Raum der holomorphen Funktionen
ImerstenAbshnittsdiesesKapitelsversehen wirdenVektorraumderaufeineroenen
Menge U C holomorphen Funktionen mit einer geeigneten Metrik und diskutieren
grundlegende Eigenshaften wie Konvergenz und Kompaktheit in diesem metrishen
Raum. Zentrales Resultat dieses Abshnitts ist der Satz von Montel, welher besagt,
dass man kompakte Mengen K in dem unendlihdimensionalen (topologishen) Vek-
torraumH (U)analogzum Satz vonHeine-Borel durhihre Beshranktheitund Abge-
shlossenheit harakterisierenkann.
DeranshlieendeAbshnitt
uberdieRiemannsheZeta-Funktionbeshreibt einesder
beruhmtesten und groten oenen Probleme der gesamten heutigen Mathematik. Ei-
ne positiveBeantwortungder sogenannten Riemannshen Vermutung hatte zahlreihe
Konsequenzen, insbesondere inder Zahlentheorie.
1 Der Satz von Montel
Es sei U C eine oene Menge und F := H (U) der Vektorraum aller auf U holo-
morphen Funktionen. Fur eine kompakte Menge K F denieren wir die Funktion
p
K
:F !R durh
p
K
(f):=sup
z2K
jf(z)j:
Dann ist p
K
eine Halbnorm (vgl. Analysis II) auf F, d.h. p
K
besitzt fur allef;g 2 F
die folgenden Eigenshaften:
i) p
K
(f)0,
ii) p
K
(f)=jjp
K
(f)furalle2C,
iii) p
K
(f +g)p
K
(f)+p
K (g).
Die folgenden topologishen Begrie sind fur diesen Abshnitt zentral.
1.1 Denition. a)Eine Folge (f
n
)F heit kompakt konvergentgegen f 2F, wenn
lim
n!1 p
K (f f
n )=0
furjedes Kompaktum K U gilt.
b) Eine Menge V F heit Umgebung von f 2F, falls ein Kompaktum K U und
ein ">0 existieren,derart dass
V
K ;"
(f)=fg 2F :p
K
(g f)<"gV
gilt.
) Eine Menge V F heit oen, falls fur alle f 2 V die Menge V eine Umgebung
vonf ist.Eine Menge AF heit abgeshlossen, falls F nA oenist.
d) Ein System fV
i
: i 2 Ig von Teilmengen von F heit Fundamentalsystem von
Umgebungen von f 2F, fallsgilt:
i) jedes V
i
istUmgebung vonf,
ii) furjede Umgebung V vonf existiert eini2I mitV
i V.
Die Menge aller so denierten oenen Mengen deniert dann eine Topologie auf F,
welhe TopologiederkompaktenKonvergenzgenanntwird.ZumBeispielistdasSystem
fV
K ;"
:K U kompakt;" >0g einFundamentalsystem von Umgebungen vonf 2 F.
Diese Topologie besitzt ferner die folgendenEigenshaften.
1.2 Lemma.
a) F ist Hausdorsh, d.h. fur allef;g 2F mitf 6=g existieren Umgebungen V
1 von
f bzw. V
2
von g mit V
1
\V
2
=;.
b) F ist metrisierbar, d.h. es existiert eine Metrik d auf F, so dass fur jedes f 2 F
das System fg 2F :d(f;g)<";" >0g ein Fundamentalsystem von Umgebungen von
f ist.
Beweis.a)NahVoraussetzung existierteinKompaktum K U mitr :=p
K
(f g)>
0. Setzt man V
1 :=V
K ;"
(f) und V
2 :=V
K ;"
(g) mit"=r=2, so folgtdie Behauptung.
b)DurheinegeeigneteWahlvonRehtekeninU konnenwireinesogenannteAusshopfungs-
folge (K
n )
n2N
in U nden, d.h. eine Folge von kompakten Mengen K
n
in U mit
K
n
ÆK
n+1
, derart dass fur ein beliebiges Kompaktum K U fur mindestens ein
n
0
2N K K
n
0 gilt (
Ubungsaufgabe!). Ist (K
n
) eine solhe Ausshopfungsfolge, und
setzt man
d(f;g):=
1
X
n=1 2
n
minf1;p
K
n
(f g)g;
so istd eine Metrik auf F.
