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Archiv "Leitsymptom: Pruritus ani" (18.09.1985)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Ü B ERSICHTSAU FSATZ

D

er Pruritus ani wird am be- sten in vier Kategorien ein- geteilt: Juckreiz bei anato- mischen Besonderheiten der Pe- rianalregion; Juckreiz bei krank- haften Veränderungen der Peri- analregion; Juckreiz bei krankhaf- ten Veränderungen des Hämor- rhoidalplexus; Juckreiz ohne ana- tomische Besonderheiten oder krankhafte Veränderung der Peri- anairegion oder des Hämorrhoi- dalplexus.

Juckreiz bei

anatomischen Besonderheiten der Perianairegion

Hierzu gehört der Juckreiz bei der verstärkten radiären Fältelung der Perianalhaut. Offenbar sammeln sich in den tiefen Hautfalten Schweiß, Talg, Faeces und Bakte- rien an und führen zu einer physi- kalischen Auslösung des Juckrei- zes. Eine ursächliche Behandlung

ist hierbei nicht möglich. Sympto- matisch können mit Wattestäb- chen (Q-Tips) zweimal täglich Farbstofflösungen aufgetragen werden, wie zum Beispiel eine wäßrige 0,5prozentige Pyoktanin- Lösung, die nicht brennt; oder aber Sol. Castellani rot, eine alko- holische, unter anderem fuchsin- haltige Lösung, die wenige Se- kunden ausgesprochen heftig sticht und brennt. Mit einem Zell- stofftaschentuch sollte nach kur- zer Einwirkungszeit die über- schüssige Farbstofflösung abge- tupft werden. Nun kann zusätzlich über diese Lösung zwei, drei Tage

lang mehrfach täglich eine stero- idhaltige Creme ohne Antibiotika- und ohne Antimykotikazusatz auf- getragen werden. Nach wenigen Tagen hat sich der Juckreiz so- weit vermindert, daß sich unter Pasta zinci mollis — Ungt.leniens aa ad 50,0, abends und nach je- dem Stuhlgang aufzustreichen, der Juckreiz gut beherrschen läßt.

Eine weitere anatomische Beson- derheit der Perianalregion ist der tief eingezogene Trichteranus. Er besteht in einem trichter- und tütenartigen Anus und ist nicht nur bei adipösen Patienten zu be- obachten. In dieser Tüte zwischen beiden Nates entsteht eine feuch- te, unbelüftete Kammer, gele- gentlich auch mit Mazeration und Nässen der Perianalhaut und vor allem mit entsprechendem Juck- reiz verbunden. Auch hier ist eine ursächliche Behandlung nicht möglich. Austrocknende Maßnah- men wie Einlegen von Watte, Lei- nenläppchen, Pudern mit einfa- chen Babypudern und Abdecken der Haut mit der oben angegebe- nen Paste sind zu empfehlen.

Juckreiz bei

krankhaften Veränderungen der Perianairegion

Die hervorstechendste Hautverän- derung ist in dieser Gruppe das Perianalekzem, das so lange als symptomatisch angesehen wer- den muß, bis das Gegenteil be- wiesen ist. Die häufigsten Ursa- chen des Perianalekzems sind: in-

Häufigste Ursache des perianalen Juckreizes sind innere Hämorrhoi- den. Das juckende Perianalekzem ist in der Regel symptomatisch bedingt und muß von der stark juckenden perianalen Psoriasis abgegrenzt werden. Mit großem Erfolg wird die ambulante Sklero- sierungsbehandlung mit Chinin oder Phenolöl bei hämorrhoiden- bedingtem Juckreiz eingesetzt.

nere Hämorrhoiden II. und III. Gra- des, Marisken, Fissuren, Fisteln, eine Proktitis, Analpolypen, tiefsit- zende Rektumpolypen und das Perianalkarzinom. Als gemeinsa- me Ursache des symptomati- schen Perianalekzems ist in die- ser Gruppe das andauernde Näs- sen und die damit verbundene

Mazeration anzusehen. Die Be- handlung besteht nach der ge- nauen Diagnostik in der Beseiti- gung der Ursache, also der Ab- drosselung der Hämorrhoiden II.

