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Archiv "Marker, Malignome und monoklonale Antikörper" (23.03.1984)

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Das Anliegen des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES ist es, nicht nur auf überall anwendbare diagnosti- sche und therapeutische Verfah- ren, sondern auch auf Entwicklun- gen hinzuweisen, die in absehba- rer Zeit über entsprechende Insti- tute oder käufliche Sets große praktische Bedeutung gewinnen dürften. Dazu gehören neben den schon mehrfach besprochenen Fortschritten bei den bildgeben- den Verfahren (Sonographie, Computertomographie, Kernspin- resonanz-Tomographie (NMR) und Emissionstomographie vor al- lem die diagnostische und thera- peutische Anwendung monoklo- naler Antikörper. Über ihre Be- deutung und Entwicklung durch Köhler und Milstein haben wir schon 1981 berichtet.*) Der fol- gende Beitrag stellt eine Über- sicht über neueste amerikanische Entwicklungen dar, die in abseh- barer Zeit beträchtliche diagnosti- sche und therapeutische Bedeu- tung, vor allem bei Tumoren und ihren Metastasen, bekommen dürften. R. Gross, Köln Anläßlich einer Informationsreise nach Philadelphia/USA bot sich Gelegenheit, die onkologische Ar- beitsgruppe am Wistar Institut und die Laboratorien der Firma Centocor zu besuchen, die sich mit der Produktion von tumorcha- rakteristischen monoklonalen An- tikörpern beschäftigen. Wir möch- ten daher über neue Tumormar-

ker für die Diagnostik in vivo und in vitro berichten und in diesem Zusammenhang einige neue Aspekte der Immuntherapie mali- gner Tumoren aufzeigen, weil ge- rade in jüngster Zeit einige neue Tumormarker auf dem Markt er- schienen sind, die sich von den bislang bekannten (Carcinoem- bryonales Antigen [CEA], ot-Fe- toprotein, Tissue polypeptide An- tigen [TPA] usw.) unterscheiden.

Namentlich der Ca-19-9-Tumor- marker bei gastrointestinalen Tu- moren und die Bestimmung des Ca-12-5-Antigens beim Ovarialkar- zinom könnten eine Bereicherung des Instrumentariums der onkolo- gischen Serodiagnostik darstel- len. Die Bereitstellung einer aus- reichenden Menge dieser mono- klonalen Antikörper mit genau de- finierter Spezifität wurde jedoch erst durch die Einführung der Hy- bridisierungstechnik durch Köhler und Milstein möglich (1)*").

Tumorantigene und monoklonale Antikörper

Die Anwendung der monoklona- len Technik zur Herstellung von Antikörpern ermöglichte in der Tumorimmunologie die Entdek- kung einer Anzahl bisher unbe- kannter tumorcharakteristischer Antigene auf der Zelloberfläche oder auch im Serum des Mali- gnomerkrankten. Injiziert man ei- ner Maus eine Anzahl von Tumor- umor-

In einer Übersicht werden ver- schiedene neue monoklonale Antikörper und ihre klinische Bedeutung vorgestellt. Sie reagieren mit Tumorzellanti- genen vom Kohlenhydrattyp und eignen sich, zusammen mit der Bestimmung der bis- her bekannten Tumormarker, gut für die Diagnose und Ver- laufskontrolle einiger Mali- gnome des Menschen, wes- halb sie in die Routinediagno- stik Eingang finden sollten.

zellen (Darstellung 1), so entwik- kelt sie immunreaktive B-Lympho- zyten gegen verschiedene Pro- tein- und Glykokonjugat-Antigene auf den Zellen.

Lymphozyten der Mäusemilz wer- den in einem zweiten Schritt iso- liert und mit Zellen einer geeigne- ten Mutante eines Mäusemyelom- stammes fusioniert. Dieses Vorge- hen führt zu Zellhybriden, welche die Eigenschaft des B-Lymphozy- ten (Produktion spezifischer Anti- körper) und die der Myelomzelle (potentielle Unsterblichkeit und leichte Kultivierbarkeit) vereini- gen. Die Separierung der Hybride und die Klonierung in der Zeltkul- tur führen zu verschiedenen Klo- nen, die jeweils ein bestimmtes Immunglobulin (IgG, IgM) be- stimmter Spezifität produzieren.

