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Chirurgie von Kopf-Hals-Tumoren

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J. Moratin, M. Engel, J. Hoffmann, C. Freudlsperger.1 1Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Heidelberg.

15. November 2019

Chirurgie von Kopf-Hals-Tumoren

Die chirurgische Therapie von Kopf-Hals-Tumoren hat die möglichst dauerhafte Kontrolle der Erkrankung sowie den Erhalt bzw. die Wiederherstellung von Form und Funktion des jeweiligen Organsystems zum Ziel. Zentrales Kriterium ist hierbei die Lebensqualität der betroffenen Patienten.

Neben lokalen Verschlussplastiken bei kleineren Defekten stehen besonders bei ausgedehntem Gewebeverlust im Bereich kritischer anatomischer Strukturen eine Reihe mikrovaskulärer Transplantate (freie Lappen) zur Rekonstruktion von verlorenem Weichgewebe und Knochen zur Verfügung. Insbesondere bei Defekten im Bereich des Ober- und Unterkiefers sowie des

Mittelgesichts sollte soweit möglich die knöcherne Integrität wiederhergestellt werden, um eine funktionelle Rehabilitation der Kau-, Schluck- und Sprechfunktion zu ermöglichen.

Unter Kopf-Hals-Tumoren versteht man eine Gruppe maligner Erkrankungen der Haut des Kopfs sowie der Schleimhäute von Mundhöhle, Rachen und Kehlkopf. In über 90% der Fälle handelt es sich hierbei um Plattenepithelkarzinome (squamous cell carcinoma, SCC). Insgesamt bilden Plattenepithelkarzinome des Kopf-Hals-Bereichs (HNSCC) die sechsthäufigste Gruppe maligner Erkrankungen weltweit (1). Für das Jahr 2018 berichtete das Robert-Koch-Institut von 13.700 neuerkrankten Patienten in Deutschland mit einer Zwei-Drittel-Dominanz von Männern (2).

 

Die Pathogenese von Kopf-Hals-Tumoren ist – wie die zugrunde liegende Biologie – sehr heterogen.

Während die Malignome der Kopf- und Gesichtshaut in erster Linie durch UV-Strahlung verursacht werden, stehen bei der Entstehung von SCC der Schleimhäute der Konsum von Tabakwaren und Alkohol sowie im Bereich des Rachens und Kehlkopfs die Infektion mit dem Humanen Papillomavirus (HPV) als Hauptrisikofaktoren im Vordergrund (3-5).

 

Die Entstehung maligner Tumoren vollzieht sich häufig über sog. Vorläuferläsionen wie z.B. die aktinische Keratose oder die orale Leukoplakie (6, 7). Diese können im Rahmen von Routinekontrollen durch den betreuenden Haus-, Haut- oder Zahnarzt potenziell früh erkannt und der Patient einer entsprechenden Behandlung zugeführt werden. Der Früherkennung durch regelmäßige Inspektion kommt somit eine zentrale Bedeutung im Hinblick auf eine erfolgreiche Therapie zu.

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Tumoren des Kopf-Hals-Bereichs betreffen häufig mehrere anatomische Einheiten und führen neben ästhetischen Einbußen in vielen Fällen auch zum partiellen oder vollständigen Funktionsverlust benachbarter Organ-systeme. Im Bereich der am häufigsten befallenen Lokalisationen Mundhöhle, Rachen und Kehlkopf betrifft dies insbesondere die Sprech-, Kau- und Schluckfunktion. Eine

Beeinträchtigung dieser grundlegenden Funktionen durch den Tumor oder durch therapeutische Maßnahmen wie einer ablativen Tumorchirurgie bedeutet daher mitunter einen massiven Einschnitt in die Lebensqualität der betroffenen Patienten sowie deren soziales Umfeld. Während im Falle einer dauerhaften Unfähigkeit zur peroralen Nahrungsaufnahme die Anlage eines perkutanen Gastrostomas (PEG) notwendig werden kann, sind andere Patienten möglicherweise auf ein permanentes Tracheostoma zur Sicherung der Atemwege angewiesen. Diese Faktoren führen zu einer hohen Ko-Inzidenz an

depressiven Erkrankungen sowie zu einer im Vergleich zu anderen Tumorentitäten deutlich erhöhten Suizidrate bei betroffenen Patienten (8, 9).

