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Archiv "Ausgewogene Substratversorgung durch Fleischverzehr: Mögliche gesundheitliche Risiken des Fleischverzehrs" (24.07.1998)

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unterscheidet sich übrigens nicht we- sentlich (7). Langjährige Vegetarier weisen eine bessere Zinkverwertung als Nichtvegetarier auf. Verzehrsstudi- en zeigten, daß keine Mangelerschei- nungen nachweisbar waren (7). Die Jodversorgung kann durch den Ver- zehr von Algen, der bei Vegetariern häufiger als bei Nichtvegetariern in un- serem Kulturkreis zu finden ist, besser sein als beim Bevölkerungsdurch- schnitt. Die Jodausscheidung bei Schü- lern lag bei Verwendung von Jodsalz um 6,6 mcg/Tag, bei wöchentlichem Seefischverzehr um 5 mcg/Tag und bei Konsum von 500 ml Milch pro Tag um 13 mcg/Tag höher als der Durchschnitt (6). 100 g Wakame-Algen enthalten 10 mg Jod, 100 g Algen der Sorte Kombu sogar 100 mg; diese Lebensmittel müs- sen nach unserem Lebensmittelrecht einen Warnhinweis über den hohen Jodgehalt aufweisen (2). Demnach kann auch ohne oder gerade ohne Fleisch die Jodversorgung besser als der Durchschnitt sein. Kalzium wird durch eine Fleischkost eher negativ be- einflußt. Ein Mehr an Protein zieht auch einen höheren Kalziumbedarf nach sich. Fleisch weist eine schlechte Kalzium-Phosphat-Relation auf, Mus- kelfleisch vom Schwein immerhin 1:64!

Diese Relation sollte jedoch für die Gesamtzufuhr 1:1 sein (1, 4). Die menschliche Ernährung stellt „eine dürftige Quelle“ für Vitamin D dar (1).

Regelmäßige Aufenthalte im Freien sind eine sinnvollere Maßnahme.

š Die Empfehlung von Rapsöl verwundert, da es sich wegen des Eru- casäuregehaltes durchweg um raffi- niertes Öl handelt, das in den Verkauf kommt. Häufiges Kochen mit Rapsöl geht mit einem höheren Risiko für Lungenkrebs einher (3).

› Auf die Risiken Schadstoffbe- lastung im Fleisch (Antibiotika, Mast- hilfen, Hormone, akkumulierte Um- weltgifte), ökologische Folgen des überhöhten Fleischverzehrs, Übertra- gung von Salmonellen, EHEC, Toxo- plasmose, Wurmerkrankungen geht der Artikel nicht ein. Warum eigent- lich nicht?

œ Auch ich meine, daß ein ho- her Kenntnisstand und eine sehr be- wußte Lebensmittelauswahl notwen- dig sind. Aber dies gilt auch für Nicht- vegetarier. Bei 56 bis 86 Prozent der Vegetarier sind gesundheitliche Grün-

de für die Wahl der Ernährungsform wichtig, so daß eine bewußte Wahl getroffen wurde (9). Im Rahmen ei- ner solchen Wahl wird sich stärker mit ernährungsphysiologischen Pro- blemen auseinandergesetzt, als wenn diese Wahl nicht stattfindet.

 Ausgangslage des Artikels sind vegetarische Extremformen, die zu Mangelzuständen führen können und auch geführt haben. Daraus wird eine Gefährdung der vegetarischen Ernährung insgesamt abgeleitet. Der Durchschnitt der Vegetarier ernährt sich aber nicht nach Extremformen, wie zum Beispiel Makrobiotik Stufe 7 nach Ohsawa, wie sich auch der Durch- schnitt der Nichtvegetarier nicht aus- schließlich von roher Leber ernährt.

Wegen der Schadstoffbelastung tieri- scher Lebensmittel ist ein Verzicht sinnvoll. Über eine Supplementierung bestimmter Gruppen muß diskutiert werden, immerhin wird das Futter von Schlachtvieh auch supplementiert.

Wahrscheinlich werden zukünftige Ernährungsempfehlungen generell Supplementierungen beinhalten; ich denke da an Antioxidantien gegen den umweltbedingten oxidativen Streß.

Literatur beim Verfasser Dr. med. Lothar M. Kirsch Chemnitzer Straße 36· 51067 Köln

Die Autoren dieses Beitrages ver- treten die Ansicht, daß für bestimmte Bevölkerungsgruppen eine bedarfs- deckende Eisen-, Zink- und Vitamin- B12-Versorgung nur durch den Verzehr von Fleisch sicherzustellen sei. Dabei wird auf die möglichen negativen ge- sundheitlichen Auswirkungen eines hohen Fleischverzehrs nur beiläufig eingegangen und zwischen den ver- schiedenen fleischlosen Ernährungs- formen nicht ädaquat differenziert.

