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Archiv "Bundeswehr: Ohne Konzept" (08.12.2006)

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A3328 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 49⏐⏐8. Dezember 2006

B R I E F E

nahme angeregt und durchgesetzt hat – umgangssprachlich auch „Kolbow- Kur“ genannt.

Dr. med. Henning von Perbandt,

Oberstabsarzt der Bundeswehr, Haydnstraße 13, 72474 Winterlingen

Ohne Konzept

Neben der von Ihnen „für das Leben und die Gesundheit der Soldaten“ so- wie deren familiäre Situation als un- zumutbar definierten Dauer und Fre- quenz der Auslandseinsätze ist für den in der Patientenversorgung täti- gen Sanitätsoffizier mehr und mehr die Konzeptionslosigkeit der sanitäts- dienstlichen Führung belastend: Der Spagat zwischen einer breit gefächer- ten Einsatz-Basismedizin im Ausland und der „von oben“ geforderten hoch spezialisierten ärztlichen Versorgung im Inland in den derzeit noch acht,

zukünftig nur noch vier Bundeswehr- krankenhäusern mit der Vertretung möglichst vieler Schwerpunkte eines Fachs ist für den einzelnen fachärzt- lich tätigen Sanitätsoffizier nicht mehr ohne deutlich spürbare Ein- schränkungen zu leisten. So wird z. B. der invasiv tätige Kardiologe, der in den letzten Jahren kein Gastro- skop mehr in der Hand hatte, wohl kaum in der Lage sein, eine sympto- matische obere gastrointestinale Blu- tung im Einsatzland endoskopisch adäquat mit der „Versorgungsqualität eines Kreiskrankenhauses“ zu stillen.

Andere Beispiele gäbe es zuhauf, die Verantwortung für diesen möglichen Mangel trägt jedoch nicht die Bun- deswehr, sondern der einzelne Arzt.

Aufgrund des angesprochenen

Fachärztemangels werden Stellen- schlüssel im Ausland entweder gekürzt oder einfach fachfremd be- setzt: So war beispielsweise während meines Auslandseinsatzes die zweite chirurgische Facharztstelle mit einem Herzchirurgen (!) für die Dauer von neun Wochen abgedeckt – dieser hat- te z. B. noch nie eine Leistenhernie operiert. Dies führte in logischer Konsequenz dann dazu, dass der ein- zige verbleibende wirkliche Allge- mein- bzw. Unfallchirurg während seines Auslandseinsatzes rund um die Uhr Dienst tat (abwechselnd Anwe- senheit und Rufbereitschaft) und das ununterbrochen für die Dauer von zwei, schlimmstenfalls sogar bis zu vier Monaten. Auch wenn die

„Versorgungsqualität eines deutschen Kreiskrankenhauses“ das edle Ziel sein soll: So lange werden die Kolle- gen selbst dort wohl nicht Dienst am Stück schieben müssen – dank des dort prinzipiell geltenden und hof- fentlich bald flächendeckend umge- setzten europäischen Arbeitszeit- rechts. Mir als Internist ist es damals ähnlich ergangen: Ich war in Erman- gelung eines Fachkollegen bzw. As- sistenzarztes für die Dauer von neun Wochen rund um die Uhr „im Dienst“. Zurück in der Heimat wurde mir dafür dankenswerterweise – wie allen anderen Soldaten (vom Kano- nier bis zum Viersternegeneral) – ein Tag pro Einsatzmonat Freizeitaus- gleich gewährt. Der darüber hinaus mehr geleistete Dienst von mehr als 800 Stunden Anwesenheitsrufbereit- schaft sei mit dem Auslandsverwen- dungszuschlag von ca. 1 500 Euro pro Monat ausreichend abgegolten, wurde mir versichert . . . Wie lassen sich diese Widersprüche lösen?

