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Corona-KriseNeue Erkenntnisse gewonnen

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Academic year: 2022

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Ausgabe 07–08 / 2020 24. Juli 2020 | 74. Jahrgang | 4 Euro

26. Juli 2019 | 73. Jahrgang | 4 Euro

bildung und wissenschaft –

Zeitschrift der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden-Württemberg

Ausgabe 09 / 2020 25. September 2020 | 74. Jahrgang | 4 Euro

Corona-Krise

Neue Erkenntnisse gewonnen

Landesdelegiertenversammlung

GEW-Umfrage Gleichstellungspolitik

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Gut informierte Eltern sind die besseren Partner!

Das Eltern-Jahrbuch enthält die für Eltern und vor allem für die Elternvertreter innen und Elternvertreter notwendigen Informationen aus dem

Schulrecht des Landes. In diesem Jahr neu:

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Eltern-Jahrbuch 2020/2021

Michael Rux Prof. Dr. Johannes Rux Inge Goerlich

Eltern-Jahrbuch 2020/2021

andbuch des Eltern- und Schulrechts an ffentlichen Schulen in aden- ürttemberg

Eltern- Jahrbuch

plus

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Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserin, lieber Leser, Schulen und Kitas starteten nach der Sommer-

pause in den „Regelbetrieb unter Pandemie- bedingungen“. Die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen und der Druck, zur Verein- barkeit von Familie und Beruf die Kinder zu betreuen, lassen den Gesundheitsschutz der Beschäftigten in den Hintergrund treten. Das kann sich kein anderer Arbeitgeber erlauben.

Auch wenn die GEW unterstützt, dass die Kin- der und Jugendlichen möglichst viel in die Kitas und Schulen kommen: Die Arbeitgeber müssen mehr tun, um die Beschäftigten zu schützen! Diese Forderung bringen wir in alle Gespräche ein. Ein erster Erfolg war die Mög- lichkeit, sich bis Ende September zweimal frei- willig testen zu lassen.

Immerhin haben die letzten Monate die gesellschaftliche Bedeutung der Kitas, der gesamten Jugendhilfe, der Schulen und der Bildung insgesamt sichtbar gemacht: Bildung ist mehr wert! Das gibt uns Selbstbewusstsein für die laufende Tarifrunde.

Beim Start ins neue Schuljahr gilt: Viel Organi- sation und wenig Personal, kein Abstand und keine Schutzmaßnahmen für die Beschäftig- ten. Wirksame Schutzmasken gibt es nicht.

Auch wenn die Infektionsraten derzeit niedrig sind: Das Coronavirus bleibt gefährlich.

Die Kultusministerin relativiert die Schutz- maßnahmen, wenn der Präsenzunterricht sonst nicht organisiert werden könnte. So spielt das Prinzip fester Gruppen ausgerech- net in der gymnasialen Oberstufe keine Rolle, obwohl das Freizeitverhalten vieler Jugend- licher Anlass zu besonderer Vorsicht gibt.

Vorgaben kommen sehr kurzfristig oder wer- den grundlegend verändert. Das Kultusminis- terium macht unrealistische Vorgaben und erweckt den Eindruck, alles getan zu haben, dass die Schule läuft. Maskenpflicht in allen Lehrerzimmern – außer in der Grundschule.

Maskenpflicht ab Klasse 5 im Schulgebäude und im Freien auf dem Schulhof - aber nicht im Klassenzimmer mit 30 Schüler*innen.

Angesichts der Bedeutung der Aerosole blicke ich mit Sorge in den Herbst. Besser wäre eine Unterrichtsorganisation in kleinen Gruppen und mit Abstand. Es gibt keinen Plan B bei erneuten Schulschließungen. Die digitale Aus- stattung hat sich nur geringfügig verbessert.

Die didaktischen Konzepte und entsprechen- de Fortbildung fehlen. Die Liste könnte ich noch lange fortsetzen.

An den Schulen steigt der Personalmangel.

Sechs Prozent der Lehrkräfte waren vor der Sommerpause mit Attest nicht im Präsenzun- terricht. Die Schwangeren machen weitere drei Prozent aus. Verschärft wird der Mangel vor allem an den Grundschulen und den SBBZ, wo viele Stellen mangels Bewerber*innen nicht besetzt werden konnten. Wenn Lehrkräfte krank werden, helfen die bisher üblichen Maß- nahmen wie Klassenzusammenlegungen nicht.

Klassen werden häufiger zu Hause bleiben.

Die Personalräte haben Mitbestimmungs- rechte beim Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Die GEW unterstützt sie dabei, diese Rechte wahrzunehmen und durchzusetzen. Ich emp- fehle den Schulleitungen, Lehrkräften und allen Beschäftigten, gemeinsam an guten Lösungen zu arbeiten und die Unterstützung des Personalrats in Anspruch zu nehmen.

Bei allen Problemen: Starten Sie gut in das neue Schuljahr und achten Sie auf sich!

Mit freundlichem Gruß und besten Wünschen Ihre

Alles gut vorbereitet?

KRISEN MODUS Doro Moritz,

Landesvorsitzende GEW Baden-Württemberg

Foto: GEW BW

Editorial

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9

Schuljahr 2020/2021 unter Pandemiebedingungen:

Unrealistische Vorgaben

S. 12 Titelthema

Corona-Krise: Neue Erkenntnisse gewonnen

40

Gewerkschaften fordern 4,8 Prozent mehr Geld

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Inhalt

In dieser Ausgabe

Titelbild: cydonna / photocase

Redaktionsschluss für die nächste b&w-Ausgabe:

21. September 2020

Foto: imago

Titelthema

Erkenntnisse aus der Corona-Krise 12 Lasst uns eine neue

Schule aufbauen

16 Weltuntergang verschoben 17 Schüler*innen

kommen glücklich nach Hause 20 Die Wiederentdeckung

der pädagogischen Beziehung

Arbeitsplatz Schule / Kindertageseinrichtung

9 Schuljahr 2020/2021 unter Pandemie- bedingungen: Unrealistische Vorgaben 24 GEW-Umfrage:

Corona und Schule: Bleibt alles anders?

28 Lehrereinstellung 2020:

Viele Lehrkräfte gesucht 42 Umfragen der Jungen GEW:

Vorbereitungsdienst und Dienstanfang sind sehr belastend

Aus der Arbeit der GEW 6 Lehramtsanwärter*innen:

Mit Übergangsbesoldung Ferien bezahlen

6 „Digitalisierung unserer Schulen – sofort!“: Wie es vorwärts gehen kann 8 Bezirkspersonalrat beim ZSL gewählt:

Wahlerfolg für die GEW 8 Personalratswahlen beim ZSL:

Noch immer Ärger und große Unsicherheit

32 Landesdelegiertenversammlung (LDV):

Großer Wechsel an der Spitze der Bildungsgewerkschaft

Recht/Geld

36 Verhüllungsverbot für Schüler*innen:

Maske ja, muslimisches Kopftuch nein?

40 Tarifrunde bei Bund und Kommunen gestartet: Gewerkschaften

fordern 4,8 Prozent mehr Geld 41 Unbefristete Arbeitsverträge:

Perspektive für befristet beschäftigte Lehrkräfte

Hochschule 44 Studienwahl:

Irgendwann muss man sich entscheiden 45 Studieren im Corona-Semester:

Befunde einer Befragung

Gesellschaft

46 Geschlechtergerechte Familien- und Gleichstellungspolitik nach Corona:

Mütter aus der Zwickmühle holen

Rubriken 3 Editorial 7 Glosse 49 Kurz berichtet 50 GEW vor Ort 51 Jubilare 52 Totentafel

53 Buch- und Filmtipp 54 Leserbriefe

54 Termine 54 Impressum

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INITIATIVE „DIGITALISIERUNG UNSERER SCHULEN – SOFORT!“

Wie es vorwärts gehen kann

Der Verein Gemeinschaftsschulen hatte den Impuls zu einer gemeinsamen Digita- lisierungsinitiative von GEW und Lehrer- verbänden gesetzt. GEW, VBE, BLV und Grundschulverband beteiligten sich und erhoben in einer gemeinsamen Landes- pressekonferenz unter anderem konkrete Forderungen zur Ausstattung der Lehrkräf- te und Schüler*innen mit digitalen End- geräten. Gemeinsames Ziel der Initiative ist, mit einer Grund‐Digitalisierung der Schulen im Land bis zu den Sommerferien 2021 modernen und zeitgemäßen Unter- richt zu ermöglichen. Das Kultusministe- rium nahm den Wunsch auf und lud im Juli die Initiative, die Kommunalen Lan- desverbände (KLV), die schulischen Bera- tungsgremien des Kultusministeriums und die mit der Digitalisierung der Schu- len befassten Institutionen zu einem Aus- tausch ein. Es überraschte nicht, dass das

Kultusministerium seine Bemühungen und Absichten in der Aus- und Fort- bildung, in den Bildungsplänen und in den finanziellen Investitionen in rosigen Farben darstellte. Die von der Initiative durchgeführte Umfrage an den Schulen ergab ein anderes Bild. Die GEW for- derte zusätzliche Mittel für die staatliche Lehrerfortbildung sowie mehr Kapazitä- ten für besseren Support ein.