In einem weiteren Arbeitsschritt wird die Spezifität der Antikörper zur Ermittlung der tumorspezifi- schen Antikörper bestimmt. Die rasche Vermehrung eines Klones findet dann durch Injektion der Zellen ins Cavum Peritoneum der Maus statt, wobei die Immunglo- buline affinitäts-chromatogra- phisch aus der Aszitesflüssigkeit gereinigt werden.

*) Siehe hierzu auch Gross, R.: Monoklonale Antikörper und Hybridome, Dt. Ärztebl. 78 (1981) 2182 f.

—) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Marker, Malignome

und monoklonale Antikörper

Neue Wege in Diagnostik, Verlaufskontrolle und Therapie maligner Tumoren

Olaf Koch, Gerhard Uhlenbruck und Rudolf Gross

Aus der Abteilung für Experimentelle Innere Medizin (Leiter: Professor Dr. med. Gerhard Uhlenbruck) der Medizinischen Universitätsklinik Köln

(2)

Tumorzell-Linie

1

Fusion

Separation der Zellen und Klonierung

O 0 0 0 O 0 0 0 O 0 0 0

Testung der Klone auf

Produktion von Antikörpern mit Tumorspezifität

Injektion von Zellen des

entsprechenden Klones ins

Isolierung der monoklonalen

Cavum peritonaei einer Maus Antikörper aus der Aszites-Flüssigkeit Immunisierung einer Maus

B Lymphozyten der Mäuse-Milz Maus-Myelom-Zellen

ce

Darstellung 1: Entwicklung immunreaktiver B-Lymphozyten bei einer Maus nach In- jektion von Tumorzellen

Auf diese Weise immunisierte die Arbeitsgruppe um H. Koprowski und Z. Stemplewski am Wistar In- stitut in Philadelphia Mäuse mit menschlichen Kolonkarzinomzel- len (2). Von 19 untersuchten Klo- nen produzierten 15 einen für Ko- lonkarzinomzellen charakteristi- schen Antikörper, der nicht mit CEA kreuzreagierte.

Aus den Ergebnissen dieser und anderer Versuche erwiesen sich die Antikörper der Klone 19-9 und 17-1A als gute Tumormarker. Das Tumorantigen 19-9 wird ins Plas- ma abgegeben und läßt sich dort radioimmunologisch nachweisen (3, 4).

Neuer theoretischer Ansatz bei der Markerforschung

Dr. Stemplewski vom Wistar Insti- tut in Philadelphia legte ein neues Konzept der Tumormarkerfor- schung vor. Da man bislang in er- ster Linie die Serodiagnostik im Auge hatte, suchte man nach Tu- morproteinen und Antigenen, die in möglichst großer Menge im Plasma zu finden waren. Gerade aber die membrangebundenen nicht sezernierten oder durch Shedding (Abstoßung) nicht ins Plasma gelangten Tumorantige- ne, die für die Serodiagnostik kei- ne Bedeutung haben, ermög- lichen es technisch, über ein szin-

tigraphisches Verfahren und un- ter Verwendung radioaktiv-mar- kierter monoklonaler Antikörper eine Tumorlokalisation vorzuneh- men. Mit zytostatikagekoppelten oder an zytotoxische Moleküle ge- bundenen Antikörpern (soge- nannte Immuntoxine) werden die- se über membranintegrierte Anti- gene spezifisch an die Tumorzelle herangebracht und zerstören die- se, ohne vorher im Gefäß ihre Wirksamkeit durch Präzipitation durch zirkulierendes Antigen und Bildung von Immunkomplexen zu verlieren. Siehe hierzu Darstel- lung 2.

