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Bericht und Meinung
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Frauen am primitivsten Wissen, wie Analysen der Mannheimer Frauen- klinik bewiesen haben (Sievert).
Und: Beratung der Schwangeren, gut und schön, aber der Berater hat ja gar keine Möglichkeit, mate- rielle Hilfe anzubieten (Kepp). Fra- ge an den Gesetzgeber: Was wird überhaupt an sozialen Hilfen gebo- ten werden (Zander)?
Welche anderen Wege gibt es?
Gibt es noch andere Möglichkei- ten, Frauen vor ungewünschten Kindern zu bewahren, oder — um- gekehrt formuliert: unerwünschte Kinder vor ihren Müttern? Prof.
Ober erinnerte an seine Erfahrun- gen in Erlangen: Innerhalb von 13 Jahren wurden von 167 beantrag- ten Schwangerschaftsunterbre- chungen in seiner Klinik 143 durch- geführt (24 Frauen wollten schließ- lich doch lieber austragen); im gleichen Zeitraum wurden aber 400 Sterilisierungen — „nach dreimo- natiger Überlegungsfrist" — durch- geführt. Prof. Sewering warf eine andere Frage auf: Ob es bei einge- tretener ungewünschter Schwan- gerschaft einer gesunden Frau, wenn also keine therapeutische In- dikation zum Schwangerschaftsab- bruch vorliegt, nicht menschlicher sei als abzutreiben, das Kind aus- zutragen und erst nach dessen 'Ge- burt zu entscheiden, ob es behal- ten oder lieber „weggegeben" wer- den soll. Eine Förderung des Adop- tionsverfahrens wäre dazu notwen- dig; dem ungewünschten Kind kön- ne so sehr viel Gutes getan wer- den. Dies keineswegs als Patentlö- sung gemeint, sondern als gedank- licher Anstoß zu einer Humanisie- rung der Erörterungen, die nach den glücklicherweise überwunde- nen ideologischen nun fast zu sehr von technokratischen Argumenta- tionen beherrscht werden.
Die künftige Organisation des Schwangerschaftsabbruchs Apropos: Das „Technokratische", die Organisation des Schwanger- schaftsabbruchs, wird wohl den
zweiten Streitpunkt bei der gesetz- lichen Neuregelung abgeben.
Wenn die Beobachtung richtig ist, daß der Trend dahin geht, die „so- ziale Indikation" so weit zu fassen, daß doch noch „eine Art Fristenlö- sung" herauskommt, dann kann der vorgesehenen Regelung des Beratungsverfahrens ähnliche Ten- denz innewohnen.
Bemerkenswert ist jedenfalls die Ausgangsposition Müller-Emmerts:
Er ist gegen jedes Beratungs- bzw.
Glitachtergremiunn; er sieht in Sa- chen Schwangerschaftsabbruch nur drei ärztlich-funktionale Hand- lungen: 1. die Beratung im allge- meinen durch den Arzt, 2. die Be- gutachtung im Konkreten durch ei- nen weiteren Arzt, 3. die Ausfüh- rung des Schwangerschaftsab- bruchs durch einen ermächtigten Arzt, der an die Begutachtung nicht gebunden ist. Ein glatter Weg, der auch manchen Arzt be- stechen mag, „solange nur die Kammer die Aufsicht behielte", um beispielsweise Mißbräuche in „Ab- treibungskliniken" oder durch „Ab- treibungsketten", die schließlich doch eine Art „Fristenlösung" be- treiben könnten, zu verhindern.
Mehr Objektivität verspräche aber jedenfalls die von Sewering vertre- tene Gutachterstelle, bei der ein Arzt unter Vorlage entsprechender Befunde den Schwangerschaftsab- bruch beantragen und vertreten könnte, ohne daß die Frau über- haupt persönlich erscheinen müß- te. Das Gutachten dieser Stelle gäbe dann auch dem den Schwan- gerschaftsabbruch ausführenden Arzt völlige Rechtssicherheit.
