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Pressestelle der KVB Telefon: 0 89 / 5 70 93 - 2192 Fax: 0 89 / 5 70 93 - 2195 E-Mail: presse@kvb.de Internet: www.kvb.de

KVB

Elsenheimerstraße 39 80687 München

Statement

Dr. Claudia Ritter-Rupp, 2. stellv. Vorstandsvorsitzende der KVB

Zur Jahrespressekonferenz der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB)

München, 12. Dezember 2017

Meine sehr geehrte Damen und Herren,

beginnen möchte ich meine Ausführungen mit dem für die Psychotherapeuten und auch für die Psychotherapiepatienten bedeutsamsten Thema dieses Jah- res.

Zum 1. April 2017 ist die neue Psychotherapie-Richtlinie in Kraft getreten.

Diese neue Richtlinie ist die größte Psychotherapie-Reform in den letzten 50 Jahren und bedeutet eine deutlich verbesserte telefonische Erreichbar- keit der Psychotherapeuten und ein erweitertes Angebot für die Patienten.

Psychotherapeuten sind jetzt mehr als drei Stunden pro Woche persönlich te- lefonisch erreichbar. Außerdem bieten sie jede Woche mindestens zwei Ter- mine für Erstgespräche oder Akuttherapien an, die innerhalb von vier Wochen stattfinden werden. Dadurch sind die Zugangsmöglichkeiten zur Psychothe- rapie deutlich flexibler und zeitnah.

Im Rahmen dieser Reform hat die KVB zum 1. April auch eine eigene Termin- servicestelle (TSS) für Psychotherapie eingerichtet und ich freue mich, dass wir – genauso wie im Facharztbereich – tatsächlich alle Terminanfragen an niedergelassene Psychotherapeuten vermitteln konnten – sowohl im groß- städtischen als auch im ländlichen Raum.

Auch wenn die Patienten durch die bessere Erreichbarkeit nun leichter auch selbst den Weg zum Psychotherapeuten finden, haben wir doch hohe Ver- mittlungsquoten über die TSS. Von den bis Ende Oktober vermittelten 2.405 Terminen haben 2.335 im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunde stattgefunden und 70 im Rahmen einer Akutbehandlung.

Bedauerlicherweise haben die Krankenkassen, noch bevor die neue Reform evaluiert werden konnte, mit massivem Druck beim Bundesschiedsamt durchgesetzt, dass nun auch dringliche probatorische Sitzungen über die TSS künftig vermittelt werden sollen. Damit müssten nun auch indirekt Richt- linientherapieplätze vermittelt werden, was eine gute Passung zwischen Pati- ent und Therapeut unberücksichtigt lässt. Die Kassenärztliche Bundesvereini- gung erwägt dagegen eine Klage, die wir als KVB nur befürworten können.

Problematisch ist auch, dass eine große Zahl der vereinbarten Termine von den Patienten nicht eingehalten werden, oft ohne jede Absage. Dies bedeu- tet nicht nur einen erheblichen Honorarausfall für die Therapeuten, sondern verschärft den Termindruck in den Praxen noch weiter.

Wir haben in Bayern ein breit aufgestelltes und hochwertiges psychotherapeu- tisches Versorgungsangebot. Dennoch ist die angekündigte Überarbeitung der Bedarfsplanung wichtig, um sichtbar zu machen, wo eventuell noch Eng-

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Statement von Dr. Claudia Ritter-Rupp zur Jahrespressekonferenz der KVB Seite 2

pässe in der psychotherapeutischen Versorgung bestehen. Wir erwarten da- her mit Spannung das in Kürze erscheinende Gutachten des Gemeinsamen Bundesausschusses, um dann ggf. dort nachbessern zu können, wo es not- wendig ist.

Als weiteren Punkt möchte ich das Stichwort „Digitalisierung“ nochmals auf- greifen und aus psychotherapeutischer Sicht kritisch beleuchten.

Mittlerweile drängt eine für den Patienten völlig unüberschaubare Flut von Online-Programmen, Apps oder sogenannten E-Mental-Health-Angeboten auf den Markt.

Häufig werden diese onlinebasierten psychotherapeutischen Interventionen von kommerziellen Anbietern sehr aggressiv als „Online-Psychotherapie“

vermarktet – teilweise mit fragwürdigen Wirksamkeitsbehauptungen bzw. sehr veralteten Zahlen zu Wartezeiten und mit kritisch zu hinterfragenden Studien.

Zunehmend bieten auch Krankenkassen ihren Versicherten solche Pro- gramme an.

Aufgrund einer fehlenden sorgfältigen Diagnoseerhebung im persönlichen Kontakt bleiben schwerere Störungen und ein umfassenderer Therapiebedarf meist unerkannt – unter Umständen mit gravierenden Folgen für die Betroffe- nen, wenn diese im weiteren Verlauf in eine persönliche Krise geraten. Ein adäquates Krisenmanagement ist meist nicht gegeben. Auch haftungs- rechtliche Fragen sind in diesem Zusammenhang bislang nicht ausreichend geklärt.

