Deutsches Ärzteblatt
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1. November 2013 753M E D I Z I N
DISKUSSION
Zusammenhänge deutlich komplexer
Fortbildungsbeiträge zur Palliativmedizin sind be- grüßenswert und wichtig. Die Abschnitte zur medi- kamentösen Symptomlinderung in dem Beitrag (1) sind gut gelungen und geben den aktuellen Wissens- stand wieder.
Die Beschränkung der Empfehlungen auf Patien- ten mit refraktärer Atemnot wird leider nicht strin- gent durchgehalten (zum Beispiel Titel, Definition der Lernziele S. 564, Algorithmus S. 567). Es wird zu wenig herausgestellt, dass die zitierte Evidenz aus Studien stammt, die explizit voraussetzen, dass jegli- che tumorspezifische Therapie (Chemotherapie, Strahlentherapie oder Chirurgie) abgeschlossen oder nicht ausreichend wirksam ist.
Dadurch entstehen aus onkologischer Sicht gerade für die Betreuung von Patienten in der Palliativsitua- tion essenzielle Defizite. Die konsequente Abklä- rung möglicher Ursachen für Dyspnoe und Husten ist auch im palliativmedizinischen Kontext ein we- sentlicher Schritt zur bestmöglichen Behandlung (vergleiche dazu die aktuellen amerikanischen Leit- linien des National Comprehensive Cancer Network zur Palliativmedzin, Part Dyspnoe [2]).
Mit Hilfe einer einfachen Röntgen-Thoraxunter- suchung (wie von Bausewein und Simon vorgeschla- gen) werden beispielsweise eine bei Tumorpatienten häufig auftretende Lungenembolie oder ein maligner Perikarderguss nicht abzuklären sein. Die medizini- schen Zusammenhänge sind bei Tumorpatienten deutlich komplexer, als dies im cme-Beitrag zum Ausdruck kommt.
Auch fehlen in dem Artikel wesentliche Hinweise auf spezifische lokale Behandlungsoptionen wie zum Beispiel die Strahlentherapie als sehr wirksames und nebenwirkungsarmes Lokal verfahren bei tumor- oder metastasenbedingter Atemnot, Husten und Hämoptysen. Die Kommunikation kommt ebenfalls zu kurz. Wie auch in den kanadischen Leitlinien zur Linderung von Luftnot beschrieben, beginnt die präventive Behandlung von Atemnot bereits be- vor der Patient symptomatisch wird, mit Patienten - schulungen und Gesprächen über die effizienten symptomorientierten Behandlungsmaßnahmen, die bei Fortschreiten der Erkrankung eingesetzt werden können (3).
Moderne Onkologie lebt von einem interdiszipli- nären Behandlungsansatz für die zumeist lebensbe- drohlich erkrankten Patienten. Eine palliativmedizi-
nische Expertise ist dabei unverzichtbar (4) – und für diesen Hinweis sei den Autoren gedankt. Die derzeit in Arbeit befindliche S3-Leitline Palliativ - medizin dürfte jedoch eine vollständigere Perspekti- ve erlauben.
DOI: 10.3238/arztebl.2013.0753a LITERATUR
1. Bausewein C, Simon ST: Shortness of breath and cough in pa- tients in palliative care. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(33–34):
563–72.
2. National Comprehensive Cancer Network: NCCN Guidelines Versi- on 2.2013 Palliative Care. PAL-11, https://subscriptions.nccn.
org/gl_login.aspx?ReturnURL=http://www.nccn.org/professio nals/physician_gls/pdf/palliative.pdf. Last aceesed on 30 Sep- tember 2013.
3. Cancer Care Ontario: Symptom Management Tools, Pocket Guide Dyspnoe. www.cancercare.on.ca/toolbox/symptools/, S. 2. Last aceesed on 30 September 2013.
4. Smith TJ, Temin S, Alesi ER, et al.: American society of clinical oncology provisional clinical opinion: the integration of palliative care into standard oncology care. J Clin Oncol 2012; 30: 880–7.