Wir teilen die Meinung der Auto- ren, daß Außenseiterdiäten wie die Makrobiotische Ernährungsweise oder strikt veganische Ernährungsformen zu gesundheitlichen Schäden führen kön- nen. Die ungenaue Abgrenzung der ovo-lakto-vegetarischen von der vega-

nischen Ernährungsweise hat auch in der Vergangenheit zu ihrer ungerecht- fertigt negativen Bewertung beigetra- gen. Diese Ernährungsform ist jedoch durch eine hohe Aufnahme an pflanzli- chen Lebensmitteln und damit an kom- plexen Kohlenhydraten, Ballaststof- fen, Folsäure und ungesättigten Fett- säuren gekennzeichnet. Da die Haupt- gefahren einer fehlerhaften Ernährung jedoch in westlichen Industriestaaten weniger in der Entwicklung eines mani- festen Eisen-, Zink- oder Vitamin-B12- Mangels liegen, sondern vielmehr un- strittig in der Begünstigung von Über- gewicht, Atherosklerose und Diabetes, erweist man der gesundheitlichen Auf- klärung der Bevölkerung einen Bären- dienst, indem man die ovo-lakto-vege- tabile Ernährungsweise mit der vegani- schen Ernährungsweise gleichsetzt und ablehnt.

Darüber hinaus wird in den letzten Jahren die Höhe der wünschenswerten Eisenaufnahme differenzierter bewer- tet. Eine zu hohe Eisenversorgung birgt für viele Menschen die Gefahr der Ent- wicklung einer Hämochromatose. Die- se Erkrankung ist die weitaus häufigste genetische Erkrankung mit einer He- terozygotenrate von 1 in 10 und mani- festiert sich in Abhängigkeit von der Eisenzufuhr in der Nahrung (1, 2). In unseren Breiten hat der Eisenverlust durch Parasiten glücklicherweise keine Bedeutung mehr, und die sehr hohe Zufuhr von Vitamin C (das heutzutage unter anderem als technischer Hilfs- stoff angewendet wird und daher auch in Lebensmitteln vorhanden ist, die natürlicherweise kein Vitamin C ent- halten) führt zu einer guten Eisenre- sorption aus der Nahrung. Die tägliche Zufuhr liegt daher zumindest bei Männern meist über dem Bedarf (Ernährungsbericht der DGE 1996).

Daher ist eine Gefährdung dieser Per- sonengruppe durch die Empfehlung ei- nes hohen Fleischkonsums möglich.

Risikogruppen für einen Eisenmangel hingegen (Jugendliche, Schwangere, Frauen mit hohen Blutverlusten während der Menstruation) sind leicht identifizierbar und auf die Notwendig- keit einer ausreichenden Eisenzufuhr hinzuweisen. Das Problem der Eisenü- berladung hat in einigen Ländern be- reits zu einer Veränderung der Zufuhr- empfehlungen geführt. So geben die nordischen Länder eine Höchstgrenze A-1851

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 30, 24. Juli 1998 (43) DISKUSSION

Mögliche gesundheitliche

Risiken des Fleischverzehrs

(2)

A-1852

M E D I Z I N

(44) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 30, 24. Juli 1998 für die Eisenaufnahme an und weisen

auch darauf hin, daß diese Höchstgren- ze wahrscheinlich noch gesenkt werden muß (3). Da die Eisenüberladung schleichend beginnt und zunächst asymptomatisch verläuft, ist ihre Dia- gnose schwieriger zu stellen als die des Eisenmangels. Für die Diagnose des Eisenmangels stehen Laborparameter mit einer hohen Spezifität und Sensiti- vität zur Verfügung. Hierzu zählen die Bestimmung von Ferritin, des Transfer- rinrezeptors, des Erythrozytenpor- phyrins und der Transferrinsättigung (4, 5). Für die Diagnose eines Eisen- mangels nicht geeignet ist die Serumei- senbestimmung.

