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Archiv "Aktuelle Neurologie" (25.06.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KONGRESS-BERICHT

Die Seminarkongresse der Bun- desärztekammer erfreuen sich noch nicht der Beliebtheit, die sie gerade wegen des intensiven Dia- logs zwischen Seminarleitern und Teilnehmern verdienen. Als „ap- petizer" für den XVIII. Seminar- kongreß für praktische Medizin der Bundesärztekammer und der Österreichischen Ärztekammer vom 26. August bis zum 7. Sep- tember 1984 in Grado bringen wir eine Zusammenfassung über das neurologische Seminar des XVII.

Fortbildungskongresses in Grado, dessen Leitung Professor G. Huff- mann, Marburg, innehatte. Der Leser wird erkennen, daß die Zu- sammenfassungen der wichtig- sten neurologischen Themen un- verändert aktuell und ausgespro- chen praxisorientiert sind.

Rudolf Gross

1. Medikamentöse und chirurgische Therapie der zerebralen

Durchblutungsstörungen

Die Arteriosklerose der Hirnarte- rien ist die gemeinsame Ursache vielgestaltiger und besonders häufiger Krankheitsbilder. Sie ver- dienen zu einem Teil vorwiegend das Interesse der Psychiatrie, denn es entstehen körperlich be- gründbare Psychosen verschiede- ner Färbung ohne neurologische Erscheinungen. Andere Krank- heitsbilder beruhen auf umschrie- benen Hirnschädigungen. Die Ausfälle beschränken sich aber nur selten auf somatische Funk- tionen. Am häufigsten werden kli- nische Syndrome mit psychiatri- scher und neurologischer Sym- ptomatik angetroffen.

Unsere therapeutischen Überle- gungen haben nicht nur von der Diagnose der zerebralen Durch- blutungsstörungen auszugehen, sondern werden ebenso entschei- dend von der Differentialdiagnose bestimmt. Bei plötzlich oder schnell sich entwickelnden Sym- ptomen einer umschriebenen Hirnschädigung liegt der Schluß auf einen zerebralen Gefäßprozeß nahe. Aber auch andersartige Er- krankungen wie raumfordernde intrakranielle Prozesse und Me- ningoenzephalitiden können sich hinter einem akut einsetzenden Hirnprozeß verbergen.

Mit einem kranialen Computerto- mogramm wird die wichtige Diffe- renzierung zwischen der akuten Mangeldurchblutung des Gehirns und der Hirnmassenblutung er- möglicht. Nicht immer lassen sich selbst mit Hilfe der Angiographie die hypertonischen Massenblu- tungen von sogenannten sponta- nen intrazerebralen Hämatomen durch Angiome oder Aneurysmen ohne weiteres abgrenzen. Letzte- re erfordern wegen der zu be- fürchtenden Rezidivblutung eine operative Ausräumung. Bei Hirn- massenblutungen mit und ohne Ventrikeleinbruch sollten Throm- bozytenaggregationshemmer und Dextrane nicht eingesetzt wer- den. Der erhöhte Blutdruck wird auf Werte um systolisch 160 mmHg gesenkt. Das Hirnödem in der Umgebung der Blutung kann vorsichtig mit hyperosmolaren Lö- sungen bekämpft werden. Wenn der intrazerebralen Blutung eine Antikoagulantientherapie zugrun- de liegt, ist der Gerinnungshem- mung mit Vitamin K entgegenzu- wirken.

Die akute zerebrale Mangeldurch- blutung arteriosklerotischer Her- kunft verlangt nach einer Steige- rung der Hirndurchblutung und damit nach einer Erhöhung des Sauerstoff- und Substratangebo- tes im betroffenen Gebiet. Unsere therapeutischen Maßnahmen richten sich aber auch nach der Art der Mangeldurchblutung. Wir wissen längst, daß die Vorsorge immer die beste Behandlung ist.

Daran ist bei den transitorischen zerebralen Ischämien zu denken.