Erfreulich war die Information des Kul- tusministeriums, dass die Bundesregie- rung künftig für die Bewilligung der Mittel aus dem Hauptdigitalpakt keinen Medienentwicklungsplan mehr einfor- dert und dass dieser erst mit der Abrech- nung vorgelegt werden müsse.

Die KLV haben eine klare Zielstruktur eingefordert. Man müsse nicht im Gleich- schritt vorwärts gehen, aber die gleichen Ziele haben. Außerdem seien die Kosten

und der Kostenträger zu klären.

Die Ergebnisse der Umfrage bei den Schulen waren sehr ernüchternd. Sie wurden in einer weiteren Landespresse- konferenz vorgestellt. Siehe:

www.gew-bw.de/umfrage-digitalisierung Das Kultusministerium will die Gespräche mit der Initiative im September fortsetzen und vor allem über die Ziele reden.

Doro Moritz GEW erwartet mehr Geld für Support und Fortbildung der Lehrkräfte

Foto: pixabay

1.600 UNTERSCHRIFTEN VON LEHRAMTSANWÄRTER*INNEN

Mit Übergangsbesoldung Ferien bezahlen

Mitte Juli haben Vertreter*innen des Ausbildungspersonalrats des Seminars Sonderpädagogik Stuttgart gemeinsam mit der GEW-Landesvorsitzenden Doro Moritz und dem VBE-Landesvorsitzen- den Gerhard Brand 1.600 Unterschriften

von Referendar*innen aus dem ganzen Land und aus allen Schularten an Kul- tusministerin Eisenmann übergeben.

Bei der Übergabe vor dem Landtag for- derten die Referendar*innen eine Über- gangsbesoldung für fertig ausgebildete

Lehrkräfte, die für das neue Schuljahr bereits eine Stellenzusage im Schul- dienst haben.

Für die 5.000 Referendar*innen im Land enden die Verträge zum 30. Juli. Die langjährige Forderung der GEW lautet:

Dienstanfänger*innen sollen direkt im Anschluss an das Referendariat einge- stellt werden. Die Praxis der Landesre- gierung, die Lehramtsanwärter*innen in den Ferien nicht zu bezahlen, schafft für die Betroffenen nicht nur finanzielle Pro- bleme. Für Dienstanfänger*innen besteht kein Dienstunfallschutz, wenn sie vor dem Einstellungstermin dienstlich veran- lasste Fahrten zum Beispiel an die Schu- le unternehmen. Die GEW fordert mit Verweis auf den bestehenden Lehrkräfte- mangel und die Herausforderungen des zweiten Corona-Schuljahres ein rasches Umdenken der Landesregierung.

Katharina Huss Kultusministerin Susanne Eisenmann nahm die Unterschriften vor dem Landtag entgegen.

Foto: Katharina Huss

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Aktuell

Glosse Zwischen Falco und Mick Jagger

Seit 1987 habe ich ein Ritual für den letzten Schultag. Wenn ich nach Hause komme, dann lege ich den Falco-Song

„Nie mehr Schule!“ auf. Genau so fühlt es sich an. Sechs Wochen! Endlos Zeit!

Das Problem ist natürlich, dass „nie mehr“ eine größere Zeitspanne umfasst als „sechs Wochen“.

Je weiter die Wochen voranschreiten, umso neurotischer schiebe ich den Gedanken weg, dass die Schule irgend- wann auch wieder anfangen könnte.

WOCHE _1

In der ersten Woche, direkt am ersten Ferientag, habe ich das Schulmail-Icon vom Desktop gelöscht und die Mailmel- dung auf stumm geschaltet. Das hat sich so gut angefühlt.

WOCHE _2

Ab der zweiten Sommerferienwoche habe ich die Schule weiträumig umfah- ren. Der Platz, an dem mein Kind Fuß- balltraining hat, liegt direkt neben der Schule. Statt des direkten Weges dort hin, fahre ich lieber einen Umweg. Von da aus ist die Sicht auf das Schulhaus von einem kleinen Wäldchen verdeckt. Außerdem habe ich die Arbeitszimmertür verschlos- sen. Ich tue so, als gäbe es diesen Raum im Haus gar nicht. Die Schule ist jetzt fast aus meinem Bewusstsein verschwunden.

WOCHE _3 und 4

Lehrer? Wer? Ich? Quatsch! Ich fahre mit der Familie ganz weit weg. Anderes Land, anderes Haus. Hier kann gar nichts an die Schule erinnern.

WOCHE _5

Wieder zu Hause. Die Blätter werden bunt. Es wird früh dunkel. Na und? Ich dehne die Tage endlos. Man muss alles aus ihnen herausholen. Ich stehe ganz früh auf und gehe erst ganz spät ins Bett.

Heute, sage ich laut, arbeite ich nicht, ich habe nämlich Feri-

en. Tagsüber mache ich alles, was ich sonst nicht tue. Putzen. So sauber ist das Haus sonst nie.

Sogar das Auto. Am Ende der Woche schaue ich vorsichtig nach den Schulmails. Schock! Die Schulleitung ist schon wieder auf Sendung.

WOCHE _6

Ich stehe um vier auf und blinzle in die Dunkel- heit. Um 8 gehe ich in die Schule, nehme ich mir vor, und gucke mal, wie es so aussieht. Um halb

fünf schreibt die Kollegin eine Whatsapp, ob ich heute auch in die Schule komme.

Ich antworte erst zehn vor acht. Sie soll ja nicht denken, dass ich extra früh auf- gestanden bin, um die unterrichtsfreie Zeit noch ein bisschen zu dehnen. Fünf- zehn nach 8 fahre ich los und falle fast vom Fahrrad, weil ich so intensiv die Landschaft genießen will und dauernd hin und her gucke. Ich betrete die Schu- le. Alle sind schon da. Und nach einer Minute fühlt es sich an, als wäre man nie fort gewesen. Zu Hause lege ich „Let’s work!“ von Mick Jagger auf.

Jens Buchholz

VERABSCHIEDUNG

Gabi Frenzer-Wolf

wechselt zur Rentenversicherung

Ende Juli wurde die stellvertretende Lan- desvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf im Foyer des Willi-Bleicher-Haus mit Wert- schätzung, Dank und coronabedingtem Abstand von Vertreter*innen der Ein- zelgewerkschaften des DGB verabschie- det. Doro Moritz, Vorsitzende der GEW Baden-Württemberg, lobte unter ande- rem das Koordinationstalent von Gabi Frenzer-Wolf.

Nach mehr als 30 Jahren gewerkschaft- licher Arbeit und siebenjähriger Amts- zeit beim DGB übernimmt sie nun eine Führungsaufgabe bei der Deutschen Rentenversicherung.

b&w

Foto: DGB Baden-Württemberg

Gabi Frenzer Wolf bei Ihrer Verabschiedung

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BEZIRKSPERSONALRAT BEIM ZSL GEWÄHLT

Wahlerfolg für die GEW

Mitte Juli wurde der Bezirkspersonalrat beim ZSL gewählt. Von neun Mandaten entfallen sechs auf die GEW/ver.di-Liste – ein sehr schöner Erfolg! Drei Sitze hat der Beamtenbund. Bei der Konstituierung wurden Ralf Rückert (Seminar GHWRS Rottweil) zum Vorsitzenden, Christine Manz (SPBS Heilbronn) zur stellvertreten- den Vorsitzenden gewählt. Die weiteren GEW-Mitglieder sind Nina Großmann, Ulrike Klüppel, Sabine Kirschbaum und Monika Banspach.

Der Bezirkspersonalrat beim ZSL vertritt über 6.000 Beschäftigte im ZSL, seinen Außenstellen und in den Seminaren für Ausbildung und Fortbildung der Lehr- kräfte. Eigentlich besteht dieser neue Bezirkspersonalrat aus 11 Mitgliedern.

Das konnte der Bezirkswahlvorstand jedoch aufgrund fehlerhafter Personal- übersichten des ZSL nicht feststellen.

Die GEW hat die Leitung des ZSL mehr- fach auf die daraus entstehenden Risiken hingewiesen. So bleibt ungewiss, ob die

Wahl gültig bleiben wird.

Die GEW-Mitglieder im Bezirkspersonal- rat setzen sich engagiert für die Belange der Beschäftigten ein. Wichtiges Ziel ist dabei, dass die vielen offenen Stellen zeitnah besetzt werden. Nur so kann die derzei- tige Überlastung vieler Mitarbeiter*innen verringert und die Funktionsfähigkeit der

Unterstützungssysteme für die Arbeit der Schulen hergestellt werden. Der Bezirks- personalrat hat die Übergangszuständig- keit für Angelegenheiten des örtlichen Personalrats beim ZSL. Dieser ist noch nicht gewählt.

Doro Moritz

PERSONALRATSWAHLEN BEIM ZSL

Noch immer Ärger und große Unsicherheit

Die Personalratswahlen beim ZSL entwi- ckeln sich zur unendlichen Geschichte.

