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Statement

Pressestelle der KVB Telefon: 0 89 / 5 70 93 - 2192 Fax: 0 89 / 5 70 93 - 2195 E-Mail: presse@kvb.de Internet: www.kvb.de

KVB

Elsenheimerstraße 39 80687 München

Dr. Pedro Schmelz, 1. Stellv. Vorstandsvorsitzender der KVB

Zur Jahrespressekonferenz der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB)

München, 8. Dezember 2015

Nicht nur mit der gerade beschriebenen Stärkung der Kliniken auf Kosten der niedergelassenen Ärzte hat der Gesetzgeber für großen Ärger gesorgt.

Eine genauso sinnfreie Aufgabe hat der Gesetzgeber uns mit der Einrich- tung der „Terminservicestellen“ aufgebürdet. Durch das GKV- Versorgungsstärkungsgesetz sind wir verpflichtet, ab 23. Januar 2016 eine sogenannte Terminservicestelle für die Vermittlung fachärztlicher Termine zu betreiben. Das Gesetz sieht vor, dass diese Stelle den Versicherten bei medizinischer Dringlichkeit und Vorliegen einer Überweisung zu einem Facharzt einen Termin vermitteln muss. Wenn es sich um einen Termin bei einem Augenarzt oder Frauenarzt handelt, ist keine Überweisung nötig. Die Wartezeit auf einen Termin darf dabei vier Wochen nicht überschreiten und die Entfernung zwischen dem Wohnort des Versicherten und dem Facharzt muss zumutbar sein. Klappt die Terminvermittlung nicht innerhalb von vier Wochen, soll ein Krankenhaus die ambulante Behandlung übernehmen.

In der KVB arbeiten wir an einer telefonischen Lösung, die sowohl für unse- re Mitglieder als auch für die Versicherten so unbürokratisch wie möglich ist.

Eine spätere Anbindung an eine Online-Plattform ist denkbar, aber derzeit nicht in Planung. Dies wollen wir auch von der tatsächlichen Inanspruch- nahme der Terminservicestelle abhängig machen. Die niedergelassenen Fachärzte in Bayern werden außerdem nicht verpflichtet, freie Termine zu melden. Bei Bedarf werden die Mitarbeiter der Terminservicestelle tätig und fragen bei den Ärzten nach freien Kapazitäten. Dabei halten sie sich an die gesetzlichen Vorgaben: So kann weder die Vermittlung eines bestimmten Wunschtermins noch die Vermittlung eines bestimmten Wunscharztes erfol- gen. Auch gilt die Vier-Wochen-Frist nicht für Bagatellerkrankungen und Routineuntersuchungen.

Soweit die Theorie. Doch an dieser Stelle muss die Frage erlaubt sein, in- wieweit der Eingriff des Gesetzgebers in die Terminvergabe der niederge- lassenen Ärzte überhaupt gerechtfertigt ist. Mit der Realität in den Arztpra- xen hat dieser Vorstoß wohl nichts zu tun. Eine aktuelle Studie der OECD belegt, dass die Patienten in Deutschland im internationalen Vergleich die kürzesten Wartezeiten haben. Auch eine groß angelegte Versichertenbefra- gung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hat gezeigt, dass in Bayern über 50 Prozent aller Patienten innerhalb von drei Tagen einen Arzttermin erhalten haben. Wir werden die gesetzlich vorgeschriebene Terminservice- stelle umsetzen - aber nicht, weil sie sinnvoll ist und die Versorgung der Patienten verbessert, sondern nur deshalb, weil wir es tun müssen. Die Gelder der Versicherten fließen dabei wieder einmal statt in ihre ärztliche Behandlung in den Aufbau neuer Bürokratie. Zumindest ist es unser Ziel,

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Statement von Dr. Pedro Schmelz zur Jahrespressekonferenz der KVB Seite 2

dass wir die Anfragen zu 100 Prozent an die niedergelassenen Facharzt- praxen vermitteln. Ansonsten müsste die ambulante Behandlung nach Überweisung im Krankenhaus auch noch aus dem Budget der Vertragsärzte bezahlt werden.

An den realitätsfernen Eingriffen der Politik in die ambulante Versorgung sieht man, dass der Gesetzgeber immer mehr den Bezug zur Basis verloren hat. Übrigens sorgt das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, das uns zur Einrichtung von Terminservicestellen verpflichtet, auch dafür, dass es in Zukunft insgesamt weniger Facharztpraxen in Bayern geben soll. Was für ein Widerspruch: Auf der einen Seite verspricht das Versorgungsstärkungs- gesetz einen Facharzttermin innerhalb von vier Wochen und auf der ande- ren Seite sollen die KVen Arztsitze in überversorgten Planungsbereichen aufkaufen. Diese Arztstellen fehlen dann dauerhaft in der Versorgung. Ziel des Gesetzgebers war es ursprünglich, Nachwuchsmediziner in ländliche und unterversorgte Gebiete zu bringen. Eine Niederlassung ist neben einer unternehmerischen Entscheidung auch eine Entscheidung für das private Umfeld, wie Kinderbetreuung oder Schule. Hier ist der Gesetzgeber gefor- dert, im ganzen Land gleiche Lebensbedingungen zu schaffen. Die Praxis- Aufkaufregelung, die bei einer so genannten Überversorgung von 140 Pro- zent greifen soll, ist hingegen der falsche Weg. Sie sorgt für Verunsicherung bei den Ärzten und trägt nicht dazu bei, dass junge Kollegen sich niederlas- sen wollen. Denn die wissen doch gar nicht mehr, ob ihr Vertragsarztsitz in Zukunft überhaupt noch etwas wert ist. Die permanenten Eingriffe der Politik in die Selbstverwaltung sind absolut kontraproduktiv und schaden den Pra- xen und den Patienten gleichermaßen. Mit jedem neuen Gesetz steigt der Änderungsbedarf für uns im ambulanten Bereich - und das häufig ohne eine signifikante Verbesserung der Patientenversorgung. Von einer durchdach- ten Gesundheitspolitik kann man bei der derzeitigen „Gesetzesflut“ jeden- falls nicht sprechen.

Dabei sind verlässliche Strukturen und ein kontinuierlicher Dialog wichtig, um langfristig Ergebnisse zu erreichen, die sowohl der Ärzteschaft als auch den Patienten zu Gute kommen. Unsere Förderprogramme für die Sicher- stellung der ärztlichen Versorgung können hier als Beispiel dienen. Über 2,6 Millionen Euro haben wir schon aus dem gemeinsamen Strukturfonds mit den Krankenkassen investiert und in 10 Planungsbereichen Bayerns eine drohende Unterversorgung und in zwei weiteren Planungsbereichen sogar eine schon bestehende Unterversorgung aufheben können. Bis zu 90.000 Euro erhalten Ärzte, die in unterversorgten oder drohend unterversorgten Regionen eine Praxis übernehmen oder neu aufbauen möchten. Das Baye- rische Gesundheitsministerium hat ebenfalls ein eigenes Programm zum Erhalt der wohnortnahen medizinischen Versorgung aufgelegt. So können wir es zwar schaffen, Versorgungsengpässe kurzfristig zu lösen, aber letzt- endlich müssen die Rahmenbedingungen wieder stimmen, um die bewähr- ten ambulanten Strukturen in Bayern langfristig aufrechterhalten zu können.

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