Sie sind Vorläufer eines Infarktes und damit eines irreversiblen Ge- schehens und müssen deshalb er- faßt und stets behandelt werden.

An vorderster Stelle der Therapie hat die optimale Herz- und Kreis- laufstabilisierung zu stehen. Fer- ner sollen die Fließeigenschaften des Blutes verbessert und die Hirnarterien möglichst erweitert werden. Intravasale Strömungs- hindernisse werden mit Hilfe der Doppler-Sonographie und der An- giographie der Hirngefäße darge- stellt, damit die operative Beseiti- gung erörtert und geplant werden kann. Endlich wird auch hier die Behandlung der die Arteriosklero- se fördernden sogenannten Risi- kofaktoren die vornehmste ärzt- liche Aufgabe sein.

Transitorische zerebrale Ischä- mien ergeben eine klare Indika- tion zu gefäßchirurgischen Ein- griffen, sobald Stenosen oder Ver- schlüsse der extrakraniellen Hirn- arterien nachgewiesen werden können. In der Regel müssen die Stenosen etwa im Bereich der A.

carotis interna mehr als 50 Pro- zent des Lumens einengen. Fer- ner sollte operiert werden, wenn sich der Verdacht auf ulzeröse Plaques besonders im Bereich der Carotis-Gabel ergibt, da mit der Abschwemmung von Embo- lien in den zerebralen oder retina- len Kreislauf gerechnet werden muß. Nach übereinstimmenden Literaturangaben reduziert eine Gefäßoperation nach abgelaufe-

nen transitorischen zerebralen Ischämien die Häufigkeit der Hirn- infarkte deutlich.

Aktuelle Neurologie

Nachtrag zum

XVII. Internationalen Seminarkongreß der deutschen Bundesärztekammer und der Österreichischen Ärztekammer 1983 in Grado

— Neurologisches Seminar —

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 25/26 vom 25. Juni 1984 (71) 2019

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Neurologie

Werden Stenosen ohne zerebrale Symptomatik festgestellt, so wird ausschließlich bei hochgradiger Lumeneinengung und bei Embo- liegefahr durch ulzeröse Plaques operiert. Bei frischen Infarkten er- folgt keine Operation. Wenn sich die neuropsychiatrische Sympto- matik jedoch nahezu völlig zu- rückbildet und die hämodynami- schen Verhältnisse durch Steno- sen ungünstig sind, kann auch nach abgelaufenem Infarkt eine Thrombendarteriektomie oder auch eine Umgehungsoperation (Bypass) erörtert werden.

Neben den gefäßchirurgischen Eingriffen an den extrakraniellen Hirnarterien werden seit etwa 10 Jahren bei Stenosen der intrakra- niellen Hirnarterien auch extra-in- trakranielle Bypass-Operationen durchgeführt. Mit postoperativen Angiographien kann die verbes- serte Durchblutung des ischämi- schen Areals belegt werden. Ob dadurch aber auch ein therapeuti- scher Langzeiteffekt erreicht wor- den ist, muß erst noch einwand- frei bewiesen werden. So sind den genannten gefäßchirurgi- schen Eingriffen Grenzen gesetzt.

Patienten mit stark reduziertem Allgemeinzustand und ausge- prägter Herz- und Niereninsuffi- zienz werden nur selten operiert.

Die frische Enzephalomalazie ist im kranialen Computertomo- gramm meist erst vom 2. bis 3.

Tag an zu erkennen. Operative Maßnahmen entfallen, und wir denken auch nicht an eine Angio- graphie der Hirngefäße. Vielmehr verdienen die Atemwege sowie die Herz- und Kreislauffunktionen unsere besondere Aufmerksam- keit. Neben der Blutdruckstabili- sierung gehört die Behandlung mit Dextranen 40 zur Verbesse- rung der Fließeigenschaften des Blutes zu den ersten therapeuti- schen Maßnahmen. Bewußtseins- getrübte Kranke erfordern inten- sivtherapeutischen Aufwand.