Am Rand erwähnen möchten wir die möglichen Fallstricke bei einer Übertragung von Ergebnissen, die in Gruppen mit einem ausgeprägten Mangel von Mikronährstoffen aus so- zio-ökonomischen Ursachen erhoben wurden, auf unsere Bevölkerung. Wei- ter bestehen auch Hinweise auf deutli- che ethnische Unterschiede. So war zwar in den USA die Hämoglobinkon- zentration bei Schwarzen niedriger, aber ihr Ferritin (und andere Marker der Eisenversorgung) war deutlich höher als bei Kaukasiern (6). Diese Da- ten deuten auf eine unterschiedliche Regulation des Eisenstoffwechsels in verschiedenen ethnischen Gruppen hin und mahnen auch zur Vorsicht bei der Bewertung von Ergebnissen, die in an- deren ethnischen Gruppen erhoben wurden.

Bei der Bewertung des Karzinom- risikos durch Fleisch sollten auch die Karzinogene berücksichtigt werden, die bei den für die Fleischzubereitung üblichen hohen Temperaturen aus Aminosäuren und dem Kreatin des Muskels entstehen. Diese heterozykli- schen Amine wurden mit Magenkrebs sowie mit Darm-, Pankreas-, Prostata- und Brustkrebs in Zusammenhang ge- bracht (7). Diese Verbindungen entste- hen nicht bei der Zubereitung von pflanzlichen Nahrungsmitteln. Das Na- tional Cancer Institute der US-Regie- rung empfiehlt daher, den Bratensatz zu verwerfen und Fleisch nicht durch Grillen oder Braten zuzubereiten, um die Exposition mit heterozyklischen Aminen zu vermindern. Daher kann Fleischverzehr sicherlich nicht als der

„sicherste Weg einer vollwertigen Ernährung“ empfohlen werden.

DISKUSSION

Literatur bei den Verfassern Dr. med. Matthias Orth Dr. oec. troph. Jutta Dierkes Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie

Universitätsklinikum Magdeburg Leipziger Str. 44 · 39120 Magdeburg

Als niedergelassener Kinderarzt bin ich von einigen meiner Patientenel- tern auf diesen Artikel angesprochen worden, die sich Sorgen wegen einer möglichen psychomotorischen Retar- dierung ihrer Kinder machten, da sie kein oder nur wenig Fleisch an ihre Säuglinge fütterten. In dem Artikel wird der Eindruck erweckt, daß bereits bei „mildem Eisenmangel der ZNS- Stoffwechsel gestört“ werden kann.

Säuglinge mit Eisenmangel zeigten ei- ne „signifikant schlechtere psychomo- torische Entwicklung“. Die Quelle, die als Beleg dazu angeführt wurde, sagt aber das genaue Gegenteil! (Walter T,

Pediatrics, 1989 Jul; 84: 1). Dort wird explizit gesagt, daß sich die psycho- motorische Entwicklungsverzögerung nur bei einer Anämie unter 10,5 g/dl zeige. Milder Eisenmangel ohne Anä- mie zeigte keine Unterschiede zur Kontrollgruppe ohne Eisenmangel („these results suggest . . . that when iron deficiency progresses to anemia, but not before, adverse influences in the performance of developmental tests appear and persist“). Ein Unter- schied nach Therapie mit Eisen oder Plazebo zwischen der nichtanämischen Eisenmangelgruppe und der Nichtei- senmangelgruppe ließ sich nicht fest- stellen. Solange Kinder keine Anämie haben, erscheint mir die Therapie eines bloßen Laborbefundes, der auf einen Eisenmangel hindeutet, nicht gerecht- fertigt. Eltern sollten auf den positiven Nutzen von Fleisch hingewiesen wer- den, aber nicht dazu gedrängt werden, mit Widerwillen Fleisch an ihre Kinder zu füttern.

Michael Kleppe Kinderarzt

Schubertstraße 7 · 28209 Bremen

Das Ziel des Artikels war die sach- liche Darstellung möglicher physiologi- scher Vorteile einer gemischten Ernäh- rungsweise, die unter anderem auch Fisch und Fleisch enthält. Angeregt zu diesem Artikel wurden wir einerseits durch die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Störun- gen des Aminosäurestoffwechsels wie zum Beispiel einer Phenylketonurie, die aufgrund ihrer Erkrankungen nur geringe Mengen natürlicher Eiweiße tolerieren und darum auf eiweißreiche Lebensmittel einschließlich Fleisch und Fleischwaren verzichten müssen (11).