Grades mit Gummiringligaturen nach Barron, der Operation von Hämorrhoiden III. Grades, Fissu- ren, Fisteln, Anal- und Rektumpo- lypen, des Perianalkarzinoms so- wie der Behandlung der Proktitis.

Das Perianalekzem kann auch durch Marisken verursacht wer- den. Marisken (Afterfalten), die nicht mit Hämorrhoiden verwech- selt werden dürfen (sie füllen sich beim Pressenlassen nicht auf und sind im Gegensatz zu Hämorrhoi- den von einem trockenen Epithel überzogen). Es entsteht eine feuchte Kammer zwischen der Mariske und der beiseitigen Peri- analhaut, aus der sich dann das Ekzem entwickelt. Die Behand- lung dieses Ekzems besteht in der Abtragung der Mariske.

Eine Sonderform des Perianalek- zems stellt das allergische Kon- taktekzem dar. Die auslösende Noxe ist häufig ein Bestandteil ei- ner „Hämorrhoidensalbe", die in der Vergangenheit auf die Peri- anairegion aufgetragen wurde,

Leitsymptom

Pruritus ani

Joachim Mauß

Aus der Hautabteilung

(Chefarzt: Professor Dr. med. Joachim Mauß) des Evangelischen Krankenhauses, Düsseldorf

2726 (54) Heft 38 vom 18. September 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Pruritus ani

Abbildung 1: Verstärkte radiäre Fälte- lung der Perianalhaut, zusätzlich Maris- ke bei 12 Uhr, erosive Kratzeffekte und das „Pfeffer- und Salz"-artige Aussehen der Haut weisen auf den Juckreiz hin

Abbildung 2: Juckreiz und Ekzembil dung bei andauerndem Nässen durch ein Hämorrhoidalkonvolut III. Grades zwischen 2 und 5 Uhr. Auf der anderen Seite zwischen 6 und 12 Uhr Analprolaps

Abbildung 3: Bei 6 UhrVorpostenfalte, da- hinter Fissur. Perianalregion gerötet, we- nig infiltriert, symptomatischer Juckreiz.

Fehlende Vorpostenfalte bei akuter Fis- sur weist auf chronischen Verlauf hin

Abbildung 4: Juckendes, allergisches Kontaktekzem bei Sensibilisierung ge- genüber dem Inhaltsstoff einer „Hämor- rhoidensalbe", die wegen Juckreizes bei verstärkter Radiärfältelung der Perianal- region aufgetragen wurde. Das Kontakt- ekzem ist scharf abgegrenzt und zeigt eine coloretteartige Schuppung und gegenüber der sich der Pa- tient inzwischen sensibilisiert hat.

Erneuter Kontakt mit der Noxe führt dann zu dem Bild einer aku- ten Dermatitis. Die auslösende Noxe muß sofort abgesetzt und ei- ne Behandlung mit einer steroid- haltigen Creme für einige Tage angeschlossen werden.

Differentialdiagnostisch muß das Perianalekzem hauptsächlich ge- genüber der Psoriasis, der Intertri- go, der Candidose, der Tinea, dem Herpes simplex, dem Lichen scle- rosus et atrophicans und dem Li- chen ruber abgegrenzt werden.

