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Archiv "Fortschritte in der dermatologischen Molekulardiagnostik und Gentherapie" (05.01.2004)

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M E D I Z I N

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A50 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1–25. Januar 2004

D

ie Gentherapie hat sich zu einem bedeutenden Zweig der wissen- schaftlichen Forschung entwickelt.

Klinisch wurden weltweit bislang 3 000 Patienten mit der Gentherapie behan- delt.Am häufigsten werden nach wie vor Retroviren und Adenoviren für den Gentransfer verwendet. Nichtvirale Vek- torsysteme, die ein günstiges Sicherheits- profil besitzen, werden heute häufiger eingesetzt, ihr Anteil beträgt etwa 25 Pro- zent. Das Hauptanwendungsgebiet für die Gentherapie liegt in der Behandlung von Krebserkrankungen, gefolgt von monogenen Erbkrankheiten und Infek- tionskrankheiten inklusive Aids sowie vaskuläre Erkrankungen. Wesentliche, für die Patienten bedeutende Fortschrit- te wurden in der Therapie der Hämophi- lie B (Faktor IX) mittels Adeno-assozi- iertem Gentransfer zur Transduktion von Muskeln, Haut und Leber in Phase-1- Studien verzeichnet.Hierbei wurden the- rapeutische Konzentrationen an Faktor IX für mehr als ein Jahr erzielt, wie auf dem 2nd International Symposium on Molecular Diagnostics and Skin Gene Therapy an der Hautklinik der Heinrich Heine-Universität Düsseldorf berichtet wurde. Weitere Erfolg versprechende Phase-2-Studien bestehen zur Behand- lung der zystischen Fibrose und zur The- rapie von soliden Tumoren unter Ver- wendung von onkolytischen Adeno- und Herpes-simplex-Viren.

Ethische Beurteilung

Die ethischen Implikationen der ver- schiedenen Gentransferstrategien so- wie die öffentliche Akzeptanz der Gentherapie wurden von Paul Billings,

University of California, Berkeley, dis- kutiert. Die kürzlich aufgetretenen zwei Fälle von Leukämie im Rahmen einer Gentherapiestudie gegen das „severe combined immune deficiency syndro- me“ (SCID), haben die Bedeutung un- terstrichen, ein umfangreiches Ver- ständnis der Technologie und eine Nut- zen-Risiko-Abwägung zu kommunizie- ren, um die öffentliche Akzeptanz zu verbessern. Die Zwischenfälle unter- streichen die Bedeutung, vor breit an- gelegter klinischer Anwendung rele- vante Daten zur Verträglichkeit und zu Langzeitnebenwirkungen in geeigneten Tiermodellen für die jeweilige Erkran- kung zu erhalten.

Joseph Glorioso, Pittsburgh, forderte die Einführung von Referenzstämmen, Vektor- und Dosierstandards sowie ei- ne hoch gereinigte Vektorproduktion.

Zukünftig wird es wichtig sein, den ge- eigneten Vektor für die gegebene Er- krankung eines betroffenen Patienten auszuwählen und den klinischen Erfor- dernissen anzupassen. Die Gentherapie wird deshalb in der nächsten Entwick- lungsstufe Teil einer multimodalen The- rapie unter anderem gegen Krebs wer- den. Glorioso findet es vermessen zu behaupten, dass die Gentherapie allei- ne gegen Krebs erfolgreich sein könnte.

Von den Teilnehmern wurde gefordert, den Zulassungsprozess somatischer Gentherapeutika demjenigen von phar- mazeutischen Medikamenten, bei- spielsweise von Peptiden oder Antikör- pern, anzupassen, um den Fortschritt in diesem Gebiet nicht durch besondere Zulassungsverfahren zu erschweren.

Aufgrund der bestehenden Lücken im Verständnis relevanter biologischer und anderer interagierender Faktoren

sollen die Keimbahngentherapie sowie die gentherapeutischen Interventionen an Embryonen und Feten nach einhelli- ger Ansicht der Teilnehmer nicht bei Menschen vorgenommen werden.