Die von der Führung des Sanitäts- dienstes u. a. zur Vermeidung des eingangs angesprochenen Spagats als Lösungsvorschlag ausgearbeitete und vom Wehrbeauftragten als „Modell der Zukunft“ gepriesene „zivilmi- litärische Kooperation“ in der ge- nannten Form, kann leider ebenfalls nur scheitern: Der Sanitätsoffizier im zivilen „Kreiskrankenhaus“ wird dort immer ein Facharzt zweiter Klasse bleiben, da er nur ein Schatten des immer präsenten und letztlich in der vordersten Verantwortung stehenden zivilen Kollegen sein wird. Er muss

ja, ohne eine „Lücke in der Patienten- versorgung“ des Krankenhauses zu hinterlassen, jederzeit an jedem Ort der Welt einsetzbar sein – und ist in der Klinik damit eigentlich überflüs- sig, weil nicht planbar in der Patien- tenversorgung einsetzbar. Für wel- chen leistungsbereiten und engagier- ten Arzt kann das aber ein attraktives Berufsfeld darstellen? . . . Ein passa- bler Ausweg aus dem schier unlösba- ren Widerspruch zwischen der basis- ärztlichen Versorgung der Soldaten im Ausland mit „Einsatzchirurgen“,

„Einsatzinternisten“ etc. und der hoch spezialisierten Schwerpunktver- sorgung im Inland durch ein und den- selben Sanitätsoffizier ließe sich nur durch eine konsequente Abkehr von der klinischen Medizin innerhalb der Bundeswehr (wie sie in den

Führungsstrukturen schon lange voll- zogen ist) erreichen: Dies bedeutete die vollständige Schließung bzw. Pri- vatisierung aller Bundeswehrkran- kenhäuser und eine komplette Verla- gerung der fachärztlichen Versorgung der Bundeswehrsoldaten in die vor- handenen zivilen Versorgungsstruk- turen des Gesundheitswesens (ähn- lich wie bei Bundes- bzw. Landespo- lizei). Hierdurch ließe sich nicht nur viel Geld (für den Betrieb von Fach- arztzentren und Krankenhäusern und horrende Fahrtkosten für die Solda- ten) sparen. Es müssten auch keine unnötigen ärztlichen Leistungen (z. B. stationäre Vorsorgeuntersu- chungen bei Soldaten ab 40. Lebens- jahr!) mehr erbracht werden, um die von der sanitätsdienstlichen Führung erwarteten Leistungszahlen zu er- bringen oder um die Begründung für die Anschaffung eines neuen Groß- geräts (z. B. Herzkathetermessplatz) zu untermauern. Alle Sanitätsoffizie- re stünden dann ausschließlich für gutachterliche Tätigkeiten für den Dienstherren sowie zur qualifizierten basisärztlichen Versorgung der Sol- daten im Ausland zur Verfügung – die Einsatzfrequenz würde sicherlich ebenso wie die Dauer deutlich sin- ken. Zwischen den finanziell sicher- lich dann besser zu vergütenden Aus- landseinsätzen sollten die Fachärzte nach ausreichendem Erholungsurlaub ähnlich wie das ärztliche Assistenz- personal an zivilen Schwerpunkt- krankenhäusern oder Universitätskli- Kabul am 14. No-

vember 2005:Bei einem Selbstmord- attentat wird ein deutscher Soldat getötet.

Foto:dpa

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 49⏐⏐8. Dezember 2006 A3329

B R I E F E

niken gezielt in den einsatzmedizini- schen Schwerpunkten fort- und wei- tergebildet und in Übung gehalten werden, ohne sich der täglichen Rou- tine der Patientenversorgung hinge- ben zu müssen . . .

Dr. med. Andreas Stegmaier,Nelkenstraße 21, 90542 Eckental

KRANKENHÄUSER

Nach dem Tarif- abschluss wollen Klinikverwaltungen die Arbeitsabläufe effizienter gestalten (DÄ 39/2006:

„Klinik der Zukunft hat mehr ,arztfreie Zonen‘“ von Dr. med.

Birgit Hibbeler).

