Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 25|
24. Juni 2011 A 1431 Das Risiko war jedoch ähnlich starkerhöht, wenn als Grundlage der Be- urteilung der BMI, der Taillenum- fang oder das Verhältnis von Tail- len- zu Hüftumfang verwendet wur- den. So betrug bei Personen mit ei- nem BMI ≥ 20 kg/m² die Hazard Ratio für eine kardiovaskuläre Er- krankung 1,23 bei Beurteilung an- hand des BMI, 1,27 bei Beurteilung anhand des Taillenumfangs und 1,25 bei Verwendung des Verhält- nisses von Taillen- zu Hüftumfang.
Nach Adjustierung an den systoli- schen Blutdruck, den Diabetes mel- litus in der Anamnese sowie die Ge- samt- und HDL-Cholesterol-Werte betrugen die entsprechenden HRs
1,07, 1,10 und 1,12. Das kardio- vaskuläre Risiko wird also vor al- lem durch hohen Blutdruck, Diabe- tes mellitus und Fettstoffwechsel- störungen bestimmt. Dennoch darf die Bedeutung des Übergewichts als modifizierbarer Risikofaktor nicht vernachlässigt werden.
Fazit: Die Fettverteilung hat keinen Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko, das Risiko ist für bauch- und hüftbetonte Fettansammlung ähnlich. Die Beziehungen zwischen anthropometrischen Indizes und Morbidität seien allerdings diffe- renziert zu sehen, kommentiert Prof. Dr. med. Manfred Müller, ins-
besondere bei Diabetes mellitus Typ 2. BMI und Taillenumfang sei- en eher für das metabolische, weni- ger für das vaskuläre Risiko prädik- tiv. Ferner gelte es, im Hinblick auf das kardiovaskuläre Risiko zu be- rücksichtigen, dass anthropometri- sche Indizes eher mit Triglycerid- und dem HDL-Spiegel als mit LDL-Werten assoziiert seien.
Dr. rer. nat. Susanne Heinzl
Emerging Risk Factors Collaboration Coordi- nating Centre: Separate and combined asso- ciations of body-mass index and abdominal adiposity with cardiovascular disease: colla - borative analysis of 58 pros pective studies.
Lancet online publiziert am 11. März 2011;
doi: 10.1016/S0140-6736 (11)60105-0.
Lange Organfunktionsraten sind das zentrale Ziel nach Transplanta- tion. Die Induktionstherapie soll frühe Rejektionen vermeiden, denn akute Abstoßungen erhöhen das Ri- siko für chronische Transplantat- verluste. Standard für die Induktion sind Antithymozytenglobulin (ATG) und Basiliximab.
Alemtuzumab, ein Anti-CD- 52-Antikörper, der Lymphozyten depletiert und für die Behandlung von Patienten mit hämatologischen Tumoren zugelassen ist, wurde in einer prospektiven randomisierten Studie mit den Standard-Indukti- onstherapien bei 476 Nierenemp- fängern verglichen. 139 Teilnehmer hatten erhöhte Abstoßungsrisiken durch Verlust eines früheren Trans-
plantats oder präformierte Antikör- per (mindestens 20 % panelreaktive Antikörper). Die Patienten erhielten am Tag der Operation entweder 30 mg Alemtuzumab i.v. (70 Pro- banden aus der Hochrisikogruppe und 164 mit niedrigen Abstoßungs- risiken) oder die konventionelle In- duktion mit Basiliximab bei niedri- gem Risiko (an 3 Tagen). Bei er- höhtem Risiko wurde in der Gruppe der konventionellen Therapie vier- mal ATG verabreicht.
Die Rate biopsiebestätigter aku- ter Rejektionen nach Transplantati- on betrug 6 Monate nach Operation 3 % bei Induktion mit Alemtuzu- mab und 15 % bei konventioneller Induktion. 12 Monate nach Organ- übertragung lagen die Abstoßungs-
raten bei 5 und 17 % (Alemtuzu- mab vs. konventionell), die Unter- schiede waren für beide Zeiträume statistisch hochsignifikant (p <
0,001). Drei Jahre nach Transplan- tation gab es signifikante Unter- schiede in der Rate der biopsie - gesicherten akuten Rejektionen nur noch bei Patienten mit niedrigem Risiko: 10 vs. 22 % (p < 0,003), aber nicht bei Patienten mit erhöh- ten Risiken (18 vs. 15 %).
Fazit: „Diese Studie erlaubt erst- mals die Wertung der klinischen Bedeutung von Alemtuzumab als therapeutische Alternative zur kon- ventionellen Induktionstherapie mit ATG oder Basiliximab“, kommen- tiert Dr. med. Wolfgang Arns (Köln-Merheim). Das Studiende- sign entspreche dem klinischen All- tag und habe dadurch eine besonde- re Bedeutung. Allerdings lasse sich noch keine generelle Empfehlung für Alemtuzumab als Induktion ge- ben, da einerseits das Sicherheits- profil noch nicht eindeutig definiert sei und andererseits die Verschie- bung der Abstoßungsreaktionen in die späte ambulante Phase ein ande- res Therapiemanagement erfordere.
Nach Meinung von Arns ist nun ei- ne Zulassungsstudie anzustreben.
Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze Hanaway MJ et al.: Alemtuzumab induction in renal transplantation. NEJM 2011; 364:
1909–19.
Die Studie wurde von Astellas-Pharma unterstützt.
INDUKTIONSTHERAPIE BEI NIERENTRANSPLANTATION
Alemtuzumab reduziert die Rate akuter Rejektionen
GRAFIK
Kaplan-Meier-Kurven für den Anteil der Patienten ohne akute Abstoßung
Anteil der ereignisfreien Patienten
Zeit nach Transplantation (Tage) 6 Monate
Alemtuzumab
konventionelle Induktion
modifiziert nach: NEJM 2011; 364: 1909–19.
12 Monate 36 Monate