Atemgymnastik soll Broncho- pneumonien vorbeugen, zur Thromboseprophylaxe wird Hepa-

rin subkutan in die Bauchhaut ge-

spritzt. Stützstrümpfe werden an- gepaßt und Krankengymnastik verordnet. Auch ist an Dekubitus-

Prophylaxe und die rechtzeitige Blasenentleerung zu denken.

Die weitere Therapie der bewußt- seinsklaren Patienten soll von Ak- tivität gekennzeichnet sein. Mög- lichst baldiges Aufstehen, Wieder- aufnahme aller Verrichtungen des täglichen Lebens, Gehtraining und logopädische Behandlung dienen nicht nur der Stabilisie- rung von Kreislauf- und Hirn- durchblutung und der Rückbil- dung der neurologischen Ausfäl- le, sondern bewirken die für den Behandlungserfolg oftmals ent- scheidende positive Motivation des Kranken.

2. Parkinson-Syndrom:

Diagnose und Therapie

Das ausgeprägte Parkinson-Syn- drom ist ein sehr charakteristi- sches Krankheitsbild und wird in aller Regel unmittelbar erkannt.

Schwierig wird jedoch mitunter die Diagnose bei beginnender Symptomatik. Der Tremor war schon für James Parkinson das prägnanteste Symptom der Er- krankung. So wird auch die Dia- gnose „Parkinson-Syndrom"

dann eher gestellt, wenn der Tre- mor im Vordergrund steht. Aber nicht selten wird ein essentieller oder ein seniler Tremor als zur Parkinson-Symptomatik gehörig verkannt. Auch können Akinese und Rigor so im Vordergrund ste- hen, daß ein Tremor kaum zu er- kennen ist.

Aber auch ein Rigor, der nicht sel- ten einseitig beginnt und jahre- lang so bleiben kann, wird oft ver- kannt und als Folge einer um- schriebenen Durchblutungsstö- rung aufgefaßt. Die in diesem Sta- dium mitunter schon erkennbare Hypokinese in Mimik und Bewe- gungen wird auf Folgen einer see- lischen Altersveränderung bezo- gen. Hypomimie und reaktiv be- dingte traurige Verstimmung kön- nen zur Annahme einer endoge-

nen Depression verleiten. Zu we- nig bekannt ist, daß Mißempfin- dungen und Schmerzen häufig vorhanden sind und besonders in der Frühphase der Erkrankung diagnostische Umwege bewirken können.

Zur Therapie stehen medikamen- töse, operative und physikalische Maßnahmen zur Verfügung. Er- gänzend spielen die vielfältigen Therapiemöglichkeiten von Be- gleiterkrankungen eine Rolle, die das Parkinson-Syndrom negativ beeinflussen und die Befindlich- keit des Patienten zusätzlich be- einträchtigen können.

Bei beginnender und noch nicht sehr ausgeprägter Parkinson- Symptomatik werden Anticholin- ergika oder auch Amantadine in einschleichender Dosierung ein- gesetzt. Nur alle 3 bis 5 Tage soll die Dosis gesteigert werden, da mit Nebenwirkungen zu rechnen ist. Am eindrucksvollsten ist eine Therapie mit L-Dopa, das zusam- men mit einem Decarboxylase- hemmer verabreicht wird. Die zu- nächst niedrigen Tagesdosen werden langsam gesteigert, um mögliche gastrointestinale oder kardiovaskuläre Nebenwirkungen zu vermeiden. Auch können peri- orale Dyskinesien oder choreati- sche Hyperkinesen, plötzliche Be- wegungsblockierungen — soge- nannte „on-off"-Phänomene — oder körperlich begründbare Psy- chosen zur Dosisreduzierung oder gar zur Unterbrechung der L- Dopa-Therapie zwingen. Es bleibt ein Versuch mit dem Dopamin- Agonisten Bromocriptin, eben- falls in zunächst niedriger Dosie- rung und mit langsamer Dosisstei- gerung.

