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Archiv "Vorbereitung eines neuen § 218" (03.07.1975)

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Vorbereitung eines neuen § 218

Die drei Bundestagsfraktionen arbeiten in getrennten Arbeits- kreisen intensiv an Vorlagen für einen neuen § 218. Ebenso wie bei dem angekündigten Entwurf von Baden-Württemberg scheint man sich dabei zumindest hinsichtlich der Indikationen an der Entschließung des Deutschen Ärztetages von 1973/74 zu orientieren. Nach letz- ten Informationen sprechen sich alle Fraktionsarbeitskreise für die medizinische, die kindliche und die kriminologische Indika- tion aus (eventuell unter dem Überbegriff einer weitgefaßten

medizinischen Indikation). Strit- tig ist bisher noch der Umfang der Notlagenindikation: soll sie als sozialmedizinisch definiert werden (wie es der Ärztetag tat) oder soll auch eine weitgehende

„allgemeine" Notlage eingeführt werden (wozu die Koalition zu neigen scheint)? Strittig ist wei- terhin, wer die Indikation fest- stellen soll und inwieweit die Feststellung verbindlich ist. Zu- mindest bei den Koalitionspar- teien ist wenig Neigung zu Gut- achterstellen vorhanden. Der Feststellung muß in jedem Fall die Beratung der Schwangeren durch den feststellenden oder auch einen anderen Arzt oder eine Beratungsstelle vorausge- hen. DÄ

Die Information:

Bericht und Meinung

Diskussion über die Änderung des § 218

ziale Indikation". Eine „reine" so- ziale Indikation, also ein Abbruch bei einer völlig gesunden Mutter, werde in der Ärzteschaft — wie Se- wering auf Grund aller voraufge- gangenen Diskussionen, Umfragen, Abstimmungen voraussagen konn- te — keine Mehrheit finden. Oder, umgekehrt gesagt: Es dürften sich nicht viele Ärzte finden, die -einen solchen Abbruch vornehmen wür- den. (Sollen wir Ärzte etwa die Exekution bei rein sozialer Indika- tion übernehmen? Prof. Blaha, Ärztlicher Direktor des Zentral- krankenhauses Gauting.)

Die CDU/CSU-Fraktion strebt, wie Frau Dr. Neumeister versicherte, ebenfalls eine möglichst flexible In- dikationenlösung an; insofern ist ihr Abstand zu Müller-Emmert gar nicht so groß. Allerdings geht sie vom Indikationenvorschlag des Deutschen Ärztetages vom Oktober 1973 aus, worauf auch der Vorsit- zende der CDU/CSU-Bundestags- fraktion, Prof. Dr. Carstens, schon unmittelbar nach Verkündung des Verfassungsgerichtsurteils hinge- wiesen hatte. Es bleibt demnach abzuwarten, wie die endgültige Stellungnahme dieser Bundestags- fraktion zur rein sozialen Indikation ausfallen wird.

„Soziale Indikation" — kaum definierbar

Gibt es tatsächlich allgemeine Not- lagen, und welche wären diese, die nur mit einem Schwangerschafts- abbruch und nicht auch mit sozia- len Hilfen zu beheben sind? Die in der Diskussion auftauchenden Bei- spiele machen die Fragwürdigkeit solcher rein „sozialen" Indikation deutlich: Studentin drei Semester vor dem Examen? Mutter mit 3, 4, 5 oder 6 Kindern? Familie mit zu kleiner Wohnung? Brauchen sol- che Sozialprobleme dann gar nicht mehr „sozial" behoben zu werden, wenn sie „glatt" mit einem Schwangerschaftsabbruch zu lösen sind? Solche Fragen gab und gibt es viele.

Die Antwort der Kirchen: Soziale Notstände müssen auch mit sozia-

len Mitteln behoben werden, nicht durch Tötung (Elsässer, kath.); Gü- terabwägung, also Leben gegen Leben — ja, aber diese Abwägung ist (außerhalb der rein medizini- schen Indikation) problematisch.

Gerbert (ev.-luth.): Ja zur Indikatio- nenlösung, auch ja zur sozialen In- dikation, lieber aber: sozialmedizi- nische Indikation —, schließlich können auch Notlagen und Notsi- tuationen schwere (vor allem psy- chische) Gesundheitsschäden set- zen.

Frauenrechtlerinnen prangern dies als Hilfskonstruktion (Dipl.-Soziolo- gin Erler, München: „verlogener Mechanismus") an — das „Vor- schützen gesundheitlicher Grün- de". In der Tat: Es gibt auffallend wenige psychiatrische Probleme während Schwangerschaften (Lan- gen, Mainz); Frau Prof. Dr. med.

Trube-Becker, Institut für gerichtli- che Medizin der Universität Düssel- dorf, unterstrich, daß der Anteil von Schwangeren unter den Selbstmördern sehr gering ist; und der Grund zum Selbstmord bzw.

zum Selbstmordversuch ist dann oft keineswegs die Schwanger- schaft, sondern z. B., daß der Part-

ner die Geschwängerte verlassen hat.

Soviel nur zur Problematik selbst der mittlerweile (scheinbar) so kla- ren psychosomatischen Indikation.

Wie soll da eine Mehrheit der Gy- näkologen eine rein soziale Indika- tion akzeptieren (was Kepp aller- dings erwartet)?

Wären nicht ganz andere Fragen vorrangig zu lösen? Zander: Die Aufklärung hat der Beratung (die ja nur dem Problem Abbruch gilt) vorauszugehen! Kepp: Verhütung soll in den Vordergrund, Abbruch als Ausnahme. Nusslein: Geburten- regelung sollte nicht durch Schwangerschaftsabbruch, son- dern durch Schwangerschaftsver- hütung erfolgen; die Abtreibung sollte erst „liberalisiert" werden, wenn die Bevölkerung genügend

„aufgeklärt" ist. Sewering: Das gilt vorbildlich auch für die Ärzte; es gibt kaum mehr einen ärztlichen Fortbildungskongreß, der sich nicht auch des Themas Schwan- gerschaftsverhütung annimmt; die Frauen sollten sich allerdings auch nicht scheuen, die Frauenärzte, die sie doch zunehmend aufsuchen, auch um detaillierten Rat zu fra- gen. Denn es hapert bei vielen

1984 Heft 27

vom 3.

Juli 1975

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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