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Nur nicht den Halt verlieren

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122 DIE PTA IN DER APOTHEKE | März 2015 | www.pta-aktuell.de

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amit Sie auch morgen noch kraftvoll zubei- ßen können – so lautet der Slogan für eine be- kannte Zahnpasta. In den wechseln- den Spots immer dabei: Ein grüner Apfel, in den die Darsteller hinein- beißen, ohne Zahnfleischbluten zu bekommen. Denn die Inhaltsstoffe der Zahncreme, so das Versprechen, schützen vor Zahnfleischbluten und Parodontose. Heute sprechen Fach- leute lieber von Parodontitis, meinen aber dasselbe Krankheitsbild: Breitet sich eine Entzündung des Zahnflei- sches in tiefere Schichten des Zahn-

betts aus, können sich die Zähne lockern und schlimmstenfalls ausfal- len. Laut Bundeszahnärztekammer ist dies nach dem 45. Lebensjahr die wichtigste Ursache für Zahnverlust.

Mehrere Ursachen Einerseits sind es bestimmte Bakterienarten in der Mundhöhle, sogenannte paropatho- gene Bakterien, andererseits kann aber auch das Immunsystem beim Versuch diese zu bekämpfen, Scha- den im Gewebe anrichten. Menschen mit einer genetischen Disposition entwickeln eher eine Parodontitis, mangelhafte Mundhygiene und Rau- chen erhöhen das Risiko erheblich.

Zusammenspiel In der Regel ent- wickelt sich eine Parodontitis aus einer oberflächlichen Zahnfleischent- zündung oder Gingivitis (von Gingiva

= Zahnfleisch). Diese äußert sich durch Rötung, Schwellung und Blu- tungen des Zahnfleisches. Sie ent- steht, wenn sich Bakterien an den Zahnfleischrändern an die Zähne an- lagern, vermehren und eine Plaque bilden. In diesem Biofilm produzieren sie Stoffwechselprodukte und Toxine, die das Zahnfleisch reizen. Daraufhin bekämpfen Immunzellen die Bakte- rien – das Zahnfleisch entzündet sich.

Dabei werden aber nicht nur die Bak-

terien abgetötet, sondern auch das Zahnfleisch selbst wird in Mitleiden- schaft gezogen. Weil das Gewebe durch die Entzündung stärker durch- blutet wird, kann es zudem leichter zu Zahnfleischbluten kommen.

Von einer Parodontitis sprechen Zahnärzte, wenn auch tiefere Schich- ten des Zahnhalteapparats, des so- genannten Parodontiums, von der Entzündung betroffen sind. Dann kommt es zu einem Verlust von Alveolarknochen und es entstehen Zahnfleischtaschen, in denen sich die Bakterien weiter vermehren.

Letzteres befeuert die Entzündung zusätzlich – die Parodontitis ist

eine chronische Erkrankung. Die Zahnfleischränder gehen zurück, die empfindlichen Zahnhälse liegen zunehmend frei. Aus den Zahn- fleischtaschen kann sich Sekret ent- leeren, Mundgeruch ist möglich.

Weil sich der Zahnhalteapparat zu- rückbildet, können sich die Zähne lockern und schlimmstenfalls sogar ausfallen.

Mehr als jeder Zweite betroffen Laut der Vierten Deutschen Mund- gesundheitsstudie des Instituts der Deutschen Zahnärzte leiden 52,7 Prozent der erwachsenen Deutschen

an einer mittelschweren und 20,5 Prozent an einer schweren Parodon- titis. Bei Senioren (über 65 Jahren) kommt die schwere Form sogar dop- pelt so häufig vor. Ob hinter einem Zahnfleischbluten eine Parodontitis steckt, kann nur der Zahnarzt fest- stellen. Als standardisiertes Tool kann er dafür den Parodontalen Screening Index (PSI) nutzen. Dafür benötigt er eine spezielle, gebogene Sonde mit Längenmarkierungen und einer winzigen Kugel am Ende.

