Bestand an Kassen-/Vertragsärzten
(jeweils Jahresende)
Hochrechnung aus dem Jahre 1982/
geschätzt : r66 000 1 64 200
Anzahl 75 000
70 000
65 000
77 0001
60 000
55 000- 57 232
19E1 1 I 1985 I 1986
r
,991 1Quelle: Bundesarztregister der KBV und eigene Berechnungen
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Aktuelle Politik
D
ie Kassenärztliche Bundes- vereinigung geht nach wie vor davon aus, daß der Bun- desarbeitsminister in Kürze eine Neuregelung der kassenärzt- lichen Bedarfsplanung auf den gesetzgeberischen Weg brin- gen wird. Auch wenn eine Aus- sage der Koalitionskommission, welcher je zwei Repräsentanten der drei Koalitionsparteien an- gehören, bei ihrer Sitzung am 8.November noch nicht erfolgt ist, bleibt es bei der erklärten Ab- sicht des Bundesarbeitsmini- sters, konkrete Schritte zur Steuerung der kassenärztlichen
„Überversorgung" der Bevölke- rung und zur künftigen Verbes- serung der hausärztlichen Qua- lifikation einzuleiten. Die Not- wendigkeit dazu unterstrichen der Erste Vorsitzende der Kas- senärztlichen Bundesvereini- gung, Professor Dr. Siegfried
Häußler, und der KBV-Hauptge- schäftsführer, Dr. Eckart Fiedler, am 7. November in Köln erneut bei einem Journalistenge- spräch, das in der Tagespresse große Resonanz fand.
Die Notwendigkeit zu einer Ge- setzesinitiative in Sachen Be- darfsplanung ergibt sich unab- weislich aus der jedes vernünfti- ge Maß übersteigenden Arzt- zahlentwicklung, von der eine Grafik auf dieser Seite bildhaft einen Begriff gibt.
Die Abrechnungsergebnisse der gesetzlichen Krankenkassen für die ambulante kassen- bzw. ver- tragsärztliche Versorgung der Bevölkerung für das erste Halb- jahr 1985 liegen inzwischen fast vollständig vor; sie belegen eine maßvolle Entwicklung im Rah- men der Grundlohnsummen-.
Die „Konzertierte Ak- tion im Gesundheits- wesen" tagt(e) am 18.
November in Bonn, nach Redaktions- schluß dieser Ausga- be. In den Wochen da- vor haben wesentlich an dieser Konzertier- ten Aktion beteiligte Gruppen die Stand- punkte verdeutlicht, von denen aus sie Akti- vitäten des Gesetz- und
Verordnungsgebers und entsprechende Voten der Konzertier- ten Aktion erwarten.
Steigerung (Tabelle Seite 3510);
der Trend wird sich im zweiten Halbjahr durch die neuen Hono- rarvereinbarungen stabilisieren.
Es erweist sich jedenfalls, daß nicht das kassenärztliche Hono- rar „schuld" daran ist, wenn es an der Jahreswende 1985/86 zu Beitragssatzerhöhungen in der gesetzlichen Krankenversiche- rung kommt. Die Veränderungs- raten in anderen Leistungsbe- reichen der gesetzlichen Kran- kenversicherung, insbesondere bei Arzneimitteln, Heil-/Hilfsmit- teln und stationärer Behandlung waren im ersten Halbjahr noch weit überproportional, zum Teil rund doppelt so hoch wie die Grundlohnsummensteigerung.
Die Ärzteseite konnte jedenfalls aus guter Position in die Konzer- tierte Aktion gehen, das Ihre zur Stabilisierung der finanziellen Lage der gesetzlichen Kranken- versicherung getan zu haben. — Um so bedenklicher stimmt aber die Summe weiterer finanzwirk-
Vor einer Mutprobe
Kassenärzte erwarten von der Politik
konkrete Schritte gegen die „Überversorgung"
82. Jahrgang Heft 47 vom 20. November 1985 (17) 3509 Ausgabe A
Leistungsart 1. Quartal 1985 1. Halbjahr 1985 ambulante ärztliche
Behandlung')
+ 6,2 v. H.
(+ 1,75 v. H.)
+ 2,9 v. H.
(+ 2,55 v. H.) zahnärztliche
Behandlung') Zahnersatz Arzneimittel Heil-/Hilfsmittel Stationäre Behandlung Krankengeld
+ 3,0 v. H. — 2,1 v. H.
+ 4,5 v. H. + 3,1 v. H.
+ 6,5 v. H. + 6,4 v. H.
+ 6,7 v. H. + 7,1 v. H.
+ 6,1 v. H.
