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Archiv "Top IV - Zukunft der hausärztlichen Versorgung: Schmerzlicher Kompromiss" (07.06.2002)

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er Tragweite der Entscheidung waren sich wohl alle Beteilig- ten bewusst. Zwei Nachmitta- ge lang diskutierten die Delegierten des 105. Deutschen Ärztetages in Rostock zuweilen recht emotional über den Hausarzt der Zukunft. Zur Debatte stand die Zusammen- führung der Weiterbildungsgänge Allgemeinmedizin und Innere Me- dizin. Die (teilweise) Konkurrenz der beiden Fächer sorgt seit Jahren für innerärztlichen Streit und ist ein Dauerthema bei Deutschen Ärzte- tagen. Erst 1997 hatten die Delegier- ten beschlossen, dass die Allge- meinärzte allein die hausärztliche Versorgung sichern und die Interni- sten sich allmählich aus dieser Domäne zurückziehen sollen. Weniger Medizintechnik und mehr Zuwendung für die Patienten sollten die hausärztli- che Tätigkeit prägen. „Die Vereinba- rung ist in der Folgezeit gescheitert“, zog der Präsident der Bundesärzte- kammer (BÄK), Prof. Dr. Jörg-Diet- rich Hoppe, in Rostock Bilanz. Die All-

gemeinmediziner hätten sich ebenso wenig auf den Technikverzicht einigen können wie die Internisten auf den der hausärztlichen Tätigkeit. Das Neben- einander von Allgemeinärzten, Interni- sten und Schwerpunktinternisten habe in erster Linie zu innerärztlichem Zwist geführt. „Das hat dem Arztbild in der Öffentlichkeit geschadet“, so Hoppe.

Erschwerend kommt hinzu, dass es nicht gelingen wird, die gesetzliche Auflage zu erfüllen, ab 2006 nur noch fünfjährig weitergebildete Allge- meinärzte für die hausärztliche Versor- gung zuzulasssen. Es mangelt an Nach- wuchs.

Handlungsbedarf hatte von daher bereits der 104. Deutsche Ärztetag aus- gemacht und den Vorstand der Bundes- ärztekammer beauftragt, eine Zusam- menführung beider Fächer zu prüfen, um die hausärztliche Versorgung zu si- chern. Mit 182 zu 46 Stimmen entschie- den sich die Delegierten nun für ein Kompromissmodell, das die Weiterbil-

dungsgremien der BÄK in zähen Verhandlungen mit den Fachgesell- schaften und Berufsverbänden erar- beitet haben. Es dient auch als Grundlage für die umfassende No- vellierung der (Muster-)Weiterbil- dungsordnung im nächsten Jahr.

„Ziel war es, das bisherige dreistu- fige System durch ein zweistufiges abzulösen“, erläuterte der Vorsitzen- de der Weiterbildungsgremien und Präsident der Bayerischen Lan- desärztekammer, Dr. H. Hellmut Koch. Danach soll es künftig einen

„Facharzt für Innere und Allgemein- medizin“ sowie einen Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunktbe- zeichnung geben (Beispiel: Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie).

Beide absolvieren zunächst eine ge- meinsame dreijährige Weiterbildung, davon müssen mindestens zwei Jahre allgemein-internistische Weiterbildung im Krankenhaus abgeleistet werden.

Ein Jahr kann aus anderen Gebieten angerechnet werden. Daran schließen sich für die künftigen Hausärzte zwei

Top IV: Zukunft der hausärztlichen Versorgung

Schmerzlicher Kompromiss

Um eine einheitliche Hausarztqualifikation zu schaffen, sollen die Fächer Allgemeinmedizin und Innere Medizin zusammengeführt werden.

Mit seiner Zustimmung zu diesem Konzept hat der 105. Deutsche Ärztetag den Streit um den besseren Hausarzt vorerst beigelegt.

Ärztetagspräsident Hoppe: „Es gibt keine Lösung, die nicht bei irgendjemandem Tränen verursacht.“

Der BDI-Vorsitzende Gerd Guido Hofmann musste eine Niederlage einstecken.

Der BDA-Vorsitzende Klaus-Dieter Kossow zeigte sich zufrieden mit dem Kompromiss.

Foto:Johannes Aevermann

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Jahre Weiterbildung in einer hausärztli- chen Praxis an, die auch chirurgische Inhalte vermittelt. Psychosoziale und psychosomatische Inhalte, die bislang in Kursen gelehrt werden, sollen ebenfalls in die Weiterbildung integriert werden.

