V A R I A
A
A2406 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 363. September 2004
Etwa drei bis vier Prozent der Einwohner in Deutschland leiden an Atopien, viele an atopischer Dermatitis (Neuro- dermitis). Etwa acht Prozent haben eine extrinsische oder allergische Form mit erhöhten IgE-Titern sowie positivem Rast- und Prick-Test. Hierbei sind neben genetischer Dispo- sition Provokationsfaktoren (Allergene) die Auslöser. Die Ursache der intrinsischen oder endogenen Form der atopi- schen Dermatitis ist noch weitgehend unbekannt. Als Auslöser von Neurodermitis- schüben würden neben Aller- genen auch Irritationen gel- ten, wie zum Beispiel häufiges Duschen, bestimmte Kleidung, Nahrungsmittel, übertriebene Hygiene, psychische Faktoren und Infektionen, erläuterte Prof. Ulrich Wahn (Berlin) in München. Dabei spielen In- fektionen der Haut mit Sta- phylococcus aureus oder mit dem Hefepilz Pityrosporum ovale eine wichtige Rolle.
Die ersten Krankheitsma- nifestationen der atopischen Dermatitis zeigen sich im Säuglingsalter. Erst ein Jahr danach oder noch später ent- wickelt sich eine Sensibilisie- rung gegen Inhalationsantige-
ne, die zum Asthma bronchia- le führen kann. Daher muss der Pädiater im ersten bis drit- ten Lebensjahr des kleinen Patienten den „atopischen Marsch“ hin zum Asthma ver- hindern. In großen Multicen- terstudien soll gezeigt werden, dass ein frühzeitiges und ef- fektives Langzeitmanagement der atopischen Dermatitis die Inzidenz einer Atemwegsall- ergie senken kann.
In der SAM-Studie (Study Atopic March) wird die Lang- zeitwirkung des Calcineurin- Inhibitors Pimecrolimus (Eli- del®, Novartis Pharma) auf die Entwicklung der Ato- pie untersucht. Von Pime- crolimus wird ein präventi- ver Effekt erwartet, weil die Substanz die intrazelluläre Expression des Transskripti- onsfaktors NF-AT (Nuclear Factor of Activated T-Cells) und in der Folge auch die Synthese der Zytokine IL-2, IL-4, IL-10 und TFN-gamma deutlich verringert. Außer- dem unterdrückt sie über ei- nen FC-Rezeptor die Syn- these von TNF-alpha und die Freisetzung präformier- ter Entzündungsmediatoren wie Serotonin und Hexosami- nidase. Siegfried Hoc
Atopische Dermatitis
Den Weg zur Atemwegs- allergie verhindern
Unternehmen
Eine Reihe von Tumoren ex- primieren Rezeptoren für den
„epidermal growth factor“
(EGF). Sie bieten sich an für den Einsatz des EGFR-Anti- körpers Cetuximab. Dazu ge- hören das kolorektale Karzi- nom, Kopf-Hals-Tumoren und das nichtkleinzellige Bronchi- alkarzinom. Zur Therapie des EGFR-positiven metastasier- ten kolorektalen Karzinoms wurde Cetuximab (Erbitux®) zugelassen, und zwar in Kom- bination mit Irinotecan für Pa- tienten, bei denen eine vorhe- rige Therapie unter Einschluss von Irinotecan versagt hat.
Ausschlaggebend für die Zulassung war die BOND- Studie (Bowel Oncology with Cetuximab Antibody), in der mit der Kombination von Ce- tuximab und Irinotecan bei 55,5 Prozent der vorbehandel- ten Patienten zumindest ein Stillstand des Tumorwachs- tums erreicht werden konnte.
„Cetuximab ist die erste Sub- stanz, die die Resistenz der Tu- morzellen überwinden kann“, kommentierte Prof. Dr. Hans- jochen Wilke (Essen) in Mün- chen die Daten.
Mehrere
Indikationsgebiete
Beim Kongress der Ameri- kanischen Krebsgesellschaft wurden Studienergebnisse vor- gestellt, in denen Cetuxi- mab in Kombination mit dem FOLFOX-4-Schema (Oxali- platin, Folinsäure, 5-FU) oder mit dem FOLFIRI-Schema (Irinotecan, Folinsäure und 5-FU) in der First-line-Che- motherapie eingesetzt wurde.
Die Responseraten in der First-line-Therapie liegen zwi- schen 50 und 80 Prozent, nur fünf bis zehn Prozent der Pa- tienten zeigen eine primäre Progression. Ein kleiner Teil sprach so gut an, dass se- kundär noch eine Tumorre-
sektion durchgeführt werden konnte.
Für Patienten mit platinre- fraktären Kopf-Hals-Tumo- ren biete die Kombination von Cisplatin oder Carbo- platin mit Cetuximab neue Chancen, betonte Prof. Claus- Henning Köhne (Dresden).
In Phase-II-Studien wurden Tumorkontrollraten bis fast 50 Prozent gefunden und eine deutliche Verlängerung der Überlebenszeit.
Als eine der aufregendsten Neuigkeiten bezeichnete Köh- ne eine Phase-III-Studie, in der die primäre Strahlentherapie von 424 Patienten mit Kopf- Hals-Tumoren mit Cetuximab ergänzt wurde. Man erreichte damit eine Verbesserung der lokoregionalen Tumorkontrol- le und der Überlebensraten.
Die mittlere Gesamtüberle- benszeit verdoppelte sich na- hezu von 28 auf 54 Monate.
Ein weiteres Indikations- gebiet für Cetuximab sind nichtkleinzellige Bronchial- karzinome. Patienten mit pla- tinrefraktärem nichtkleinzel- ligen Bronchialkarzinom ha- ben bisher kaum Optionen, ihre zu erwartende Überle- benszeit von drei bis fünf Mo- naten zu verlängern.
In die LUCAS-Studie (Lung Cancer Cetuximab Study) wur- den 72 Patienten mit EGFR- positivem Bronchialkarzinom im Stadium IIIb oder IV eingeschlossen. Eine Gruppe erhielt Cetuximab, Cisplatin und Vinorelbin, die Kontroll- gruppe nur Cisplatin und Vinorelbin. Die Kombinati- on führte zu einer Remissi- onsrate von 53,3 Prozent, während dies mit der Che- motherapie ohne Cetuximab nur in 32,5 Prozent erreicht wurde. Dr. med. Angelika Bischoff
Launch-Pressekonferenz „Neue Studien- daten zum EGFR-Antikörper Cetuximab“
in München, Veranstalter: Merck KGaA