Über all dies wird in den nächsten Monaten gründlich und ausführlich zu reden sein, nicht zuletzt zwi- schen den Experten des Gesetzge- bers und der Ärzteschaft. Wenn diese Beratungen, trotz mancher unausräumbaren Verschiedenheit der Standpunkte, so sachlich ver- laufen würden, wie es das Sympo- sion der Illustrierten „Quick" als Möglichkeit vorgezeichnet hat — es wäre dem Ernst des Themas ange- messen. DÄ
Befreiungsversicherung für Studenten
Das „Gesetz über die Kranken- versicherung der Studenten", das am 1. Oktober 1975 erstmals alle Studenten und Praktikanten an staatlichen oder staatlich aner- kannten Hochschulen der gesetzli- chen Krankenversicherungspflicht unterwirft, räumt privatversiche- rungswilligen Studenten das Recht zur „Befreiungsversicherung" ein:
Studenten, die bereits bei einer pri- vaten Krankenversicherung versi- chert sind, können sich innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht von dieser be- freien lassen. Es muß allerdings ein der gesetzlichen Versicherung entsprechender Versicherungs- schutz nachgewiesen werden. Be- freien lassen können sich aller- dings auch solche Studenten, die in den ersten drei Studienmonaten der privaten Krankenversicherung erst beitreten. Sie erhalten den gleichen staatlichen Zuschuß wie gesetzlich versicherte Studenten.
Der Verband der privaten Kranken- versicherung (PKV), hat inzwischen dieses neue Element der Befrei- ungsformel ausdrücklich begrüßt.
Die Dreimonatsfrist sei ausrei- chend lang, um sich eventuell von der Versicherungspflicht bei der Ortskrankenkasse des Heimatortes befreien zu lassen. Durch die noch ausstehenden Verordnungen müß- ten einfache Verfahren der Befrei- ung und Zuschußzahlung einge- führt werden. (Lesen Sie dazu auch DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 24/1975, Seite 1809). HC
Gesundheitsfürsorge in der Bundeswehr leidet weiter
Der Wehrbeauftragte des Deut- schen Bundestages kommt in sei- nem kürzlich vorgelegten Jahres- bericht 1974 erneut zu der Feststel- lung, daß durch den Mangel an Ärzten, den häufigen Wechsel der
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Heft 27 vom 3. Juli 1975 1985Die Information:
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Truppenärzte und die bisher unzu- reichende Einweisung der wehr- pflichtigen Sanitätsoffiziere die Ge- sundheitsfürsorge leide. Eine konti- nuierliche und erfolgversprechen- de Heilbehandlung könne nicht er- folgen, wenn — wie geschehen — ein Soldat während seiner achtein- halbmonatigen Zugehörigkeit zu ei- ner Einheit wegen häufigen Wech- sels von insgesamt vier Ärzten be- handelt werde. Eine hinreichende truppenärztliche Versorgung sei auch dann nicht mehr gewährlei- stet, wenn an einem Standort, zu dem ein großer Truppenübungs- platz gehört, etwa 10 000 Soldaten ambulant und stationär von einigen wenigen Ärzten betreut werden müssen, denen zum Teil noch ärzt- liche und truppennahe Erfahrung fehle. Es müsse zu Unzulänglich- keiten führen, wenn ein Arzt in Ver- tretungszeiten oft mehr als 2 000 Soldaten oder eine Großstation zu- sätzlich zu seinen sonstigen Aufga- ben zu betreuen habe.
Der Wehrbeauftragte erhofft sich eine wesentliche Verbesserung der Gesundheitsfürsorge in den Streit- kräften durch die Vorschläge des Bundesministers der Verteidigung, zum Abbau des ständigen Fehlbe- standes an Sanitätsoffizieren weib- liche Ärzte in die Streitkräfte einzu- stellen und ihnen den Status des Sanitätsoffiziers zu verleihen. Le- sen Sie dazu auch: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 15/1975, Seite 1020 f.) WZ/CK
Ersatzkassenverbände jetzt in Siegburg
Der Verband der Angestellten- Krankenkassen (VdAK) und der Verband der Arbeiterersatzkassen (AEV) verlegten ihre Verbandszen- trale am 1. Juli 1975 von Hamburg nach Siegburg. Dem Verband der Angestellten-Krankenkassen gehö- ren zur Zeit sieben Ersatzkassen mit rund 15 Millionen Versicherten, dem Verband der Arbeiterersatz- kassen gehören ebenfalls sieben Ersatzkassen mit etwa 684 000 Ver- sicherten an. N+1/DÄ
Barmer Ersatzkasse will Beitrag halten
Die Barmer Ersatzkasse (BEK) will ihren derzeitigen Beitragssatz von 10,6 Prozent in diesem Jahr „mit größter Wahrscheinlichkeit" nicht erhöhen. Dies stellte Heinz Rei- stenbach, Vorsitzender der Ge- schäftsführung, anläßlich der Ver- treterversammlung in München Mitte Juni fest. Seinen Angaben zu- folge werden die Gesamtausgaben des Jahres 1975 voraussichtlich 6,6 Milliarden Mark betragen gegen- über 5,6 Milliarden Mark im vorigen Jahr.
