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Archiv "Virus-Infektionen und Impfung in der Schwangerschaft" (13.02.1975)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

AUSSPRACHE

Der Autor verweist auf Beobach- tungen bei poliokranken Schwan- geren, die dafür sprechen, daß Wildvirusinfektionen mit einem Ri- siko für die Frucht verbunden sind.

Derartige Fruchtschäden äußern sich in einer Steigerung der Abort- rate. Infektionen am Ende der Fe- talperiode können zu Frühgeburt und Neugeborenen-Polio führen.

Ähnliche Gefahren für die Frucht erwartet der Autor auch bei künst- licher Infektion mit avirulenten Impf- viren, wie seine Forderung er- kennen läßt: „Eine Impfung mit Le- bendvakzine ist während der ge- samten Schwangerschaft abzuleh- nen." Diese Warnung vor mögli- chen Fruchtschäden durch die Schluckimpfung widerspricht allen internationalen Erfahrungen der Impfpraxis; sie ruft Unsicherheit bei Ärzten und Laien hervor, unter- gräbt das Vertrauen in eines der segensreichsten Impfverfahren und wirkt sich damit auch nachteilig auf die allgemeine Impfbeteiligung aus.

Der Autor bezieht sich einseitig auf solche Gewährsleute, die seit Jah- ren hypothetische Einwände gegen die Polioschluckimpfung in der Schwangerschaft vorbringen, ohne den wissenschaftlichen Beweis für die Berechtigung ihrer Bedenken zu liefern.

Abgesehen davon, daß die Polio- schluckimpfung Schwangerer unter den heutigen epidemiologischen Bedingungen in der Bundesrepu- blik Deutschland keinerlei prakti- sche Bedeutung mehr hat, scheint sich der Autor über die allgemei- nen Konsequenzen seiner Forde-

rung nicht im klaren zu sein. Man kann bekanntlich Schwangere nicht vor Impfviren dadurch

„schützen", daß man sie von der Schluckimpfung ausschließt. So wissen die Frauen zu Beginn der Gravidität noch nichts von ihrer Schwangerschaft. Viel bedeutungs- voller sind aber die häufigen Kon- taktinfektionen aus der Umgebung, denen sich niemand entziehen kann.

Wenn man im Sinne des Autors konsequent sein wollte, dürfte man weder Frauen im gebärfähigen Al- ter noch deren Familienmitglieder impfen, obwohl auch damit die Möglichkeit von Kontakten nicht gänzlich zu verhindern wäre.

Wenn die Impfviren tatsächlich eine Bedrohung der Frucht darstel- len würden, wäre eine allgemeine Schluckimpfung nicht zu verant- worten.

Nach Prem et al. (Wld. Hlth. Org.

Sci. Publ. 50/1960, 207) übersteigt aber die Häufigkeit von Aborten und Mißbildungen nach Schluck- impfung in der Schwangerschaft nicht die Zufallserwartung. Am be- weiskräftigsten für ihre Unschäd- lichkeit ist die Studie von Tulinius und Zachau-Christiansen (X. Eu- rop. Polio-Symp., Warschau 1964 224), die sich auf eine Impfaktion mit Typ 1 bezieht, an der mehr als 90 Prozent aller dänischen Frauen, darunter auch der größte Teil der Schwangeren, innerhalb von 14 Ta- gen teilgenommen hatten. Die Impf- stoffkommission der „Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Kinderlähmung und anderer Virus- krankheiten" weist deshalb seit 1965 in ihren Merkblättern nach

eingehenden Erhebungen (Siegert, Bundesgesundheitsblatt 1966, 249) darauf hin, daß die Schwanger- schaft keine Kontraindikation für die Polioschluckimpfung darstellt.

An dieser Feststellung hat sich bis heute nichts geändert.

Professor Dr. med. Rudolf Siegert Hygiene-Institut und

Medizinal-Untersuchungsamt der Universität

355 Marburg Pilgrimstraße 2

Schlußwort

Bei der Frage von Impfungen in der Schwangerschaft stehen zwei Interessen nebeneinander. Einmal das, der Bevölkerung einen mög- lichst großen Impfschutz zu ge- ben. Um ihn aufrechtzuerhalten, ist eine ständige intensive Propagie- rung der Impfung unbedingt erfor- derlich. Zum anderen sind bei- spielsweise Frauenärzte und Hu- mangenetiker bemüht, das Risiko für die einzelne schwangere Pa- tientin möglichst gering zu halten.

Diese beiden Interessenslagen las- sen sich durch Impfungen vor der Schwangerschaft — gegebenen- falls unter Anwendung antikonzep- tioneller Maßnahmen — relativ ein- fach verbinden.

Nach wie vor erscheint es uns not- wendig, eine Impfung mit Lebend- viren in der Schwangerschaft mög- lichst zu vermeiden, solange nicht die Ungefährlichkeit bewiesen ist oder sich gezeigt hat, daß das Risi- ko sehr gering ist. Als Entschei- dungshilfe im Einzelfall kann die ausführliche Darstellung der Pro- blematik von Günther dienen.