Biochemie

des Ca-19-9-Tumorantigens Aus der von Koprowski und Mitar- beitern gefundenen Gruppe von monoklonalen Tumormarkern er- wies sich vor allem der Antikörper NS 19-9 (gegen das Antigen Ca 19-9) in einem hohen Prozentsatz gegenüber den Seren von Patien- ten mit gastrointestinalen Tumo- ren reaktiv (3). Immunhistologisch läßt sich das entsprechende Anti- gen bei etwa 60 Prozent der kolo- rektalen Karzinome nachweisen (5). Eine strenge Korrelation zum Differenzierungsgrad oder zum klinischen Tumorstaging besteht dabei aber nicht. Auch ist es of- fenbar in einigen Fällen möglich, daß die Tumorzelle in der Meta- stase (vor allem Knochenmetasta- se) die Fähigkeit zur Produktion des Ca-19-9-Antigens einbüßt.

Wie alle anderen, bei soliden Tu- moren beschriebenen Marker, ist auch das Ca-19-9-Antigen kein mal ig nonnspezifischer Marker, sondern läßt sich auch in dyspla- stischer Kolonmukosa nachwei- sen, ein Phänomen, wie wir es auch beim CEA finden (5). Das An- tigen kann in größeren Mengen im fetalen Mekonium gefunden wer- den, was seinen Charakter als ein onkofetales Differenzierungsanti- gen unterstreicht.

Die chemische Struktur des im- munodominanten Anteils des Ca- 19-9-Antigens konnte durch Ma- gnani et al. aufgeklärt werden (6) 924 (76) Heft 12 vom 23. März 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

(3)

Tumormarker (Onkofetale Antigene) Monoklonale Antikörper-

MCA

Ins Plasma abgegebene Antigene („Shedding", Sekretion)

z. B.: Ca 12-5, Ca 19-9, CEA Membrangebundene,

zellständige Antigene z. B.: Ca 17-1A

I. Diagnostik C) Radio-Imaging

MCA+J*, MCA+In*

© NMR-Imaging

MCA+Paramagnet. Chelate

1. Serodiagnostik C) Radioimmunoassay C) Enzymimmunoassay

II. Therapie C) Immunotoxine

MCA+Ricin A, MCA+Diphtherie Toxin

© Immuntherapie mit IgG 2a (Maus) (1) Killerzellaktivierung

MCA

Darstellung 2: Tumorlokalisation mittels radioaktiv-markierter monoklonaler Anti- körper

Gal [3 1-3 GIcNAc, (3 1-3 Gal, (3 1-4 GIc [3 1-1 Ceramid (Protein)

a2-3 ui-4

Nena Fuc (Lea)

Darstellung 3: Sialysierte Lacto-N-Fucopentaose II, immunodominantes Hapten des Ca-19-9-Antigens (Sialyl-Lea Antigen) nach Magnani et al. (6) (3). Das Antigen wird durch Einwirkung von Neuraminidase vollständig inaktiviert (unveröffentlichte eigene Versuche zusammen mit C. Dienst)

(Darstellung 3). Das Antigen ist ein reines Kohlenhydratantigen (die bisher serologisch bestimmten Marker sind insgesamt Protein- oder Glykoproteinantigene). Im- munchemisch handelt es sich um die sialysierte (Sialysierung = enzymatische Anknüpfung von N-Acyl-Neuraminsäure) Form ei- nes Blutgruppen-Lewisa-Antigens (Lea), biochemisch ausgedrückt eine Monosialo-Lacto-N-Fucopen- taose II.

Auf das reichliche Vorhandensein von Lea- und Leb-ähnlichen Struk- turen in gastrointestinalen Tumo- ren und in polyfucosylierten Gly- kokonjugat-Antigenen ist bereits in einer früheren Arbeit hingewie- sen worden (7).

Das Antigen liegt in zwei Formen vor, einmal als strukturelles Sphingoglykolipid in der Tumor- zellmembran (Monosialoganglio- sid), zum anderen findet sich das Zuckerhapten in den Kohlenhy- dratstrukturen höhermolekularer Glykoproteine, die ins Plasma ab- gegeben werden und auch hier als Tumormarker bestimmt wer- den können.