Führt der Zahnarzt nun diese Sonde neben dem Zahn in eventuelle Zahn- fleischtaschen ein, so kann er mit der Kugel Unebenheiten am Zahn

Eine bakterielle Entzündung führt zum Zurückweichen des

Zahnhalteapparats. Da sie keine Schmerzen verursacht, bleibt sie häufig lange unentdeckt. Die mögliche Folge ist Zahnverlust.

PRAXIS PARODONTITIS

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aufspüren und gleichzeitig mithilfe der Markierungen die Tiefe der Zahnfleischtaschen ermitteln. Dieses wiederholt er bei sechs gleichmäßig über das Gebiss verteilten Zähnen an jeweils sechs Stellen. Aus den Befun- den berechnet sich der PSI: Code 0 bedeutet, dass der Zahnhalteapparat gesund ist. Bei Code 1 oder 2 bleibt die Längenmarkierung sichtbar (es haben sich also keine oder nur mi- nimale Zahnfleischtaschen gebildet), aber durch die Sondierung beginnt das Zahnfleisch zu bluten. Bei Code 2 sind zusätzlich Zahnstein und/oder Plaque und defekte Restaurations- ränder erkennbar. In diesen Fällen handelt es sich um eine Gingivitis.

Bei Code 3 bleibt das schwarze Band der Längenmarkierung nur teilweise sichtbar, die Tiefe der Zahnfleisch- tasche beträgt 3,5 bis 5,5 Millimeter.

Die Sondierung kann zu einer Blu- tung führen, Zahnstein und/oder Plaque und defekte Restaurations- ränder sind möglich. In diesem Fall spricht der Zahnarzt von einer mit- telschweren Parodontitis. Bei Code 4 verschwindet das schwarze Band vollständig, die Sondierungstiefe be- trägt mehr als 5,5 Millimeter. Dieser

Patient hat eine schwere Parodon- titis. Zusätzlich können in schweren Fällen eine mikrobiologische Diag- nostik oder Röntgenbilder weiteren Aufschluss geben.

Behandlung Eine oberflächliche Entzündung lässt sich meist schon durch eine professionelle Zahnrei- nigung erheblich reduzieren – die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden sollte. Entzündete Zahn- fleischtaschen werden unter lokaler Betäubung in einer geschlossenen Behandlung gereinigt. Bei schweren Defekten und großen Taschentiefen kann es erforderlich sein, die Zahn- fleischtaschen chirurgisch zu öffnen und auf diese Weise zu säubern.

Dann kann auch eine antibiotische Therapie notwendig werden. Heute existieren verschiedene Ansätze, das natürliche Gewebe nach Beseitigung der Entzündung wieder zum Nach- wachsen anzuregen. Je früher die Be- handlung beginnt, desto größer sind die Chancen auf Erfolg. Um das Be- handlungsergebnis zu erhalten, sind eine gute Zusammenarbeit zwischen Patient und Zahnarzt sowie regelmä- ßige Mundhygiene notwendig.

Mehr als eine Erkrankung der Mundhöhle Ein schlecht eingestell- ter Diabetes erhöht das Risiko für eine Parodontitis, und umgekehrt kann eine effektiv therapierte Paro- dontitis die glykämische Einstellung verbessern. Vermutlich wegen der Entzündungsprozesse im Körper erhöht eine Parodontitis zudem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkran- kungen. Während einer Schwan- gerschaft ist das Parodontitisrisiko wegen der hormonellen Umstellun- gen erhöht. Ein Zusammenhang zwi- schen Parodontitis und Frühgeburt wird diskutiert. ■

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

© mihtiander / 123rf.com

DER ZAHNHALTE- APPARAT

Das Paradontium besteht auf Seiten des Kiefers aus dem Alveolarknochen mit dem da- rüber liegenden Zahnfleisch – beide bilden quasi die Fächer, in denen die einzelnen Zähne mit ihren Wurzeln stecken. Auf der Seite des Zahns ist die Zahn- wurzel von Zahnzement um- geben. Zwischen Zahnzement und Alveolarknochen liegt die Wurzelhaut, die beides fest mit- einander verbindet und so die Zähne im Kiefer verankert.

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | März 2015 | www.pta-aktuell.de

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