Molekulare Diagnostik

Mitglieder der Arbeitsgruppen von Francesco Marincola, NIH, Bethesda, sowie von Ulrich Hengge, Düsseldorf, präsentierten Daten zur molekula- ren Klassifizierung des malignen Mela- noms. Bislang wurden klinische und histopathologische Parameter zur Be- schreibung des Spektrums der Melano- merkrankung verwendet. Neben ver- schiedenen Immunantwortgenen wur- den einige Signaltransduktionswege (beispielsweise Ras/Raf, Jak/STAT) im Melanom auf RNA- und Proteinebene untersucht. Hierdurch wurden Cluster von individuellen Tumoren definiert, die verschiedenen Untergruppen dieses Tumors entsprechen. Darüber hinaus wurden Fortschritte in der dendriti- schen Zellvakzinierung gegen das mali- gne Melanom und bei der Therapie mit immunstimulatorischen CpG-Sequen- zen anhand abgeschlossener und lau- fender Studien präsentiert.

Gentherapie der Haut

Tamar Tennenbaum und Liora Brai- man, Israel, stellten eine neue topische Behandlung chronischer nichtheilender Wunden vor. Hierbei handelt es sich um Eingriffe in das Proteinkinase-C- System mit dem Ziel, die Migration von epithelialen Zellen über die Wund-

Kongressbericht

Fortschritte in der dermatologischen

Molekulardiagnostik und Gentherapie

Ulrich Hengge Thomas Ruzicka

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fläche und damit die Wundheilung mit- tels adenoviral exprimierter menschli- cher Proteinkinase C im Bereich der Wundränder zu beschleunigen.

DNA-Vakzinierung

Die Vakzinierung mittels nackter DNA oder mit genetisch manipulier- ten dendritischen Zellen gegen Krebs und Infektionserkrankungen wurde am Beispiel der Vakzinierung gegen das maligne Melanom und der Immu- nisierung gegen die HIV-Infektion dargestellt. 20 Jahre nach Beginn der HIV-Epidemie erscheint die thera- peutische DNA-Vakzinierung poten- ziell geeignet, den Erkrankungsver- lauf zu modulieren, wohingegen eine präventive Vakzinierung nach wie vor nicht gelingt. Kombinierte thera- peutische Strategien beispielsweise mit Toll-like-Rezeptoragonisten oder CpG-immunstimulatorischen Sequen- zen als Adjuvanzien zur Verstärkung der Anti-HIV-Immunantworten zei- gen erste Erfolge. Julianna Lisziewicz, Washington, stellte Studien zur topi- schen Vakzinierung an Primaten mit DermaVir vor. Nach topischer Appli- kation von HIV-Strukturgenen auf die Haut migrierten Langerhanszel- len, die dendritischen Vorläuferzellen in der Epidermis, in die regionalen Lymphknoten und generierten bezie- hungsweise verstärkten eine zellver- mittelte Immunität. Klinische Daten zur therapeutischen DNA- und Pro- teinvakzinierung stellte Britta Wah- ren, Stockholm, vor. Durch Immuni- sierung mit DNA-Expressionsvekto- ren, die für die regulatorischen HIV- Gene (Nef, Rev und Tat) kodierten, konnten in der Studie bei allen Pa- tienten spezifische Gedächtnis-T-Zel- len induziert werden; spezifische zyto- toxische T-Zellen waren bei den mei- sten Patienten nachweisbar. Ähn- liche Effekte konnten auch durch die Vakzinierung von HIV-Patienten mit dem rekombinanten HIV-Hüllprotein gp160 erzielt werden. Dies führte zu einem deutlichen Anstieg der T-Hel- fer-vermittelten HIV-spezifischen Im- munantworten und zu einem messba- ren, wenn auch geringen Anstieg der CD4-Zellzahl.

Während bei der klassischen Gen- therapie die Korrektur von defekten oder fehlenden Genprodukten in allen Körperzellen das therapeutische Ziel ist, wird bei der Immungentherapie die Expression des therapeutischen Gens dazu genutzt, spezifische Immun- antworten auszulösen. Optimalerweise sollten professionelle antigenpräsen- tierende Zellen (dendritische Zellen oder Langerhanszellen) das zur Immu- nisierung notwendige Gen exprimie- ren. Alternativ kann jedoch auch eine Präsentation von Genprodukten erfol- gen, die von anderen Zellen, beispiels- weise Keratinozyten, bei der so ge- nannten Kreuzpräsentation exprimiert werden. Die Fortschritte auf dem Ge- biet der Immunadjuvanzien (Toll-like- Rezeptoragonisten und CpG-immun- stimulatorische Sequenzen) lassen wei- tere, klinisch nutzbare Fortschritte auf diesem Gebiet in absehbarer Zukunft erwarten.