Dr. Del Villano von der Firma Cen- tocor, die einen Radioimmunoas- say für den Marker seit einigen Monaten auch in Deutschland an- bietet, gab die Absolutmenge die- ser Glykoproteine mit Nano- gramm pro ml Plasma an (ent- sprechende Veröffentlichung in Vorbereitung). Es handelt sich of- fenbar um hochglykosylierte Se- kretionsproteine, wofür die in der Immunfluoreszenz nachweisbare apikale Polarisation in den Drü- senstrukturen spricht, wie auch das Vorkommen im fetalen Meko- nium. Bislang wurde das Antigen nicht in Immunkomplexen im Plasma gefunden.

Auf das Zustandekommen von

„unphysiologischen" Glykosylie- rungsmustern durch Neosynthese eines fetalen Glykokonjugatmu- sters, durch Syntheseabbruch oder Aufnahme eines alternativen Stoffwechselweges ist bereits in

früheren Arbeiten auch von uns hingewiesen worden (7, 8, 9). Für die Synthese des Antigens ist das Vorhandensein eines entspre- chenden Glykosyltransferasemu- sters notwendig, es ist daher nicht zu erwarten, daß Lea-b-negative Personen (etwa 5 Prozent der Be- völkerung) das Antigen syntheti- sieren können (10).

Klinische Bedeutung des Ca-19-9-Antigens bei gastrointestinalen Tumoren Das Ca-19-9-Antigen ist kein Screening-Marker. Es ist geeignet für die Verlaufs- und Therapiekon- trolle chirurgisch, radiologisch oder zytostatisch behandelter ga- strointestinaler Tumoren. Dr. Ritts

(4)

von der Mayo Klinik berichtete über eine Studie mit 5000 Tumor- patienten, wobei 1600 prospektiv mit dem neuen Marker untersucht werden. Auch kleinere Studien aus dem europäischen Raum lie- gen vor. Erste Ergebnisse wurden auf dem Kongreß der International Society for Oncodevelopmental Biology and Medicine im Septem- ber dieses Jahres in Stockholm vorgetragen (11). Für eine umfas- sende Beurteilung des Markers sind die vorliegenden Ergebnisse noch nicht ausreichend. Die höch- sten Werte für Ca 19-9 finden sich im Plasma bei Pankreas-, Gallen- blasen- und Magenkarzinomen.

Für das Magenkarzinom gilt, daß Frühformen praktisch nicht erfaßt werden, und daß auch bei fortge- schrittenen Karzinomen die Tref- ferquote bei etwa 50 Prozent liegt.

Für das Kolonkarzinom liegen die Werte eher ungünstiger. Die größ- te klinische Bedeutung scheint dieser Marker bei den Pankreas- karzinomen zu haben, wo sich auch die höchsten Titer finden.

Pankreaskarzinome, das geht aus den vorliegenden Untersuchun- gen übereinstimmend hervor, werden offenbar mit einer Sensiti- vität von über 80 Prozent (77 bis 88 Prozent) erfaßt, diese Empfind- lichkeit liegt somit weit über der des karzinoembryonalen Anti- gens. Gerade aber das Pankreas- karzinom bereitet klinisch enorme diagnostische Schwierigkeiten.

Auch die sogenannte endo- skopisch retrograde Cholangio- Pankreatikog raphie (ERCP) ist oft- mals nicht in der Lage, endgültige Klarheit zu schaffen.

Die Spezifität des Ca-19-9-Anti- gens ist offenbar sehr gut (4). Kli- nisch unauffällige Kontrollperso- nen haben „normale" Werte, auch starke Raucher haben kei- nen erhöhten Titer. Benigne Er- krankungen rufen selten eine (nur mäßige) Erhöhung der Titer her- vor. Sie finden sich bei bestimm- ten hepatobiliären Erkrankungen;

nach Dr. Ritts bei der primär bi- liären Zirrhose, nicht aber bei an- deren Zirrhoseformen. Benigne

Magen-Darm-Erkrankungen, das

Magengeschwür, die Colitis ulce- rosa und der M. Crohn, haben kei- ne erhöhten Werte. Erkrankungen der Gallenwege sowie die chroni- sche und die akute Pankreatitis gehen kaum (wenn, dann nur mä- ßig) mit erhöhten Titern des Ca- 19-9-Antigens einher. Mehrere Studien zu diesem Problem wur- den auf dem oben genannten Kongreß in Stockholm vorgetra- gen und ebenso auf dem XV. Mee- ting des European Pancreatic Club; die Abstractsammlung ist veröffentlicht (12). Der Versuch, das Antigen im Magen- und Pan- kreassaft zu bestimmen, hat nicht den gewünschten Erfolg ge- bracht. Andere als die genannten Tumoren (Mamma, Pulmo) sind in nur geringem Prozentsatz mar- ker-positiv.