Wenn ein im Vordergrund stehen- der Tremor durch die genannten medikamentösen Maßnahmen nicht eindrucksvoll gebessert werden konnte, ist an die Möglich- keit eines stereotaktischen Ein- griffs zu denken. Neben allen ge- nannten Maßnahmen darf eine krankengymnastische Behand- lung niemals vergessen werden.

2020 (72) Heft 25/26 vom 25. Juni 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Neurologie

Sie steigert die motorische Lei- stungsfähigkeit und hilft, die fast immer vorhandene reaktive Ver- stimmung abzubauen. So stellt die Behandlung eines Parkinson- Kranken sehr hohe Anforderun- gen an den Therapeuten, so daß die erste Behandlung stationär in einer Fachklinik erfolgen sollte.

3. Andere extrapyramidal- motorische Syndrome

Neben dem idiopathischen Par- kinson-Syndrom wird heute nur noch selten ein postenzephaliti- sches Zustandsbild mit gleicher Symptomatik beobachtet. Häufi- ger sind Parkinson-Syndrome durch Hirnarteriosklerose hervor- gerufen oder werden durch die Einnahme von Psychopharmaka bedingt.

Choreatische Syndrome können Ausdruck eines hyperkinetischen Defekt-Syndroms nach frühkindli- chem Hirnschaden sein oder auch Symptomatik einer Chorea Hun- tington. Dagegen werden Kinder mit einer Chorea minor nur noch selten beobachtet.

Auch ballistische Hyperkinesen gehören zu den extrapyramidal- motorischen Syndromen. Sie wer- den ebenfalls nach frühkindlichen Hirnschäden gesehen. In akut ein- setzender und dramatischer Form tritt ein Hemiballismus bei Durch- blutungsstörungen im Bereich der Basalganglien auf.

Zu den dystonen Syndromen zäh- len ein Torticollis spasmodicus und die idiopathische Torsionsdy- stonie. Athetosen werden wieder- um am häufigsten nach frühkind- lichen Hirnschäden beobachtet.

Regelmäßig werden extrapyrami- dal-motorische Syndrome nach Einnahme von Psychopharmaka gesehen. Neben den schon er- wähnten Parkinson-Syndromen kommen Früh- und Spätdyskine- sien vorzugsweise im Mundbe- reich neben Tremores, choreati- schen Syndromen und Akathisie und Tasikinesie vor.

4. Klinische Symptomatik der intrakraniellen

raumfordernden Prozesse Die durch raumfordernde intra- kranielle Prozesse hervorgerufe- ne klinische Symptomatik ist be- sonders deshalb so bedeutsam für jede ärztliche Praxis, weil die Allgemeinsymptome uncharakte- ristisch und vieldeutig sein kön- nen. Sie weisen oft keineswegs unmittelbar auf ein neurologi- sches oder ein psychiatrisches Krankheitsbild hin.

Zu den häufigsten Allgemein- symptomen zählen Kopfschmerz, Schwindel, Erbrechen, Sehstö- rungen, hirnorganische Anfälle, psychische Veränderungen und allgemeines Krankheitsgefühl. So sehr sich bei einem Zusammen- treffen mehrerer der genannten Erscheinungen der Verdacht auf einen Hirntumor ergibt, so oft handelt es sich um eine andersar- tige Störung, wenn nur über ein einzelnes Symptom berichtet wird.

Wenn neben den Allgemeiner- scheinungen Herdsymptome auf- treten, kann mit klinischen Mitteln auch die Lokalisation der Raum- forderung näher bestimmt wer- den. Bereits äußerliche Auffällig- keiten des Kopfes können einen Hirntumor verraten. Neurologi- sche Störungen einer Körperseite stellen das häufigste Lokalsym- ptom der kontralateralen Hirnhälf- te dar. Meistens sind sie im Arm ausgeprägter. Sind die Läh- mungserscheinungen aber zum Beispiel im Fuß betont, kann eine Beeinträchtigung der parietalen Hirnrinde im Sinne eines soge- nannten Mantelkantensyndroms erwartet werden.