Eigentlich hätten die neuen Personalräte schon längst gewählt sein müssen. Vielfa- che Verschiebung der Wahltermine und Unstimmigkeiten sorgen für erhebliche Unruhe. Ursache sind fehlende Struktu- ren, mangelnde Unterstützung und Inter- ventionen durch die Leitung des ZSL sowie die rechtswidrige Einflussnahme des ÖPR- Wahlvorstands auf Kandidaturen.

Gegen die Wahlen des Bezirkspersonal- rats beim ZSL liegen drei Wahlanfech- tungen vor. Wie lange dieses Gremium seine Arbeit machen kann, ist unklar.

Sehr ärgerlich ist in diesem Zusammen- hang, dass der Wahlvorstand für den BPR beim ZSL trotz intensivster Bemühungen die erforderlichen Beschäftigtendaten vom ZSL nicht zu einem Zeitpunkt und in einer Form erhalten hat, die einen prob- lemlosen Ablauf der Wahl ermöglicht hät- ten. In den Wahlanfechtungen wird darü- ber hinaus die Auffassung vertreten, dass

alle Beratungslehrer*innen zu den Per- sonalräten beim ZSL wahlberechtigt und wählbar sind. Als Anfechtungsgrund wird u.a. genannt, dass nicht alle Beratungs- lehrkräfte die Wahlunterlagen erhielten.

Erst nachdem das Verwaltungsgericht Stuttgart die Rechtsauffassung des ZSL widerlegt und die Wahlberechtigung der Fachberater*innen bestätigt hatte, kam das ZSL der Aufforderung nach, die Briefwahlunterlagen zu versenden. Das war wenige Tage vor der Wahl - ein ris- kantes Unterfangen.

Auch die Wahl des ÖPR verzögert sich.

Nach dem Beschluss des Verwaltungs- gerichts war eine ordnungsgemäße Wahl im Juli nicht mehr durchführ- bar. Denn der örtliche Wahlvorstand hatte trotz mehrerer Interventionen der GEW die Position des ZSL übernom- men und die Beschäftigtenzahl mit 609 statt mehr als 3.000 angegeben. Er hat 11 von 16 Kandidat*innen von der Liste der GEW gestrichen. Zunächst wurden

die Wahlen auf Oktober verschoben.

Sie werden jetzt auf Drängen der GEW und des Beamtenbundes voraussicht- lich Ende November/Anfang Dezem- ber stattfinden, weil erst einmal die Zahl und der Personenkreis der Wahlberech- tigten klar sein müssen.

Der Präsident des ZSL, Thomas Riecke- Baulecke, räumt inzwischen ein, die Angelegenheit „unterschätzt“ zu haben.

Ihm sei es um die Größe der Gremien und damit um die Zahl der Freistellun- gen gegangen. Das ist aus Sicht der GEW in keiner Weise akzeptabel.

Die GEW hat inzwischen den gesam- ten Wahlvorstand zum Rücktritt aufge- fordert und den Leiter des ZSL gebeten, dieses Anliegen zu unterstützen. Grund dafür sind massive Verletzungen der Neutralitätspflicht des Wahlvorstands.

Beide lehnen das Anliegen der GEW ab.

Sie gehen damit wissentlich die Gefahr einer weiteren Wahlanfechtung ein.

Doro Moritz

Foto: Martin Morgen

Neuer Bezirkspersonalrat beim Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL).

GEW

WÄHLEN

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Aus der Arbeit der GEW

SCHULJAHR 2020/2021 UNTER PANDEMIEBEDINGUNGEN

Unrealistische Vorgaben

Unter der Prämisse: „So viel Präsenzunterricht wie möglich“ hat das neue Schuljahr 2020/21 begonnen. Es soll Normalität und ein Regelbetrieb vorherrschen. Die GEW-Chefin Doro Moritz hat in der letzten Ferienwoche auf der Landespressekonferenz zu den neuen Bedingungen und Regeln Stellung bezogen. Ein Auszug aus ihrem Statement.

Die GEW will Präsenzunterricht – „so viel Schule wie möglich“. Es sind aller- dings deutlich mehr Anstrengungen notwendig, um Pädagogik und Gesund- heitsschutz in Einklang zu bringen.

Nach der „Kinderstudie“ sind Kinder bis zehn Jahren weniger infektiös. Das Robert-Koch-Institut sieht das anders.

(Steckbrief zum Corona-Virus, Stand 04.09.2020: „Die Infektiosität im Kindes- alter wurde bisher selten untersucht und kann daher nicht abschließend bewer- tet werden. Die Ansteckungsrate durch Kinder war in Studien ähnlich hoch oder höher als bei erwachsenen Indexfällen.

Studien zur Viruslast bei Kindern zei- gen keinen wesentlichen Unterschied zu Erwachsenen.“) Und die Älteren?

Ab 14. September spielt das Alter der

Schüler*innen keine Rolle mehr. Der Abstand zwischen den Schüler*innen sowie zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen fällt. Kein Abstand und keine Schutzmaßnahmen – das kann sich kein anderer Arbeitgeber erlauben.

Im August hat das Bundesarbeitsmi- nisterium die Arbeitsschutzregel verab- schiedet. Dort wird die Abstandsregel als wichtigste Maßnahme erläutert, ergänzt z. B. um effektive Lüftung. Eine Ausnah- me gilt, wenn sie „arbeitsbedingt“ nicht angewandt werden kann. Das gilt in der Pflege, in der Kita und vielleicht noch in der Grundschule, aber nicht bei wei- terführenden Schulen. Der Arbeitgeber muss diese Regel zwar nicht zwingend anwenden, weil sie keine rechtliche Norm ist, er kann nach § 3 Abs. 1 S. 4 der Arb-

StättV alternative Schutzmaßnahmen treffen, wenn sie wenigstens den glei- chen Schutz vermitteln. Die viel disku- tierten Masken sind keine gleichwertige Maßnahme, weil technische und orga- nisatorische Maßnahmen den persönli- chen Schutzmaßnahmen vorgehen. Das wird in der Arbeitsschutzregel mehrfach betont. Wir werden deren Einhaltung mit unseren Personalräten einfordern.

Bisher waren Schulen keine Hotspots.

Das ist nicht überraschend, weil nur ein kleiner Teil der Schüler*innen jeweils in der Schule war.

Die GEW erwartet, dass das, was in der Öffentlichkeit als Infektionsschutz vorge- geben ist, auch in Schulen gilt. Das Kul- tusministerium relativiert überall dort seine Regeln, wo der Präsenzunterricht

Matthias Schneider und Doro Moritz während der Landespressekonferenz der GEW zum neuen Schuljahr.

Rechts: Michael Schwarz, Journalist der Heilbronner Stimme.

Foto: Evi Maziol

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sonst nicht organisiert werden könnte.

Es ist ärgerlich, dass das Kultusministe- rium unrealistische Vorgaben macht und so den Eindruck erweckt, alles getan zu haben, dass die Schule nach den Som- merferien läuft.

Kultus- und Sozialministerium gehen ein hohes Risiko ein. Spätestens im Herbst müssen wirksame Möglichkeiten zur Reinigung der Raumluft geschaffen werden. Besser wäre eine Unterrichtsor- ganisation in kleinen Gruppen.

Einige Beispiele für widersprüchliche Hygienehinweise:

• „Jahrgangsübergreifende Gruppenbil- dung ist grundsätzlich nicht möglich.“

Es gibt zahlreiche Ausnahmen wie die gymnasiale Oberstufe, sogar mit Kursen in Kooperation mit anderen Schulen. In der ganzen gymnasialen Oberstufe ist keine Kohortenbildung möglich.

• „Im Ganztag sollte eine jahrgangs- übergreifende Gruppenbil dung möglichst vermieden werden.“ – Ganztag ist so nicht umsetzbar.

• „Mehrmals täglich, mindestens alle 45 Minuten, ist eine Querlüf- tung bzw. Stoßlüftung bei voll- ständig geöffneten Fenstern, ggf.

auch Türe über mehrere Minu- ten vorzunehmen.“ Solche Vor- gaben für Herbst und Winter machen Lehrkräfte und Schul- leitungen ratlos und wütend.

• Für viele Dinge ist der Schult- räger zuständig. Das regelt nicht das Kultusministerium mit den Trägern, sondern da muss jede Schulleitung ver- handeln, z. B. Reinigungsintervalle von Kontaktflächen.

• Hygiene im Sanitärbereich: „… muss zumindest in den Pausen eine Ein- gangskontrolle durchgeführt werden.“

Bei versetzten Pausen haben Lehrkräf- te keine Pause mehr.

• „Ggf. sind die Kantinen- und Essens aus- gabenzeiten zu erweitern.“ Den Hunger verlegen auf 11 oder 14 Uhr? Das Perso- nal wurde nicht aufgestockt.

• Verpflichtung zur Aufsicht an der Schulbushaltestelle vor der Schule zur Durchsetzung der Abstands- und Hy- gieneregeln. Die Bushaltestellen sind dafür viel zu klein.

• Maskenpflicht im Schulgebäude und im Freien bei gleichzeitiger Trennung (zeitlich und/oder räumlich) der Pau- senbereiche, das heißt: Jede Klasse hat ihren Bereich im Pausenhof und muss

dort Maske tragen, im geschlosse- nen Raum im Klassenzimmer besteht keine Maskenpflicht.