Im Folgenden interessieren wir uns fur die Vollstandigkeit des Raumes H (U). Hierzu
denieren wir zunahst den Begri der Cauhyfolge in diesemZusammenhang.
1.3 Denition. Eine Folge (f
n
) F heit Cauhyfolge in F, wenn fur jedes " > 0
und jedes Kompaktum K U einN
0
2N existiert mit
p
K (f
n f
m )<"
furallen;mN
0 .
Es giltdann das folgende Lemma.
1.4 Lemma. DerVektorraumH (U) ist vollstandig,d.h. jede Cauhyfolgein H (U) ist
konvergent.
Beweis. Es sei (f
n
) eine Cauhyfolge in F und z
0
2 U. Dann ist K := fz
0
g kompakt
und zu jedem ">0existiert ein N
0
2N mit
jf
n (z
0 ) f
m (z
0 )j=p
K (f
n f
m )<"
furallen;m N
0
.Daherist(f
n (z
0
))eineCauhyfolgeinC undwegenderVollstandig-
keit von C existiert f(z
0
) := lim
n!1 f
n (z
0
) 2 C fur alle z
0
2 C. Nah Denition der
kompakten Konvergenz konvergiert die Folge (f
n
) auf jedem Kompaktum K U
gleihmaig gegen eine Funktion f : U ! C. Der Satz von Weierstra ?? impliziert,
dass f 2F gilt,und somit dieBehauptung.
Fassen wir alle Eigenshaften des Vektorraums F und der zugehorigen Topologie zu-
sammen,so giltdas folgendeResultat.
1.5 Satz. Ist U C oen, so ist H (U) ein vollstandiger, metrisher Raum.
In der Sprahe der Funktionalanalysis ist F sogar ein komplexer Frehetraum. Da in
metrishen RaumendieBegrie
"
kompakt\ und
"
folgenkompakt\ ubereinstimmen,ist
diefolgende Denition naturlih.
1.6 Denition. a) Eine Menge M F heit kompakt, falls jede Folge in M eine in
M konvergente Teilfolgebesitzt.
b) Eine Menge M F heit beshrankt, falls p
K
(M) := fp
K
(f) : f 2 Mg R fur
jedes Kompaktum K U beshrankt ist.
DasfolgendebemerkenswerteTheoremvonMontelbesagt,dassmankompakteMengen
K imunendlihdimensionalenVektorraumH (U)analogzumSatzvonHeine-Borel(vgl.
Analysis I) durh ihre Beshranktheit und Abgeshlossenheit harakterisieren kann.
1.7 Theorem. (Satz von Montel).
Es sei U C oen. Dann ist eine Menge F H (U) genau dann kompakt, wenn sie
beshrankt und abgeshlossen ist.
Der im Folgenden beshriebene Beweis des Satzes von Montel beruht auf dem, uns
shon aus der Vorlesung
"
Gewohnlihe Dierentialgleihungen\ her bekannten Satz
vonArzela-Asoli, welhenwir hier wiederumnurzitieren,abernihtbeweisen wollen.
1.8 Satz. (Satzvon Arzela-Asoli).
Es seiU C eineoeneMenge. DannisteineMengeF C(U;C) genaudannrelativ
kompakt, wenn gilt:
a) fur jedes z 2U ist ff(z):f 2Fg beshrankt,
b) F ist gleihgradig stetig in jedem Punkt z
0 2U.
Der Begri der gleihgradigen Stetigkeit ist hierbei wie in der Vorlesung gewohnlihe
Dierentialgleihungen deniert. Eine Menge F C(U;C) heit gleihgradig stetig in
z
0
2U, falls zu jedem " >0 einÆ>0 existiert,so dass
jf(z) f(z
0 )j"
gilt furalle z2U mitjz z
0
jÆ und allef 2F.
Beweis. Ist F F = H (U) kompakt, so ist F klarerweise abgeshlossen. Ferner, da
p
K
:F !R stetigist,istp
K
(F)R einekompakteMengeinR undsomitbeshrankt.