 

Die Therapie von Kopf-Hals-Tumoren hat sowohl die dauerhafte Befreiung von der zugrunde liegenden Erkrankung als auch einen möglichst minimalen Verlust an Form, Funktion und folglich an Lebensqualität zum Ziel. Die Therapieplanung sollte dabei immer die individuelle Situation des jeweiligen Patienten berücksichtigen. Hierbei müssen insbesondere der zu erwartende Therapieerfolg und die Belastbarkeit sowie etwaige Vorerkrankungen des Patienten abgewogen werden. Der Therapieerfolg von Kopf-Hals- Tumoren variiert je nach Entität, Lokalisation, Tumorstadium und Therapieverfahren. Für lokalisierte Stadien wurden in den USA für das Jahr 2018 5-Jahres-Überlebensraten von über 80%, für regional oder systemisch fortgeschrittene Tumoren von 30-60% berichtet (10).

 

Während bei fortgeschrittenen Tumoren häufig eine kombinierte Therapie aus operativer Resektion mit anschließender adjuvanter Radio- oder Radiochemotherapie (RCT) erfolgt und bei fehlender Operabilität aufgrund der Lokalisation und Ausdehnung des Tumors oder des Allgemeinzustands des Patienten eine primäre Bestrahlung durchgeführt werden kann, besteht die primäre Therapie – wo immer möglich – in der chirurgischen Tumorresektion gefolgt von einer meist einzeitigen adäquaten Rekonstruktion des verlorenen Gewebes.

 

Von hoher prognostischer Relevanz ist hierbei die Entfernung des Tumors mit sicheren Resektionsgrenzen (11). Die Lymphe des Kopf-Hals-Bereichs wird über verschiedene zervikale

Filterstationen drainiert. In 20-40% der Fälle besteht auch bei unauffälliger Ausgangsbildgebung bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine Metastasierung im Bereich der zervikalen Lymphknoten. Aus diesem Grund sowie zur Planung einer möglicherweise folgenden adjuvanten Therapie wird je nach Tumorlokalisation und -stadium eine ein- oder beidseitige zervikale Lymphadenektomie (Neck Dissection) der am häufigsten betroffenen Lymphknotenstationen nach Robbins et al. empfohlen (12-14). Das früher praktizierte Verfahren der radikalen Neck Dissection wurde in den letzten Jahren zugunsten einer

selektiven Ausräumung der am häufigsten betroffenen Lymphknoten-Gruppen unter Schonung

funktionell relevanter Nachbarstrukturen verlassen. Weitere Kriterien, die zur Entscheidungsfindung bzgl.

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einer adjuvanten Therapie herangezogen werden, beinhalten das pathologische Wachstumsverhalten des Primärtumors mit Invasionstiefe sowie dem Vorliegen von perineuraler, lymphatischer oder vaskulärer Infiltration (15, 16).

   

Lokalrezidive und das Auftreten von lokoregionären und Fernmetastasen stellen die Hauptgründe für tumorbedingtes Versterben bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren dar (16, 17). Während bei einer systemischen Ausbreitung der Erkrankung in den meisten Fällen nur eine palliative Chemo- und/oder Immuntherapie durchgeführt werden kann, sollte auch bei ausgedehnten lokalen Tumorrezidiven des Kopf-Hals-Bereichs eine chirurgische Therapie durchgeführt werden, sofern eine sichere Resektion im Gesunden präoperativ möglich erscheint und eine Strahlentherapie z.B. aufgrund einer bereits erfolgten Radiatio nicht in Frage kommt (18).