23,7 Millionen Alltagsmasken werden an die 2.800 weiterführenden und beruf- lichen Schulen ausgeliefert. Die Grund- schullehrkräfte bekommen keine. Die GEW will auch für sie ein Kontingent von Alltagsmasken. Das lehnt das Kultusmi- nisterium ebenso ab, wie FFP2-Masken für Lehrkräfte mit Vorerkrankungen.

Absprachen mit Kommunen nötig Es reicht nicht, wenn die Kultusministe- rin auf die Zuständigkeit der Schulträger verweist und organisatorische Vorgaben macht. Wir erwarten, dass sie Absprachen mit den kommunalen Spitzenverbänden trifft. Schulträger müssen notwendige Sanierungsarbeiten vor dem Schuljahres- beginn oder so schnell wie möglich ein- leiten, wenn Lüftungsmöglichkeiten der

Schulräume und Flure sowie Hygiene- Anforderungen eingeschränkt sind. Die Kapazitäten für die Reinigungsarbeiten müssen aufgestockt werden.

Wenn es keine ausreichenden Schutz- maßnahmen gibt, sind Tests ein Beitrag zum Abbau von Ängsten und Unsicher- heit. Tests schützen zwar nicht vor Infek- tion. Sie können aber verunsicherten Lehrkräften, die in engem Kontakt mit Schüler*innen mit Symptomen waren, Sicherheit verschaffen. Sie schützen damit auch ihre Angehörigen vor Infektion. Tests nach Bedarf der Personen, die im Kontakt mit Schüler*innen waren, müssen auch nach Ende September möglich sein. Dann wird es kälter und die Grippezeit beginnt.

Schulleitungen im Dauereinsatz Schulleitungen hatten und haben die Ver- antwortung, aber keine angemessenen Kommunikationsmöglichkeiten mit Lehr- kräften. Kurzfristig bekamen sie Vorga- ben per E-Mail oder über die Medien.

Sie mussten sich mit den Schulträgern und Eltern auseinandersetzen. Trotz unveränderter Corona-Situati- on galten von heute auf morgen völlig andere Bedingungen. Die Lernbrücken waren eine weitere große Herausforderung mit viel Arbeit und zweifelhaftem Erfolg.

Was braucht es für gute Bildung in der Pandemie?

Den Schuljahresbeginn in Pan demiezeiten zu gestalten, ist eine große Herausforderung.

Die GEW hält für notwendig:

• Zusätzliche personelle Ressourcen im nächsten Schuljahr, verpflichtende zu- sätzliche Förderangebote, zusätzliche Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen, Schulpsycholog*innen sind notwendig, auch um das Selbstwertgefühl und die Motivation der Schüler*innen wieder aufzubauen. Lehramtsstudie rende und mehr pädagogische Assistent* innen könnten unter Anleitung von Lehrkräf- ten individuelle Unterstützung leisten und ermutigen. Das lehnt das Kultusmi- nisterium ab. Milliarden werden inves- tiert, um die Wirtschaft und andere Be- reiche zu unterstützen. Für die Bildung gibt es nur Geld für die Digitalisierung.

• Ressourcen brauchen vor allem Schu- len mit besonderen sozialen Heraus- forderungen.

• Kleine Lerngruppen sind ein wert volles pädagogisches Instrument. Die Co- ro na - Krise zeigt, wie wichtig der persönliche Kontakt zwischen Lehrkräf- ten und Schüler*innen ist und wie die

Mehr Geld für Schulleitungen

Es bleibt dabei, viele Schulleitungen werden ab dem neuen Schuljahr besser besoldet (siehe b&w 12/2019). Der Landtag fällt den Entschluss allerdings erst Ende September. Kultusministerin Susanne Eisenmann hat der GEW aus- drücklich bestätigt, dass die Verbesse- rungen rückwirkend zum September gelten.

Die GEW freut sich darüber. Zusätzliche Leitungszeit wird es in dieser Wahl- periode leider nicht mehr geben. Wie notwendig zusätzliche Zeit für Schul- leitungen ist, hat nicht erst die Corona- Pandemie bestätigt.

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Bildungsungleichheit verschärft wurde.

Zudem sind die Kinder und Jugend- lichen (sowie ihre Familien) einer be- sonderen psychischen Belastung ausge- setzt. Dies macht eine noch intensivere pädagogische Arbeit notwendig.

• Ein landesweites Konzept für eine Bil- dungsplattform und ein Videokonfe- renzsystem fehlt nach wie vor; für die weit verbreitete Lernplattform Mood- le brauchen die Schulen mehr Fort- bildung und schulnahe Begleitung bei der Installation und Anwendung.

• Nachhaltige Qualifizierungsangebote für Lehrkräfte.

• Plan B: Erarbeitung von Konzepten für verschiedene Szenarien des Infek- tionsgeschehens: Mindestens für die

Erstklässler*innen durchgängigen Prä- senzunterricht sicherstellen! Konzepte für tragfähigen Mix aus Präsenz- und Fernlernen (ab Sekundarstufe): Halbe Klassen, ein Tag Schule/ein Tag Aufga- ben für zuhause.

Digitalisierung braucht Zeit

Die Mittel aus dem Digitalpakt des Bun- des (5 Milliarden) sind erst zu 15 Pro- zent abgerufen. Das überrascht nicht.

Baumaßnahmen, Breitbandausbau, die aufwändige Erstellung eines Medienent- wicklungsplans für jede Schule und die offene Frage, wer nach der Anschub- finanzierung die Wartung übernimmt, lassen Schulen und Schulträger vor- sichtig sein. Eine gewisse Erleichterung kann jetzt entstehen, wenn der Bund die Vorlage des Medienentwicklungsplans erst mit der Abrechnung einfordert.

Nachdem den Schulträgern die 130 Mil-

lionen Euro für digitale Endgeräte für Schüler*innen zugewiesen wurden, läuft die Beschaffung. Die europaweite Aus- schreibung erfordert viel Zeit.

Immerhin haben sich Kanzlerin Merkel und die SPD-Vorsitzende Esken darauf verständigt, dass auch Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden sollen. Weitere 500 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Mit diesen Geräten ist keinesfalls in diesem Jahr zu rechnen.

Geräte allein bedeuten noch kein erfolg- reiches Lehren und Lernen. Die Ent- wicklung pädagogischer Konzepte für digitales Lernen und nachhaltige Fortbil- dungskonzepte sind eine große Aufgabe für die Qualitätsentwicklung in Baden- Württemberg. Die Angebote des ZSL

sind eher Beratung und Hilfestellung für Technik und Handling. Nachhaltige methodisch didaktische Qualifizierung suchen Lehrkräfte vergebens.

Und selbstverständlich müssen System- administrator*innen eingestellt werden.

Das Kultusministerium kann es sich beim aktuellen Lehrkräftemangel nicht länger leisten, dafür Lehrerarbeitszeit einzusetzen.

Lernbrücken – gut gemeint

Gegen die grundsätzliche Idee, Schüler*- innen in den Sommerferien Förderange- bote zu machen, spricht aus Sicht der GEW nichts. Sie waren für die Beteiligten aller- dings ein beträchtlicher zusätz licher Auf- wand. Niemand bestreitet, dass die soziale Ungleichheit durch die Schulschließun- gen noch größer geworden ist. Mit den freiwilligen Lernbrücken wurde das Kultusministerium seiner Verantwortung

nicht gerecht. Schüler*innen, die in der Zeit der Schulschließungen nicht erreicht wurden, und leistungsschwä- chere Schüler*innen hatten auch in den Sommerferien kaum Interesse, Deutsch und Mathematik zu büffeln. Teilweise kamen nur 60 Prozent der angemelde- ten Schüler*innen. Die Schulen brauchen Förderressourcen im neuen Schuljahr!

Das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) sollte Materialien erstellen, was in der Kürze der Zeit nicht zu leisten war. Überwiegend eingesetzt wurde – wenn es an den Schulen ankam – das Material des Cornelsen-Verlags

„Lesen macht stark“, „Mathe macht stark“, das in Schleswig-Holstein unter maßgeblicher Beteiligung des Leiters des

ZSL entwickelt wurde. Es wurde vor zwei Jahren mit beträchtlichem Fortbildungs- aufwand an 63 weiterführenden Schulen in Baden-Württemberg eingeführt. Jetzt setzen es Lehrkräfte ohne jegliche Qua- lifizierung ein. Der Unmut über das feh- lende Material war sehr groß.

Es war für neueingestellte Lehrkräfte positiv, dass sie durch die Lernbrücken schon zum 31. August 2020 eingestellt werden konnten. Ihre Begleitung an der neuen Schule war für die Schulleitun- gen eine zusätzliche Aufgabe. Die Dar- stellung des Kultusministeriums, dass Schulleitungen vor Ort nicht präsent sein mussten, war unrealistisch.

KRISEN MODUS Aus der Arbeit der GEW

Doro Moritz forderte auf der Pressekonferenz der GEW zusätzliches Personal für die Schulen.