Als Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sehe ich diese Entwicklung mit großer Sorge. Die Anbieter suggerieren Psychothera- pie und schnelle Lösungen. Als erfahrener Psychotherapeut weiß man aber, dass die Beseitigung von vordergründigen Symptomen noch keine Heilung bedeutet. Man hat bei diesen Online-Programmen den Eindruck, dass sie in ihrem oberflächlichen Ansatz mehr auf das Funktionieren des Menschen als auf dessen wirkliche Gesundung ausgerichtet sind.

Solche Programme können allerhöchstens zur Unterstützung des Selbstma- nagements oder als begleitende Maßnahme zusätzlich zu einer Therapie die- nen. Sie können auf keinen Fall die persönliche Beziehung zwischen Patient und Therapeut ersetzen und sind daher kein Ersatz für eine echte face-to- face-Psychotherapie

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Thema Honorar ist ja für die Psychotherapeuten, die sich nach wie vor mit großem Abstand am unteren Ende der Einkommensskala aller Arztgrup- pen befinden, bedauerlicherweise ein Dauerbrenner und hat uns auch in die- sem Jahr stark beschäftigt.

Für große Empörung und Enttäuschung unter den Psychotherapeuten hat ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. Oktober gesorgt, das über die so- genannten Strukturzuschläge zur Deckung der Aufwendungen für Personal entschied. Bislang ging die Rechtsprechung davon aus, dass nach dem Gleichheitsgrundsatz jeder psychotherapeutischen Praxis, unabhängig von ih- rem Umsatz, eine Mindestvergütung pro Sitzung zusteht, in die eine be- stimmte Mindestausstattung an Personal eingerechnet ist. Mit diesem Urteil

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Statement von Dr. Claudia Ritter-Rupp zur Jahrespressekonferenz der KVB Seite 3

ist das Bundessozialgericht erstmals davon abgewichen. Es hat die Vergü- tung mit dem Grad der Auslastung einer Praxis verknüpft.

Das Gericht hält die Systematik der Strukturzuschläge für rechtens und orien- tiert sich an der gesetzlich festgelegten Maximalauslastung einer Praxis, obwohl die persönliche Leistungsgrenze bei 97 Prozent der Psychotherapeu- ten deutlich darunter liegt. Da die Zuschläge nur Praxen ab einem bestimmten Umsatz zuerkannt werden, kommen die wenigsten Psychotherapeuten in den Genuss.

Auch andere Arztgruppen müssen befürchten, dass dieses Urteil grundsätz- lich Tür und Tor öffnet, Vergütung und Auslastungsgrade miteinander zu ver- knüpfen. Für uns Psychotherapeuten bedeutet diese Entscheidung, dass un- sere Honorare auf dem untersten, vom Bewertungsausschuss festgelegten, Niveau festzementiert werden, was der Bedeutung psychischer Erkrankun- gen und ihrer Behandlung in keiner Weise gerecht wird.

Zum Schluss möchte ich noch auf ein erfreuliches und meines Erachtens sehr spannendes Thema eingehen. Es handelt sich um das Projekt PETRA, das im Rahmen der dritten Förderwelle des sogenannten Innovationsfonds im Oktober dieses Jahres genehmigt wurde.

Wie Sie wissen, ist der Innovationsfonds im GKV-Versorgungsstärkungsge- setz 2015 verankert und fördert neue Versorgungsformen sowie die Versor- gungsforschung. Dafür stehen bundesweit von 2016 bis 2019 jährlich 300 Mil- lionen Euro zur Verfügung.

Die KVB ist mit insgesamt fünf Projekten am Innovationsfonds beteiligt, unter anderem mit Projekten zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen, zur Darmkrebsprävention und zur Verbesserung der Lebensqualität von Patien- ten mit COPD.

PETRA steht für Personalisierte Therapie Rheumatoider Arthritis basierend auf dem Modell der Psychoneuroimmunologie. Dieses Projekt ist auf Patien- ten mit Rheumatoider Arthritis ausgerichtet, eine Autoimmunerkrankung, bei der Entzündungsprozesse eine große Rolle spielen.

Die Psychoneuroimmunologie zeigt die Wechselwirkungen zwischen psy- chischen und immunologischen Faktoren. Chronischer oder psychosozialer Stress führt zu einer deutlichen Erhöhung der Entzündungsaktivität im Kör- per und damit zu einem erhöhten Risiko für chronische Erkrankungen wie zum Beispiel Allergien oder Autoimmunerkrankungen bzw. Krebs.

Ziel des Projekts PETRA ist es, nachzuweisen, dass sich eine psychothera- peutisch geleitete Stärkung des Stress- und Selbstmanagements und da- mit des Wohlbefindens positiv auf das Immunsystem des Patienten und damit auf die Entzündungsparameter auswirkt und so zu einer Reduktion der Krankheitsschübe führt.

Dies bietet die Chance, den Effekt von Psychotherapie auf den Krankheits- verlauf zu untersuchen und zu ermitteln, welchen Einfluss psychosoziale Faktoren tatsächlich auf die körperliche Gesundheit haben. Dieser Nachweis in der PETRA-Studie könnte quasi eine Erweiterung bestehender Paradig- men in der Medizin bedeuten und künftig auch für Patienten mit anderen chro- nischen Erkrankungen neue, ganzheitliche Behandlungsansätze ergeben.

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