• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "MONOKLONALE ANTIKÖRPER UND HYBRIDOME" (12.11.1981)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "MONOKLONALE ANTIKÖRPER UND HYBRIDOME" (12.11.1981)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin EDITORIAL

MONOKLONALE ANTIKÖRPER

UND HYBRIDOME

Rudolf Gross

über die Fachkreise hinaus ha-

%Oben nur wenige Ärzte und ebenso wenige ihrer Zeitschrif- ten bemerkt, daß sich in den letzten sechs Jahren in der Im- munologie eine Entwicklung an- gebahnt hat, die die medizini- sche Diagnostik und Therapie im nächsten Jahrzehnt wesent- lich mitbestimmen dürfte. Sinn dieses Editorials ist es, einen größeren Kreis der deutschen Kollegen auf diese Entwicklun- gen aufmerksam zu machen, die heute überwiegend noch keine Klinikreife besitzen, aber zu- mindest teilweise in absehbarer Zeit Eingang in die praktische Medizin finden dürften. Aus- gangspunkt ist die seit Behring, Landsteiner und Pasteur geübte Technik, in einem sensibilisier- ten Tier durch wiederholte Ga- be eines (körperfremden) Anti- gens in großem Umfang Anti- körper zu erzeugen und diese im Rahmen einer passiven Immu- nisierung bedrohten Patienten als antibakteriellen oder als an- titoxischen Schutz zu verabrei- chen (zum Beispiel Antitoxine gegen Diphtherie, Tetanus usw.).

Vom immunologischen Stand- punkt konnten diese Methoden trotz zahlreicher zwischenzeitli- cher Verfeinerungen (zum Bei- spiel Immunabsorption) bisher wenig befriedigen. Ausbeute,

Reinheit und Spezifität können nicht durch Tierpassagen ange- hoben werden, sondern nur durch die vorher erwähnte Im- munabsorption, den Reinheits- grad der Antigene und entspre- chende Hyperimmunisierungen.

Zwei neuere Entwicklungen ha- ben diese Situation grundlegend verändert und ganz neue An- wendungsmöglichkeiten er- schlossen:

1975 konnten Köhler und Milstein erstmals „reine" (mo- noklonale) Antikörper in Ge- webekulturen in beliebigem Umfang erzeugen — ein Verfah- ren, das inzwischen in zahlrei- chen wissenschaftlichen und kommerziellen Laboratorien der Welt aufgegriffen und wei- terentwickelt wurde. Das Prin- zip beruht auf der gleichzeitigen Züchtung von mit einem Anti- gen immunisierten Milzzellen, etwa der Maus, und Zellen ei- nes (tierischen) Myeloms. Nach spätestens 14 Tagen entstehen aus Milz- und Myelomzellen fu- sionierte Zellen, die die Eigen- schaften beider Ausgangspopu- lationen besitzen. Diese soge- nannten hybriden Zellen (zu- sammen: Hybridome) können unbegrenzt die Antikörper der spezifisch immunisierten Milz- zellen produzieren.

Etwa gleichzeitig konnten Li- pinski und Herzenberg einen mit Laser betriebenen „Cyto- fluorographen" entwickeln (FACS = fluorescent activated cell sorter), der es unter ande- rem gestattet, aus großen Popu- lationen wenige Zellen mit posi- tiver oder negativer Immunfluo- reszenz abzutrennen, zu klonie- ren und dann zu züchten.

Prinzipiell können also — aller- dings mit großem methodischen Aufwand — mit verschiedenen Antigenen immunisierte Milz- zellen mit Plasmazellen fusio- niert werden und unbegrenzt in vitro monoklonale Antikörper produzieren. Zwar gibt es einige technische Probleme, wie zum Beispiel den Verlust von Chro- mosomen oder die frühere oder spätere Einstellung der Produk- tion von Antikörpern. Ferner sind die möglichen Reaktionen von Menschen auf die Übertra- gung so gewonnener monoklo- naler Antikörper noch nicht ge- klärt. So sind zum Beispiel die Reaktionen, vor allem der Anti- körper bildenden B-Zellen oder Plasmazellen, teilweise noch un- klar. Im Prinzip steht aber der breiten Anwendung von mono- klonalen Antikörpern für ein vorgegebenes Antigen aus Hy- bridomen nichts mehr im Wege.

nie diagnostischen und thera- Upeutischen Konsequenzen sind zur Zeit noch gar nicht voll übersehbar. Einige wenige — zu- nächst aus dem diagnostischen Bereich — seien hier genannt.