+ 7,1 v. H. + 3,1 v. FL + 5,5 v. H.
Übersicht über die finanzielle Entwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung im 1. Quartal 1985 sowie im 1. Halbjahr 1985
(Veränderungsraten in v. H. je Mitglied gegenüber dem ent- sprechenden Vorjahreszeitraum)
Leistungsausgaben insgesamt
Grundlohn
Beitragseinnahmen 2) Durchschnittlicher allg. Beitragssatz
1) Geschätzte Werte; In Klammern: Tatsächliche Werte
2) Die Beitragseinnahmen liegen über dem Anstieg der Grundlöhne infolge der seit Jahresbeginn durchgeführten Beitragssatzerhöhungen; Beitrags- satz 1984: 11,44 v. H.
+ 6,1 v. H. + 4,4 v. H.
+ 2,1 v. H.
+ 4,4 v. H.
11,74 v. H.
+ 3,1 v. H.
+ 5,3 v. H.
11,77 v. H.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Gesundheitspolitische Prioritäten
samer Forderungen, die aus Bund und Ländern an die ge- setzliche Krankenversicherung gerichtet werden. So hat die Kassenärztliche Bundesvereini- gung ganz aktuell Anlaß, mit Nachdruck vor zusätzlichen Be- lastungen der gesetzlichen Krankenversicherung aus dem
„Bundeserziehungsgeldgesetz"
zu warnen:
„Die vom Bundeskabinett vor- gesehenen zwölf beitragsfreien Monate Erziehungsurlaub wür- den den Krankenkassen jährlich Beitragsausfälle in Höhe von rund einer halben Milliarde DM bescheren. Entgegen dem Vo- tum des Bundesrates, die Bei- tragsausfälle den Krankenkas- sen aus Steuermitteln zu erstat- ten, soll unter dem Deckmantel
‚Familienlastenausgleich' die Zeche in voller Höhe der Versi- cherte zahlen. Das bedeutet ei- ne zusätzliche Kostenüberwäl- zung auf die Krankenkassen und läuft allen ernsthaften Bemü- hungen um Kostendämpfung zuwider.
Die Appelle an Ärzte, Kranken- kassen und Versicherte, die Ko- sten zu dämpfen und die Beiträ- ge stabil zu halten, werden sinn- los, wenn der Gesetzgeber selbst ständig neue Verschiebe- bahnhöfe zu Lasten der gesetz- lichen Krankenversicherung in Betrieb nimmt."
Insgesamt würden alle derzeit bekannten Forderungen an die gesetzliche Krankenversiche- rung eine Mehrbelastung von mehr als fünf Milliarden DM jähr- lich erwarten lassen! Von Bei- tragsstabilität könnte dann wahrlich keine Rede mehr sein.
All dies macht deutlich, wie dringlich die Konstatierung und Berücksichtigung medizinischer Orientierungsdaten für die Wei- terentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung geworden ist. Hier wird es auch darauf an- kommen, wie der Auftrag an den vom Bundesarbeitsminister ge-
planten Sachverständigenrat für
die Konzertierte Aktion endgül- tig lauten wird. Der Präsident der Bundesärztekammer, Dr.
Karsten Vilmar, und der BÄK- Hauptgeschäftsführer, Dr. Heinz Peter Brauer, erwarten — wie sie vor der Presse betonten —, daß der eigentliche Auftrag lauten wird, medizinische Orientie- rungsdaten vorzulegen, die künftigen Empfehlungen der Konzertierten Aktion zur Ausga- benentwicklung in der gesetzli- chen Krankenversicherung zu- grunde liegen sollten.
In diesem Zusammenhang brachte Dr. Vilmar bei dem Pres- segespräch am 7. November ein grundsätzliches Monitum an:
Die „Zehn Grundsätze" des Bundesarbeitsministeriums, die
der Frühjahrssitzung der Kon- zertierten Aktion vorgelegt wur- den und die, in einigem verän- dert, weiter zur Diskussion ste- hen, sind noch kein umfassen- des gesundheitspolitisches Pro- gramm, sondern lediglich ein Programm des Bundesarbeits- ministeriums zur Kostendämp- fung.
„Die Politik" ist jetzt entschei- dend gefordert. Der Bundesar- beitsminister, Dr. Norbert Blüm, gab dazu kurz vor der Konzer- tierten Aktion bei der Hauptver- sammlung des „Marburger Bun- des" in Köln ein Motto: „Die we- sentliche Mutprobe der Politik besteht darin, Prioritäten zu set- zen und die knappen Ressourcen auf sie zu konzentrieren." EB
3510 (18) Heft 47 vom 20. November 1985 82. Jahrgang Ausgabe A