Zusätzliche Sprachstörungen als sensorisch-motorische oder amnestische Aphasie kennzeich- nen beim Rechtshänder einen frontotemporalen Herd links. Da- von sollten Sprechstörungen in Form bulbärer, zerebellarer oder auch extrapyramidal-motorischer Dysarthrien differenziert werden.

Sie lassen Ausfälle der kaudalen Hirnnerven und einen Prozeß in der hinteren Schädelgrube oder auch von dort ausgelöste Allge- meinsymptome erkennen.

Auch die Beeinträchtigung der Koordination und die immer wie- der von den Patienten angegebe- nen Schwierigkeiten beim Stehen und Gehen können Herdsympto- me sein. Wir denken etwa an die zerebellare Ataxie oder die fronta- len Astasie und Abasie. Sie sind aber nicht selten allein Ausdruck einer neurologischen oder psych- iatrischen Allgemeinstörung. Als besonders charakteristisches Merkmal der Hirntumoren mag das gemeinsame Auftreten psy- chischer Störungen und neurolo- gischer Herdsymptome gelten.

5. Häufige

periphere Nervenläsionen Zu den häufigen peripheren Ner- venschäden zählt ohne Zweifel die idiopathische periphere Fazia- lisparese. Ihre Ätiologie ist unbe- kannt. Mitunter geht ein viraler In- fekt voraus. Stets sollte geprüft werden, ob nicht etwa in der äuße- ren Ohrmuschel eine Hautefflo- reszenz auf einen Zoster hinweist, so daß wir es mit einem Zoster oti- cus zu tun haben.

Lähmungen des N. accessorius sind immer noch zu häufig iatro- gener Natur und kommen bei Lymphknotenexstirpationen im seitlichen Halsdreieck zustande.

Die Gefährdung auch anderer Nerven ergibt sich aus den anato- mischen Verhältnissen. Armple- xusparesen und Druckschäden des N. ulnaris kommen sehr viel häufiger vor als Radialis- und vor allem Medianus-Schädigungen.

Der lange Verlauf des N. thoraci- cus longus setzt ihn mannigfalti- gen Schädigungsmöglichkeiten aus. An den Beinen wird vor allem der N. peronaeus wegen seines exponierten und oberflächlichen Verlaufes am Fibulaköpfchen lä- diert.

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 25/26 vom 25. Juni 1984 (75) 2021

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Neurologie

Eine hohe Zahl von Injektionen und Gefäßpunktionen bei diagno- stischen und therapeutischen Ein- griffen bedingt auch häufige peri- phere Nervenschäden. Am besten bekannt sind die durch intraglu- teale Injektionen verursachten Schäden des N. ichiadicus. Seine Läsion ist sowohl bei einer Injek- tion in den unteren medialen Qua- dranten einer Gesäßseite möglich als auch bei schräger Stichrich- tung, wozu es besonders bei ste- henden Patienten und bei schlaf- fer Gesäßmuskulatur kommen kann.

Zu den häufigen peripheren Ner- venläsionen zählt auch das Kar- pal-Tunnel-Syndrom. Seine Dia- gnose ist nicht nur von charakteri- stischer klinischer Symptomatik gekennzeichnet, sondern auch durch eine Verlängerung der di- stalen Latenzzeit des N. medianus über einen Wert von 4,7 bis 5,0 ms hinaus. Eine Spaltung des Liga- mentum carpi transversum sollte ausschließlich bei eindeutiger kli- nischer und neurophysiologischer Diagnose vorgenommen werden.

Neben den genannten Läsionen kommen zahlreiche Schäden an-

derer peripherer Nerven mit je- weils charakteristischen Sympto- men vor. Die frühzeitige Diagnose ist wegen der zu erörternden eventuell operativen Therapie dringend notwendig.

