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lemtuzumab (MabCam- path®) ist der erste hu- manisierte monoklona- le Antikörper mit einer Zu- lassung für die Behandlung der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL). Der Anti- körper bindet selektiv an das CD52-Antigen, das auf jeder CLL-Zelle mit etwa 400 000 Molekülen vorkommt, und löst so die Lyse der Tumorzel- len aus. Die Zulassung gilt derzeit für die rezidivierte und refraktäre B-CLL. Aktuelle Studien untersuchen zudem die Eignung des Antikörpers als Erstlinien-Therapeutikum, andere Therapieschemata ei- ne Kombination mit Fluda- rabinphosphat und auch die subkutane Anwendung von Alemtuzumab.Die Standard-Behandlung mit Alemtuzumab sieht an aufeinander folgenden Tagen die Gabe von drei, zehn und 30 Milligramm vor, gefolgt von dreimal wöchentlich 30 Milligramm über eine Dauer von vier bis zwölf Wochen.
In einer Phase-II-Studie am Centre Hospitalier Lyon-Sud ist untersucht worden, inwie- weit ein Erhaltungstherapie- schema das Ergebnis verbes- sern kann.
Mit neuem Schema weniger Zytopenien
Hierzu wurden Patienten, bei denen infolge der Standard- Anwendung eine partielle Re- mission erzielt worden war, weiterhin mit Alemtuzumab behandelt. Die Häufigkeit der Gaben wurde hierbei gesenkt:
zunächst erfolgte sie vier Wo- chen lang ein- bis zweimal wöchentlich, danach nur noch viermal je Monat. Eine Ver- gleichsgruppe wurde lediglich nach dem Standardschema (dreimal wöchentlich 30 mg) behandelt. Im Rahmen der Erhaltungstherapie wurde ei- ne Responsrate von 80 Pro- zent erzielt (Vergleichsgrup- pe: 50 Prozent), die Zeit bis zum Fortschreiten der Krank- heit betrug 9,5 Monate (sechs Monate), der Median der Überlebenszeit lag bei mehr als 11,5 Monaten (5,6 Mona- ten). Das neue Schema senkte
– gegenüber der Vergleichs- gruppe – außerdem die Häu- figkeit der Zytopenien.
Eine Machbarkeitsstudie zur direkten Kombination von Fludarabinphosphat (Fluda- ra®) und Alemtuzumab ist an der Universität zu Köln durch- geführt worden. Hier ging es um eine Zweitlinientherapie bei rezidivierten oder refrak- tären CLL-Patienten. Dabei wurden den Patienten vier Zyklen mit jeweils 30 mg/
m2/d Fludarabinphosphat und 30 Milligramm Alemtuzumab an drei aufeinander folgen- den Tagen alle vier Wochen verabreicht.
Die Responsrate lag bei 86 Prozent. Obwohl es sich um mehrfach vorbehandelte Pa- tienten handelte, wurde bei neun der 14 Patienten eine Komplettremission beobach- tet. Die Nebenwirkungen tra- ten vor allem bei der ersten Gabe von Alemtuzumab auf, erwiesen sich aber als mode- rat und handhabbar.
Besonderer Vorteil dieser Kombination: Die Infusion findet nur an drei Tagen im Monat statt, während die Pa- tienten beim Alemtuzumab- Standard dreimal in der Wo- che zur Behandlung müssen.
Zugleich kommt diese Kom- binationstherapie gegenüber der bisherigen Standardan- wendung mit einem Viertel der Antikörpermenge aus –
„mit Vorteilen für die Ver- träglichkeit“, wie der Studi- enleiter, Prof.Andreas Engert (Universität Köln), betont.
Eine Phase-II-Studie hat eine CLL-Erstlinientherapie mit Fludarabinphosphat, ge- folgt von einer konsolidieren- den Behandlung mit Alemtu- zumab, untersucht. Vier Mo- nate lang wurde monatlich an
fünf aufeinander folgenden Tagen Fludarabinphosphat in- travenös gegeben (25 mg/
m2/d). Zwei Monate nach Ab- schluss dieser Chemotherapie wurden alle Patienten, deren Zustand stabil oder verbes- sert war, sechs Wochen lang dreimal wöchentlich intrave- nös mit 30 Milligramm Alem- tuzumab behandelt.