Die Facharztprüfung wird nach fünf Jahren abgelegt. Über die endgültige Bezeichnung des künftigen Hausarztes, so Koch, könne man bei Bedarf noch beraten.

Die „Nicht-Hausärzte“ durchlaufen nach der gemeinsamen Weiterbildungs- zeit weitere drei Jahre, in denen die Schwerpunkt-Inhalte vermittelt wer- den. In der Prüfung am Ende der sechs- jährigen Weiterbildungszeit müssen die künftigen Schwerpunktinternisten all- gemeine internistische sowie die Kennt- nisse ihrer Schwerpunkte nachweisen.

Nach Ansicht von Koch besticht das Modell vor allem dadurch, dass die Dis- kussion über den besseren Hausarzt in Zukunft entfällt. Es schaffe einen in fünf Jahren weitergebildeten Hausarzt, der mit flexiblen Bildungsmöglichkei- ten solide Mindestqualifikationen in

den Grundfächern erworben habe. Ein weiterer Vorteil ist aus der Sicht von Koch, dass nicht jeder Schwerpunkt-In- ternist das Hausarztpaket absolvieren muss.

Genau hier aber liegt der Knack- punkt. Weil der Berufsverband Deut- scher Internisten (BDI) um das einheit- liche Berufsbild der Inneren Medizin fürchtet, hat er sich bis zuletzt dem Kompromiss verweigert. Den Delegier- ten des 105. Deutschen Ärztetages lag als Alternative zum BÄK-Konzept das so genannte Konvergenz-Modell des Verbandes vor. Danach steht am Ende eines fünfjährigen Weiterbildungsgan- ges mit weitgehend internistischen In- halten ein Facharzt, der sich für die Ver- sorgung mit allgemeinen Leistungen der Inneren Medizin im Krankenhaus qualifiziert und die Basis

für eine Schwerpunkt- weiterbildung oder die Niederlassung als Haus- arzt erworben hat. Das Modell erhält aus Sicht des Verbandes einen „ein-

heitlichen Arzttyp“ für die Innere Me- dizin. Denn auch wer als Internist mit Schwerpunktbezeichnung arbeiten will, hat zuvor eine hausärztliche Qualifika- tion erworben.

Die Furcht vor einer Zersplitterung der Inneren Medizin spiegelte sich auch in der Debatte wider, die erken- nen ließ, wie sehr die Reform-Frage das Selbstverständis der Fächer berührt. Auf den Punkt brachte dies Dr. Peter Zürner (Hessen): „Das Kom- promiss-Modell zerschlägt die Innere Medizin, indem es sie in ihre Schwer- punkte aufspaltet.“ Dr. Hanno Scherf (Hamburg) ging noch weiter: „Hier soll die ehemalige Königin der Medi- zin zerschlagen werden.“ Es wurden aber auch inhaltliche Einwände ins Feld geführt. Priv.-Doz. Dr. Malte Lud- wig (Nordrhein) bezwei- felte beispielsweise, dass drei Jahre gemeinsame Weiterbildung ausrei- chen, um genügend in- ternistische Inhalte als Grundlage für eine

Den Willen zum Kompromiss belegte die große Mehrheit, mit der die Delegierten nach langer Diskussion der Beschlussvorlage des Bundesärz- tekammer-Vorstandes zustimmten – ein Erfolg auch für die Weiterbildungsgremien der BÄK und deren Vorsitzenden H. Hellmut Koch.

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Schwerpunktweiterbildung zu vermit- teln. Auch Dr. Wolf von Römer (Bay- ern) gab sich in diesem Punkt skep- tisch: „Chronische Erkrankungen neh- men in der hausärztlichen Versorgung viel Raum ein. Im BÄK-Modell kann man die dafür notwendigen Kenntnis- se nicht vermitteln.“

Zähes Ringen zahlte sich aus

Gegner des Kompromisses fanden sich jedoch auch auf der anderen Seite. Sie spielten vor allem auf die erst wenige Jahre zurückliegende Reform der allge- meinmedizinischen Weiterbildung an.

„Wir haben in der Allgemeinmedizin sehr viel erreicht. Die Allgemeinärzte haben ein Selbstverständnis entwickelt.

Die Politik fordert Allgemeinärzte mit Lotsenfunktion.Warum sollen wir diese jetzt verschwinden lassen“, fragte Dr.

Jobst Meißner. Ähnlich argumentierte sein Berliner Kollege Dr. Hans-Peter Hoffert: „Kaum hat man die Allgemein- medizin auf internationales Niveau ge- hoben, wird sie auch schon wieder be- graben – lebendig begraben. Der Haus- arzt der Zukunft ist der Allgemeinarzt.