Fotos: Evi Maziol

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Titelthema

EINE SCHULE DER POST-CORONA ZEIT

Lasst uns eine neue Schule aufbauen

Nicht zuletzt Corona bringt es an den Tag – die Schule hat Probleme. Sie ist gefangen in überkommenen Rollen, Hierarchien und Verwaltungsstrukturen. Der erzwungene Stopp durch

Covid-19 lässt uns innehalten, Gewohnheiten hinterfragen und neu bewerten.

Eine Reflektion von Schulleiter Klaus Ramsaier.

Seit 11 Jahren entwickle ich eine Schule. Zusammen mit einem tollen Team. Schulentwicklung ist ein extrem langsamer Pro­

zess. Es dauert bekanntlich lange, einen Supertanker zur Kurs­

änderung zu bringen. Ein abrupter Stopp ist nicht möglich.

Und wenn man mal bremst (wie nun geschehen) sind die Folgen weit spürbar. Auch das Anfahren geht nicht von jetzt auf nachher. Ich kann daher kaum an mich halten, wenn ich Schlagzeilen lese wie „Zwei Drittel der Schulen haben kein Konzept fürs Homeschooling“ – ja woher auch? Konzepte dafür gibt es vielleicht in Gebieten der Welt, wo die nächste Schule hunderte Kilometer entfernt ist. Da gibt es das Fernler­

nen seit Jahrzehnten, es wurde entwickelt, erprobt und verfei­

nert. Aber unsere Schulen sollen das in drei Wochen leisten.

Dabei kämpfen wir doch seit Jahren um neue Schulen. Fern­

unterricht ist nur ein Aspekt davon.

Wir sollten darüber nachdenken, warum wir den Aufwand einer Schule eigentlich betreiben. Dabei ist mir klar: Der Schul­

erfolg sagt nur wenig über den Erfolg im Leben nach der Schule aus. Noten sind nur selten ein gutes Instrument. Sie messen oft nicht das, was sie messen (wenn z. B. das mangelnde Lesever­

ständnis die Lösung einer Matheaufgabe verhindert). Gerecht und nachvollziehbar sind sie meist auch nicht. Oder ist ein Zweier bei Lehrer A dieselbe Note wie bei Lehrerin B?

Die Selektionsfunktion der Schule ist sowieso längst über­

holt. Wir können es uns auch nicht mehr leisten, wenige für Führungsfunktionen zu fördern und die anderen „hinten runter fallen zu lassen“. Wohin das führt, sehen wir zurzeit bei den Corona Demos. Immer weniger Menschen müssen immer qualifiziertere Arbeit leisten. Zurzeit werden in der Schule immer noch Fähigkeiten gefördert, die Maschinen viel besser erledigen werden als wir. Wir brauchen andere, zusätz­

liche Kompetenzen, die in Coronazeiten völlig von der Agenda geflogen sind.

Viele Lehrer*innen bemühen sich um eine bessere Schule. Aber das alleine hilft nicht. Das System Schule ist komplett reform­

bedürftig. Andreas Schleicher (OECD) sagt nicht umsonst:

„Eine Technologie des 21. Jahrhunderts passt nicht mit einer Pädagogik aus dem 20. Jahrhundert und einer Schularchitek­

tur aus dem 19. Jahrhundert zusammen. Das führt zu negati­

ven Effekten“. Schleichers Konsequenz, die Weiterbildung der Lehrkräfte sei der entscheidende Hebel zur Veränderung, greift entschieden zu kurz. Das wäre in etwa so, wie wenn man die Kfz­Mechaniker*innen nur besser ausbilden müsste, um die Klimaerwärmung in den Griff zu bekommen. Das überspitzt, aber um das Problem zu verstehen, trifft das Bild ganz gut.

Eine Schule der Post-Corona-Zeit

… berücksichtigt die Kräfte derer,

die sie täglich (er)tragen müssen.

Fernunterricht wird das Problem nicht lösen. Er vergrößert die Bildungsungerechtigkeit und macht die Bildungsprivilegierten besser, die anderen deutlich schlechter. Lasst uns nicht zu viel Arbeit in dieses Konstrukt stecken. Wenn wir Fernunterricht und Präsenzunterricht parallel betreiben, werden es die Schwa­

chen UND die Lehrkräfte sein, die auf der Strecke bleiben. Auch der Tag einer Lehrkraft hat nur 24 Stunden. Die Familien leiden unter dem Fernunterricht. Gerade die Kinder und Jugendli­

chen müssen das System Schule (er)tragen müssen. In meinem Büro häufen sich die Aufnahmegespräche, bei denen psycho­

somatische Beschwerden aufgrund Schulangst der Haupt­

grund für den angestrebten Wechsel an unsere Schule sind.

Foto: cw-design /photocase

(14)

Eine Schule der Post-Corona-Zeit

… braucht neue Konzepte

der Leistungspräsentation

Den Schulbetrieb und das Lernen über Noten zu steuern, wird zunehmend bedeutungsloser. Im Fernunterricht sehe ich das gewohnte Bild: Die, die immer (mit)arbeiten, sind auch jetzt voll dabei. Die, die auch mit Notendruck nichts machen, machen nun ebenfalls nichts. Warum messen wir, wenn wir so oft nur das

„Nicht­Können“ konstatieren? Mir persönlich (selbst als Schul­

leiter, vielleicht auch gerade deshalb?) würde ein „kann ich“ oder

„kann ich noch nicht“ völlig ausreichen. Mit der bestehenden Stofffülle können wir die Schule nicht verändern. Viele schreien nach exemplarischem Lernen, keiner reduziert die Inhalte!

… muss ein Ort der Begegnung, ein Ort des sozialen Miteinanders sein.

Lasst uns unsere Kraft darauf verwenden, das soziale Mitein­

ander viel mehr zu fördern. Lasst uns Schulen öffnen, macht sie zu attraktiven Ort der Bildung, des Austauschs, des Mitei­

nanders und des Füreinanders. Dazu gehören Konzepte und Ideen, dazu gehören Menschen, Stellen, Geld, Zeit und Visio­

nen. Vor allem auch Räume, Ästhetik und Raumkonzepte.

Entscheidend kommt es aber auf Haltung, Mindset und Offen­

heit an (lest mal wieder ein Buch von Carol Dweck oder youtu­

bet sie zumindest mal ;­)).

… braucht einen guten Ganztag.

Ohne Zwang. Das Angebot muss so gut sein, dass alle gerne bleiben.

… braucht Lernmittelfreiheit.

Jede*r muss die Dinge zur Verfügung haben, die Ungleichhei­

ten verhindern. Alle brauchen Zugang zu klassischen Lernmit­

teln, zu digitalen Endgeräten in der Hand der Lernenden und

Lehrkräfte, und zu leistungsfähiger, digitaler Infrastruktur.

Es braucht motivierte, gesunde Lehrkräfte. Fürsorgepflicht darf keine Worthülse sein. Schulen müssen attraktive Arbeits­

plätze werden, damit sich qualifizierte junge Menschen für die Arbeit dort interessieren.

… braucht multiprofessionelle Teams.

Wenn Schulen zunehmend Aufgaben der Familien, des Viertels, des Ortes, der Stadt und der Gemeinschaft übernehmen müssen, können sie das nicht alleine tun. Wo Schulen gelingen, sind es viele, die den Kindern Halt und den Kolleg*innen Unterstützung bieten.

Das gilt vor allem, wenn Inklusion gelingen soll.

Gemeinsam Altes überdenken und Neues kreieren.

Fotos: imago

(15)

… darf nicht von Zufälligkeiten abhängen.

Bundesland, Schulort, Schulart, Einzugsgebiet, Geld, Schul­

träger, Schulleitung. Gönner… Diese Liste ließe sich fortsetzen.

Ein Umzug kann ein immenses Hindernis in einer Schulkar­

riere sein. Ich bin kein Fan einer Gleichmacherei, nicht falsch verstehen, aber das Schulsystem scheint mir das einzige zu sein, das von der Kleinstaaterei der Fürsten noch übriggeblieben ist. Ein gesunder Wettbewerb der Standorte sorgt für Qualität.

Aber gerade in Baden­Württemberg diskutieren wir seit Jahren mehr darüber, welche Schulart scheinbar bevorzugt wird und welche benachteiligt. Das kostet nur Kraft, Zeit und Energie.

… kostet Geld.

Ich will nicht nur Geld für ein kaputtes System fordern. Das ist wie Wasser in eine kaputte Gießkanne schütten. Aber wir brau­

chen Geld, um zentrale Dinge zu ändern. Und wenn wir uns in einem gemeinsamen Prozess auf eine neue Art der Schule geeinigt haben, müssen wir groß investieren. Es ist eine Bin­

senweisheit: Jeder Euro, der in Bildung gesteckt wird, hat eine Rendite, die dem Vierfachen seines Wertes entspricht!

… braucht neue Wege des Lernens.

Auch für die Schule gilt, dass ein Dreiklang harmonischer als ein Einklang empfunden wird, dass Harmonie ein Wohlgefühl hervorrufen kann und auch zu nachhaltigen Erfolgen führt.

1.