Der Ca-12-5-Marker bei Ovarialtumoren

Die Arbeitsgruppe um Bast et al.

von der Harvard Medical School fand mit der eingangs erläuterten monoklonalen Technik einen An- tikörper, der mit über 80 Prozent der serösen Ovarialkarzinome im- munhistologisch reagiert (13). Das Antigen, dessen biochemische Natur noch nicht vollständig auf- geklärt ist (es soll sich um ein GIy- koprotein mit einem Molekularge- wicht von 110 000 ds handeln), läßt sich bei über 80 Prozent der serösen Ovarialkarzinome im Plasma nachweisen (14). Auch bei diesem Protein handelt es sich um ein onkofetales Differenzie- rungsantigen. Immunhistologisch läßt es sich auch bei benignen oder „Borderline"-Tumoren nach- weisen, wird aber bei diesen Ge- schwülsten nicht ins Plasma ab- gegeben (unter 3 Prozent positiv bei benignen Tumoren). Beim Ca- 12-5-Antigen handelt es sich um ein Differenzierungsprotein, das sich von fetalen Müllerschen Strukturen ableitet, es findet sich im fetalen Zölomepithel. Bei den nichtgynäkologischen Tumoren weist vor allem das Pankreaskarzi- nom in etwa 50 Prozent der Fälle erhöhte Titer auf. Die Bestim-

mung des Ca 12-5 korreliert in 90 Prozent der Fälle in einer Longitu- dinalstudie mit dem klinischen Verlauf des Tumorleidens, so daß dieser Marker vor allem für die Therapiekontrolle geeignet ist.

Muzinöse Ovarialkarzinome sind insgesamt markernegativ, was er- neut die Frage nach der unter- schiedlichen Abstammung dieser Tumoren aufwirft.

Radio-Imaging, NMR-Imaging mit markierten

monoklonalen Antikörpern Bereits Goldenberg in den USA (15) und Mach in Lausanne (16) hatten mit radioaktiv-markierten Antikörpern gegen CEA versucht, szintigraphisch Tumoren; Rezidi- ve und Metastasen sichtbar zu machen. Die Qualität des Verfah- rens war bislang eher beschränkt, die Anwendung eines heterolo- gen (nicht monoklonalen) Antikör- pers beim Menschen biologisch nicht unproblematisch. Die Tumo- ren mußten eine Mindestgröße von wenigstens 1,5-2,0 cm haben, um überhaupt vor der hohen Hin- tergrundaktivität auch bei einem Subtraktionsverfahren nachge- wiesen werden zu können.

Inzwischen wurden die ersten Versuche eines Radio-Imaging mit den neuen Markern unter- nommen (Ca 12-5 für das Ovarial- karzinom, Ca 19-9 für gastrointe- stinale Tumoren, Ca 17-1A für ko- lorektale Karzinome), wobei die Verwendung der reaktiven mono-

klonalen Antikörper gute Resulta- te ergaben (17, 18). Vor allem der szintigraphische Nachweis des ra- dioaktiv-gekoppelten Antikörpers gegen das Ca-17-1A-Antigen bei Kolonkarzinomen scheint deut- lich bessere Resultate zu liefern, da dieses Antigen nur auf der Membran der Tumorzelle lokali- siert ist und nicht in den Gefäß- raum abgegeben wird. Zirkulie- rendes Antigen (zum Beispiel CEA oder Ca 19-9) wirkt nämlich als spezifischer Inhibitor der zu dia- gnostischen Zwecken verabreich- ten Antikörper: das Immunglobu- 926 (80) Heft 12 vom 23. März 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

(5)

lin wird bereits im Gefäß präzipi- tiert und aus der Zirkulation ent- fernt. Einige der methodischen Schwierigkeiten. der Radio-lmag- ing-Technik sind in Tabelle 1 wie- dergegeben.