Ich kann das Kompromissmodell nur mit Bauchschmerzen mittragen.“ Die- ser Kritik schloss sich Prof. Dr. sc. Vitto- ria Braun (Berlin) an: „Das BÄK-Mo- dell diskriminiert sich schon durch sei- nen Namen: Ein Kompromiss ist nie ein

Optimum. Das Modell bleibt hinter den derzeiti- gen Weiterbildungsinhalten zurück und wird die Ver- sorgung verschlechtern. Ich plädiere für den Status quo.“

Es waren jedoch nicht solche Stimmen, die die Diskussion in Rostock prä- gten. Vielmehr bestimmte der Wille zur Beendigung des jahrelangen Streits die Redebeiträge. Offenbar zahlte sich auch das zähe Ringen der Weiterbil- dungsgremien mit den Ver- bänden im Vorfeld aus. Für

die Allgemeinärzte sprach Dr. Max Ka- plan (Bayern): „Wir haben schwere Kompromisse eingehen müssen und akzeptieren, dass die Allgemeinmedi- zin in einem großen Fach untergeht.“

Die hausärztlich tätigen Internisten zeigten sich zufrieden mit dem Erreich- ten. „Wir müssen auf der Realität auf- setzen. Das BDI-Modell ist nicht kom- promissfähig, weil es die Allgemeinme- dizin ausschließt. Durch das Kompro- miss-Modell werden Allgemeinmedizin und Innere Medizin auf gleiche Augen- höhe geführt. Beide Fächer gehören ei- gentlich zusammen und können sich ge- genseitig befruchten“, fasste der Vorsit- zende des Bundesverbandes haus- ärztlicher Internisten, Dr. Ulrich Piltz

(Berlin), das Verhandlungsergebnis zu- sammen. Der Vorsitzende des Marbur- ger Bundes, Dr. Frank Ulrich Montgo- mery (Hamburg) sprach sich ebenfalls für den Kompromiss aus: „Das BÄK- Modell kommt den Interessen der jun- gen Ärzte entgegen. Es ist machbar, fle- xibel, EU-kompatibel und zukunftssi- cher.“ Der Zweite Vorsitzende der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung und Delegierte der Ärztekammer Nord- rhein, Dr. Leonhard Hansen, appellier- te an seine Kollegen: „Das BÄK-Mo- dell ist ein konstruktiver Vorschlag, dem auch der Vorstand der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung uneinge- schränkt zustimmt. Machen Sie sich frei von individuellen Interessen. Wir ent- scheiden hier über die Zukunft junger Kollegen.“ Auf den Ernst der Lage wies Dr. Dieter Mitrenga (Nordrhein) hin:

„Die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung und die anstehende Novel- lierung der (Muster-)Weiterbildungs- ordnung machen es unabdingbar, dass wir auf diesem Ärztetag einen eindeuti- gen Beschluss fassen.“ Auch sein Ap- pell lautete: „Lösen Sie sich von ihrer eigenen Fachgruppe. Wir sind hier, um ärztliche Angelegenheiten im Sinne un- serer Patienten zu regeln.“ Dr. Ernst Zimmer (Saarland) ging noch einen Schritt weiter: „Der Streit um den bes- seren Hausarzt hat uns geschadet. Mit dem Kompromiss-Modell können wir diesen Streit beilegen. Es führt die Be- schlusslage der letzten Ärztetage fort und sichert die hohe Qualität der hausärztlichen Versorgung. Stimmen wir dem Modell nicht zu, wird die Poli- Antrag auf Ende der Debatte: Theo Windhorst (Nordrhein) schwört, dass er sich gemäß der Satzung nicht beteiligt hat.

Die Hausarzt/Facharzt-Frage sorgt seit Jahren für Diskussionen. In der Debatte appellierte Leon- hard Hansen (Nordrhein) an die Delegierten, sich von individuellen Interessen frei zu machen.

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tik einen eigenen Hausarzt schaffen, der beiden Seiten nicht gefällt.“

Den Willen zu einem – wenn auch schmerzlichen – Kompromiss belegt die große Mehrheit, mit der die Dele- gierten schließlich der Beschlussvorla- ge des BÄK-Vorstandes zustimmten.

Deren Präsident Hoppe hatte gleich zu Beginn der Debatte darauf hingewie- sen, dass es in dieser Frage keine Lö- sung geben könne, „die nicht bei ir- gendjemandem Tränen verursacht“.

Tränen wird es wohl nicht gerade ge- ben, wenn die Delegierten des 106.