Zu schaffen machen der BEK vor allem die Kostensteigerungen im Krankenhaussektor, die 1974 wie- der rund 20 Prozent der Gesamt- ausgaben je Mitglied ausmachten.
Die Krankenhausbehandlung bean- spruchte 1974 1,35 Milliarden Mark (1973: 1,1 Milliarden Mark). Für die ambulante ärztliche Behandlung gab die BEK im vergangenen Jahr rund 1,2 Milliarden Mark aus — bei über 25 Millionen Behandlungsfäl- len und sechs Millionen Versicher- ten. DÄ
Jeder vierte stirbt an einer Herzkrankheit
Im vergangenen Jahr gingen rund 25 Prozent aller Sterbefälle auf Herzkrankheiten als Todesursache zurück. Die relativ meisten Sterbe- fälle (337 700 beziehungsweise 46 Prozent) entfielen im vergangenen Jahr wie bereits ein Jahr davor auf Krankheiten des Kreislaufsystems, unter denen die Herzdurchblu- tungsstörungen mit 125 750 Sterbe- fällen (plus 4000) dominieren. Der auch hierunter zählende Herzin- farkt hat mit 72 500 Sterbefällen weiter um sich gegriffen (Zunahme um 1430 Fälle). Die Hirngefäß- krankheiten haben als zweitgrößte Gruppe unter den Kreislaufkrank- heiten mit 104 700 Sterbefällen ge- genüber 1973 einen Rückgang zu verzeichnen (1530).
Bösartige Neubildungen waren auch 1974 als zweithäufigste To- desursache mit rund 20 Prozent an der Gesamtsterblichkeit beteiligt.
Die Krebssterbefälle haben um rund 2200 beziehungsweise 1,5 Prozent zugenommen. 1974 sind al- lerdings weniger Menschen an Ma- gen- und Gebärmutterkrebs (21 500 beziehungsweise 5800) gestorben, dagegen mehr an Krebs der At- mungsorgane (24 560), der weibli- chen Brustdrüse (11 270) und der Prostata (6860). Diese Zahlen gab das Statistische Bundesamt, Wies- baden, auf Grund der vorläufigen Ergebnisse der Todesursachensta- tistik kürzlich bekannt. WZ/DÄ
Mainzer Institut auch für Pharmazeuten- Prüfungen zuständig
Die Approbationsordnung für Apo- theker vom 23. August 1971 sieht in
§ 8 bundesweit einheitliche schrift- liche Prüfungen wie bei den Medi- zinern vor. Die elf deutschen Bun- desländer haben daher beschlos- sen, die insoweit anfallenden Auf- gaben (Erstellung von Gegenstands- katalogen für Apotheker sowie Ausarbeitung bundeseinheitlicher Prüfungsfragen und deren Auswer- tung) dem Institut für Medizinische Prüfungsfragen (Mainz) zu übertra- gen. Das Abkommen über die Er- richtung und Finanzierung des zen- tralen Instituts vom 14. Oktober 1970 ist dementsprechend durch ein Änderungsabkommen der Ministerpräsidenten der Länder da- hingehend neu gefaßt worden, daß das Institut nunmehr die Bezeich- nung „Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen"
(IMPP) führt.
Das von den Ministerpräsidenten unterzeichnete Abkommen vom 30.
Mai 1974 mußte zunächst alle Län- derparlamente durchlaufen. Am 20.
Juni 1975 hat das letzte Bundes- land die Urkunde in der rheinland- pfälzischen Staatskanzlei hinterlegt, so daß der Staatsvertrag in geän- derter Form am 1. Juli 1975 in Kraft treten konnte.
1986 Heft 27 vom 3. Juli 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT