorzüglich in Europa. Dr. Al- fred Hüthing, Heidelberg (1960)

Vollständiges Literaturverzeichnis im Sonderdruck, zu beziehen beim Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Wilfried Schmeller Oberarzt

Klinik für Dermatologie und Venerologie

Medizinische Universität zu Lübeck

Ratzeburger Allee 160 2400 Lübeck 1

Erfahrungen aus einem Massenunfall

In der Nähe von Erfurt entgleiste am 11. Juni 1981 der Schnellzug von Düsseldorf nach Karl-Marx- Stadt. 96 Personen wurden ver- letzt, von denen 40 der chirurgi- schen Klinik der Medizinischen Akademie Erfurt zugewiesen wur- den. Jetzt berichtet einer der da- mals beteiligten Ärzte über die Er- fahrungen, die aus diesem „Mas- senunfall" gewonnen wurden.

Die Kapazitäten der Klinik und der Poliklinik sind nicht überfordert gewesen, da zehn Prozent der Bet- ten frei waren, aber nur fünf Pro- zent benötigt wurden. Die Patien- ten wurden im Verlauf von zwei- einhalb Stunden eingeliefert. In dieser Zeit kamen teils spontan, teils telefonisch alarmiert 22 Ärzte und Schwestern zusätzlich zum vorhandenen Personal. Unerläß- liche Maßnahmen bei einem Mas- senunfall ist die „Einstufung", die nach Möglichkeit vorn erfahren- sten der vorhandenen Ärzte vorge- nommen werden sollte. Sie erfor- dert einen Zeitaufwand von drei bis fünf Minuten pro Patient.

Wahrscheinlich ist etwas Ähn- liches auch schon am Unfallort vorgenommen worden. Der Autor schließt dies daraus, daß offen- sichtlich zielgerichtet Patienten mit Schädel-Hirn-Verletzungen in diese Klinik transportiert wurden, die eine neurochirurgische Sta- tion besitzt.

Die Erfahrungen des Massenun- falls belegen, daß detaillierte Ein- satzpläne mit der Festlegung von Einstufungs-, Schock-, Reanima- tions- und Operationsgruppen stets vorhanden sein sollten; daß ferner das Personal-Alarmierungs- system verbessert werden sollte;

daß medizinische Hilfeleistungen unter Ausnahmebedingungen, spezielle Kenntnisse und Fertig- keiten sowie Organisationsprinzi- pien verstärkt in der chirurgischen Facharztweiterbildung vermittelt werden müssen; daß aber bei aller Spezialisierung das chirurgische

Basiswissen und -können gepflegt werden muß und daß neue Wege für die Dokumentation gefunden werden müssen — es erwies sich als nachteilig, daß die Patienten ohne jede begleitende Information eingeliefert wurden. Der Autor empfiehlt deshalb, daß den vor- handenen Notfall-Sets vorbereite- te und durchnumerierte Informa- tionskarten beigegeben werden.

Von den vierzig Patienten konnten 20 ambulant versorgt werden. Es gab keinen Todesfall. bt

Voigtsberger, P.; Graner, G.; Junghanns, R.:

Die medizinische Versorgung des Massenun- falls Erfurt-Bischleben 1981 — Bewährungssi- tuation für die Klinik und Poliklinik für Chirur- gie der Medizinischen Akademie Erfurt. Z.

Klin. Med. 40 (1985) 1903-1906.

MR. Doz. Dr. sc. med. Peter Voigtsberger, Me- dizinische Akademie Erfurt, Karthäuserstraße 37, DDR-5020 Erfurt.

Embolektomie

so bald wie möglich

Die Diagnose des akuten arteriel- len Extremitätenverschlusses läßt sich allein auf Grund der Anamne- se und klinischen Untersuchung stellen. Trotz einer typischen Symptomatik mit akut einsetzen- dem Schmerz, Blässe, Pulsverlust, Sensibilitätsstörung und Läh- mung kamen nur 34 Prozent der Patienten innerhalb der ersten fünf Stunden zur Behandlung. Die Letalität betrug bei 121 Embolek- tomien 29,5 Prozent. Entschei- dend für die Prognose sind die Dauer der Symptomatik, die Loka- lisation des Verschlusses, das Ausmaß der begleitenden Arterio- sklerose und das Alter. Die Auto- ren kamen zu dem Schluß, daß auch nach Überschreiten der Zehnstundenfrist eine Embolekto- mie gerechtfertigt ist. Die Progno- se kann jedoch nur durch eine ra- sche und sichere Diagnosestel- lung durch den erstbehandelnden Arzt mit frühzeitiger Embolekto- mie mittels Fogartykatheter ver- bessert werden. btg

Böttger, Th., Schröder, D., Ungeheuer, E.:

Münch. med. Wschr. 127 (1985) 28,714-717 — Dr. Thomas Böttger, 6 Frankfurt/Main, Tornow- straße 17

1134 (82) Heft 16 vom 16. April 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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