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Pressestelle der KVB Telefon: 0 89 / 5 70 93 - 2192 Fax: 0 89 / 5 70 93 - 2195 E-Mail: presse@kvb.de Internet: www.kvb.de

KVB

Elsenheimerstraße 39 80687 München

Statement

Dr. Claudia Ritter-Rupp, 2. stellv. Vorstandsvorsitzende der KVB

Zur Jahrespressekonferenz der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB)

München, 1. Dezember 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte den Fokus auf drei Aspekte lenken, die unter anderem mit der Corona-Pandemie in Zusammenhang stehen.

• Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die psychische Gesundheit der Menschen

Erfahrungen mit Videobehandlungen

• Die fortschreitende Digitalisierung und Kapitalisierung der medizinischen Versorgung, die durch die Pandemie weiter beschleunigt wurde

Menschen sind soziale und bedürftige Wesen. Wenn ihnen in der aktuellen Corona-Pandemie die soziale und körperliche Zuwendung entzogen wird, stellt dies für die menschliche Psyche eine enorme Herausforderung oder Erschütte- rung dar. Je länger die Krise dauert, desto eher sind die Selbstheilungskräfte überfordert, was dann oftmals zu einer Zunahme von psychischen Symptomen oder Erkrankungen führt: Stresserscheinungen, Schlafstörungen, Depressionen und ganz besonders Ängste nehmen durch die Alltagsbeschränkungen und finan- ziellen Auswirkungen zu. Die ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten in Bayern spüren dies bereits: Waren die Fallzahlen im ersten Quartal coronabe- dingt leicht rückläufig, so stiegen diese im zweiten Quartal vor allem aktuell wieder deutlich an. Unverzüglich waren die Psychotherapeuten bereit, auf den psycho- therapeutischen Versorgungsbedarf unter Einhaltung des Infektionsschutzes schnell und flexibel zu reagieren:

Gruppentherapien können ohne Antrag in Einzeltherapien umgewan- delt werden.

Probatorik und Psychotherapeutische Sprechstunde ist per Video mög- lich.

• Die 20 Prozent-Obergrenze für die Videobehandlungen ist ausgesetzt.

• Therapeutische Telefonate mit bereits bekannten Patienten werden ho- noriert.

• Zusätzlich erstellte die KVB in kürzester Zeit ein besonderes psychothe- rapeutisches Unterstützungsangebot per Video für nicht-bekannte Pati- enten, die in häuslicher Isolation in eine Krise geraten.

Dies zeigte unmittelbar Wirkung: Während 2019 die Videosprechstunde im Grunde keine Rolle spielte, hatte sie in den ersten zwei Quartalen 2020 bereits einen Anteil von 20 Prozent an allen Behandlungen.

So sinnvoll diese Reaktion auf die besonderen Herausforderungen in der Corona-Pandemie war, so problematisch sind Bestrebungen, wonach die Video- sprechstunde eine „zweite Säule“ werden soll, alternativ zur Behandlung psychi- scher Erkrankungen im direkten persönlichen Kontakt.

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Statement von Dr. Claudia Ritter-Rupp zur Jahrespressekonferenz der KVB Seite 2

Eines hat sich jedoch durch die gewonnenen Erfahrungen gezeigt:

Die Videosprechstunde ist kein Ersatz für eine Behandlung im persönlichem

„face to face“ Kontakt und intensivem Beziehungserleben! Die Videosprech- stunde mit ihren vielen Einschränkungen und Hindernissen ist in der aktuellen Situation eine Ergänzung zur Behandlung und Sicherstellung der Behandlungs- kontinuität, aber eben kein Ersatz.

Prinzipiell müssen Therapeut und Patient entscheiden können, ob, wann und wie oft eine Videositzung sinnvoll ist.

Diese Diskussion führt mich zu meinem dritten Punkt:

Der fortschreitenden Digitalisierung und Kommerzialisierung im ambulan- ten Bereich, die uns im Vorstand der KVB große Sorgen bereiten.

Dabei stechen vier Punkte besonders hervor:

• Die zunehmenden Befugnisse der Krankenkassen, immer mehr vom Kostenträger zum Leistungserbringer zu werden

• Zunehmende Bedeutung von Datenschutz und Datensicherheit

• Die Kritik des Bundesdatenschutzbeauftragten an der ePA

• Die wachsende Macht kapitalstarker Digitalkonzerne und -plattformen Die zuletzt verabschiedeten Gesetze von Gesundheitsminister Spahn geben den Krankenkassen weitreichende Befugnisse, Daten auszuwerten und Ein- fluss zu nehmen.

Dies umfasst die zunehmende Einmischung von Krankenkassen, auch in gut laufende Psychotherapien, und die Veranlassung von DIGAs, ohne eine indivi- duelle Indikationsstellung durch den Arzt / Psychotherapeuten, teilweise mit auch noch nicht nachgewiesener Wirksamkeit.

Ich sehe hier eine Gefahr für den Patienten, denn DIGAs, die nicht wirken, können im psychotherapeutischen Bereich durchaus schaden.

Ebenso kritisch ist: Der Gesetzgeber hat dem Patienten keine Möglichkeit ge- lassen, diesen Datenauswertungen durch die Krankenkassen oder das Bundes- datenforschungszentrum zu widersprechen.

Die KVB hat sich im Zuge des Gesetzgebungsprozesses für ein Patientendaten- schutzgesetz (PDSG) eingesetzt, das die Patientendaten wirksam schützt, Pa- tientenrechte wahrt, einen medizinischen Mehrwert liefert und damit die Basis für eine verantwortungsvolle Digitalisierung liefern kann.

Gerade in Bezug auf die ePA fordern wir weiterhin die Freiwilligkeit für die Nut- zung der ePA, die auch nicht im Zuge weiterer Digitalisierungsgesetze faktisch ausgehebelt werden darf.

Bemerkenswert ist die offene Warnung des Bundesdatenschutzbeauftragten Professor Kelber, der die ePA in der derzeitigen Form unvereinbar mit dem eu- ropäischen Datenschutzrecht erachtet.

Neben den datenschutzrechtlichen Aspekten bereitet uns aber auch die Kom- merzialisierung der Digitalisierung in vielfacher Hinsicht zunehmend Sorgen.

Kommerzielle, sehr kapitalstarke Konzerne und Plattformen dringen zuneh- mend in den ambulanten Bereich ein, mit dem Ziel, einen kompletten medizini- schen Versorgungsprozess im Internet anzubieten, allerdings nur im digitalen Modus.

Ein Beispiel: Die DocMorris-Mutter Zur Rose übernahm im Juli 2020 das Start Up TeleClinic und strebt offenbar danach, den vollständigen Versorgungspro- zess digital abbilden zu können. Hier besteht die Gefahr, dass in Zukunft die langjährige vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung und auch Vor- Ort- Apotheken durch anonyme, kapitalgetriebene Konzerne „ersetzt“ werden.

Inwieweit diese Kommerzialisierung der Medizin das Wohl des Patienten im Auge behält, bleibt zweifelhaft.

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