Rechenbeispiel

Es ist nicht zu fassen! Dass ich nun selbst im DÄ lesen muss, dass es

„deutliche Gehaltssteigerungen“ für Ärzte gegeben habe, die jetzt dazu führen, dass bisher ärztliche Tätigkei- ten auf den Prüfstand gehoben wer- den sollen, hinterlässt bei mir eine mittelschwere Karotis-Zerrung.

Schlimm genug, dass die Lüge von den Gehaltssteigerungen in der öf- fentlichen Presse nicht totzukriegen ist. Ist denn wirklich – frei nach V. Pispers – das einzig noch Kritische am Journalismus in diesem Land sein Geisteszustand? Also noch mal – für alle und zum Mitschreiben: Gehalts- steigerungen ergeben sich nach dem neuen Tarifabschluss (an kommuna- len Kliniken) im Vergleich zum BAT im Jahr 2005 (und nach TVöD-Über- leitungstarif bis 31. Juli 2006) ledig- lich für den typischen 32-jährigen, kinderlosen leitenden Oberarzt. Die in Ihrem Artikel angeführten Aufgaben jedoch, bei denen überdacht werden müsse, ob sie auch in Zukunft noch von „gut bezahlten“ Ärzten erledigt

werden müssten (Viggos legen, Blut abnehmen, Untersuchungstermine or- ganisieren, Diagnosen verschlüsseln), werden doch wohl ausschließlich von Assistenzärzten erledigt. Ein Assis- tenzarzt, der bereits vor dem 1. Okto- ber 2005 an einem kommunalen Haus beschäftigt war, hat aber in jedem Fall Gehaltseinbußen, wenn man berück- sichtigt, dass das Weihnachts- und Ur- laubsgeld bereits in die monatlichen Grundgehälter eingerechnet ist, also nicht mehr zusätzlich gezahlt wird. . . In meinem persönlichen Fall erhalte ich nach neuem Tarifvertrag ab jetzt aufs Jahr gerechnet 1,74 Prozent mehr Gehalt als 2005 (inkl. Weihnachts- und Urlaubsgeld), muss jedoch dafür 3,9 Prozent (40 Stunden/Woche statt bisher 38,5) mehr arbeiten. Meine Ar- beit wird also auf den Stundenlohn gerechnet billiger. Auf 38,5 Stun- den/Woche heruntergerechnet, ergibt sich bei mir ein Minus von mehr als zwei Prozent, entsprechend gut 1000 Euro/Jahr. Kinderbezogene Ortszu- schläge, wie ich sie nach BAT noch erhalten hätte, sind bei zukünftigen Kindern nicht mehr vorgesehen, spa- ren dem Arbeitgeber also zusätzliches Geld. Ähnliche Rechenbeispiele las- sen sich für den Tarifabschluss TdL aufstellen. Gehaltssteigerungen erge- ben sich also lediglich im Vergleich zu den von Verwaltungsseite erhoff- ten, im TVöD vorgesehenen drasti- schen Gehaltskürzungen, die durch den neuen Tarifvertrag nun allen- falls teilweise abgewendet werden konnten . . . Sicherlich wird es auch ohne Gehaltssteigerungen für Ärzte Personal geben, das weniger verdient und so den Verwaltungen zusätzliche willkommene Einsparmöglichkeiten bietet. Mit Gehaltserhöhungen für Ärzte kann es jedenfalls nicht zusam- menhängen, da diese schlichtweg für den Großteil der Ärzte nicht existie- ren . . .

Dr. med. Cyrus Pachutani

Die Redaktion veröffentlicht keine ihr anonym zugehenden Zuschriften, auch keine Briefe mit fingierten Adressen. Alle Leserbriefe werden vielmehr mit vollem Namen und voller Anschrift gebracht. Nur in besonderen Fällen können Briefe ohne Namensnennung publi- ziert werden – aber nur dann, wenn der Redaktion bekannt ist, wer geschrieben hat.

ANONYM

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