Wir brauchen die Schule als realen Ort. Als Ort des Lernens und Begegnens, als Ort des Dialogs, des Aus­

tausches und der Interaktion. Zunehmend auch als Ort der sozialen Kontrolle. In der Schule wird Vernachlässigung und Missbrauch aufgedeckt, die Schule ist in vielen Fällen Zuflucht und Rückzugsort und sie ist für immer mehr Kinder der Ort, an dem es wenigstens eine warme Mahlzeit am Tag gibt.

2.

Wir brauchen die Schule auch als digitalen Ort. Wenn wir wirklich erst dann zufrieden sein wollen, wenn jede Schülerin und jeder Schüler alles verstanden haben, reicht die Zeit in der Schule nicht aus. Erst recht nicht, wenn wir end­

lich akzeptieren, dass jede*r Schüler*in unterschiedlich lernt und jede*r unterschiedliche Begabungen hat. Wenn wir dazu übergehen, stärkenorientiert zu fördern, dann braucht es andere Plattformen. Dann sitzen nicht Schüler*innen dreier Niveaustufen vor uns, sondern ungefähr dreißig. Das kann keine Lehrkraft mehr alleine leisten. Da reichen Arbeitsblätter in drei Farben nicht mehr aus. Wir müssen Lernsyste­

me ins System holen, die eine selbstständige Wiederholung und Vertiefung ermöglichen. Viele Schüler*innen machen

das schon. Wir überlassen aber das Feld weitgehend Youtu­

be und Nachhilfeorganisationen. So fördern wir wieder die soziale Disparität. Auch entziehen sich solche Plattformen jeglicher Kontrolle. Es kann nicht sein, dass sich jede Lehr­

kraft selbst Inhalte ausdenkt, Verbreitungsplattformen suchen muss und die eigenen Beiträge dann auch noch im Homeoffice selbst erstellt. Auch hier wird am Ende die Kraft ausgehen.

3.

Wir brauchen Schule als übergreifenden, besser noch länderübergreifenden Ort. Schule braucht zentrale, digi­

tale Inhalte und Lernplattformen, die von Profis erstellt und geprüft sind, und die gemeinsam gepflegt werden. Nicht nur der Code, sondern auch der Content und datenschutz­konform.

Im letzten Jahr habe ich Vertreter*innen der großen Schul­

buchverlage eingeladen. Ich wollte mich mit ihnen über neue, digitale Lernmaterialien austauschen. Ich hatte den Eindruck, dass die Verlage nur „digitales Papier“ verkaufen wollten. Von echter Differenzierung, von echten neuen Ideen keine Spur.

So werden die Schulbuchverlage die Automobilhersteller der Bildung sein. Wenn sie neue Formen erproben, werden mul­

timediale Inhalte irgendwie „eingebaut“. Der neue Content muss aber so viel mehr können. Er muss Lernende individu­

ell ansprechen und fördern und er muss Lehrkräfte entlasten!

Wenn die Angebote den Schüler*innen ein schnelles, gutes Feedback und Selbstkontrolle ermöglichen, gewinnt die Lehr­

kraft Zeit, sich denjenigen zuzuwenden, die das brauchen.

Niemand muss warten, niemand wird zurückgelassen.

Ich wünsche mir die datenschutzkonforme Nutzung künstlicher Intelligenzsysteme. Obwohl meine Schule mit dieser Idee 2019 den Publikumspreis bei der „make your wish Kampagne“ des Microsoft KI Festivals in Berlin bekam, fand sich bis heute kein Partner, der diese Idee mit uns umsetzt. Neue Systeme als Ort des neuen Lernens brauchen ein zentrales Datenschutzmanage­

ment. Dafür ist der Dienstherr verantwortlich. Dann erreichen wir eine Verlässlichkeit für die Lehrkräfte, die die Nutzung digi­

taler Inhalte endlich aus der Grauzone hervorholt.

Ich will keine Utopien aufbauen. Es würde mich jedoch freuen, wenn sich viele der Diskussion anschließen könnten. Diese Dis­

kussion würde uns vielleicht zu einem neuen Verständnis von Schule führen. Wir müssen weg von Homeschooling­Modellen, von „Flicken­drauf­und­läuft­wieder“, weg von „hinterher­geht’s­

eh­so­weiter“. Lasst uns eine neue Schule aufbauen. Im Moment tue ich das im engen Korsett einer staatlichen Realschule. Aber auch das lohnt sich. Auch das bringt Veränderung.

Klaus Ramsaier

Schulleiter der Realschule in Altensteig

Titelthema

(16)

Jens Buchholz

Lehrer an einer Gemeinschaftsschule ERKENNTNISSE AUS DER CORONA-KRISE

Weltuntergang verschoben

Bis zu den Sommerferien mussten sich die Schulen viereinhalb Monate mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie herumschlagen. Jens Buchholz schreibt über seine Erkenntnisse aus der Zeit

und wie viel Weltuntergangsstimmung seiner Meinung nach damit verbunden war.

Die Welt ist schon ziemlich oft untergegangen. Im Jahr 1000 und 1900 dachten viele Menschen, dass die Welt untergeht.

Oswald Spengler machte einen zweibändigen Bestseller aus dem Untergang des Abendlandes. Im Jahr 2000 dachte man, der Millennium­Bug werde in die Katastrophe führen. Sogar 2012 dachten manche, dass es so weit sei. Aber trotzdem war jeden Samstag Bundesliga und jedes Jahr Bayern München Deutscher Meister. Und von Montag bis Freitag war Schule.

Bis Corona kam. Auch kein Weltuntergang, aber die ernsteste Krise, die unsere Generation erlebt hat.

Seit im Jahr 2001 erstmals die PISA­Ergeb­

nisse bekannt wurden, herrscht auch im Schulwesen jedes Jahr Weltuntergang. Auch das Schuljahr 2019/20 begann mit Weltunter­

gangsstimmung. Neue Prüfungsformen, zu wenig Lehrkräfte, zu wenig Digitalisierung.

Alles ganz schlimm. Im März kam der Lock­

down. Und es passierte das, was bei allen Weltuntergängen bisher passiert ist. Es ging einfach weiter. Der digitale Unter­

richt funktionierte leidlich. Viele Schulen und viele Lehrkräfte mussten improvisieren. Auch die Eltern mussten improvisie­

ren. Und die Schüler*innen natürlich auch. Bei mir jedenfalls haben sich schnell neue Routinen eingestellt. Dann kam der Unterricht unter Pandemiebedingungen. Kleine Gruppen, Abstand und Masken. Auch das war nur am ersten Tag gewöh­

nungsbedürftig. Aber dann war es eigentlich schon Routine.

Am Ende des Schuljahres hatten die Prüfungsschüler*innen trotz allem ihre Prüfungen bestanden. Meine erste Erkenntnis ist also, dass der Weltuntergang meist für einen zu frühen Ter­

min angekündigt wird. Irgendwie geht es immer weiter.

Weltuntergang wegen des „Stoffs“?

Kurz vor Ferienbeginn kündigte das Kultusministerium die Lernbrücken an. Diese Lernbrücken „sollen Schüler*innen ermöglichen, Stoff aufzuholen, Lerninhalte zu wiederholen und gezielt an Lernschwierigkeiten zu arbeiten“, schreibt das Kultusministerium auf seiner Internetseite. Dann habe ich im Radio eine Diskussion gehört, in der sich Eltern und Radio­

reporter darüber aufregten, dass die Schüler*innen in Corona­

zeiten so viel Stoff verpasst hätten und wie schlimm das sei.

Ich konnte das gar nicht glauben. Das Wort „Stoff “ für Lern­

inhalte hätte ich eher der Zeit der „Feuerzangenbowle“ zuge­

ordnet oder den Pauker­und­Penne­Filmen aus den Siebzigern.

Aber heute? Dass Leute wirklich denken, dass Schüler*innen zu einem bestimmten Zeitpunkt einen bestimmten Lerninhalt

wissen müssen, damit sie nicht abhängen, konnte ich gar nicht glauben. Da hat man einen Bildungsplan mit Kompetenzen, da redet man von individualisiertem Lernen im eigenen Tempo und dann ist plötzlich Weltuntergang wegen des „Stoffs“?

Meine Erfahrung war, dass die Schüler*innen, die im Prä­

senzunterricht gute Leistungen brachten, die taten das auch im Fernunterricht. Während die Schüler*innen, die im Prä­

senzunterricht dazu neigen, der Arbeit auszuweichen, das auch im Fernunterricht taten. Außerdem ist es egal, ob man pausenlos Frontalunterricht macht, ständig offene Lernformen einsetzt oder Unterricht ganz anders gestaltet: Es sind niemals alle Schüler*innen auf dem gleichen Stand.

Meine weitere Erkenntnis ist, wie stark diese Sichtweise immer noch das Denken über das Lernen beherrscht. Schlimm eigentlich.