WirbetrahtennundieumgekehrteAussage.DaF nahVoraussetzung beshranktist,
ist klarerweise dieBedingunga) des Satzes von Arzela-Asoli erfullt.Um dieBehaup-
tung zu beweisen, genugt es nah dem Satz von Arzela-Asoli also zu zeigen, dass F
in jedem z
0
2 U gleihgradigstetig ist. Hierzu z
0
2U und " >0. Nah Voraussetzung
existierenKonstantenr;M >0,sodassB
r (z
0
)U undjf(z)jM furallez 2B
r (z
0 )
und alle f 2F gilt.Wahlt man z 2U mitjz z
0
j<r=2, f 2F und (t):=z
0 +re
it
furt2[0;2℄, sogilt nah dem Cauhyshen Integralsatz
jf(z
0
) f(z)j = 1
2
Z
f()
1
z
0
1
z
d
= 1
2
Z
f()
z
0 z
( z
0
)( z)
2M
r jz
0 zj:
Wahlen wir Æ <minf r
2
; r"
4M
g,so folgt
jf(z
0
) f(z)j<" fur alle f 2F;
sofern nurjz
0
zj<Æ gilt.
1.9 Bemerkung. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass der Satz von Montel im
Reellen falsh ist. Als Gegenbeispiel betrahte man etwa die Menge F := fsinnx :
n 2 Ng. Dann ist F beshrankt, aber F ist niht kompakt, da wegen des Satzes von
Arzela-Asoli dieFunktionenmenge F nihtgleihgradig stetig ist.
Wir beshlieendiesen Abshnitt mitdem Satz vonVitali,einer Folgerungdes Satzes
vonMontel.
1.10 Korollar. (Satz vonVitali).
Es sei G C ein Gebiet und M G eine Menge, welhe einen Haufungspunkt in G
besitzt. Ist F H (G) beshrankt und (f
n
) F eine Folge, welhe punktweise auf M
konvergiert, so existiert f(z) := lim
n!1 f
n
(z) fur alle z 2 G und f : G ! C ist eine
holomorphe Funktion.
Beweis. Nah dem Satz von Montel ist F H (G) kompakt und es genugt daher zu
zeigen,dass dieFolge(f
n
)hohstenseinenHaufungspunkt inH (G)besitzt.Seien aber
f und g zwei Haufungspunkte derFolge (f
n
),sogiltfj
M
=gj
M
und der Identitatssatz
impliziertf =g.
2 Die Riemannshe Zeta-Funktion
Die in diesem Abshnitt beshriebene Riemannshe Zeta-Funktion wurde seit ihrer
EinfuhrungimJahre 1859durhB.RIEMANNvonGenerationenvonMathematikern
intensiv erforsht. Eines der beruhmtesten ungelosten Probleme der gesamten Mathe-
matikbesteht darin, dieNullstellender Zeta-Funktion zu bestimmen.
Wir beginnenmit der Denition der Zeta-Funktion.
Istz 2C undk 2N, sogiltjk z
j=je zlogk
j=e
Re(z)logk
unddahergiltfurRe(z)1+"
n
X
k=1 jk
z
j n
X
k=1 k
(1+")
;
welhes bedeutet, dass die Reihe P
1
n=1 1
n z
in H (U) mit U = fRe(z) > 1g lokal
gleihmaigund absolutgegen eine holomorpheFunktion konvergiert.
2.1 Denition. Die Riemannshe Zetafunktion istfurRez >1 deniert durh
(z):=
1
X
n z
:
EineweitereFunktionvonInteresseindiesemZusammenhangistdieshoninAnalysis
II eingefuhrteGamma-Funktion, welhe fur z2C deniert ist durh
(z):=
e z
z 1
Y
n=1 1+
z
n )
1
e z=n
;
wobei die Konstante so gewahlt ist, dass (1) = 1 gilt. Die Konstante heit
Eulershe Konstante und kann zu
= lim
n!1
(1+ 1
2
+:::+ 1
n
) logn
bestimmtwerden.Mankannzeigen,dass einemeromorpheFunktionaufC ist,welhe
nur einfahe Poleinz =0; 1; 2;:::mit Residiuen
Res ( n)= ( 1)
n
n!