Speziell zur Polio-Impfung nach Sabin Typ I weist Professor Siegert darauf hin, daß am beweiskräftig- sten für die Unschädlichkeit die Studie von Tulinius und Zachau- Christiansen sei. Dazu sei in einer wörtlichen Übersetzung aus dem Vortragsmanuskript der eigene Kommentar der Autoren zitiert:

„Wie schon vorher festgestellt, würde es voreilig sein, aus unse-

Virus-Infektionen und

Impfung in der Schwangerschaft

Zu einem Beitrag von Dozent Dr. rer. nat. J. Kleinebrecht in Heft 17/1974, Seite 1239

436 Heft 7 vom 13. Februar 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

- ECHO

Zu: Sehstörungen durch Etham- butoltherapie in Heft 21/1974, Seite 1545

„Auf die Möglichkeit von Au- genschäden durch die Tuber- kulose-Medikamente ,Etham- butol`, die unter verschiede- nen Markennamen im Handel sind, weist das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT in seiner neue- sten Ausgabe hin. Nach bis- herigen Beobachtungen des Augenarztes Prof. Hans Pau von der Universität Düssel- dorf und des Solinger Arztes Dr. Reimers müsse mit gra- vierenden Schädigungen der Sehnerven gerechnet wer- den, wenn das Medikament über einen Zeitraum von mehr als drei bis vier Monaten verabreicht würde.

Die Autoren des Ärzte- blatt-Beitrages raten daher, Tuberkulosepatienten sollten während der gesamten Be- handlungsdauer mit diesem Medikament regelmäßig alle vier Wochen von einem Au- genarzt untersucht werden.

Auch eine monatliche Über- prüfung der Nierenfunktion sei anzuraten. Die Arzneimit- telkommission der deutschen Ärzteschaft hat darüber hin- aus alle Ärzte aufgerufen, zur Risikominderung bei Etham- butol-Behandlung beizutra- gen ..." (Rheinische Post, Düsseldorf)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin AUSSPRACHE

rem Material den Schluß zu ziehen, daß Polio-Lebendimpfstoff nach Sabin Typ I keine angeborenen Mißbildungen hervorruft, aber un- ser Material zeigt nicht an, daß dies der Fall ist." Weiter heißt es:

„Da ein hoher Prozentsatz der Frauen in den untersuchten Alters- gruppen Antikörper gegen Polio- myelitis hatte, entweder als Folge eines vorherigen Kontakts mit Po- liowildvirus, besonders während der über das ganze Land verbreite- ten Polio-Epidemien in den Jahren 1952 bis 1953 oder wegen Immuni- sierung mit inaktiviertem Impfstoff oder beides, war es nicht zu erwar- ten, daß eine starke Zunahme an Mißbildungen nach der Impfung der Mütter in der Frühschwanger- schaft gefunden würde."

Literatur

Günther, 0.: Schutzimpfung in der Schwan- gerschaft. In: Schwalm, H., und Döderlein, G. (Hrsg.), Klinik der Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Band VIII, Ergänzung 8 (1973), S. 715-726

Dozent Dr. rer. nat.

Jürgen Kleinebrecht Institut für Humangenetik der Universität

6 Frankfurt am Main Paul-Ehrlich-Straße 41

Globusgefühl:

Ursachen

und Behandlung

Zu einem Beitrag

von Dr. med. Helmut Breuninger in Heft 45/1974, Seite 3234

Erlauben Sie mir bitte den Hinweis, daß die Vorstellung, Kranke mit psychosomatischen Leiden seien

„dem Psychiater zu übergeben"

falsch ist:

CD Zuständig für die Behandlung solcher Kranken müßte im Idealfall der zuständige Facharzt sein, in diesem Falle der Hals-Nasen-Oh- ren-Arzt. Voraussetzung wäre je- doch, daß er psychosomatisch und psychotherapeutisch gründlich ge- schult ist.

0 Es hat sich aus der Geschichte der deutschen Psychiatrie ergeben, daß sich der Psychiater hierzulan- de zuständig fühlt für neuropsy- chiatrische Diagnostik und ent- sprechende Pharmako-Therapie, nicht aber für Psychotherapie.

Zwar ist ein Wandel im Gange da- hingehend, daß auch die Psycho- therapie zum Handwerkszeug des Psychiaters gehört und — so Gott und die neue Approbationsordnung es wollen — die unerläßliche Grundlage jeglicher psychiatri- schen Behandlung sein wird. So- lange sich dies aber noch nicht in allen psychiatrischen Kliniken und in allen nervenärztlichen Praxen verwirklicht hat, bleibt Ihr Hinweis auf die Zuständigkeit des Psychia- ters für psychosomatische Erkran- kungen eine Irreführung.

Professor Dr. med.

Martin Schrenk

Institut für Psychotherapie 665 Homburg/Saar

Universitätskliniken

Schlußwort

0

Es ist wohl aus dem Artikel aus- reichend hervorgegangen, daß sich vorwiegend der Hals-Nasen-Ohren- Arzt mit Patienten befaßt, die an ei- ner Globussymptomatik leiden.

Meines Wissens gibt es keine Hals- Nasen-Ohren-Ärzte, die die Zusatz- bezeichnung „Psychotherapie" er- worben haben oder anstreben.

0 Wenn der Hals-Nasen-Ohren- Arzt bei einem Patienten mit Glo- busgefühl diagnostische und thera- peutische Schwierigkeiten hat, wird dieser Patient wohl an das zuständige Fachgebiet (Facharzt für Psychiatrie und Neurologie) über- wiesen. Es soll von dort aus eine erneute Diagnostik und Stellung- nahme zur Therapie erfolgen. Wel- che Art von Therapie erfolgt, muß wohl dem zuständigen Facharzt auf Grund der erweiterten Diagnostik überlassen werden. Daß es mög- lich ist, alle zur Psychotherapie ge- eigneten Fälle einem Psychothera-

peuten zuzuführen, entspricht nicht der Realität. Schon die geringe Zahl der vorhandenen Psycho- therapeuten wird einen derartigen Versuch zum Scheitern verurteilen.

Professor Dr. med.

Helmut Breuninger Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität

74 Tübingen Silcherstraße 5

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 7 vom 13. Februar 1975 437

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