Abbildung 5: Typisches Bild einer stark juckenden perianalen Psoriasis. Die ker- zenspanartige Psoriasisschuppung wird im intertriginösen Raum der Rima ani zu einem weißen, abstreifbaren Belag. Die- ser Belag wird nicht selten von Hefepil- zen superinfiziert, was zur Fehldiagnose Candidose führt

Das größte differentialdiagnosti- sche Problem stellt tatsächlich die perianale Psoriasis dar; die völlig isoliert und ohne andere Lokalisa- tion nur die Perianalregion befal- len kann und zu quälendem Juck- reiz führt. Pathognomisch ist die zentrale Rhagade in der Rhima ani. Verwirrend wird die Differen- tialdiagnose dadurch, daß sich im intertriginösen Raum der Rima ani die dicke, kerzenspanartige Schuppung der Psoriasis nicht ausbilden kann und sich statt des- sen ein weißlicher, abstreifbarer Belag entwickelt, der mit einer Candidose verwechselt und dar-

Abbildung 6: Juckreiz durch eine peri- anale Candidose. Zusätzlich Marisken- bildung. Charakteristisch für die primäre Candidose sind Bläschen mit schlaffer Blasendecke und weißem bis weißgelbli- chem Inhalt. Dieses Bild läßt einen mas- siven Candidabefall des Intestinaltraktes vermuten

über hinaus sekundär von Hefepil- zen besiedelt werden kann, so daß das positive Ergebnis der my- kologischen Untersuchung die Fehldiagnose auch noch unter- stützt. Nach jahrzehntelangen ver- schiedenen Behandlungsversu- chen hat sich bei uns als wirksam- ste Behandlungsform das Rufpin- seln von Pyoktanin 0,5 Prozent wäßrig einmal täglich (abends!) und das zusätzliche, mehrfach tägliche Auftragen einer triamci- nolonhaltigen Creme (zum Bei- spiel Volon®-A-Creme, Extracort®

Creme und ähnliches) gut be- währt.

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 38 vom 18. September 1985 (55) 2727

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Pruritus ani

Die Intertrigo ist meist bei adipö- sen Patienten zu beobachten, sie entwickelt sich durch stauende Wärme und Feuchtigkeit dort, wo Nates und Inguinalhaut eng auf- einander liegen. Der Juckreiz ist meist geringer als beim Ekzem oder der Psoriasis. Häufig ist aller- dings eine Sekundärbesiedlung auch hier mit Hefepilzen. Wir be- handeln die Intertrigo anfänglich auch mit der Kombination von Sol. Castellani rot und einer anti- biotika- und antimykotikafreien Steroidcreme, nach wenigen Ta- gen genügt dann eine austrock- nende Dauerbehandlung mit ei- nem einfachen Talkumpuder, ge- gebenenfalls mit zusätzlichem Einlegen von Leinenläppchen.

Die perianale Candidose tritt fast ausschließlich als perianales Sym- ptom einer enteralen Candidose auf, die ihrerseits am häufigsten während oder nach einer Antibio- tikabehandlung zu beobachten

ist. Primäreffloreszenz ist hier ei- ne Blase mit einer schlaffen Bla- sendecke und einem weißlichen Blaseninhalt. Läßt sich ein massi- ves Candidawachstum im Stuhl und im Blaseninhalt nachweisen, dann wird neben der externen Therapie mit einer antimykoti- schen Creme (zum Beispiel Epi- Monistat® Creme, Moronal® Salbe und ähnliches) auch eine interne mit Ketoconazol (z. B. Nizoral®) vorgenommen. Besteht im Stuhl kein oder nur geringfügiges Can- didawachstum, genügt eine Lo- kalbehandlung.

Die übrigen Differentialdiagnosen des Perianalekzems, nämlich Ti- nea, Herpes simplex, Lichen scle- rosus et atrophicans sowie Lichen ruber spielen in der allgemeinen Praxis eine so geringe Rolle, daß sie hier nicht weiter besprochen werden sollen.

Juckreiz bei

krankhaften Veränderungen des Hämorrhoidalplexus

In diese Kategorie sind weitaus die meisten Patienten einzuord-

nen, die über perianalen Juckreiz klagen. Meistens bestehen Hä- morrhoiden I. Grades. Das Haupt- symptom von Hämorrhoiden I.