Professor Dr. med. G. Huffmann Leiter der Neurologischen Universitätsklinik

und Poliklinik der

Philipps-Universität Marburg Ortenberg-Straße 8

3550 Marburg

KONGRESS-NACHRICHTEN

Kinder- und

Jugendgynäkologie:

Frühzeitige

Aufklärung angebracht

Das Sexualverhalten der Teen- ager in der Bundesrepublik wurde bei 1037 Mädchen und 555 Kna- ben im Alter zwischen 14 und 17 Jahren festgestellt.

Zunächst einmal beträgt das mitt- lere Menarche-Alter bei Mädchen zur Zeit 13,3 Jahre und ist damit gegenüber der vorherigen Gene- ration um 1 Jahr früher. Die Zahl der Adoleszenten mit heterosexu- eller Erfahrung nimmt vom 14. Le- bensjahr an rasch zu. Im Alter von 17 Jahren hatten nur noch 4 Pro- zent der befragten Mädchen und

14 Prozent der befragten Knaben keinen heterosexuellen Kontakt gehabt.

Den Eltern ist diese sexuelle Er- fahrung ihrer Kinder vollkommen unbekannt. Sie weist auf den drin- gend notwendigen Ausbau der Kindergynäkologie mit entspre- chender Sexualaufklärung durch den erfahrenen Arzt hin.

Ungenügende sexuelle und hygie- nische Aufklärung leitet eine un- terbewußte Konfliktsituation ein, in der es zu Angst, Schuldgefüh-

len und Abscheu vor sexuellen Vorgängen kommt. Hieraus erge- ben sich später Frigidität, Dyspa- reunie, psychogene Sterilität und sexuelle Unzufriedenheit (Stepha- novic, Bradislava). Besonders die in der Jugend vergewaltigten Mädchen tragen eine schwere psychologische Last (De Vries, Haifa).

Zur Aufklärung gehört auch die Beratung über Empfängnisverhü- tung bei Jugendlichen. Die mo- dernen hormonalen Kontrazepti- va können auch bei Jugendlichen

mit noch nicht ganz regelmäßi- gem Zyklus verordnet werden.

Huber (Tirol) empfahl die Gabe ei- ner einzelnen Dosis von Levonor- gestrel als Pille danach, solange nur vereinzelt Kohabitationen

stattfinden. st

(VII. Weltsymposion für Kinder- und Jugendgy- näkologie vom 14. bis 17. 9. 1983 in Athen)

Lärm stimuliert Dünndarm- und Dickdarmmotilität

Langdauernde zentralnervöse Sti- mulation durch Lärm verzögert die Magenentleerung und verän- dert die Nüchternmotilität des

oberen Dünndarms. In einer Stu- die an 16 gesunden Männern un- tersuchte Erckenbrecht, Düssel- dorf, ob langdauernde zentralner- vöse Stimulation durch Lärm in ei- ner „physiologischen Dosis" die Dünn- und Dickdarmpassage ei- ner Mahlzeit beeinflußt. Die zen- tralnervöse Stimulation erfolgte durch ein 90 dB Breitbandge- räusch, das über Kopfhörer an 2 aufeinander folgenden Tagen mit Unterbrechung durch eine 12stündige Ruheperiode appli- ziert wurde.

Die zentralnervöse Stimulation durch Lärm führte zu einer Be- schleunigung der Dünndarmtran- sitzeit. Stuhlgewicht und -fre- quenz stiegen an, obwohl die Dickdarmtransitzeit durch Lärm unbeeinflußt blieb.

Die auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Ga- stroenterologie vorgetragenen Er- gebnisse lassen vermuten, daß ei- ne vermehrte Sekretion oder eine verminderte Absorption im Zu- sammenhang mit einer beschleu- nigten Dünndarmpassage für die Änderung des Stuhlverhaltens un- ter zentralnervöser Stimulation verantwortlich ist.

(38. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrank- heiten, 8.-10. 9. 1983, München)

2022 (76) Heft 25/26 vom 25. Juni 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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