; n =0;1;2;:::
besitzt. Fur z 2 C mit z 6= 0; 1; 2;::: erfullt dieGamma-Funktion die Funktional-
gleihung (z+1)=z (z) und ferner gilt
(z)= Z
1
0 e
t
t z 1
dt; Rez >0:
Insbesonderedeniert aufderrehtenHalbebenefz 2C :Rez >0geineholomorphe
Funktion. Weitergilt
(2.1)
1
(x)
=
(1 x)
sin(x)=
(1 x)
2sin(
x
2 )os(
x
2 )
; 1<x<0:
Setzen wir t=nu, so folgt
n z
(z)= Z
1
0 e
nt
t z 1
dt:
Summieren wir
uber diese Gleihung
uberallen 2N, sofolgt
(2.2) (z) (z)=
1
X
n=1 n
z
(z)= 1
X
n=1 Z
1
0 e
nt
t z 1
dt:
UnsernahstesZielistes,dieobigeSummationundIntegrationzuvertaushen.Hierzu
ist das folgende Lemma nutzlih, dessen Beweis wir dem Leser als
Ubungsaufgabe
uberlassen.
2.2 Lemma. a) Es sei a >1 und S :=fz 2C :Rez ag und " >0. Dann existiert
Æ 2(0;1), so dass fur alle z 2S gilt
Z
(e
t
1) 1
t z 1
dt
<";
sofern nur Æ > >>0 gilt.
b) Es seiA 2R und S :=fz2 C :Rez Ag und ">0. Dannexistiert Æ>1, so dass
fur alle z 2S gilt
Z
(e
t
1) 1
t z 1
dt
<";
sofern nur >>Æ gilt.
2.3 Korollar. a) Gilt 1 < a < A < 1 und S := fz 2 C : a Rez Ag, so
konvergiert das Integral
Z
1
0 (e
t
1) 1
t z 1
dt
gleihmaig auf S.
b) Gilt A2R und S :=fz2C :Rez Ag,so konvergiertdas Integral
Z
1
1 (e
t
1) 1
t z 1
dt
gleihmaig auf S.
2.4 Satz. Fur Rez >1 gilt
(z) (z)= Z
1
0 (e
t
1) 1
t z 1
dt:
Beweis. Nah Korollar 2.3 deniert das obige Integral eine holomorphe Funktion in
fz 2 C : Rez > 1g. Nah dem Identitatssatz genugt es also die obige Gleihheit fur
z =x>1 zu zeigen.
Nah Lemma 2.2existieren ; 2R mit<, so dass
Z
0 (e
t
1) 1
t x 1
dt <
"
4
; und Z
1
(e
t
1) 1
t x 1
dt<
"
4
gilt.Ferner, da P
n
k=1 e
kt
P
1
k=1 e
kt
=(e t
1) 1
fur allen2N gilt,folgt
1
X Z
0 e
nt
t x 1
dt<
"
4 und
1
X Z
1
e
nt
t x 1
dt<
"
4 :
Die Gleihung (2.2) liefert zusammen mit der Tatsahe, dass P
e nt
gleihmaigauf
[ ;℄ gegen (e t
1) 1
konvergiert,die Beziehung
(x) (x) Z
1
0 (e
t
1) 1
t x 1
dt
"+
1
X
n=1 Z
e
nt
t x 1
dt Z
(e
t
1) 1
t x 1
dt
<":
Nah diesen Vorbereitungen wollen wir nun den Denitionsbereih der Zeta-Funktion
zunahst auf fz 2 C : Rez > 1g und shlielih auf ganz C ausdehnen. Hierzu
betrahten wir dieLaurententwiklung der Funktion z 7!(e z
1) 1
,welhe durh
(2.3)
1
e z
1
= 1
z 1
2
+h(z)
fur eine in einer Umgebung U von 0 holomorphen Funktion h gegeben ist. Der Term
1
e t
1 1
t
istsomit auf U beshrankt und das Integral
Z
1
0
1
e t
1 1
t
t z 1
dt
konvergiertdaher gleihmaigauf kompakten Teilmengen von fz 2C :Rez >0g und
stellt dort eine holomorphe Funktion dar. Dahergilt
(2.4) (z) (z)= Z
1
0
1
e t
1 1
t
t z 1
dt+ 1
z 1 +
Z
1
1 t
z 1
e t
1
dt =:G(z):
Da der erste und derdritte Term aufder rehten Seite jeweilsholomorphe Funktionen
auffz 2C :Rez >0gdarstellen,kannman(z)furRez >0durh(z):= (z) 1
G(z)
denieren. Damit ist eine meromorphe Funktion in fz 2 C : Rez > 0g mit einem
einfahen Polin z =1 mitResiduumRes
(1) =1.