Bei Schwangerschaften las- sen sich die wenigen fötalen (Histokompatibilitätsunter- schiede vorausgesetzt, wie meist der Fall) Zellen ohne die ge- fährlichere Amniozentese mit Hilfe des FACS aus dem Blut der Mutter isolieren und das Geschlecht des Föten sowie et- waige Chromosomenanomalien feststellen.

0 Mit Hilfe monoklonaler An- tikörper kann das Problem ge- löst werden, ob es tatsächlich tumorspezifische Antigene gibt.

2182 Heft 46 vom 12. November 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin EDITORIAL

Wenn sich diese Antigene nach- weisen lassen, dann kann sogar mit radioaktiv markierten Anti- körpern in vivo eine Tumor- be- ziehungsweise Metastasen- oder Rezidivsuche erfolgen.

Blutgruppenbestimmungen, besonders gegen seltene Blut- gruppen, werden möglich. Dar- über hinaus zeigt sich schon jetzt eine viel differenziertere Analyse des HLA-Systems mit Hilfe monoklonaler Anti- körper.

Monoklonale Antikörper werden sich als verläßliche Stan- dardreagenzien für viele Radio- immunassays beziehungsweise Enzymimmunassays anbieten (HB„ CEA, alpha i -Foeto, beta- HCG usw.).

Viele maligne Erkrankungen (besonders systemische) werden sich mit Hilfe monoklonaler Antikörper besser klassifizieren lassen.

o Es wird sich eine viel diffe- renziertere Analyse der Patho- gene (Viren, Parasiten) erge- ben. Schon jetzt hat man mono- klonale Antikörper gegen spezi- fische Malariaantigene.

Moch größer — wenn auch in nder Ubertragung auf die Pra- xis zum Teil problematischer — ist der therapeutische Bereich:

Die bisher schwierige und teure Herstellung von Interfero- nen wurde durch die Herstel- lung spezifischer monoklonaler Antikörper gegen verschiedene Interferone sowie durch geneti- sche Rekombinationen wesent- lich erleichtert.

Mit der klinischen Anwen- dung von Antikörpern gegen Tumoren, soweit sie tumorspe- zifische Antigene exprimieren, ist in absehbarer Zeit zu rech- nen. Dabei kommen drei Me- chanismen der Zerstörung von Tumorzellen in Betracht:

2.1. Die direkte Einwirkung auf die mit spezifischen Antigenen ausgestatteten Tumorzellen.

Nach den bisherigen Versuchen von Koprowski und anderen an einem Kolonkarzinom ist diese Wirkung zu schwach und allen- falls vorübergehender Natur.

2.2. Die Beladung monoklona- ler Antikörper mit zytostati- schen Substanzen. Hier liegen die Hindernisse in der Verände- rung der Antikörper durch die sehr reaktiven Zytostatika. Eine elegante Lösung haben ver- schiedene Gruppen mit kova- lenten Bindungen an Liposo- men entwickelt. Hier wird ge- wissermaßen der Antikörper mit dem Zytostatikum in einer Fetthülle auf das Ziel dirigiert.

2.3. Einige natürliche Toxine, wie Diphtherietoxine, Rizin (aus Rizinus), lassen sich leich- ter als die heute gebräuchlichen Zytostatika an monoklonale Antikörper kuppeln und zerstö- ren die Tumorzellen, deren Oberfläche sie über die spezifi- schen Antikörper erreichen.

