• Keine Ergebnisse gefunden

Statement-181211-JPK-Ritter-Rupp

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Statement-181211-JPK-Ritter-Rupp"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Pressestelle der KVB Telefon: 0 89 / 5 70 93 - 2192 Fax: 0 89 / 5 70 93 - 2195 E-Mail: presse@kvb.de Internet: www.kvb.de

KVB

Elsenheimerstraße 39 80687 München

Statement

Dr. Claudia Ritter-Rupp, 2. stellv. Vorstandsvorsitzende der KVB

Zur Jahrespressekonferenz der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB)

München, 11. Dezember 2018

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Psychotherapie erlebt gerade eine Zeitenwende. Das möchte ich an zwei Themenfeldern festmachen. Erstens: Die sogenannte „Online-Therapie“ als angebliches Heilsversprechen für psychische Beschwerden beziehungsweise Erkrankungen. Bereits der Name ist irreführend. Nicht überall, wo „Psychothe- rapie“ draufsteht, ist auch Psychotherapie drin! Die meisten Online-Angebote und Apps in diesem Bereich halten bei weitem nicht das, was man sich unter einer Therapie verspricht. Es handelt sich eher um Selbsthilfe-Programme, zum Teil von katastrophaler Qualität und ohne Datensicherheit. Viele davon können sogar negative Auswirkungen haben: Falsch angewendet können sie im Einzelfall patientengefährdend sein. Sie ersetzen keinesfalls den direkten und von Verantwortung getragenen Kontakt mit den ambulant tätigen ärztli- chen und psychologischen Psychotherapeuten.

Sie sind auch keine Lösung für den durchaus von der Politik gewollten Mangel an Psychotherapie-Behandlungsplätzen. Offensichtlich sehen einzelne Kran- kenkassen in den Online-Programmen die Möglichkeit, Kosten für Gesprächs- leistungen einzusparen und die Chance, Einfluss auf das Verhältnis zwischen Patient und Psychotherapeut nehmen. Hier gilt: Wehret den Anfängen! Die im persönlichen Kontakt erbrachte Zuwendung ist bedarfsgerecht auszubauen und nicht durch Apps zu ersetzen. Psychotherapie muss weiterhin auf Nach- haltigkeit und – wo immer möglich – auch auf Heilung ausgerichtet sein. Eine Behandlung, die den Patienten in den Mittelpunkt stellt, ist mehr als die Besei- tigung von vordergründigen Symptomen und spart auf lange Sicht auch Kos- ten für eventuelle Folgebehandlungen und kann Chronifizierung verhindern.

Damit zu meinem zweiten Thema des heutigen Tages: Über das geplante Ter- minservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) ist bereits einiges gesagt wor- den. Insbesondere ein Aspekt aus dem Gesetzentwurf hätte enorm negative Auswirkungen auf die Psychotherapie. So soll die psychotherapeutische Be- handlung zukünftig im Rahmen „einer gestuften und gesteuerten Versorgung“

erfolgen, d.h. der Gemeinsame Bundesausschuss soll dafür Regelungen aus- arbeiten und die Qualifikation des für die Steuerung Verantwortlichen definie- ren. Dies bedeutet den Verlust des Erstzugangsrechts des Psychotherapeu- ten und eine Einschränkung der freien Wahl des Psychotherapeuten, die ge- rade hier so ausschlaggebend ist für den Behandlungserfolg. Ein mehrstufiges

(2)

Statement von Dr. Claudia Ritter-Rupp zur Jahrespressekonferenz der KVB Seite 2

Verfahren würde die Wartezeiten auf eine Psychotherapie verlängern und be- deutet zusätzliche Hürden für psychisch kranke Menschen sowie eine Ein- schränkung ihres Rechts, sich hinsichtlich verschiedener Behandlungsverfah- ren frei entscheiden zu können. Sie müssten ihre Leidensgeschichte und Probleme gleich mehrfach hintereinander Gutachtern, Koordinatoren und Be- handlern offenbaren, die sie vorher noch nie gesehen haben. Dies ist beschä- mend, destabilisierend und diskriminiert psychisch kranke Patienten. Zudem werden die hohe Kompetenz der Psychotherapeuten und deren Fähigkeit zur indikationsgerechten Versorgung in Frage gestellt.