Die Firma Centocor beabsichtigt, bereits 1984 die ersten Radio- pharmaka mit den neuen Antikör- pern zur ln-vivo-Diagnostik auf den Markt zu bringen. Dr. Baum von der Radiologischen Abteilung der Universität von Pennsylvania berichtete in diesem Zusammen- hang von dem Vorhaben, den mo- noklonalen Antikörper, zum Bei- spiel den Anti-Ca 17-1 A, mit para- magnetischen Medien (zu denken ist dabei an metallionenhaltige Chelate) zu koppeln und unter Verwendung der hochauflösen- den Nuclear-magnetic-resonan- ce-(NMR-)Technik eine Tumorlo- kalisation durchzuführen. Neben der genaueren Lokalisation des Tumors wegen der gleichzeitigen Darstellung von Weichteilen und knöchernen Strukturen im NMR, einer unter Umständen höheren Empfindlichkeit, würde sich die H i nterg ru ndaktivität wah rschei n- lich nicht so störend auswirken, da sich die Zirkulierenden para- magnetischen Antikörper nicht positiv kontrastieren würden. Auch die Anwendung eines

"Cocktails" aus monoklonalen

Antikörpern mit Spezifitäten für verschiedene Antigene (z. B. Anti- CEA und Anti-Ca 17-1A gemein- sam verabreichen) könnte die Empfindlichkeit der Methode ver- bessern.

Immuntherapie

solider maligner Tumoren mit monoklonalen Antikörpern Der monoklonale Antikörper ge- gen das Ca-17-1A-Antigen scheint sich für die Immuntherapie von kolarektalen Karzinomen beim Menschen zu eignen (19). Die Kopplung der Antikörper mit Toxi- nen (A-Kette des Diphtherie-To- xins) kann in vitro in Mischkultu- ren selektiv Tumorzellen ausrot- ten (20). Bei Menschen hat die An-

wendung, wie Dr. Stemplewski vom Wistar Institut berichtete, zu deletärem Ausgang geführt, da das Toxin offenbar entkoppelt wurde und die biologische Ver- träglichkeit nicht den Ergebnis- sen des Tierversuches entsprach.

Man verabreicht jetzt Patienten mit Kolonkarzinomen das native Mäuseimmunglobulin, wobei er- staunlich geringe immunologi- sche Nebenwirkungen aufgetre- ten sind, obwohl sogar Grammdo- sen an monoklonalen Antikörpern injiziert worden sind (20). Die An- wendung erfolgt entweder als

"single shot" mit einer höheren

Dosis oder in Form mehrerer In- jektionen von etwa 20 mg Antikör- per. Die Beachtung bzw. Unter- drückung der immunologischen Antwort des Tumorpatienten auf das Fremdglobulin hat bisher Zwi- schenfälle verhütet. Nach präope- rativer Verabreichung des tumor- spezifischen monoklonalen Anti-

~ Tumorgröße (min. 1,0 cm)

~ Vaskularisation, Durchblu- tung des Tumors (Extrak- tionsrate)

~ Rezeptorendichte auf der Tumoroberfläche

~ Abbau des Antikörperkon- jugates im Tumor oder An- tigenmodulation

~ Art des Konjugates (131Jod,

1111ndium, Chelate)

~ Dekonjugation in der Le- ber (Jodasen)