Viel wurde auch über die Rückständigkeit der Schulen in Bezug auf die Digitalisierung geschimpft. Auch da droht der Untergang. Klar gab es Schüler*innen, die keinen Zugang zum Internet hatten, oder keinen Drucker. Denen habe ich die Arbeitsblätter in den Briefkasten geworfen. Ich arbeite ja in einer Gemeinschaftsschule. Und gerade die Gewöhnung an Lernpläne hat sich auf jeden Fall bewährt. Unterricht per Video­

konferenz fand ich allerdings äußerst merkwürdig. Fünfund­

zwanzig passfoto­große Gesichter, die sich stumm geschaltet vor ihrer Kamera tummeln. Da merkt man, dass Unterricht mehr ist als „der Lehrer erklärt und die Schüler*innen hören zu“.

Unterricht ist ein soziales Ereignis, das durch kein digitales Medium ersetzt werden kann. Keine bahnbrechende Erkennt­

nis. Aber manchmal muss man daran erinnert werden.

Wir Lehrkräfte werden oft nicht so richtig für voll genommen.

Seit Jahren reiben wir uns auf zwischen Neutralitätspflicht­Beob­

achtungsplattformen, dem Elternwillen und unausgegorenen Reformprojekten. Aber während der Coronakrise gab es ein wenig zurückhaltende Anerkennung. Oliver Welke formulierte es in der

„heute show“ so: „Ich glaube, vielen Eltern dämmert beim Home­

schooling, Lehrer ist wohl doch ein regelrechter Beruf!“

„Unterricht lebt von

Beziehungen und

Begegnungen.“

(17)

Foto: imago

ERKENNTNISSE AUS DER CORONA-KRISE

Schüler*innen

kommen glücklich nach Hause

Wann das sein wird, weiß noch niemand. Aber hoffentlich bald lassen wir den Corona-Virus mit seinen Folgen hinter uns. Schon jetzt sammeln wir Erfahrungen, welche der unverhofften Veränderungen rund um Schule gut waren. b&w sprach vor den Sommerferien mit Schüler*innen, Eltern, die auch Lehrkräfte sind, und dem Vorsitzenden des Landeselternbeirats, Michael Mittelstaedt.

„Ohne Lehrer*innen geht Schule nicht. Auf den persönlichen Kontakt können wir nicht verzichten. Kein System kann Leh­

rerinnen und Lehrer ersetzen“, erklärt Michael Mittelstaedt.

Das ist zwar keine spektakuläre Erkenntnis und den Lehrer­

beruf hat auch niemand ernsthaft in Frage gestellt. Die Aus­

sage zeigt aber, dass die Zeit ohne Präsenzunterricht zu einer Aufwertung des pädagogischen Berufes beigetragen hat. Mit­

telstaedt, der Ende Juni 2020 sein Amt als landesweiter Eltern­

sprecher angetreten hat, räumt ein: „Viele Eltern dachten vor Corona, sie wären die besseren Lehrer. Jetzt sagen sie, es würde

sie grausen, wenn sie den Lehrerjob täglich machen müssten.

Eltern scheitern schon oft am eigenen Kind.“ Manche würden erkennen, Lernprobleme lägen nicht unbedingt am Lehrer oder an der Lehrerin. Die Wertschätzung gegenüber Lehrkräf­

ten sei gestiegen.

Über ähnliche Erfahrungen berichten auch Schüler*innen.

„Lehrer*innen schätzt man jetzt besser als vorher. „Wir haben gemerkt, dass die gut erklären können“, sagt die 11­jährige Emily. Ohne Kontrolle der Lehrkräfte würde er Aufgaben zu lange schieben, bekennt der 8.­Klässler Nicolai.

(18)

Kleine Klassen beibehalten

Eine weitere Erkenntnis lautet: In kleinen Klassen lernt es sich leichter. Das klingt selbstverständlich und wünschen sich viele seit Jahrzehnten. Aber erst jetzt, nachdem die Schulen ab Mai mit Abstandsregeln wieder öffneten, konnte zum ersten Mal in kleinen Klassen unterrichtet werden.

„Die halbierten Klassen zeigen, wie gut kleine Lerngruppen sind: Bessere Konzentration, mehr Stoff möglich in kürzerer Zeit, mehr individuelle Freiheiten im Wiederholen. Der Unter­

richt wird besser und die Notengebung leichter. Lehrer*innen können sich besser um einzelne kümmern und deren Leis­

tung besser einschätzen. Schüler*innen kommen zufrieden nach Hause“, berichtet Mittelstaedt, der selbst Vater von drei Kindern ist. Kleine Lerngruppen nützten vor allem den sehr guten und den schwachen Schüler*innen. Auf sie müsse man mehr Rücksicht nehmen. Für den Elternvertreter ist klar, dass es kleinere Klassen auch nach Corona noch geben muss. „Das darf nicht am Geld scheitern. Dann muss man es eben ausge­

ben“, fordert er. Woanders werde Geld rausgeschmissen. Die Lernbrücken am Ende der Ferien seien ein Beispiel. „Die brin­

gen im Hinblick auf das Nachholen des entgangenen Unter­

richts nicht das notwendige Ergebnis“, meint er.

Die kleine Klasse mit 15 Schüler*innen gefiel auch der 10­jähri­

gen Lara, selbst wenn sie sich die Zusammensetzung nicht wün­

schen konnte. „Man kommt viel öfter dran“, lobt sie. Es sei nicht mehr so laut, findet Emily. Auch in den Pausen sei es leiser.

Der 13­jährige Paul sagt: „Jetzt sind wir in der Klasse noch zu zwölft. Das ist besser, geordneter. Die Lehrer*innen haben mehr Zeit zum Antworten. Man lernt auf jeden Fall mehr.“

Seine Mutter ist ebenfalls zufrieden: „Mein Sohn profitiert von der kleinen Lerngruppe. So bekommt er mehr Aufmerksam­

keit und stört weniger“.

Wo die Konzentration besser ist

Wo man sich besser konzentrieren kann, da gehen die Mei­

nungen auseinander: „Für manche Schüler­ und Lerntypen kann Lernen zu Hause super sein. Sie können sich dann besser konzentrieren, wenn keine Mitschüler*innen etwas von hinten nach vorne werfen oder anderweitig stören. Für solche Kinder kann eine Kombination von

Präsenz­ und Online unterricht gut sein“, gibt Mittel staedt zu bedenken.

Emily meint: „Zu Hause gibt es zu viel Ablenkung mit Handy und Computer“. Während Corona habe sie zu viel Zeit vor dem Computer verbracht.

Simon hat gemerkt, dass er mit

dem Stoff viel langsamer vorankommt, wenn er alleine lernt. Er war immer mal wieder frustriert und genervt. Der 14­Jährige musste auch noch am Wochenende nacharbeiten. Zu Hause ließe er sich mit dem Handy schnell ablenken. In der Schule fällt es ihm leichter, sich zu konzentrieren. Später hat er zusammen mit seinem Freund genau nach Plan gelernt: montags Haupt­

fächer, dienstags Nebenfächer, mittwochs den Rest. Dann blieb auch Zeit fürs Schwimmbad und freie Wochenenden.

Auch Lara kann sich in der Schule besser als zu Hause konzen­

trieren. Sie hätte sich beim Homeschooling gewünscht, dass die

Zeit so eingeteilt wird, wie in der Schule auch. Felix jedoch, der demnächst die Grundschule hinter sich lässt, sagt: „Ich kann mich zu Hause besser konzentrieren. Es ist nicht so laut wie in der Schule.“ Zu Hause habe ihn nur der Bruder abgelenkt.

Wozu eine Lernplattform weiterhin nützlich sein kann Sollte es keinen Grund mehr für Online­Unterricht geben, bleibt eine Lernplattform trotzdem sinnvoll. Adrian, 15 Jahre alt, würde gerne beibehalten, dass man auch später noch von zu Hause aus Lehrer*innen schriftlich etwas fragen kann. Bei­

spielsweise wenn in der Schule keine Zeit mehr für Fragen war. Das soll nicht dazu führen, dass Lehrer*innen jederzeit Fragen beantworten müssen.

Sie könnten aber Zeiten ein­

führen, in denen sie online ansprechbar sind und ant­

worten können.

Simon, der ein Jahr jünger ist, wünscht sich, dass nach Corona Lehrkräfte trotzdem noch Aufgaben und Auf­

schriebe auf eine Plattform hochladen. Dann könnten dort alle nachgucken, welche Haus­

aufgaben zu erledigen sind. Die Materialien in einer Online­

Plattform würden auch helfen, wenn man aus irgendwelchen Gründen nicht in der Schule war. „Dann muss man nicht seine Freunde um die Aufschriebe bitten. Oder man könnte auch zu Hause Materialien nochmals angucken und Stoff wiederho­

len“, begründet der Schüler.

Viele Vorteile sieht auch der Elternvertreter: Wenn Kinder krank zu Hause bleiben müssen, würden sie mit einer Lernplattform nicht von der Schule entkoppelt. Wenn Lehrkräfte ausfallen,

„Schule ist ohne Wenn und Aber besser als Fernunterricht. Mit Freunden

zusammen sein und mit Lehrkräften reden können, ist nicht ersetzbar.“

Adrian

Direkte Kommunikation wird wieder mehr geschätzt.