Gemeinsam mit den Kammern und den Berufsverbänden haben wir uns ein- deutig gegen diese Gesetzesänderung positioniert, unter anderem mit einer gemeinsamen öffentlichen Erklärung. Ich hatte zu der Thematik mehrmals Kontakt mit Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml. Dank ihrer Unter- stützung haben wir erreicht, dass der Bundesrat sich gegen diese Regelung ausgesprochen hat. Eine zu der Thematik beim Bundestag eingereichte Peti- tion hat mittlerweile über 100.000 Unterzeichner. Das zeigt, dass dies die Menschen bewegt. Wir werden uns weiterhin mit aller Kraft dafür einsetzen, dass dieser für die Patientenversorgung sehr gefährliche Passus aus dem Ge- setz entfernt wird. Eine gestufte Steuerung ist keine sinnvolle Koordination!

Es gibt keinen Grund, schon wieder gesetzliche Änderungen in diesem Be- reich anzustoßen. Erst im vergangenen Jahr war bundesweit eine umfas- sende Reform der Psychotherapie-Richtlinie in Kraft getreten, die größte seit 50 Jahren. In Bayern wurde diese erfolgreich umgesetzt und hat vielerorts für spürbare Verbesserungen bei den Wartezeiten auf einen Erstkontakt und bei der telefonischen Erreichbarkeit der Psychotherapeuten gesorgt. So wird der Großteil der Erstgespräche meist direkt über die Praxen vereinbart und nur ein geringerer Anteil über die Terminservicestelle Psychotherapie. Seit April 2017 werden über die Terminservicestelle psychotherapeutische Sprechstun- den und Akuttherapie sowie seit Oktober 2018 auch zeitnah erforderliche pro- batorische Sitzungen vermittelt. Derzeit werden pro Monat im Schnitt etwa 700 Ersttermine vermittelt. Die Nachfrage ist selbst in ländlichen Gebieten längst nicht so hoch, dass es zu Engpässen oder der gesetzlich vorgesehenen Wei- terleitung an Kliniken kommen würde. Bei der Vermittlung von freien Thera- pieplätzen sind wir auf die Kooperation mit den niedergelassenen Psychothe- rapeuten angewiesen und auf eine sinnvolle Bedarfsplanung, die dort neue Zulassungen schafft, wo diese dringend benötigt werden.

Wichtig ist und bleibt eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Haus- und Fachärzten sowie den Psychotherapeuten. Wenn man sich kennt und selbst einmal zum Telefonhörer greift, lassen sich Schwierigkeiten bei der Terminfindung meistens rasch beheben. Es ist unser großes Anliegen im Vorstand der KVB, für eine gute Kooperation aller Ärzte und Psychothera- peuten zu werben und diese zu fördern. Denn mit einem einheitlichen gemein- samen Grundverständnis können wir die Patientenversorgung auch weiterhin auf einem hohen Niveau gewährleisten.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dies liegt jedoch da- ran, dass die neuen Strukturen noch nicht flächendeckend umgesetzt sind.. Ende 2018 wird die Situation völlig anders aussehen: Durch die bayernweite

Aufgrund einer fehlenden sorgfältigen Diagnoseerhebung im persönlichen Kontakt bleiben schwerere Störungen und ein umfassenderer Therapiebedarf meist unerkannt – unter Umständen

Die Fahrer, die unsere Mitglieder hier begleiten, haben alle eine medizinische Grundausbildung und können dem Arzt beim Patienten notfalls auch assistieren... Statement

Auch wenn die Patienten durch die bessere Erreichbarkeit nun leichter auch selbst den Weg zum Psychotherapeuten finden, haben wir doch hohe Ver- mittlungsquoten über

eine wohnortnahe, hochwertige ambulante Versorgung kann flächendeckend nur über die in eigener Praxis niedergelassenen Haus- und Fachärzte sowie Psychotherapeuten in Bayern

Dies umfasst die zunehmende Einmischung von Krankenkassen, auch in gut laufende Psychotherapien, und die Veranlassung von DIGAs, ohne eine indivi- duelle Indikationsstellung durch

Das vor wenigen Tagen verabschiedete „Digitale Versorgung Gesetz“ (DVG) sieht eine neue, gigantische Datensammelstelle vor. Dieser werden Millionen von Gesundheitsdaten zugeleitet,

Diese müssen die Sicherheit haben, dass sie korrekt behandelt werden und im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsge- bots all das erhalten, was für die Linderung ihrer Beschwerden