Deutschen Ärztetages im nächsten Jahr in Köln über die grundlegende Reform der (Muster-)Weiterbildungs- ordnung abstimmen. Bis dahin wollen die Weiterbildungsgremien der Bun- desärztekammer ihrem Vorsitzenden Koch zufolge ihre Arbeiten abge- schlossen haben. So glimpflich wie jetzt in Rostock dürfte die Diskussion je- doch nicht ablaufen, denn in Köln geht es um die Inhalte der Weiterbildung.

Im letzten Jahr in Ludwigshafen hatte der 104. Deutsche Ärztetag die

„Form“, den neu gefassten so genann- ten Paragraphenteil, zustimmend zur Kenntnis genommen. Dieser sieht künftig vier Qualifikationsarten vor, die jeweils mit einer Prüfung vor der Ärztekammer abgeschlossen werden.

Eine erfolgreich abgeschlossene Wei- terbildung führt danach zur Facharzt-, Schwerpunkt- oder Bereichsbezeich- nung oder zu einem Befähigungsnach- weis. Zurzeit sind die Weiterbildungs- gremien damit beschäftigt, diese Form mit Inhalt zu füllen. Die Dringlichkeit dieses Reformprojekts betonte ein Antrag von Prof. Dr. Günter Lob (Bay- ern), mit dem der Vorstand der Bun- desärztekammer aufgefordert wurde, dem 106. Deutschen Ärztetag eine beschlussfähige Novelle der (Muster-) Weiterbildungsordnung zur endgülti- gen Entscheidung vorzulegen. „Die jahrelange öffentliche Diskussion hat zu einer schwerwiegenden Verunsiche- rung der in Weiterbildung stehenden Assistenten geführt. Die unsichere Zu- kunft in der Medizin schreckt junge Menschen ab, dieses Fach als Lebens- weg zu wählen“, heißt es zur Be- gründung. Eine große Mehrheit der Delegierten schloss sich dieser Forde- rung an. Heike Korzilius

TOP V: (Muster-)Berufsordnung

Werbeverbot für Ärzte gelockert

Patienten können sich künftig leichter über die Qualifikation und Tätigkeitsschwerpunkte eines Arztes informieren.

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er Patientenschutz muss als hohes Gut immer erhalten bleiben. Dar- an sollten auch Lockerungen des Werbeverbots nichts ändern. Dennoch machten einige vor kurzem ergangene Gerichtsurteile eine Novellierung ein- zelner Vorschriften der (Muster-)Be- rufsordnung (MBO) notwendig, sagte Dr. Ingo Flenker, Präsident der Ärzte- kammer Westfalen-Lippe und Vorsit- zender der Berufsordnungsgremien der Bundesärztekammer, beim 105. Deut- schen Ärztetag in Rostock. In einer

„Kaskade von monatlichen Entschei- dungen“ hätten sich Bundesverfas- sungs- und Bundesverwaltungsgericht mit Fragen der Werbung von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten und Rechtsan- wälten befasst und grundsätzliche Ent- scheidungen zu dem Bereich der beruf- lichen Kommunikation freiberuflich Tätiger getroffen.

So hatte Flenker zufolge das Bundes- verwaltungsgericht es im April 2001 den Ärzten gestattet, auf ihrem Praxis-

schild neben der Facharztbezeichnung unter Angabe der verleihenden Orga- nisation den Tätigkeitsschwerpunkt

„Akupunktur“ anzukündigen. Im Juli 2001 hatte das Bundesverfassungsge- richt entschieden, dass Zahnärzte be- rechtigt sind, auf ihrem Praxisschild nicht nur Qualifikationen anzukündi- gen, die nach Weiterbildungsrecht er- worben wurden, sondern auch sonstige Qualifikationen, die zum Beispiel auf einer Fortbildung beruhen und die nicht nur gelegentlich ausgeübt werden.

Im Januar 2002 beschloss das Bundes- verfassungsgericht, dass im Bereich der Klinik-Werbung der Begriff „Spezia- list“ verwendet werden darf. Im Febru- ar 2002 hat das Bundesverfassungsge- richt entschieden, dass die Begrenzung von Anzeigen auf bestimmte Anlässe, wie beispielsweise Praxisgründung und Urlaub, nicht mehr angemessen ist und Der Antrag des Vorstands zur Novellierung einzelner Vorschriften der (Muster-)Berufs- ordnung wurde mit großer Mehrheit ange- nommen.

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diese Begrenzung daher aufgehoben werden soll. „Aus dieser Rechtspre- chung folgt, dass in einer modernen Informationsgesellschaft auch dem Interesse der Bevölkerung auf Infor- mation Rechnung getragen werden muss“, sagte Flenker.

Nicht nur die Gerichtsurteile, son- dern auch der Vergleich mit anderen europäischen Berufsordnungen er- forderten eine Regelung von De- tails. Die Neufassung könne sich je- doch auf generalklauselartige Be- stimmungen beschränken, die Flen- ker erläuterte. Zweck der Vorschrif- ten sei eine Gewährleistung des Pati- entenschutzes durch eine sachge- rechte und angemessene Informati- on und eine Vermeidung einer dem Selbstverständnis des Arztes zuwi- derlaufenden Kommerzialisierung.

Auf dieser Grundlage soll, so die Berufsordnung, dem Arzt sachliche berufsbezogene Werbung gestattet werden. Unter berufswidriger Wer- bung sind, so die novellierte MBO, zum Beispiel Informationen zu ver- stehen, die „geeignet sind, den Pati- enten irrezuführen, weil eine falsche Qualifikation angegeben wird oder die eigene Leistungsfähigkeit anpreisend herausgestellt wird“.

Keine Beschränkung bei Größe der Praxisschilder

Wie bisher darf der Arzt Weiterbildungs- bezeichnungen angeben sowie künftig zusätzlich sonstige öffentlich-rechtliche Qualifikationen, Tätigkeitsschwerpunk- te und im bisher bekannten Maß organi- satorische Hinweise. Durch diese Vor- schrift wurde, so Flenker, die bisherige Privilegierung der Weiterbildungsbe- zeichnungen aufgegeben und den Vorga- ben des Bundesverfassungsgerichts ge- folgt. Künftig darf auch auf die Ärzte- kammer hingewiesen werden, die die Qualifikation verliehen hat. Nach der geplanten Neufassung der Regelungen zur beruflichen Kommunikation muss der Arzt auch darauf achten, dass Tätig- keitsschwerpunkte und Qualifikationen nicht mit solchen nach dem geregelten Weiterbildungsrecht erworbenen Fä- higkeiten verwechselt werden können.

Es dürfen nur solche Tätigkeiten an-

gekündigt werden, die auch regelmäßig ausgeübt werden.

Gestrichen wurde außerdem jede Beschränkung bei der Größe der Pra- xisschilder. Zuvor war ausdrücklich vorgeschrieben, dass das Schild nicht

„in aufdringlicher Form gestaltet und das übliche Maß (etwa 35 x 50 cm) nicht übersteigen“ sollte. Die zuständigen Ärztekammern sind befugt, Unterlagen anzufordern, um die Ankündigungen zu überprüfen. Solche Neuregelungen in der (Muster-)Berufsordnung gibt es für Briefbogen, Rezeptvordrucke, An-

zeigen oder Internetpräsentationen.

Auch in Zeitungsanzeigen darf der Arzt in regelmäßigen Abständen auf sich aufmerksam machen, unabhän- gig davon, ob dazu ein besonderer Anlass besteht.

Streichung der Deklaration von Helsinki

Flenker geht davon aus, dass „mit all diesen Mitteln Transparenz über das ärztliche Leistungsangebot herge- stellt wird“. Er wies darauf hin, dass die Ärztekammern durch die zertifi- zierte Fortbildung künftig ihren Bei- trag zur Qualitätssicherung von Infor- mationen leisten werden und dass nach dem Fallpauschalengesetz ver- gleichende Informationen über Kran- kenhausleistungen möglich sein wer- den. Ein von Dr. Michael Schulze, Ba- den-Württemberg, eingebrachter wei- tergehender Vorschlag, wonach „dem Arzt Werbung in den Grenzen dieser Berufsordnung, des Heilmittelwerbe- gesetzes und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gestattet“ wer- den soll, wurde von den Delegierten ab- gelehnt.

Beschlossen wurde in einer weiteren Änderung, dass die Deklaration von Helsinki, die bisher berufsrechtlich ver- ankert ist, aus der Berufsordnung ge- strichen und in die Verfahrensordnung der Ethikkommissionen aufgenommen werden soll, da sie nach Auffassung der Berufsordnungsgremien „keine ori- ginären berufsrechtlichen Pflichten normiert, sondern die Arbeit der Ethik- kommission regelt“. Gisela Klinkhammer Dr. Ingo Flenker: „Der Patientenschutz muss als

hohes Gut erhalten bleiben.“

Bevor sich die Delegier- ten mit der Novellierung der (Muster-)Berufsord- nung beschäftigten, gra- tulierten sie Dr. Frank Ulrich Montgomery zum 50. Geburtstag.

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