(19)

könnte mit diesem System vernünftiger Vertretungs unterricht gemacht werden. So könnte die vertretende Lehrkraft im Sys­

tem nachsehen, was die fehlende Lehrkraft vorher gemacht hat und ohne Zeitverzug daran anknüpfen. Auch Eltern könnten bei Bedarf über eine Lernplattform mehr von ihren Kindern mit­

bekommen. „Damit man beim Elternsprechtag nicht aus allen Wolken fällt. Es gibt Kinder, die zu Hause nicht viel von der Schule erzählen“, erklärt Mittelstaedt.

Freunde sind und bleiben wichtig

Alle Schüler*innen vermissten ihre Freundinnen und Freunde.

Adrian sagte: „Schule ist ohne Wenn und Aber besser als Fern­

unterricht. Mit Freunden zusammen sein und mit Lehrkräften reden können, ist nicht ersetzbar.“ Auch die Schulausflüge hat er vermisst.

Simons 8. Klasse war am Schuljahresbeginn neu zusammenge­

setzt worden. So war die Klasse seiner Meinung nach bei der Schulschließung noch nicht gut genug zusammengewachsen.

Corona habe verhindert, dass sich die Klassengemeinschaft wei­

ter entwickelt. „Das ist aber wichtig, um sich frei äußern zu kön­

nen, ohne befürchten zu müssen, dass jemand lacht“, betont er.

Der Schüler findet es auch schwierig, sich alleine zu motivieren.

„Da hilft der Gedanke, dass man den Stoff spätestens in der 9. Klasse braucht und man dann die Lücken büßen muss.

Wenn erst mal ein gewisser Berg an unerledigten Aufgaben angewachsen ist, verliert man immer mehr die Lust.“ Obwohl der 10­jährige Felix seine Aufgaben stets schnell erledigt hatte, habe das Lernen zu Hause nicht viel Spaß gemacht. Es sei lang­

weilig gewesen, immer alles alleine zu machen.

Nicolai kann dem Zu­Hause­Lernen aber etwas abgewin­

nen. Man musste nicht so früh aufstehen und sich schnell f ertigmachen, um den Bus zu bekommen. Während Corona habe

er auch mal ganz entspannt im Bett lernen und selbst bestim­

men können, wann er lernen will. „Dass man die Freunde so lange nicht gesehen hat, war nicht so toll“, fügt er hinzu.

Der 8.­Klässler Paul fand zu Hause lernen anstrengend und unübersichtlich. Lehrer*innen hätten Aufgaben zu unter­

schiedlichen Zeiten geschickt – irgendwann wurde es unüber­

sichtlich. Als Ganztagsschüler war er es nicht gewohnt, Haus­

aufgaben zu haben. Er hatte oft den Drang, zu Hause was anderes zu machen: rausgehen, Fußball spielen, ans Handy gehen. Mit der Zeit habe es besser geklappt.

Was Eltern sagen, die auch Lehrkräfte sind

Susanne ist Lehrerin und Mutter von drei Söhnen. Sie hat in der Krise deutlicher gesehen, wie unterschiedlich ihre drei Jungs lernen und welch unterschiedliche Stärken sie zeigen. Zwei könnten selbst gut strukturiert arbeiten, einer brauche Hilfe, damit er nicht die Übersicht verliert. Als Eltern mussten sie erst verstehen, dass ihr Kind keine Probleme mit dem Stoff, son­

dern nur mit den Abläufen und den Strukturen hat. Schwierig findet Susanne, wenn Eltern zu perfektionistisch sind. „Um das Homeschooling sollte sich besser das Elternteil kümmern, das entspannter an das Ganze rangeht“, empfiehlt sie.

Wie wichtig es ist, nicht immer nur Arbeitsblätter anzubieten, sondern verschiedene Sozialformen und verschiedene Kanäle zu nutzen, hat die Lehrerin auch bei ihren eigenen Kindern beobachtet. „Es ist nicht kindgerecht, dass sich Kinder alles selber beibringen und anlesen. Normalerweise sind Kinder auch entdeckend unterwegs, aber nur wozu sie Lust haben“, sagt sie. Digitale Unterrichtsformen müssten sich mehr an den Kindern orientieren. Hier müsste mehr passieren, was sich Erwachsene vielleicht gar nicht vorstellen könnten, weil Kinder mit digitalen Medien anders umgehen.

„Wenn jeder Lehrer, jede Lehrerin in einer Klasse im Fern­

unterricht anders arbeitet, führt das zur Überforderung der Kinder“, bilanziert Carmen. Die Lehrerin ist Mutter von zwei Schulkindern und plädiert sehr dafür, dass es in einer Klasse ein einheitliches Konzept gibt. Da ihr Mann auch Lehrer ist, waren in ihrer Familie vier Personen in vier verschiedenen Schulen tätig. Jeder hatte ein anderes System, einen anderen Stundenplan, andere Zeiten. „Das ist organisatorisch schwer zu stemmen“, erklärt sie.

Wie Susanne hat auch Carmen erlebt, dass ihre eigenen Kinder unterschiedlich selbstständig lernen können. Gut fand sie, wenn Lehrerkolleg*innen einmal pro Woche angerufen haben.

„Sonst hört man von der Schule nur was, wenn das Kind schon in Brunnen gefallen ist.“ Die regelmäßigen Rückmeldungen von Lehrkräften, um besser Hand in Hand arbeiten zu können, sollte beibehalten werden.

Maria Jeggle b&w-Redakteurin

Titelthema

Foto: imago

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LEHREN AUS DER CORONA-KRISE

Die Wiederentdeckung

der pädagogischen Beziehung

Erfolgreiches Lernen im Fernunterricht ist nur möglich, wenn der Präsenzunterricht davor die Grundlagen geschaffen hat. Wenn Schüler*innen zu Hause selbstständig und motiviert lernen sollen, müssen sie wissen und erfahren haben, wie das geht. Das ist eine von mehreren

Schlussfolgerungen, die Prof. Ulrich Herrmann aus den Schulschließungen zieht.

Helfen digitalisierte Angebote im Fernunterricht weiter? Ja, wenn man der herkömmlichen Vorstellung von „Lernschule“

folgt, aber nicht, wenn es jetzt in Zeiten des Lernmotivations­

einbruchs um „Arbeitsunterricht“ gehen müsste: durch eige­

nes Tun etwas herausfinden, etwas basteln und bauen, erfin­

den und gestalten. Im Netz kann man sich alles Mögliche auf den Bildschirm holen, aber keine realen Gegenstände auf den Tisch fürs Praktische Lernen. In dieser Hinsicht lenkt der Ruf nach Digitalisierung für Fernunterricht von den eigentlichen Bedürfnissen und Erfordernissen des Präsenzunterrichts ab und verstellt den Blick auf Lerngelegenheiten für learning by doing im Schulalltag, die dann auch in den Fernunterricht als Selbstinstruktion übernommen werden können.

Die Alltags­Erfahrungen in der aktuellen Schulkrise deuten auf eine Schul­ und Unterrichts­Systemkrise hin, die den Kern des Schulzwecks betrifft: erfolgreiches Lernen zu ermöglichen.

Dies ist in der Vergangenheit von anderen Phänomenen über­

lagert worden (PISA, Leistung). Unter den unerwarteten Bedingungen des Großexperiments Schulschließungen und Fernunterricht offenbart sich jedoch, welche pädagogischen Überlegungen angezeigt sind, um aus dieser Systemkrise strukturell nachhaltige pädagogische Konsequenzen für die Anleitung effektiven Lernens zu ziehen. Die hier herausge­

hobenen Aspekte ergeben sich aus Lehren und Lernen als eines kommunikativen interpersonalen Geschehens und einer Lernorganisation, die von Selbstwirksamkeitserfahrungen als dem Ursprung von Motivation ausgeht.

Was wird vermisst?

Nicht Lernen, sondern die Schulkamerad*innen Befund: Vermisst werden die Schulfreund*innen.

Kommentar: Aus Schülersicht ist und war Lernen kein vor­

rangiger Grund, in die Schule zu gehen.

Im Jahre 2001 sollten 8.000 10­ bis 18­jährige Schüler*innen in einer Repräsentativbefragung auf die Frage „Was gefällt Dir am Schulleben besonders?“ aus 12 möglichen Antworten die aus ihrer Sicht drei wichtigsten ankreuzen.

Das Ergebnis:

1. „Freunde in der Schule“

64 Prozent,

2. „wenn ich gute Noten kriege“

45 Prozent,

6. „ich kann etwas lernen“ 23 Prozent, 8. „interessanter Unterricht“ 17 Prozent.

Position 1 ergibt sich aus Schule als dem sozialen Ort des Kinder­ und Jugendlebens. Wenn dieser gepflegt wird, wird auch mäßiger Unterricht billigend in Kauf genommen. Es war und ist offensichtlich, dass Schule als Institution nicht nur den gesetzlichen Schulzweck zu erfüllen hat, sondern päda­

gogische Aufgaben weit darüber hinaus. Dass sie darauf prak­

tisch nicht vorbereitet ist, zeigt sich daran, dass im Falle der Schulschließung der Mehrheit der Kinder und Jugendlichen nichts anderes angeboten werden kann als Fernunterricht oder Lernen auf Distanz. Selbst wenn alle Schüler*innen Endgeräte

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