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Archiv "Schiller für Anfänger und Fortgeschrittene" (07.05.1982)

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Hinweise 'Anregungen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 18

vom 7. Mai 1982

Peter Lahnstein, Autor des Buches „Schillers Leben", gesteht, daß es für diese Biographie des Mutes be- durft hätte und daß es ein Wagnis gewesen wäre (auch für den Verleger).

Das verwunderte mich zu- nächst. Ich holte Rat bei vier meiner Enkelkinder (mit Abitur) ein. Drei von ihnen hatten in der Schule kein Werk von Schiller ge- lesen. Der Vierte besann sich, „ausgewählte Szenen aus Don Carlos verzapft be- kommen" zu haben. Auf diese Auskunft hin rief ich einige Bekannte an, darun- ter auch Kollegen, die zwi- schen 50 bis 60 Jahre alt waren, und fragte, was sie von Schiller halten. Nur mit Stichworten soll das Gros der Antworten angedeutet werden: „Schiller, nein danke, obwohl er ein gro- ßer Dramatiker sein soll .. nicht mein Fall."

Ein anderer: „Schiller? — mein Alptraum aus der Schulzeit . oft im Schil- lertheater (Berlin) gewe- sen, aber nie Schiller im Theater gesehen." Und nun die Antwort eines als progressiv bekannten Kol- legen: „ . . das ist doch der Spruchlieferant aus der Zeit unserer dunklen Ver- gangenheit, hohles Pathos, frisch auf aufs Pferd, aufs Pferd; das einzige nicht

vergilbte, geflügelte Wort von ihm ist, daß das Vater- land eine teure Angelegen- heit sei". Dabei dachte er offensichtlich an seine Steuererklärung. Nicht ei- ne einzige begeisterte Zu- stimmung erhielt ich bei meiner Mini-Umfrage. Jetzt erst verstand ich den Autor, wenn er von Mut und Wag- nis sprach.

Vorsorglich muß ich ein- wenden: wie oft fällt ein gläubiger Leser auf prei- sende Besprechungen her- ein und ärgert sich nach- her, das Buch gekauft zu haben. Der Rezensent, dem nur knapper Raum zur Ver- fügung steht, tut sich schwer, ein Buch zu verrei- ßen, denn Negatives will ausreichend begründet sein. Das frißt Zeilen. Als ich die erste Seite der Bio- graphie las, mußte ich seuf- zen: schon wieder einer der allzu vielen historisie- renden Romane. In der Tat ist die erste Seite auch die schwächste Seite des gan- zen Werkes, das von Blatt zu Blatt steigend jeden in- teressierten Leser begei- stern wird. Noch eine Er- wartung muß eliminiert werden. Der Autor hält sich strikt an den Titel. Nicht das Werk Schillers, son- dern sein Leben, auch das alltägliche Leben mit sei-

nen vielen sogenannten Nebensächlichkeiten und Umfeldern ist der Gegen- stand des Buches. Wie ein Genetiker geht der Autor auf die Ahnen des Dichters ein. Ein Genie taucht ebenso wenig wie eine Sternschnuppe aus dem Dunkel des Firmamentes auf wie ein Herzinfarkt aus heiterem Himmel. Seine Vorfahren spielten in ihren jeweiligen gesellschaftli- chen Kreisen mit auffallen- der Häufigkeit eine führen- de Rolle. Diese einleitende Vorgeschichte, welche ei- ne Fülle von unbekannten und bedeutsamen Fakten bringt, ist für das gesamte Buch charakteristisch und macht es zu einer einzig- artigen biographischen Fundgrube.

Der Leser, falls er Arzt ist, gewinnt den Eindruck, als schildere ein alterfahrener Klinikchef das Leben und Werden eines Menschen mit wissender Akribie, bei dem jede Kleinigkeit, die er erwähnt, zur Diagnose bei- trägt. Zum Schluß entsteht ein plastisches Bild, das voller Leben ist und dessen Wirklichkeit kein Weih- rauch vernebelt. Ein Schil- ler „wie er sich räuspert und wie er spuckt" (Wal- lensteins Lager), wie und was er ißt, trinkt, liebt, was ihn ärgert oder begeistert, wo und wie er wohnt, wie er seine Frau, seine Freun- de oder Gegner einschätzt, wie er sein Leiden erträgt und wie er auf seine Be- kannten wirkt — das erfährt ausgiebig und zielbewußt der Leser. Damit erschöpft sich nicht der Reichtum des Buches. Der Autor ent- wirft ein kulturelles Pan- orama der Zeit, das seines- gleichen sucht. Vom Lohn eines Arbeiters bis zu Ver-

Goethe und Schiller sind die tragenden Säulen der deutschen Klassik.

Wenn man uns einst das Volk der Dichter und Denker nannte, dachte man zuerst an sie. Wäh- rend Goethes Ruhm und Ruf kaum verblaßte, hat Schillers allgemeines Ansehen einen Tiefstand erreicht, der kaum zu überbieten ist. Inmitten dieser Baisse ist ein Buch über Schillers Le- ben erschienen.

Schiller für Anfänger und Fortgeschrittene

Vom Mut, heutzutage eine Klassikerbiographie zu schreiben

Bernhard Fleiß

Ausgabe A/B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 18 vom 7. Mai 1982 105

(2)

Leasing ab

189.

TEKADE

Leserdienst:

Hinweise -Anregungen BUCHBESPRECHUNGEN

/ legerhonoraren, von höfi- schen Klatschgeschichten bis zu tiefernsten Gesprä- chen mit Goethe und mit unzähligen Briefzitaten.