Fur0<Rez <1gilt
(z 1) 1
= Z
1
1 t
z 2
dt:
Setzen wir dies in dieGleihung (2.4) ein, so folgt
(2.5) (z) (z)= Z
1
0
1
e t
1 1
t
t z 1
dt; 0<Rez <1:
DieGleihung (2.3)impliziertweiter,dasseineKonstanteexistiertmit 1
e t
1 1
t +
1
2
t fur allet2(0;1℄.Deshalb konvergiert das Integral
Z
1
1
e t
1 1
t +
1
2
t z 1
dt
gleihmaigauf kompakten Teilmengen von fz2C :Rez > 1g. Fernerexistiert eine
Konstante mit 1
t 1
e t
1
t
fur allet1;daher konvergiert das Integral
Z
1
1
1
e t
1 1
t
t z 1
dt
gleihmaig auf kompakten Teilmengen von fz 2 C : Rez < 1g. Setzt man diese
Integralein dieGleihung (2.5)ein, sofolgt
(2.6)
(z) (z)= Z
1
0
1
e t
1 1
t +
1
2
t z 1
dt 1
2z +
Z
1
1
1
e t
1 1
t
t z 1
dt=:G
1 (z)
1
2z
;
fur 0 < Rez < 1. Da der erste und der dritte Term auf der rehten Seite jeweils
holomorphe Funktionen auf S
1
:= fz 2 C : 1 <Rez < 1g darstellen, konnen wir
auf S
1 durh
(z):=
(
G1(z)
(z)
1
2z (z)
; z 2S
1 nf0g;
1
2
; z =0
denieren. Wegen Res (0) = 1 folgt aus dem Riemannshen Hebbarkeitssatz, dass
eine holomorpheFunktion auf ganz S
1
ist. Kombinierenwir dies mit(2.4), so ist (z)
nun deniert furalle z 2fw2C :Rew> 1g und besitzt inz =1 einen einfahen
Pol.Furz 2S
0
:=fw2C : 1<Rew<0ggilt
Z
1
1 t
z 1
dt= 1
z :
Setzt man dies in dieGleihung (2.6) ein, so folgt
(2.7) (z) (z)=
Z
1
0
1
e t
1 1
t +
1
2
t z 1
dt; z 2S
0 :
Benutzt man dieIdentitaten
1
e t
1 +
1
2
= i
2 ot (
it
2
) und ot(
it
2 )=
2
it 4it
1
X
n=1 1
t 2
+4n 2
2
;
so folgt
1
e t
1 1
t +
1
2
1
t
=2 1
X
n=1 1
t 2
+4n 2
2
:
Einsetzen in(2.7) und Vertaushen und Summation und Integration liefert
(z) (z) = 2 Z
1
0
1
X
n=1 1
t 2
+4n 2
2
t z
dt (2.8)
= 2(2) z 1
(1 z) Z
1
t z
t 2
+1
dt; z 2S
0 :
Ist x2R \S
0
sofolgt durh dieSubstitution s=t 2
(2.9)
Z
1
0 t
x
t 2
+1 dt=
1
2
1
os (
x
2 );
Kombiniertman dies mitden Gleihungen (2.8), (2.9) und (2.1), sofolgt der folgende
Satz.
2.5 Satz. (Funktionalgleihung der Zeta-Funktion).
Fur alle z 2fw2C : 1<Rew<0g gilt
(2.10) (z)=2(2)
z 1
(1 z)(1 z)sin(z=2):
Genau genommen haben wir bisher die obige Gleihheit nur fur relle x 2 (0;1) ge-
zeigt. Da beide Seiten der obigen Gleihung jedoh holomorphe Funktionen im Strei-
fen fz 2 C : 1 < Rez < 0g darstellen, folgt die Funktionalgleihung fur alle
z 2fw2C : 1<Rew<0gaus dem Identitatssatz.
Wir konnen dieses Argument noh wie folgt ausdehnen: die rehte Seite der Funktio-
nalgleihungistholomorphinder ganzenlinkenHalbebenefz 2C :Rez <0gundwir
verwenden die Funktionalgleihung um (z) fur z mit Rez < 0 zu denieren. Somit
gilt das folgende Theorem
2.6Theorem. DiesodenierteZeta-Funktionist einemeromorpheFunktionaufganz
C mit einem einizigen Pol in z = 1 der Ordnung 1 und Residuum Res
(1) = 1. Fur
z 6=1 gilt die Funktionalgleihung (2.10).
