Epilepsiekranke Frauen sind bei der Familienplanung auf die Kooperation von Neuro- logen und Gynäkologen an- gewiesen. Einerseits bestehen bei klassischen Antikonvulsi- va Interaktionen mit hormo- nellen Kontrazeptiva, ande- rerseits sind erhöhte Fehlbil- dungsraten bei den Kindern dokumentiert. Da jedoch die Zahl von Major-Fehlbildun- gen mit der Zahl der einge- nommenen Antikonvulsiva – und der Höhe ihrer Serum- spiegel – steigt, ist in der Gra- vidität möglichst eine Mono- therapie anzustreben.
Nach Angaben von Dr. Bar- bara Tettenborn (St. Gallen) ist das Malformationsrisiko durch eine Folsäure-Prophyla- xe signifikant zu senken. Die Prophylaxe sollte mit dem Zeitpunkt des Kinderwun- sches beginnen; sinnvoll ist der Start aber auch noch in den ersten vier Wochen der Schwangerschaft. Bis zum En- de des ersten Trimenons emp- fahl Tettenborn 2,5 bis 5 mg täglich.
Von den neuen Antikonvul- siva bestehe das größte Regi- ster in diesem Zusammenhang für Lamotrigin (Lamcital®), das in der Schwangerschaft nicht verabreicht werden soll- te – es sei denn, dass in der Ri- sikoabwägung mögliche Vor- teile einer Therapie der Mut- ter die Risiken für den Fetus überwiegen. Schwangerschaf- ten bei Epileptikerinnen sind nach Aussage von Tettenborn normalerweise nicht mit er- höhten Komplikationen, aber einem verdoppelten Malfor- mationsrisiko (circa zwei Pro- zent) behaftet. Für Lamotri- gin seien in einem prospekti- ven Register bei mehr als 500 Graviditäten keine spezifi- schen Fehlbildungen doku- mentiert worden.
Die Erkrankung selbst ist keine Kontraindikation für ei-
ne natürliche Entbindung, so- lange nicht tägliche Anfälle vorliegen.
Bei jungen Mädchen mit zyklusabhängigen Anfällen ist bei periovulatorischer Häu- fung die Gabe monophasi- scher oraler Kontrazeptiva oh- ne „Pillenpause“ hilfreich.Tre- ten die Anfälle dagegen in Zyklusmitte bis zweiter Zy- klushälfte auf, ist eine Pro- gesterondefizienz im Rah- men einer Lutealphasen-In- suffizienz abzuklären. Nach Erfahrungen von Dr. Annelie- se Schwenkhagen (Hamburg) kann eine zeitlich abgestimm- te Progesteron-Substitution in vielen Fällen Anfallsfreiheit bewirken.
Die klassischen Antikon- vulsiva (Carbamazepin, Phe- nobarbital, Phenytoin) beein- trächtigen durch Interaktio- nen die Sicherheit von Kontra- zeptiva ganz erheblich – nicht nur bei der „Pille“ und der
„Pille danach“, sondern auch hinsichtlich der Implantate und der Dreimonatsspritze.
Die neueren Substanzen (Ga- bapentin, Levetiracetam, La- motrigin,Tiagabin,Vigabatrin) zeichneten sich durch ein ge- ringeres Interaktionspotenzial aus, sagte Steinhausen
Nach bisherigem Kenntnis- stand, erklärte Dr. Stefan Sto- dieck (Hamburger Epilepsie- zentrum), scheinen die neuen Antikonvulsiva mit Blick auf die Interaktionen mit oralen Kontrazeptiva besser abzu- schneiden als die klassischen Präparate. Hinsichtlich der Te- ratogenität sei nach bisheri- gem Kenntnisstand und den Daten des prospektiven Regi- sters Lamotrigin als das der- zeit sicherste Antiepileptikum in der Schwangerschaft einzu- stufen. Dr. Renate Leinmüller
Pressekonferenz „Epilepsie-Therapie und weiblicher Hormonhaushalt“ der Firma GlaxoSmithKline in Mannheim V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 67. Februar 2003 AA349