 

Zur Rekonstruktion stehen eine Vielzahl verschiedener Techniken zur Verfügung, von denen je nach Defektlokalisation und -größe sowie nach den individuellen anatomischen Gegebenheiten und den Wünschen des Patienten das passende Verfahren auszuwählen ist. Die Wahl des jeweiligen Verfahrens richtet sich nach Ausmaß und Lokalisation des Defekts und kann gemäß der „rekonstruktiven Leiter“ nach Bedarf eskaliert werden (19). Während kleinere Defekte mittels lokaler Exzision und primärem

Wundverschluss versorgt werden können, muss bei größeren Tumoren eine Deckung mittels Spalt- oder Vollhaut-Transplantat oder lokaler Lappenplastiken erfolgen. Bei ausgedehnten Defekten und solchen, bei denen relevante anatomische Strukturen beschädigt oder entfernt werden mussten, erfolgt eine Rekonstruktion i.d.R. mittels freier mikrochirurgisch revaskularisierter Transplantate. So stehen sowohl Transplantate zur Rekonstruktion von Weichgewebe als auch für knöcherne und kombinierte Defekte zur Verfügung. Diese können meist komplikationslos und ohne relevant erhöhten Zeitverlust parallel zur Tumorresektion bzw. Lymphknotenausräumung präpariert werden und weisen im Mittel Erfolgsraten von 90-95% auf (20).

 

Hierbei muss das operative Vorgehen individuell der jeweiligen Situation des Patienten angepasst und präoperativ geplant werden. Im Falle ausgeprägter kardiovaskulärer Vorerkrankungen, ausgedehnter Voroperationen oder einer bereits erfolgten Strahlentherapie ist das operative Vorgehen häufig erschwert (21). In diesen Fällen können lokal gestielte Transplantate wie der Pectoralis-major- oder der Latissimus- dorsi-Lappen eine sinnvolle Therapiealternative darstellen.

 

Je nach betroffener anatomischer Region werden unterschiedliche Anforderungen an das zur

Rekonstruktion verwendete Transplantat gestellt. So ist nach Defektdeckung im Bereich des Mundbodens und der Zunge eine ausreichende Mobilität des eingebrachten Gewebes essenziell für die postoperative Wiederherstellung des Volumens und einer adäquaten Beweglichkeit der Zunge, die als Voraussetzung für das Schlucken sowie die Sprachmodulation anzusehen ist. Nach Tumorresektionen an der

Wangenschleimhaut bedarf es ebenfalls einer ausreichend voluminösen Weichgewebsrekonstruktion, um

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einer durch narbige Strikturen bedingten postoperativen Mundöffnungseinschränkung vorzubeugen.

 

Tumoren im Bereich des Mittelgesichts und des Oberkiefers stellen neben einer funktionellen auch eine ästhetische Herausforderung dar. Brown et al. führten im Jahr 2010 eine Defekt-Klassifikation für den Bereich des Oberkiefers und Mittelgesichts ein. Hier werden neben der genauen Berücksichtigung der Defektlokalisation und Ausdehnung auch Empfehlungen bzgl. des für die jeweilige Rekonstruktion optimalen Transplantats gegeben (22). Während Weichgewebstransplantate zum dichten Verschluss der Mundhöhle gegen den Nasenrachenraum genutzt werden können, ist eine dauerhafte kaufunktionelle Rehabilitation durch Schleimhaut- oder Implantat-getragenen Zahnersatz häufig nur nach knöcherner Rekonstruktion möglich. Defekte im Bereich des Oberkiefers müssen möglichst vollständig verschlossen werden, um eine Abdichtung des Nasen- bzw. Nasenrachenraumes zu gewährleisten und nasale Sprache sowie das Austreten und die Aspiration von Flüssigkeit oder Nahrungsbestandteilen zu verhindern.

Hierbei ist die Defektdeckung mittels freiem Transplantat einer früher meist durchgeführten Versorgung mittels Obturator-Prothese funktionell vorzuziehen (23).