Da dieFunktion z 7! (1 z)Poleinz =1;2;:::besitztund daz 7!(z)holomorph
in z =2;3;:::ist,folgt aus der Funktionalgleihung
(2.11) (1 z)sin(z=2) =0; z =2;3;:::
Da diePole von (1 z) in z =2;3;::: einfah sind und da (z) 6=0 fur diese z gilt,
mussen alle Nullstellen von (2.11) einfah sein. Weiter, da sin(z=2) 6= 0 gilt fur alle
ungeraden z 2Z, folgt(1 z)=0 fur allez =3;5;:::. Dies bedeutet
(z)=0 furalle z = 2; 4; 6;::::
Mit
ahnliher Argumentation zeigen wir, dass keine weiteren Nullstellen auerhalb
des Streifensfz 2C :0Rez 1g besitzt.
2.7 Denition. Die Punkte z = 2; 4; 6;::: heien die trivialen Nullstellen der
Wir sind nun in der Lage eine der beruhmtesten oenen Fragen der Mathematik zu
formulieren.
2.8. Die Riemannshe Vermutung.
Ist z eine Nullstelle der Zeta-Funktion im kritishen Streifen, so gilt Rez = 1
2 .
Es ist bekannt, dass keine Nullstellen z mit Rez = 1 und somit via der Funktio-
nalgleihung auh keine mit Rez = 0 besitzt. Weiter wei man, dass unendlih viele
Nullstellen z von mitRez = 1
2
existieren. Es istjedoh unbekannt, ob Nullstellenz
von im kritishen Streifen mitRez6=1=2 existieren.
Wir beshlieen dieses Kapitelmitdem Eulershen Primzahlensatz.
2.9 Theorem. (Eulersher Primzahlensatz).
Ist (p
n
) die Folge der Primzahlen und Rez >1 so gilt
(z)= 1
Y
n=1
1
1 p z
n
:
Beweis. Die geometrishe Reihe impliziert,dass
1
1 p z
n
= 1
X
j=1 p
jz
n
; n 1
gilt.Betrahtenwir furn1ProduktevonTermen(1 p z
k )
1
fur1k n, sofolgt
durh Ausmultiplizieren
n
Y
k=1
1
1 p z
k
= 1
X
j=1 n
z
j
;
wobei in der rehten Summe nur
uber diejenigen n
1
;n
2
;::: zu summieren ist, in de-
ren(eindeutigbestimmte)PrimfaktorenzerlegunglediglihdiePrimzahlenp
1
;p
2
;:::;p
k
vorkommen. Der Grenzubergang n !1liefertdann die Behauptung.
2.10 Bemerkungen. a) Das obigeProdukt Q
1
n=1
1
1 p z
n
heit Euler-Produkt.
b)DieDarstellungderZeta-FunktionalsEuler-Produktzeigtinsbesonderedass(z)6=
0 giltfurallez 2C mitRez >1.
2.11 Bemerkung. Der obige Satz von Euler zeigt insbesondere, dass es unendlih
viele Primzahlen gibt. Ware dies niht so, hatte das Euler-Produkt fur z ! 1 einen
endlihen Grenzwert, im Widerspruh dazu, dass nah Theorem 2.6 in z = 1 einen
Hadamard und de la Vallee-Poussin fanden 1896 unabhangig voneinander den ersten
Beweis des shon von Gau vermuteten Primzahlensatzes, welher besagt, dass
lim
x!1
(x)logx
x
=1
gilt. Hierbei bezeihnet (x) die Anzahl der Primzahlen p mit p x. Der Beweis
des Primzahlensatzes benutzt die logarithmishe Ableitung
0
der Zeta-Funktion und
basiert auf der Tatsahe, dass diese Funktion abgesehen von einem Pol in z = 1 ho-
lomorph auf einer Umgebung der abgeshlossenen Halbebene fz 2 C : Rez 1g ist.
Letzteres ergibt sih aus dem shon oben erwahnten Resultat, dass dieZeta-Funktion
auf der Geraden Rez =1keine Nullstellen besitzt.