Statement
Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB)
Statement zur Versorgung von Flüchtlingen und Asylbe- werbern in Bayern
München, 8. Dezember 2015
Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, schutzsuchenden und hilfsbedürftigen kranken Menschen rasch und unbürokratisch medizinische Hilfe zuteilwer- den zu lassen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über den anhaltenden Zustrom asylsuchender Menschen, insbesondere auch zu uns nach Bayern, berichtet wird. Nun heißt es, zusammenzustehen und pragmatische Lösun- gen für die vielen Herausforderungen zu finden. Neben der Frage der Unter- bringung und Verpflegung steht natürlich auch die medizinische Versorgung im Fokus. Nach Antworten auf die drängende Frage, wie die medizinische Versorgung von Flüchtlingen am besten organisiert werden kann, wird aller- dings weiterhin gesucht. Vor allem Ärzte, die in Grenznähe kranke Flücht- linge versorgen, brauchen Sicherheit. Die Mediziner, die in den vergangenen Wochen Tag und Nacht zur Stelle waren und jetzt langsam nicht mehr kön- nen, dürfen nicht alleine gelassen werden. Die Bayerische Landesregierung muss Wort halten und darf die Ärzte nicht in einem Wirrwarr der Zuständig- keiten im Stich lassen. Denn eigentlich gibt es bereits jetzt klare Regelungen für die Aufgabenverteilung.
Zuständig für die medizinische Versorgung nach dem Asylbewerberleis- tungsgesetz ist der örtliche Träger, im Regelfall also die Landkreise und Kommunen. Asylsuchende, die kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland in ei- ner Aufnahmeeinrichtung wohnen, sind zunächst gesetzlich verpflichtet, sich an einer ärztlichen Untersuchung auf übertragbare Krankheiten zu beteiligen.
Diese Gesundheitsuntersuchung ist von dem für die Aufnahmeeinrichtung zuständigen Gesundheitsamt durchzuführen.
Die weitere medizinische Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern richtet sich nach den bundesrechtlichen Vorschriften des Asylbewerberleis- tungsgesetzes. Das heißt konkret: Personen, die sich noch nicht 15 Monate ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten, erhalten grund- sätzlich nur in Akutfällen medizinische Leistungen. An der im Asylbewerber- leistungsgesetz angeordneten grundsätzlichen Einschränkung des Versor- gungsanspruchs auf medizinische Akutversorgung hat der Gesetzgeber - trotz vielfach geäußerter Kritik - bislang festgehalten. Nach der gesetzlichen Konzeption erfolgt erst dann, wenn der Aufenthalt des Asylbewerbers im Bundesgebiet länger als 15 Monate dauert, eine Angleichung des Versor- gungsanspruchs an das Leistungsniveau der sozialen Sicherungssysteme des Sozialgesetzbuchs.
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KVB-Statement zur Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Bayern Seite 2
Vorbehaltlich anderweitiger vertraglicher Gestaltung der Versorgung in Erst- aufnahmeeinrichtungen, wie sie erfreulicherweise in Bayern - beispielsweise durch den Verein „Refudocs“ in München - zustande gekommen ist, bleibt es also bei einem eingeschränkten Versorgungsanspruch für Asylbewerber.
Was die Versorgung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Bayern betrifft, setzen wir uns für einen einfachen und gangbaren Weg auf regionaler Ebene ein - möglichst mit einheitlichen Lösungen. Bislang handhaben fast alle in Bayern zuständigen Stellen die medizinische Versorgung von Flüchtlingen und die Abrechnung von Leistungen unterschiedlich. Die Forderung nach ei- ner elektronischen Gesundheitskarte (eGK) für Flüchtlinge und Asylbewerber bereits unmittelbar nach deren Ankunft in Bayern sehen wir allerdings kri- tisch, denn das ist organisatorisch und technisch gar nicht schnell genug rea- lisierbar. Außerdem wäre die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen
dadurch kaum mehr steuerbar und es könnte zu einem unkontrollierten An- stieg der Fallzahlen in den Praxen kommen. Eins muss klar sein: Die medizi- nische Behandlung von Asylbewerbern und Flüchtlingen sowie deren Finan- zierung ist eine Aufgabe des Staates. Diese kann nicht aus den Mitteln finan- ziert werden, die uns die Krankenkassen für die Behandlung ihrer Versicher- ten in den bayerischen Praxen bereitstellen.
In Bayern können Flüchtlinge ohnehin bereits jetzt schon in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts einen Haus- oder Kinderarzt ihrer Wahl aufsu- chen, wenn sie vorab einen Behandlungsschein von ihrem örtlichen Träger einholen. Notfallbehandlungen sind dagegen sofort und ohne vorherige Aus- stellung eines Behandlungsscheins möglich. Ab 15 Monaten ununterbroche- ner und nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusster Aufenthaltsdauer bekom- men Asylbewerber auch in Bayern eine eGK ausgestellt, mit der sie den Ver- sicherten der gesetzlichen Krankenkassen faktisch gleichgestellt werden.
Diese sogenannte Wartefrist wurde mit Wirkung zum 1. März 2015 von zuvor vier Jahren auf 15 Monate verkürzt.