 

Bei Tumoren im Bereich des Unterkiefers ist eine Resektion der Mandibula aufgrund der räumlichen Nähe des Tumors zum Knochen bzw. einer Infiltration desselben häufig unumgänglich. Sofern möglich, sollte die Kontinuität des Unterkiefers durch kastenförmige Resektion erhalten werden. Dies gelingt i.d.R.

bei ausreichend großem Sicherheitsabstand zum Kieferknochen (24). Die im Zuge der Rekonstruktion angestrebte suffiziente Rehabilitation der Kau-, Schluck- und Sprechfunktion ist häufig nur durch knöcherne Transplantate zu erreichen. Die knöcherne Integrität und Kontinuität der Kieferbasen ist außerdem die Voraussetzung für eine spätere kaufunktionelle Rehabilitation unter Verwendung Implantat-getragenen Zahnersatzes. Im Falle älterer und multimorbider Patienten hat sich eine

alloplastische Kieferrekonstruktion mittels präkonturierter Rekonstruktionsplatten in Kombination mit einem voluminösen Weichgebewebstransplantat zum Defektverschluss bewährt. Bei diesem Verfahren besteht jedoch das langfristige Risiko einer Plattenexposition oder eines Plattenbruchs mit folgendem erneuten Interventionsbedarf, sodass nach Möglichkeit die Rekonstruktion mittels freiem knöchernen Transplantat präferiert werden sollte (25).

   

Transplantate zur Rekonstruktion von Weichgewebe  

Trotz der großen Anzahl zur Verfügung stehender Transplantate haben sich für die Verwendung im Kopf- Hals-Bereich einige als besonders effizient erwiesen. So gilt der radiale Unterarmlappen als „Arbeitspferd“

der onkologisch-rekonstruktiven Chirurgie des Kopf-Hals-Bereichs. Seine Vorteile liegen in seiner ausgesprochen guten Modellierbarkeit, einer vergleichsweise kurzen Präparationsdauer sowie kaliberstarker Transplantatgefäße. Er findet häufig bei vergleichsweise kleineren Defekten des Weichgewebes im Bereich der Mundhöhle sowie des Rachens Anwendung (Abb. 1 und 2). Trotz der exponierten Lage des Entnahmeareals sind dauerhafte funktionelle Einschränkungen eher selten und

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werden i.d.R. gut toleriert (26).

 

Eine Alternative bei ausgedehnteren Defekten des Weichgewebes stellt der sog. ALT-Lappen (anterolateral-thigh, anterolateraler Oberschenkel-Lappen) dar (27). Dieses Transplantat kann als muskulo- sowie auch als faszio-kutaner Lappen gehoben werden und zeichnet sich durch geringere Entnahmemorbidität aus. Aufgrund seiner größeren Gewebedicke eignet er sich für voluminöse Defekte.

Ein primärer Wundverschluss des Entnahmeareals gelingt hierbei in den meisten Fällen. Eine in unserer Klinik durchgeführte Studie konnte eine mittlere Transplantatgröße von 67 cm2 bei einer Gefäßstiellänge von 11-16 cm und einer Erfolgsrate von 93% nachweisen (28).

 

Abb. 1: Plattenepithelkarzinom des anterioren Mundbodens (A). Zustand nach operativer Tumorresektion und Defektdeckung mittels mikrovaskulärem Transplantat vom radialen Unterarm (B).

 

Abb. 2: Plattenepithelkarzinom am Zungenrand rechts (A). Postoperativer Zustand mit

eingeheiltem mikrovaskulären Transplantat vom radialen Unterarm (B).

 

Nachlese

„Immuntherapie von Kopf-Hals-Tumoren“

unter www.med4u.org/15528

„Kutanes Plattenepithelkarzinom“

unter www.med4u.org/15529

 

Transplantate zur knöchernen Rekonstruktion  

Zur Rekonstruktion von knöchernen Defekten haben sich im Kopf-Hals-Bereich insbesondere Fibula-, Beckenkamm- und Skapula-Transplantate etabliert. Diese sind avaskulären knöchernen Transplantaten

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hinsichtlich Einheilungsrate, überbrückbarer Defektstrecke, Infektionsrisiko und Langzeitstabilität deutlich überlegen (29-31).