Eine Episode muß in dieser Zeitschrift erwähnt werden, weil sie ärztliche Bezüge trägt. Herzog Carl Eugen soll bei aller Tyrannei, se- xueller Skrupellosigkeit und Verschwendungssucht genialische Züge besessen haben. Was seinen Zögling Schiller anbetrifft, hatte er jedenfalls eine gute Nase.

Bei einer disziplinären Af- färe sagte er: „Laßt diesen (Schiller) nur gewähren, aus dem wird was." Eines Tages fiel ein Zögling in ei- ne schwere Depression mit Suizidgefahr. Er befahl Schiller zur Krankenwache bei dem Gefährdeten und verlangte schriftlichen Rapport von Schiller, der zukunftsweisend war.

„ ... das genaue Band zwi- schen Körper und Seele macht es unendlich schwer, die erste Quelle des Übels ausfindig zu ma- chen, ob es zuerst im Kör- per oder in der Seele zu suchen sei ... " Carl Eu- gen besuchte den schla- fenden Kranken. Er wurde geweckt. Als er den Herzog erkannte, überfiel er ihn hemmungslos mit den gröbsten, beleidigendsten Schimpfereien. Er würde als elender Bettler ver- gnügter sein als länger die Schinderei dieser verfluch- ten Schule zu ertragen.

Carl Eugen hörte sich das Geschrei seelenruhig an.

Schiller erstarrte vor Schreck. Carl Eugen

Peter Lahnstein

Foto: List-Verlag

schickte den Patienten auf seine Kosten zur Kur in ein Bad.

Zum Schluß noch ein ärztli- ches Urteil. Wilhelm Wundt (1832 bis 1920), der Grün- der der wissenschaftlichen Psychologie, hielt Schiller für den größten Psycholo- gen, den er kannte. Ein Zweizeiler dieses sprach- gewaltigen Denkers er- kannte die Grenzen der Kommunikation:

„Spricht die Seele,

Ach, so spricht die Seele nicht mehr."

Anschrift des Verfassers:

Bernhard Fleiß Neckarhäuserhof 6903 Neckargemünd

Peter Lahnstein: Schillers Le- ben, Paul List Verlag, Mün- chen, 1981, 479 Seiten, Lei- nen, 36 DM

Joachim-Carl Friedrich:

Belohntes Leben, Heraus- gegeben von Prof. Dr. med.

Volkmar Schneider, Institut für Rechtsmedizin der FU B, Hittorfstraße 18, FB 1, WE 5, D-1000 Berlin 33, Tel.: 0 30/8 38/25 95, 108 Seiten, ein Foto, broschiert (nicht im Buchhandel er- hältlich; 850 Exemplare von der Universitätsdruk- kerei liegen vor)

Im Mittelpunkt des autobio- graphischen Bändchens stehen die Begegnungen des Malers, Musikers und Hochschullehrers mit Künstlern, Schriftstellern, Politikern und Wissen- schaftlern. Namen wie Lo- vis Corinth, Erich Wolfs- feld, Max Slevogt, Max Pechstein, Ricarda Huch, Arthur Schnitzler, Alban Berg, Else Lasker-Schüler, Franz von Stuck, Sigmund Freud, Alfred Adler, Arthur Schnitzler, Wilhelm Furt- Elisabeth Bluhm und Ul- rich Wolff: Gottfried Benn

— Eine Bilddokumentation, Verlag Medical Concept, München, 1981, 121 Seiten, gebunden, 25,80 DM In einem Bildband „Gott- fried Benn" haben Elisa- beth Bluhm und Dr. med.

Ulrich Wolff Texte und Bil- der der Gedenkausstellung für den Dichter und Derma- tologen Gottfried Benn ver- öffentlicht, die sie für die Ausstellung, die anläßlich des 83. Deutschen Ärzteta- ges im Mai 1980 in Berlin vom Hartmannbund Berlin veranstaltet worden war, gesammelt hatten. Die bei-

wängler, Paul Hindemith, Richard Strauß, Max Planck und Albert Einstein, um nur einige zu nennen, geben Zeugnis von einer kulturell und wissenschaft- lich geradezu explosiven Epoche. Der 1904 in Berlin geborene Autor studierte an der Hochschule für Bil- dende Künste in Berlin und an der Akademie für Bil- dende Künste in München.

Zum Porträtieren kam er 1925 über eine Begegnung mit Ricarda Huch. 1958 wurde er als Hochschulleh- rer für das Fach „Anatomi- sches Zeichnen und Mo- dellieren" an die Freie Uni- versität Berlin berufen, wo er bis 1972 lehrte. Wer sich für das kulturelle Leben in Deutschland nach 1920 in- teressiert, wird die Lebens- erinnerungen von Joa- chim-Carl Friedrich mit viel Freude lesen.

Hans Reuter, Köln

den Herausgeber hatten das ehemalige Praxis- schild, Fotos, Urkunden, Briefe und anderes liebe- voll zusammengetragen.

Das DEUTSCHE ÄRZTE- BLATT berichtete darüber in den Heften 22 und 24/

1980. In einem einführen- den Essay weist Ulrich Wolff auf die Bedeutung des ärztlichen Berufes für das dichterische Schaffen Gottfried Benns hin. Das Buch ist im Buchhandel er- hältlich und kann auch bei der Versandbuchhandlung des Deutschen Ärzte-Verla- ges, Postfach-Nr. 40 04 40, 5000 Köln 40, bestellt wer- den. Häu

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108 Heft 18 vom 7. Mai 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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