Bei diesen Patienten sind klinisch rele- vante Nachteile der jahrelangen, strikt begrenzten Diät zu beobachten (1, 2, 5, 8, 10). Des weiteren sind wir in den letz- ten Jahren zunehmend mit Schädigun- gen bei Kindern konfrontiert worden, die aufgrund sogenannter alternativer Überzeugungen sehr einseitigen Er- nährungsformen ausgesetzt waren (6, 12). Auch in der alltäglichen ärztlichen Beratung erleben wir eine zunehmende

Besorgnis junger Familien gegenüber einem Fleischverzehr, wobei anderer- seits mögliche physiologische Vorteile oft nicht gesehen werden. Übereinstim- mend mit den Leserbriefen kamen wir zur Schlußfolgerung, daß eine ausge- wogene vegetarische Ernährungsweise bei entsprechendem Wissensstand für gesunde Schulkinder, Adoleszenten und Erwachsene eine bedarfsdeckende Substratzufuhr gewährleisten kann. Ei- nig sind wir auch darin, daß die in Deutschland durchschnittlich prakti- zierte Ernährungsweise unausgewogen erscheint und eine insgesamt höhere Zufuhr an Kohlenhydraten und pflanz- lichen Lebensmitteln wünschenswert ist. Auch stimmen wir darin überein, daß verschiedene publizierte Untersu- chungen einige gesundheitliche Vortei- le bei Gruppen von Vegetariern im Ver- gleich zu Kontrollpopulationen berich- tet haben. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß sich Vegetarier und Nichtvegetarier in Industrielän- dern neben der Ernährungsweise in der Regel auch hinsichtlich anderer ge- sundheitsrelevanter Parameter wie Ta- bak- und Alkoholkonsum und körper-

Eltern in Sorge

Schlußwort

(3)

A-1853

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 30, 24. Juli 1998 (45) liche Aktivität unterscheiden. Da für

eine hochwertige vegetarische Ernäh- rungsweise ein hoher Kenntnisstand und eine bewußte Speisenauswahl er- forderlich ist, sehen wir jedoch für die Bevölkerung insgesamt und insbeson- dere auch für einzelne Risikogruppen (Säuglinge und Kleinkinder, Schwan- gere, stark menstruierende Frauen, Leistungssportler und Senioren) die in unserem Artikel im einzelnen ausge- führten Vorteile einer gemischten Er- nährung, die auch mäßige Mengen an Fleisch und Fisch enthält.

Wir respektieren die von Dr. Eck- hardt angesprochenen ethisch-weltan- schaulichen Gesichtspunkte, deren Diskussion allerdings den uns gesteck- ten Rahmen der naturwissenschaftlich orientierten Auseinandersetzung mit den gesundheitlichen Auswirkungen der Substratversorgung überschreitet.

Persönlich halten wir jedoch in Über- einstimmung mit Dr. Eckhardt eine artgerechte Haltung von mit einem Großhirn ausgestatteten Lebewesen für notwendig. Mit dem Verzehr von Fleisch aus artgerechter Tierhaltung kann auch das Risiko einer erhöhten Belastung mit Rückständen angewand- ter Antibiotika und Hormonen, wie sie Herr Dr. Kirsch anspricht, verringert werden. In diesem Zusammenhang soll jedoch darauf hingewiesen werden, daß auch pflanzliche Produkte gesund- heitsschädliche Stoffe enthalten kön- nen; so stammt zum Beispiel das mit der Nahrung aufgenommene Cadmi- um überwiegend aus pflanzlichen Le- bensmitteln (9). Der Nitratgehalt kann in den lichtarmen Frühjahrs- und Herbstmonaten vor allem in Frisch- gemüse, Kopfsalat und Spinat mehr als 5 000 mg/kg (Frischsubstanz) betragen (Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1996). Auch die von Dr. Kirsch ange- führten jodhaltigen Algen können stark belastet sein, beispielsweise mit Quecksilber. Auch ist der Jodgehalt in diesen Lebensmitteln stark schwan- kend. Die Vorteile der Zufuhr von Fleischwaren für die Versorgung mit Eisen und Zink wurden in unserem Ar- tikel diskutiert und sind in der Literatur gut belegt, so daß wir die Fakten hier nicht noch einmal wiederholen müssen.

Tatsächlich läßt sich experimentell die von Dr. Eckhardt angesprochene Hem- mung der Kalziumresorption durch Kasein zeigen; nichtsdestoweniger ist

der Verzehr von (kaseinreicher) Milch und von Milchprodukten stärker als je- des andere Lebensmittel mit der Auf- nahme gut bioverfügbaren Kalziums und einer verbesserten Knochenmine- ralisation assoziiert (7).

Der von Dr. Kirsch in Frage ge- stellte Rückgang des Fleischverzehrs beträgt für Rindfleisch in Deutschland zwischen 1991 und 1996 mehr als 26 Prozent (Bundeslandwirtschaftsmini- sterium, persönliche Mitteilung). Wir sind mit ihm darin einig, daß eine hypo- chrome Anämie am Ende eines Spek- trums der Eisenversorgung auftritt, welche – wie in unserer Arbeit ausge- führt ist – eben nicht normal verteilt ist.