 

Das mikrovaskuläre Fibulatransplantat zeichnet sich durch einen kompakten und stabilen Knochen sowie die Möglichkeit einer langstreckigen Defekt-Überbrückung aus (Abb. 3). Neben dem knöchernen Anteil kann eine bis zu ca. 12x7 cm messende Hautinsel entnommen werden, um angrenzende

Weichgewebsdefekte zu verschließen. Diese müssen allerdings aufgrund der vorliegenden

Gefäßanatomie parallel zur Knochenachse orientiert sein. Es besteht die Möglichkeit, das Transplantat durch Osteotomien zu modellieren und somit auch komplexere anatomische Strukturen wie etwa den Kieferwinkel bzw. das Kiefergelenk zu rekonstruieren (32). Die geringe vertikale Höhe, die insbesondere im Bereich des Unterkiefers zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Versorgung mit Zahnersatz führen kann, wird entweder bei kurzstreckigen Defekten durch Doppelung des eingebrachten Knochens verhindert oder bei Bedarf durch Folge-eingriffe zur knöchernen Augmentation korrigiert (33). Die Darstellung einer genügenden 3-Gefäß-Versorgung der unteren Extremität mittels CT- oder MRT-Angiographie ist ein zwingender Bestandteil der präoperativen Planung, um eine ausreichende Durchblutung sicherzustellen.

 

Abb. 3: Plattenepithelkarzinom im Bereich des Unterkiefers links (A). Intraoraler postoperativer Zustand mit eingeheilter Hautinsel im Unterkiefer links (B). Postoperative

Panoramaschichtaufnahme mit eingebrachtem Fibulatransplantat (C) sowie nach erneuter Augmentation mit freiem Knochen von der Crista iliaca und inserierten Implantaten zur

Verankerung von Zahnersatz (D).

 

Das mikrovaskuläre Beckenkammtransplantat ist im Gegensatz zum Fibulatransplantat v.a. durch eine hohe vertikale Knochenhöhe charakterisiert und eignet sich daher sehr gut für rekonstruktive Eingriffe im Bereich des Unterkiefers (Abb. 4) (34). Das Transplantat wird durch seinen Gefäßstiel aus der A.

circumflexa ileum profunda versorgt und verfügt über 2 muskuläre Anteile, die zur Deckung von Weichgewebsdefekten genutzt werden können. Zu beachten ist die aufgrund der anatomischen Nähe bestehende Gefahr der intraoperativen Verletzung des Peritoneums bzw. intraperitoneal gelegener Organe sowie die postoperative Gefahr von Bauchwandhernien als Folge der partiellen Durchtrennung und Ablösung der Bauchmuskulatur.

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Abb. 4: Plattenepithelkarzinom des Unterkiefers im Bereich eines inserierten Implantats (A).

Präparat nach operativer Resektion (B).

Präoperative Panoramaschichtaufnahme (C).

Panoramaschichtaufnahme nach erfolgter Rekonstruktion mit mikrovaskulärem

Transplantat vom Beckenkamm und Insertion von Implantaten zur Verankerung von Zahnersatz (D).

 

Das an Subskapulargefäßen gestielte Skapulatransplantat dient v.a. zur Deckung von Defekten im Bereich des Oberkiefers (Abb. 5). Neben einem verhältnismäßig langen Gefäßstiel besteht der Vorteil des

Skapulatransplantats in den vielfältigen Variations- und Erweiterungsmöglichkeiten mit angeschlossenen Hautinseln zur Deckung von Weichgewebsdefekten. So können außer dem lateralen Rand der

knöchernen Skapula mit anhängendem muskulokutanen Weichgewebe-Lappen auch noch Anteile der an der A. thoracodorsalis gestielten paraskapulären Weichgewebe und der Angulus inferior der Skapula (sog.

„Scapula tip“) als separates knöchernes Transplantat gehoben werden.

 

Abb. 5: Defektsituation nach Tumorresektion im Oberkiefer links (A). Stereolithographisches Modell zur Darstellung der Defektgröße (B).

Gehobenes Skapulatransplantat und Anpassung an den Defekt (C). Postoperative

Panoramaschichtaufnahme mit osseo-

integriertem Transplantat im Oberkiefer links (D).