Die genetische Vakzinierung gegen Tumoren und Infektionskrankheiten besitzt gegenüber der korrektiven Gentherapie einige Vorteile. Die bis- lang geringe Effizienz des Gentrans- fers ist für Immunisierungen ausrei- chend, wohingegen sie für die Lang- zeitexpression zur Korrektur bei- spielsweise von Blasen bildenden Genodermatosen oder Stoffwechsel- erkrankungen wie der Hämophilie bislang noch zu gering ist. Außerdem reduzieren neutralisierende Immun- antworten des Wirts die Wirkungen der wiederholten Applikation von DNA-basierten Expressionsvektoren nicht, wie dies für virale Vektoren der Fall ist. Ferner ist eine korrekte Ex- pression in bestimmten Zielgeweben (so genanntes „tissue targeting“) für Immunisierungen nicht zwingend not- wendig, wohingegen therapeutische Gene zum Genersatz exakt in korre- spondierenden Organen exprimiert werden müssen.

Auch unter Sicherheitsaspekten sind nichtvirale Vektoren vorteilhaft.

Da nur eine vorübergehende (transi- ente) Genexpression gewünscht wird, um Toleranz und Autoimmunität zu vermeiden, wird eine Integration des therapeutischen Gens in betroffene Zellen im Gegensatz zur korrektiven Gentherapie nicht benötigt.

Leukämie durch

insertionelle Mutagenese

Ausführlich wurden die im Rahmen der klinischen SCID-Gentherapiestudien aufgetretenen beiden Fälle von Leukä- mie diskutiert. Die gamma-C-Kette des Interleukinrezeptors wurde mittels Re- troviren in die Knochenmarkstammzel- len der betroffenen Babies transferiert.

Nach Transplantation in den ersten Le- bensmonaten war es im dritten Lebens- jahr bei einem der beiden Kinder zu ei- ner gamma-delta-T-Zell-Leukämie mit blastischer Zytologie gekommen. Bei dem anderen Patienten handelte es sich um drei Leukämie-Klone von alpha-be- ta-T-Zellen bei polyklonalem T-Zellre- pertoire. Bei beiden Patienten ist eine In- tegration in das LMO-2-Gen aufgetre- ten, das einen Transkriptionsfaktor für die frühe Hämatopoese darstellt. Die Ar- beitsgruppe von Christopher Baum, Hannover, hatte Faktoren identifiziert, die zur Kanzerogenese beigetragen ha- ben könnten. Die Beschaffenheit des Transgens, das junge Alter der Patienten, die hohe Anzahl von Stamm-/Progeni- torzellen sowie der hohe, selektive Über- lebensvorteil transduzierter Zellen bei fehlender Ausreifung der natürlichen Killer- und T-Zellen könnte die Entwick- lung der Leukämie begünstigt haben. Es wurden deshalb verschiedene Strategien (so genannte Isolatoren, Suicide-Gen- strategie, alternative Vektoren in gerin- gerer Konzentration) diskutiert, um das Risiko der Integration an unerwünschten Stellen im Genom zu minimieren. Durch eine Intensivierung der Forschung auf dem Gebiet der insertionellen Muta- genese müssen diese für die Gentherapie wichtigen basisbiologischen Fragen be- antwortet werden, um die Sicherheit für künftige Patienten zu erhöhen.

Die Konferenz wurde von der Deutschen Forschungsge- meinschaft finanziell unterstützt und fand in Zusammen- arbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Gentherapie, der American Society of Gene Therapy, der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft sowie dem Ministerium für Wissenschaft und Forschung NRW und der Joachim- Kuhlmann AIDS-Stiftung statt.

Anschrift der Verfasser:

Prof. Dr. med. Ulrich Hengge Prof. Dr. med. Dr. h.c. Thomas Ruzicka Hautklinik der Heinrich-Heine-Universität Moorenstraße 5

40225 Düsseldorf M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1–25. Januar 2004 AA51

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