Auch subkutane Injektion von Alemtuzumab
Um Infektionen vorzubeu- gen, erhielten diese Patienten zudem Trimethoprim-Sulfa- methoxazol DS und Aciclo- vir. Unter den 39 Patienten, die den vollen Behandlungs- zyklus durchliefen, lag die Responsrate bei 92 Prozent, die vollständige Remission bei 36 Prozent. Bezogen auf die gesamte Patientenzahl zu Beginn der Studie, lag die Ra- te der vollständigen Remissi- on bei 25 Prozent, die gesam- te Responsrate bei 65 Pro- zent. Zwölf Patienten muss- ten während oder nach der Alemtuzumab-Therapie gegen Infektionen (Grad 3 oder 4) behandelt werden.
Ob Alemtuzumab im Rah- men der Konsolidierung auch subkutan verabreicht werden kann, untersuchte unter an- derem eine Studie am Os- pedale Niguarda Ca’ Granda in Mailand. Hierzu wurden zwölf CLL-Patienten, bei de- nen mit Fludarabinphosphat ein partieller Respons er- zielt worden war, sechs Wo- chen lang dreimal wöchent- lich bis zu zehn Milligramm Alemtuzumab subkutan inji- ziert. Zugleich wurden Aci- clovir und Cotrimoxazol als Infektionsprophylaxe verab- reicht.
Am Ende wiesen neun Pa- tienten eine komplette Re- mission auf. Nebenwirkungen beschränkten sich vor allem auf fünf Fälle von Zytomega- lie, die bei vier Patienten mit Ganciclovir erfolgreich be- handelt werden konnte. Die Studie legt nahe, dass die sub- kutane Gabe von Alemtuzu- mab gut wirksam ist und zu- gleich das Ausmaß an Neben- wirkungen begrenzen kann.
Speziell mit der hämatolo- gischen Erholung nach eben- falls subkutaner Gabe von Alemtuzumab hat sich eine Multicenterstudie an Klini- ken in Schweden und Groß- britannien befasst. Hier wa- ren 43 zuvor unbehandelte und 13 chemotherapie-refrak- täre B-CLL-Patienten mit Alemtuzumab zwölf bis 18 Wochen lang behandelt wor- den. Die Responsrate in der zuvor unbehandelten Gruppe lag bei 87 Prozent (komplette Remission: 19 Prozent), in der Gruppe der bereits vorbehan- delten refraktären Patienten bei 62 Prozent (komplette Remission: 31 Prozent).
Die Aufzeichnung der hä- matologischen Parameter er- gab, dass Grad-III/IV-Neutro- penien und -Thrombozytope- nien auftreten können, aber von kurzer Dauer und rever- sibel sind. Zuvor unbehandel- te Patienten hatten etwa zwei Monate nach der ersten Be- handlung wieder Normalwer- te erreicht. Bei 86 Prozent der Patienten war keine Gabe von Wachstumsfaktoren not- wendig.
Der Vorteil der subkuta- nen Applikation wird in ei- ner geringeren Rate an infu- sions-assoziierten Nebenwir- kungen – wie Schüttelfrost oder Hypotonie – gesehen.
Derzeit prüft die CLL2H- Studie der Deutschen CLL- Studiengruppe die subkutane Applikation von Alemtuzu- mab bei fludarabinphosphat- refraktären CLL-Patienten (siehe auch unter www.dcllsg.
de). Dr. med. Karl Hübner
Symposium von Schering Medoc anläss- lich des Jahrestreffens der American So- ciety of Hematology (ASH) in Philadel- phia/USA
V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1221. März 2003 AA797
Antikörper Alemtuzumab
Mehrere Therapieregime werden derzeit geprüft
Neben verschiedenen Kombinationen wird die Eignung als Erstlinien-Therapeutikum untersucht.
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