Virtuelle implantologische Planung (E). Intraorale Ansicht nach Eingliederung eines

implantatgetragenen Zahnersatzes (F).

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Individualisierte Rekonstruktion mittels Patienten-spezifischer Implantate  

Ausgedehnte Defekte im Bereich komplexer anatomischer Strukturen wie beispielsweise des Kiefergelenks, des Mittelgesichts oder des Orbita-Trichters bedürfen zur Rekonstruktion sowie insbesondere zur Wiederherstellung der Funktion häufig der Zuhilfenahme individuell angefertigter Implantate (sog. Patienten-spezifische Implantate, PSI). Diese werden anhand detailgetreuer

dreidimensionaler Bildgebung durch Spiegelung der nicht betroffenen Gegenseite an die ursprüngliche physiologische Situation angeglichen und erlauben so eine exakte anatomische Konturierung der meist aus Titan bestehenden Implantate. Der Vorteil hierbei liegt in der mit intraoperativ konturierten

Osteosynthesematerialien nicht erreichbaren präzisen Passung, die z.B. im Bereich der Augenhöhle Grundvoraussetzung für eine ungestörte postoperative Augenbeweglichkeit ohne Blickfeldeinschränkung oder Doppelbilder ist.

 

PSI können mit verschiedenen freien Transplantaten kombiniert werden, um so eine optimale

Wiederherstellung von Form und Funktion auch nach ausgedehnten Tumorresektionen zu gewährleisten.

   

Fazit  

Die Chirurgie stellt für die meisten Kopf-Hals-Tumoren nach wie vor die primäre Therapieform dar. Je nach Lokalisation, Entität und Ausdehnung des Primärtumors lassen sich sehr gute bis akzeptable Langzeit-Überlebensraten erzielen, wobei neben dem onkologischen Ergebnis insbesondere auch die Lebensqualität der betroffenen Patienten sowie deren Angehörigen im Zentrum der Therapieplanung stehen sollte. Nach ablativer Tumorchirurgie liegt der Fokus auf einer adäquaten Rekonstruktion des verlorenen Gewebes, um ein optimales ästhetisches sowie funktionelles Ergebnis zu erzielen. Hierzu dienen in den meisten Fällen freie mikrovaskuläre Transplantate, die je nach betroffener Lokalisation und

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Defektausdehnung sowohl zur Rekonstruktion von Weichgewebe als auch von Knochen dienen können.

Ausgedehnte Defektsituationen in anatomisch komplexen Regionen können außerdem unter

Zuhilfenahme von speziellen Patienten-spezifischen Implantaten versorgt werden. Die in der Mund-Kiefer- Gesichtschirurgie besonders wichtige kaufunktionelle Rehabilitation nach Tumoren der Mundhöhle und des Ober- oder Unterkiefers gelingt häufig nur durch adäquate knöcherne Rekonstruktion und die Insertion dentaler Implantate.

   

Es besteht kein Interessenkonflikt.

   

Dr. med. Dr. med. dent.

Julius Moratin  

Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Universitätsklinikum Heidelberg

Im Neuenheimer Feld 400 69120 Heidelberg

 

Tel.: 06221/5634444

E-Mail: julius.moratin@med.uniheidelberg.de

 

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ABSTRACT

J. Moratin, M. Engel, J. Hoffmann, C. Freudlsperger.1 1Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Heidelberg.

 

Tumors of the head and neck region affect the patients in various ways with aesthetics and function in terms of articulation and alimentation being most relevant. Surgical therapy of head and neck squamous cell carcinoma therefore is aiming on achieving a curation whenever possible while limiting adverse treatment effects and preserving or restoring form, function and quality of life in affected patients. Ablative tumor resection leads to a defect situation and while in some cases local wound closure may be regarded as sufficient, free flap reconstruction is the gold standard for larger defects and critical

anatomical areas. While different types of soft-tissue and osseous transplants are available to achieve optimal results, therapy planning should always be adapted to the individual situation and prognosis of the patient.

 

Keywords: Head and neck tumors, squamous cell carcinoma, surgery, reconstruction

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