A 2238 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 50|
12. Dezember 2014Z
wei Strategien stehen in den Unternehmenszentralen der Pharmaindustrie immer wieder auf der Tagesordnung: Wachsen durch Zukaufen, beispielsweise um sich neue erfolgversprechende Produkte zu sichern oder Kooperieren mit Konkurrenten, um die hohen Kos- ten und Risiken des Scheiterns in der Pharmaforschung zu teilen. Die Merck KGaA in Darmstadt, 1668 gegründet und damit nach eigenen Angaben das älteste pharmazeu- tisch-chemische Unternehmen der Welt, hat in den vergangenen Mo- naten beide Wege eingeschlagen.Im September kündigte Merck den Kauf des US-amerikanischen La- borausrüsters Sigma-Aldrich an.
Der Kaufpreis: 17 Milliarden Euro.
In anderen Branchen wäre das die Übernahme des Jahres, nicht aber unter den an Milliardensummen gewöhnten „Global Playern“ der Pharmaindustrie.
Merck möchte mit der Akquisiti- on seinen Geschäftsbereich „Life Science“, in dem unter anderem La- borchemikalien, Reagenzien und Laborausrüstungen hergestellt wer- den, stärken und die Produktpalette verbreitern. Sigma-Aldrich aus St.
Louis/Missouri hatte 2013 aus 2,7 Milliarden Dollar Umsatz 491 Mil- lionen Dollar Gewinn erzielt. An der Börse kam die Akquisition gut an, weil sie Mercks Abhängigkeit vom Pharmageschäft vermindert.
Die Kompetenzen bündeln Denn hier hatten die Darmstädter zuletzt Rückschläge hinnehmen müs- sen. Gleich mehrfach konnten neu entwickelte Wirkstoffe in den klini- schen Prüfungen nicht überzeu- gen, so dass die Entwicklung einge- stellt werden musste. Vor diesem Hintergrund ist auch die Nachricht von Mitte November einzuordnen:
Merck verbündet sich in der Krebs-
immuntherapie mit dem viermal so großen amerikanischen Branchen- riesen Pfizer Inc.
Die Vereinbarung bezieht sich hauptsächlich auf einen Anti-PD- L1-Antikörper aus der Merck-For- schung, den beide Partner bis zur Marktreife entwickeln und gemein- sam vermarkten wollen. Aus einer Phase-1-Studie, also der ersten Stu- fe der klinischen Prüfung, gibt es nach Angaben Mercks vielverspre- chende vorläufige Daten für die Be- handlung von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs und von Eierstock- krebs. Zum Einsatz bei Patienten mit m-Merkelzellkarzinom, einem seltenen bösartigen Hauttumor, läuft eine Phase-2-Studie. Beide Unter- nehmen wollen ihre Kompetenz in der Immunonkologie bündeln und gemeinsam 2015 bis zu 20 klini- sche Studien starten. Pfizer ist die Kooperation mit Merck bis zu 2,85 Milliarden Dollar wert, abhängig vom Erfolg des zu entwickelnden Präparats. Von dem Betrag zahlen die Amerikaner 850 Millionen Dol- lar (rund 680 Millionen Euro) so- fort. „Die Vereinbarung mit Pfizer ist ein wichtiger Meilenstein in der Weiterentwicklung unserer Phar- ma-Pipeline“, sagte Karl-Ludwig Kley, Vorsitzender der Merck-Ge- schäftsleitung. Die beiden Partner wollen zudem Xalkori, Pfizers Me- dikament gegen Lungenkrebs, in den USA und in anderen Ländern gemeinsam vermarkten.
58 Prozent des Merck-Umsatzes stammen aus den Sparten Pharma und Consumer Health (OTC-Präpa- rate). Das wichtigste Arzneimittel von Merck ist derzeit Rebif zur Be- handlung rezidivierender Formen der Multiplen Sklerose, das allein im dritten Quartal des Jahres 466 Millionen Euro Umsatz brachte.
Stärker zugenommen, vor allem in den Schwellenländern, haben zu- letzt die Erlöse von Erbitux (gegen Darmkrebs) und von Gonal-f (zur Behandlung von Unfruchtbarkeit).
Der Konzern erwartet in diesem Jahr gut elf Milliarden Euro Umsatz und verdient gut: In den Monaten Januar bis September 2014 erreich- te die Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern 16,7 Prozent.
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Heinz Stüwe
Foto: dpa
MERCK
Forschungsallianz mit Pfizer
Das Darmstädter Pharmaunternehmen Merck macht Schlagzeilen:
erst mit einer 17 Milliarden Euro schweren Übernahme, dann durch eine Forschungskooperation in der Immuntherapie gegen Krebs.