~ Denaturierungen durch Kopplung, Aggregation

~ Kapiltarpermeabilität des Konjugates

~ Unspezifische Bindung an andere Körpergewebe

~ Inhibition des Antikörpers durch zirkulierendes Anti- gen

Tabelle 1: Faktoren, die die Qualität ei- nes bildgebenden Radio-lmaging-Ver- fahrens beeinflussen

körpers ließ sich im postoperativ untersuchten Tumorpräparat eine starke Anreicherung von Makro- phagen nachweisen. Zur Zeit wer- den postoperativ die Antikörper zur Zerstörung okkulter Mikrome- tastasen und zur Rezidivprophyla- xe infundiert. Wichtig ist die Be- obachtung (21 ), daß nur die lgG2a- Untergruppe der Mäuseantikör- per einen Fe-Rezeptor auf menschlichen Makrophagen be- setzt. Dieses murine lgG2a wirkt chemotaktisch auf menschliche Makrophagen und aktiviert sie zur Zytolyse der Tumorzellen. Immun- globulin mit derselben Spezifität, aber einer anderen Klasse zuge- hörig, hat beim Menschen keine immunologischen Effekte bei der lmmuntherapie. Nach Tagen bil- det der Patient Antikörper gegen das Fremdimmunglobulin, die sich nach den Untersuchungen von Stemplewski vom Wistar Insti- tut gegen das Fab-Fragment rich- ten, also anti-idiotypische Antikör- per sind. Durch wiederholte Injek- tion des Antikörpers könnte somit die Produktion körpereigener An- tikörper gegen das Tumorantigen angeregt werden.

Ausblick

Monoklonale Antikörper gegen tu- morzellmembranassoziierte Gly- kokonjugatantigene erlangen eine zunehmende Bedeutung in der Diagnostik, Verlaufskontrolle und Therapie maligner Tumoren.

Interessant ist, daß sich nicht we- nige dieser Kohlenhydratantigene von Rezeptoren bzw. Vorstufen der Blutgruppensubstanzen ablei- ten. Soweit bisher bekannt, sind dies Antigene des ABH- (A-ähn- liches Antigen) und des Lewis-Sy- stems (Lex und Ca 19-9), der MN- Blutgruppen (Anti-T) sowie der Pp-und Ii-Biutgruppen (22). Diese neuen Aspekte sind deshalb von Bedeutung, weil derartige Koh- lenhydratstrukturen auch bei der Organotropie der Metastasierung eine Rolle spielen, indem sie als Rezeptoren für organgebundene Lektine die Ansiedlung von Tu- morzellen ermöglichen (23). So

(6)

könnte man im histologischen Schnitt von Tumorgeweben einer- seits mit Hilfe von Organlektinen oder deren Analoga Metastasen- Rezeptoren nachweisen (z. B.

durch markierte Antikörper gegen diese Lektine) und auf die Orga- notropie der Metastasierung rück- schließen, andererseits aber auch durch isolierte Tumorglykokonju- gate, welche Metastasen-Rezep- toren tragen, in Organschnitten deren Bindung durch die betref- fenden Organlektine nachweisen (wiederum durch markierte Anti- körper gegen diese Glykokonju- gate (24)). Diese Überlegungen sind von großem klinischen Inter- esse, weil die wesentliche Mali- gnität der meisten Tumoren in ih- rer Fähigkeit zu metastasieren be- steht. Die Metastasierung ließe sich nicht nur durch monoklonale Antikörper gegen die Metastasen- rezeptoren der Tumorzellen ver- hindern, wofür es bereits tierex- perimentelle Anhaltspunkte gibt (25), sondern, wenn auch nur vor- übergehend, ebenso durch mono- klonale Antikörper gegen die Or- ganlektine bzw. die Blockierung dieser Lektine durch analoge Gly- kokonjugate.

So haben die Strukturaufklärung tumorassoziierter Glykokonjugat- rezeptoren, teilweise in Form von Kryptantigenen und Vorstufen- substanzen, und die Entdeckung der Organlektine, sowie die Tech- nik der Darstellung monoklonaler Antikörper besonders im Hinblick auf das Problem der Metastasie- rung, nämlich, daß Marker auch Metastasenrezeptoren sein kön- nen, neue Aspekte in der Onkolo- gie aufgezeigt.

Literatur im Sonderdruck (zu beziehen über Verfasser) Anschrift für die Verfasser:

Professor Dr. med.