Ganz zweifellos steigt das Risiko einer hypochromen Anämie in einer Popula- tion mit abnehmenden Eisenspeichern, wie wir es auch bei Patienten beobach- ten, aber selbstverständlich muß eine vegetarische Ernährung nicht zwangs- läufig in jedem Fall zu Veränderungen des Blutbildes führen. Die Frage der Vitamin-B12-Versorgung ist keines- wegs ungeklärt, sondern der Einfluß der Ernährungsweise ist durch zahlrei- che Untersuchungen gut belegt (12).

Wir stimmen mit Dr. Kirsch überein und haben dies auch in unserem Arti- kel ausgeführt, daß aus lakto-vegetari- scher Ernährung in der Regel eine gute Vitamin-B12-Versorgung resultiert, sie dagegen bei veganischer Ernährung unzureichend ist. Tatsächlich ist die Proteinzufuhr in der Regel nicht limi- tierend; allerdings ist die Proteinqua- lität der Lebensmittel eine wichtige Va- riable, und insbesondere Risikogrup- pen mit sehr hohem Bedarf (Säuglinge, Schwangere) können in marginale Versorgungssituationen geraten. Die geäußerten Bedenken gegen Rapsöl sind überholt, da heute für die mensch- liche Ernährung nur noch Sorten mit niedrigem Gehalt an Erucasäure (low erucic acid rapeseed oil) eingesetzt werden. Die ebenfalls enthaltenen Senfölglukosinolate werden unmittel- bar bei der Zerkleinerung der Samen durch die Thioglukosidasewirkung hy- drolysiert und zu Estern der Isothio- cyansäure umgelagert. Die freigesetz- ten flüchtigen Verbindungen haben nachteilige Wirkungen auf die Gesund- heit, den Geschmack und die Fetthär- tung. Durch geeignete Konditionie- rungsschritte können die an der Spal- tung der Glukosinolate beteiligten

Thioglukosidasen inaktiviert werden.

Bei der Raffination der Öle werden die in geringen Mengen dennoch gebilde- ten flüchtigen Schwefelverbindungen vollständig beseitigt. Des weiteren bemüht man sich um glukosinolatarme Raps- und Rübensorten (3).

Dr. Orth und Dr. Dierkes weisen auf das Problem einer bei Männern oft zu hohen Eisenzufuhr hin. Eine mögli- che Eisenüberladung ist nicht der allei- nige Grund dafür, daß wir nur einen mäßigen Fleischverzehr (zwei- bis drei- mal pro Woche 120 bis 150 g) empfeh- len. Ein hoher Fleischkonsum kann in Verbindung mit einer hohen Zufuhr an tierischen Fetten zu einem erhöhten Kolonkarzinomrisiko führen und uner- wünscht hohe Cholesterin- und Purin- aufnahmen bedingen (13).

Wir stimmen mit Herrn Kleppe überein, daß vor allem eine Eisenman- gelanämie zu einer beeinträchtigten psychomotorischen Entwicklung führt.

Ein Eisenmangel ohne Anämie verur- sacht bei Tieren veränderte neurologi- sche Funktionen, bei Kindern ist je- doch eine Kausalität für die hier in ver- schiedenen Studien beobachtete gerin- gere psychomotorische Leistungsfähig- keit bei Eisenmangel ohne Anämie nicht bewiesen, nicht zuletzt weil zahl- reiche mit einem Eisenmangel assozi- ierte confounder-Faktoren (zum Bei- spiel niedriger sozioökonomischer Sta- tus) die Interpretation erschweren.

Selbstverständlich sollte man nicht al- lein Laborbefunde therapieren, aber gerade hinsichtlich des frühen Kindes- alters sollten Eltern auf den Nutzen des Fleischverzehrs für eine optimale Sub- stratversorgung hingewiesen werden, wie es auch das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund emp- fiehlt (zwei- bis dreimal pro Woche eine Fleischmahlzeit). Lehnen die Eltern die Gabe von Fleisch aus grundsätzli- chen Erwägungen ab, so sollten bei der Auswahl der Beikost eisenangereicher- te Produkte mit in den Speiseplan auf- genommen werden.

Literatur bei den Verfassern Dipl. oec. troph. Franziska Feldl Prof. Dr. med. Berthold Koletzko Kinderpoliklinik

Klinikum Innenstadt der Ludwig-Maximilians-Universität Pettenkoferstraße 8 a · 80336 München DISKUSSION

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