Dr. med. Birgitt van Oorschot
Interdisziplinäres Zentrum Palliativmedizin Universitätsklinikum Würzburg
Oorschot_b@ukw.de Prof. Dr. med. Dirk Rades Klinik für Strahlentherapie Universitätsklinikum Lübeck
für die Arbeitsgemeinschaft Palliative Strahlentherapie und Palliativmedizin der DEGRO
Prof. Dr. med. Florian Lordick Universitäres Krebszentrum Leipzig für die Arbeitsgemeinschaft
Palliativmedizin der Deutschen Krebsgesellschaft (APM)
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Schlusswort
Vielen Dank für den Hinweis, dass im Artikel noch deutlicher hätte betont werden können, dass sich die Therapieempfehlungen auf die refraktäre Atemnot und Husten beziehen, so wie von uns in den Zwischenüberschriften und der Einleitung beschrie- ben.
Die Kollegen unterstützen die Aussage unseres cme-Beitrags, dass die potenziell reversiblen Ursa- chen für Atemnot und Husten abgeklärt werden müssen, um alle kausalen Therapieoptionen auszu- schöpfen. Dazu stehen eine Reihe diagnostischer Maßnahmen zur Verfügung. Eine umfassende Diffe- renzialdiagnostik sehen wir im Kompetenzbereich der federführenden Fachdisziplin (zum Beispiel On- kologie, Pneumologie) liegend und haben uns des- halb auf eine exemplarische Auswahl an Diagnostik aus Sicht der Palliativmedizin beschränkt. Hier ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Diszipli - nen in Anerkennung der jeweiligen Fachkompetenz zu dem Beitrag
Atemnot und Husten bei Palliativpatienten
von Prof. Dr. med. Claudia Bausewein PhD MSc, Dr. med. Steffen T. Simon MSc in Heft 33–34/2013
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wichtig und aus unserer Erfahrung auch gute Traditi- on in der Palliativmedizin – ganz im Sinne des „in- terdisziplinären Behandlungsansatzes“.
Spezifische lokale Behandlungsoptionen, wie die angesprochene Strahlentherapie oder auch Broncho - s kopie gehören zu den krankheitsspezifischen Optio- nen, die bei der refraktären Atemnot entweder be- reits ausgeschöpft oder nicht indiziert sein sollten.
Wie in den Abschnitten „Anamnese und Einschät- zung“ sowie „Allgemeinmaßnahmen“ ausführlich er- läutert sind die unterschiedlichen Aspekte der Kom- munikation mit dem Patienten und seinen Angehöri- gen ein wesentlicher Bestandteil der Begleitung von Patienten mit refraktärer Atemnot, begonnen beim Zuhören, der Frage nach psychischen Belastungen von Patient und Angehörigen über das Aufzeigen der Möglichkeiten mit Atemnot umzugehen bis zur Er- stellung und Erklärung eines Notfallplans. Der Hin- weis auf vorausschauende Kommunikation ist hilf- reich, soweit absehbar ist, dass der Patient Atemnot entwickeln wird.
DOI: 10.3238/arztebl.2013.0753b
LITERATUR
1. Bausewein C, Simon ST: Shortness of breath and cough in patients in palliative care. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(33–34):
563–72.
Prof. Dr. med. Claudia Bausewein PhD MSc Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin Klinikum der Universität München claudia.bausewein@med.uni-muenchen.de Dr. med. Steffen Simon MSc
Zentrum für Palliativmedizin Universitätsklinikum Köln
Interessenkonflikt
Prof. Bausewein wurde für ein von ihr initiiertes Forschungsvorhaben unterstützt von den National Institutes of Health Research (NIHR) und von Cicely Saunders International. Für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen erhielt sie Honorare vom Verein zur Förde- rung der Lungen- und Tuberkuloseheilkunde, der Evangelischen Lungen- klinik Berlin und dem Bildungszentrum für Gesundheitsberufe mit Ärzte- akademie, Hamburg. Sie bekam Erstattung für Teilnahmegebühren für Kongresse, sowie Reise- und Übernachtungskosten von der European Association for Palliative Care, der Deutschen Gesellschaft für Palliativ - medizin und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie.
Dr. Simon erhielt Forschungsgelder für ein von ihm initiiertes Forschungsvorhaben von TEVA.