Gerhard Uhlenbruck Leiter der Abteilung für Experimentelle Innere Medizin, Medizinische Klinik

der Universität zu Köln Kerpener Straße 15 5000 Köln 41

Hochfrequente Überdruckbeatmung (HFPPV)

bei Frühgeborenen

Neugeborene, die wegen schwe- rer respiratorischer Insuffizienz beatmet werden müssen, entwik- keln häufig Sekundärkomplikatio- nen, die auf die hohen Respirator- drucke und die hohe erforderliche 0 2-Konzentration in der Inspira- tionsluft zurückgeführt werden.

Es liegt daher nahe, nach Beat- mungstechniken Umschau zu hal- ten, die diese Risiken verringern.

Die HFPPV-Technik arbeitet in ei- nem Frequenzbereich zwischen 60 und 200 pro Minute. Sie ist ge- kennzeichnet durch eine erhöhte Flow-Rate sowie niedrige Atem- wegsspitzen- und -Mitteldrucke.

In einer Vergleichsuntersuchung konnten Vor- und Nachteile dieser Beatmungstechnik gegenüber der IPPV-Technik (intermittent po- sitive pressure ventilation) belegt werden.

Bei Anwendung von HFPPV war der maximal erforderliche Atem- wegsspitzendruck um 5,6 cm Ws niedriger; die Beatmungszeit mit FiO, > 0,6 verkürzte sich erheb- lich (31,1 h gegenüber 21,6 h bei konventioneller Beatmungstech- nik).

Pneumothorax und andere Kom- plikationen mit extraalveolärer Luft wurden bei HFPPV nie gese- hen (20,5 Prozent bei IPPV).

Ebenfalls niedriger war der Anteil der Patienten, die infolge ihrer re- spiratorischen Insuffizienz ver- starben (1 Patient bei HFPPV- Technik, 6 Patienten bei IPPV- Technik). — Eine wesentlich nied- rigere lnzidenz an schweren in- trakraniellen Blutungen konnte insbesondere bei Frühgeborenen unter 1500 g Geburtsgewicht be- obachtet werden; der Autor führt dies vor allem auf die erheblich verminderte Pneumothoraxrate zurück.

Die HFPPV hat sich damit nach Ansicht der Referenten als erfolg- versprechende, technisch wenig aufwendige Methode zur Beat- mung Früh- und Neugeborener mit schweren pulmonalen Erkran- kungen erwiesen. St

Kachel, W.; Arnold, D.; Schlicker, H.; Wiest, W.: Erfahrungen mit hochfrequenter Über- druckbeatmung (HFPPV) bei einem Kranken- kollektiv mit sehr kleinen Frühgeborenen, 11.

Deutscher Kongreß für Perinatale Medizin Berlin, November 1983.

Bier — ein Stimulans für die Magensäuresekretion des Menschen

Ob reiner Alkohol und alkoholi- sche Getränke beim Menschen die Magensäuresekretion stimu- lieren, war bisher weitgehend un- erforscht. Unklar war auch, ob der Alkoholgehalt des Bieres allein für die zu vermutende Stimulation der Magensäuresekretion verant- wortlich ist. Mittels intragastraler Titration untersuchten Singer und Mitarbeiter, Essen, den Einfluß von Bier, reinem Äthanol und ver- schiedenen nichtalkoholischen Bestandteilen des Bieres auf die Magensäuresekretion bei 6 ge- sunden Probanden. Dabei zeigte sich, daß 4prozentiges Äthanol ein mäßiger Stimulus der Magensäu- resekretion des Menschen ist.

Bier stimuliert hingegen minde- stens ebenso stark die Magensäu- resekretion wie eine maximale exogene Stimulation mit Pentaga- strin. Der Gehalt des Bieres an flüchtigen organischen Substan- zen, reinem Äthanol und Amino- säuren ist nur in geringem Aus- maß für die durch Bier stimulierte Magensäuresekretion verantwort- lich. Hingegen muß angenommen werden, daß andere, nichtalkoho- lische Begleitstoffe des Bieres für die Stimulation der Magensäure- sekretion verantwortlich sind. W

(38. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrank- heiten, München, September 1983)

928 (84) Heft 12 vom 23. März 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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