O

Durch passive Immunisie- rung wird man mit hochspezifi- schen monoklonalen Antikör- pern Infektionen bakterieller oder viraler Genese behandeln können.

13 Mit monoklonalen Antikör- pern wird man gezielt in die Re-

gelmechanismen der Immunant- wort eingreifen können (Biok- kierung auf der Ebene der Anti- genstimulierung, Blockierung von T-Zell-Funktionen), Be- handlung von Autoimmun- krankheiten mit Antiidiotypen.

niese Ausführungen dürften LPzugleich erkennen lassen, daß von der neuesten „immu- nologischen Revolution" bis zur praktischen Anwendung noch viele kleine Schritte nötig'sind.

Die Prinzipien zeichnen sich aber bereits ab. Die pharmazeu- tische Industrie hat sich deshalb

—bisher in einer gewissen Stille

—intensiv auf die neuen Mög- lichkeiten gestürzt. Parks und Mitarbeiter schätzten kürzlich, daß die Industrie 1980 etwa 25 Millionen Dollar in diese Ent- wicklungen investiert hat und daß diese Investitionen auf etwa 500 Millionen Dollar im Jahr 1987 ansteigen dürften.

(Herrn Privatdozent Dr. med.

R. Mohr danke ich für die freundliche Durchsicht dieses Editorials)

Literatur

McMichael, A. J.; Bastin, J.: Clinical Applications of Monoclonal Antibodies, Immunol. today 1 (1980) 56 — Milstein, C.: Monoclonal antibodies, Scient. Americ. (1980) 56 — Lipinski, M.; Herzen- berg, L.: Les hybridomes et leur application, Recherches 12 (1981) 952 — Monoclonal antibo- dies, Hybridomas: a new dimension in biological analyses, Plenum Press, New York (1980) — Parks, D. R., et al.: Science 208 (1980) 692 — Melchers, F.; Potter, M.; Warner, N. (Editors): Lymphocyte Hybridomas, Second Workshop an „Functional Properties of Tumors vs T and B Lymphocytes", April 3-5,1978, Springer-Verlag, Berlin—Heidel- berg—New York (1979)

Rudolf Gross

Medizinische Universitäts- Klinik Köln

Joseph-Stelzmann-Straße 9 5000 Köln 41

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 46 vom 12. November 1981 2183

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Da der Anti-EGFR-Antikörper Cetuximab in Kombination mit Chemotherapie beim mCRC hochwirksam ist, er- probten chinesische Chirurgen und Onkologen in einer randomisierten

An- ti-Saccharomyces-cerevisiae-Antikörper (ASCA) finden sich gehäuft bei Patien- ten mit chronisch entzündlichen Dar- merkrankungen, wobei eine Familienstu- die ergeben hat, dass

Bil- des müßte also auch unter diesem Gesichtspunkt er- folgen, und ich möchte deshalb davor warnen, so- wohl eine Depression als auch eine Schizophrenie unkritisch daraus ableiten

Nach In- jektion einer Standarddo- sis von 5 mg Orthoclone OKT3 verschwinden T- Lymphozyten mit dem T3- Antigen innerhalb von Mi- nuten aus dem periphe- ren Blut und werden, ge-

Solange nicht der aktive Beweis geführt ist, dass die Beschädigungen der Kathe- teroberfläche ohne Belang für die Patientensicherheit sind, hat der Pati- ent den Anspruch darauf,

Pepsin-Inhibi- tion, Bindung von Gallensäuren und Lysolezithin sind ebenfalls Kriterien — auch im Vergleich mit anderen Therapieverfahren — für den Wert eines Antazidums (Gug-

Immunhistologisch läßt es sich auch bei benignen oder „Borderline"-Tumoren nach- weisen, wird aber bei diesen Ge- schwülsten nicht ins Plasma ab- gegeben (unter 3 Prozent positiv

Dagegen hängt die therapeuti- sche Anwendung der Antikörper selbst (etwa im Koprowski'schen Modell des Dickdarmkrebses) oder durch Beladung mit zytotoxi- schen Substanzen wie