Grades ist nicht etwa die Blutung, sondern der Juckreiz. Dieser Juckreiz kann durch Fakoren, die die Durchblutung des Hämorrhoi- dalplexus fördern, verschlimmert werden. Hierzu gehören Alkohol, scharfe Gewürze, aber auch der Zeitraum des Prämenstruums.

Auf der anderen Seite läßt sich der Juckreiz durch Alkoholkarenz, schlackenreiche Kost oder sportli- che Betätigung oft völlig beseiti- gen. Mit großem Erfolg kann der hämorrhoidenbedingte Juckreiz — über dessen Entstehungsmecha- nismus noch keine eindeutige Klarheit besteht — durch eine am- bulante Sklerosierungsbehand- lung entweder mit Chinin nach Blond oder mit Phenolöl nach Blanchard behandelt werden. Ei- ne Salben- oder Suppositorienbe- handlung kann immer nur vor- übergehend eine Linderung be- wirken.

Juckreiz ohne anatomische Besonderheiten odir krankhafte Verände Jngen der Perianalregion

oder des Hämorrt alpiexus Juckreiz durch 3nbefall ge- hört in diese gorie. Der mikroskopische hweis von Oxyureneiern am Morgen durchgeführter ,,estreifenab- rißpräparat vor dew. Perianalhaut klärt die Diagnose. Die Behand- lung mit einem Ox-yurenmittel ist leicht durchzuführen.

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Auch der nahrungs- und genuß- mittelbedingte Juckreiz ist hier einzuordnen. Nach scharfen Ge- würzen oder Zitrusfrüchten kommt es vielfach zu perianalem Juckreiz, auch hochkonzentrier- ter Alkohol — ohne gleichzeitiges Bestehen von Hämorrhoiden — kann dieselben Beschwerden ver- ursachen. Als Behandlung bleibt hier nur eine entsprechende Ab- stinenz.

Schließlich muß auch noch an den psychisch bedingten Juckreiz ge- dacht werden. Nach unserer Er- fahrung kann der psychische vom somatisch bedingten Juckreiz fol- gendermaßen unterschieden wer- den: Nach flachem Unterspritzen der Perianalhaut mit 40 mg Triam- cinolonkristallsuspension (zum Beispiel Volon® A, Extracort® und ähnliches) hört ein somatisch be- dingter Juckreiz schon nach weni- gen Stunden völlig auf, dieser Er- folg hält gut drei Wochen an. Ein psychisch bedingter Juckreiz än- dert sich nach derselben Therapie dagegen überhaupt nicht.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Joachim Mauß Chefarzt der dermatologischen Abteilung des

Evangelischen Krankenhauses Kirchfeldstraße 40

4000 Düsseldorf 1

NOTIZ

Abtreibung

und künstliche Befruchtung

Zu dem Kongreßbericht „Hie Ab- treibung, hie künstliche Befruch- tung" von Dr. med. Reiner Gödtel in Heft 24/1985, Seite 1849:

Aus Raumgründen mußten wir uns bei der 14. Fortbildungsta- gung für psychosomatische Ge- burtshilfe und Gynäkologie in Köln auf ein von Herrn Dr. Gödtel dargestelltes Thema beschrän- ken. Es hat sich gezeigt, daß für die Kollegen in der Praxis eine punktuelle, dafür aber ausführli- chere Darstellung wertvoller ist als die Aufzählung aller Themen und Referenten. Herr Dr. med.

Hans Hornig, Stuttgarter Straße 4, 7012 Fellbach, macht uns darauf aufmerksam, daß er in der Zeit- schrift „Der Frauenarzt", Ausgabe Nr. 4, 1985, Seiten 70 und 71, ei- nen ausführlicheren Bericht ver- öffentlicht hat, der Interessenten empfohlen sei. MWR 2730 (58) Heft 38 vom 18. September 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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